Normen
AVG §11;
AVG §59 Abs1;
AVG §9;
VVG §10 Abs1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §11 Abs1;
VVG §4 Abs1;
ZustG §13 Abs1;
AVG §11;
AVG §59 Abs1;
AVG §9;
VVG §10 Abs1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §11 Abs1;
VVG §4 Abs1;
ZustG §13 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 13. und 14. Bezirk, vom 11. August 1998 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 9 der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 13. Mai 1982 betreffend die Reinhaltung von Grundstücken und Baulichkeiten (Reinhalteverordnung 1982) aufgetragen, "den auf ihrem Grundstück in Wien 4,
C-Gasse 2, und in dem auf diesem Grundstück stehenden Gebäude bestehenden Übelstand, welcher durch Ablagerung diversen Gerümpels (Müll in großem Ausmaß in sämtlichen Räumen des Hauses, wie Möbelteile, Kleingerümpel, Kleidungsstücke, Schmutzwäsche, Fetzen, alte Matratzen, Zeitschriften, alte Fernsehgeräte, alte Küchen- und Haushaltsgeräte, schmutziges Geschirr, Flaschen, Dosen und PVC-Säcke mit alten Semmeln bzw. undefinierbaren Inhalts, Speisereste und sonstiges Gerümpel) gegeben ist, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides zu beseitigen". Dieser Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin am 14. August 1998 (offensichtlich) persönlich übernommen.
Mit Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom 21. September 1998 wurde die Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG angedroht. Die Zustellung dieses Schreibens erfolgte nicht an der Adresse C-Gasse 2, sondern in der Wohnung des Sohnes der Beschwerdeführerin in Wien 3, D-Gasse 1a/5, und zwar als Ersatzzustellung durch Übernahme des "Mitbewohner(s) der Abgabestelle". Die Unterschrift des Übernehmers (der Übernehmerin) ist unleserlich.
Die gegen die Beschwerdeführerin erlassene Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom 27. Oktober 1998 wurde mittels Ersatzzustellung ebenfalls in Wien 3, D-Gasse 1, bewirkt. Der Zustellversuch erfolgte am 2. November 1997 und blieb erfolglos; die Verständigung über die Hinterlegung wurde in das Hausbrieffach eingelegt. Die Hinterlegung beim Postamt Wien 3 erfolgte mit der Anmerkung "Beginn der Abholfrist 3.11.93". Die hinterlegte Sendung wurde von der Beschwerdeführerin nicht behoben.
Die Ersatzvornahme durch die Behörde erfolgte in der Zeit vom 17. November bis 25. November 1998. Im Rahmen der Vollstreckungsmaßnahme am 17. November 1998 verfügte der Amtsarzt die Einweisung der Beschwerdeführerin in das Pflegezentrum E, Psychiatrische Abteilung, "zur Untersuchung und
allfälligen weiteren Behandlung".
Durch Hinterlegung am 20. April 1999 an der Adresse D-Gasse 1 wurde der Beschwerdeführerin die Mitteilung des Magistrates der Stadt Wien vom 16. April 1999 zugestellt, in welcher zur Kenntnis gebracht wurde, dass bei der Ersatzvornahme aufgrund der Vollstreckungsverfügung vom 27. Oktober 1998 Kosten in der Höhe von S 661.121,60 erwachsen seien. Die Rechnungen der ausführenden Unternehmen seien auf rechnerische Richtigkeit überprüft und die ordnungsgemäße und richtige Leistung bestätigt worden.
Mit Schreiben vom 4. Mai 1999 teilte der öffentliche Notar Dr. M dem Magistrat der Stadt Wien mit, dass er vom Bezirksgericht zur Geschäftszahl 3 P 3w zum Sachwalter der Beschwerdeführerin bestellt worden sei und bei der Beschwerdeführerin die geistige Erkrankung und die mangelnde Fähigkeit, die Tragweite ihrer Handlungen einzusehen, zeitlich weit zurückgehe. Die Beschwerdeführerin sei geisteskrank und nicht handlungsfähig. Er sei mit Telefax vom 3. Mai 1999 vom Vollstreckungsverfahren in Kenntnis gesetzt worden. Als Sachwalter erkläre er, das gesamte bisherige Verfahren nicht zu genehmigen. Er beantragte mangels Zuziehung als Sachwalter, dieses Verfahren als nichtig aufzuheben. Diesem Schreiben legte der Sachwalter eine Kopie des Gutachtens des Prim. i. R. Dr. H vom 14. Februar 1999, erstattet im Verfahren 3 P 2w vor dem Bezirksgericht, bei, in welchem u.a. festgehalten wird, dass "zwei Ablichtungen über Unterbringungsentscheidungen zur Aufnahme ohne eigenes Verlangen im psychiatrischen Krankenhaus vom 17.11.1998 (...) diagnostisch von einem psychosewertigen anankastischen Syndrom bzw. von einer schizoid-anankastischen Persönlichkeitsstörung mit offener massiver Realitätsverleugnung der Zustände im Wohnhaus, welches zurzeit gerichtlich geräumt werde", sprechen. Die "Patientin sei zurzeit ohne Wohnmöglichkeit und auch nicht vertragsfähig". Im Gutachten wird sodann ausgeführt, dass sich eindeutige Hinweise für das Vorliegen einer schweren Störung der Persönlichkeit ergeben hätten, welche seit Jahren bereits mit einem ausgeprägtem Sammeltrieb verbunden sei; dies habe schon wiederholt zu - zum Teil zwangsweisen - Räumungen der Wohnungen bzw. Wohnobjekte geführt. Die Betroffene sei bezüglich ihrer Fehlhaltungen nicht einsichtig und könne ihre diesbezüglichen Impulse auch nicht ausreichend zügeln, sodass sie nach Entrümpelung immer wieder rasch mit ihrer früheren Tätigkeit beginne. Sie belästige und gefährde gesundheitlich durch ihre Ansammlungen immer wieder ihre Umgebung. Dieses Fehlverhalten entspräche zweifellos bereits einer psychischen Erkrankung, welche es der Betroffenen nicht mehr gestatte, ihre Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu erledigen. Die Bestellung eines Sachwalters erscheine daher medizinischerseits zu empfehlen. Der Sachwalter sollte sich einerseits um die finanziellen sowie die behördlichen bzw. gerichtlichen Angelegenheiten kümmern, andererseits - hier besonders intensiv - vor Ort dafür Sorge tragen, dass es zu Hause nicht wieder zu unsinnigen Ansammlungen komme.
Schon mit Beschluss vom 22. Jänner 1999 hat das Bezirksgericht Dr. M zum einstweiligen Sachwalter zur Vertretung der Betroffenen in diesem Verfahren bestellt (§ 238 Abs. 1 Außerstreitgesetz) und mit der Besorgung folgender dringender Angelegenheiten der Betroffenen (§ 238 Abs. 1 Außerstreitgesetz in Verbindung mit § 281 Abs. 3 ABGB) betraut:
Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes vom 28. April 1999 wurde Dr. M gemäß § 273 ABGB für die Beschwerdeführerin zum Sachwalter bestellt. Der Sachwalter hat folgenden Kreis von Angelegenheiten zu besorgen (§ 273 Abs. 3 Z. 2 ABGB): a) Einkommens- und Vermögensverwaltung, b) Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 17. Mai 1999 wurden der Beschwerdeführerin gemäß § 11 Abs. 1 VVG die in Vollstreckung des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes vom 11. August 1998 für die Herstellung des
bescheidmäßigen Zustandes am 17. November 1998 im Wege der Ersatzvornahme angefallenen Kosten in der Höhe von S 661.121,60 auferlegt. Dieser Bescheid wurde dem Sachwalter zugestellt, welcher namens der Beschwerdeführerin mit der Begründung Berufung erhoben hat, der der Vollstreckung zugrunde liegende Titelbescheid sei unheilbar nichtig; ihm komme nur Scheinrechtskraft zu, da die betroffene Beschwerdeführerin bereits zum Zeitpunkt des Bescheides, aber auch bereits vorher zufolge Geisteskrankheit nicht handlungsfähig gewesen sei.
In der Folge erstattete der Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. W für die Magistratsabteilung 15 ein psychiatrisches Amtsgutachten, in welchem aus der Krankengeschichte des psychiatrischen Krankenhauses E festgehalten
wird, dass die Patientin bezüglich ihres massiven hygienischen Übelstandes uneinsichtig im Sinne eines paranoiden Verhaltens mit deutlicher Realitätsverleugnung sei. Die Diagnosen lauteten auf latente Schizophrenie, ihre Entlassung am 20. November 1998 sei auf eigenen Wunsch erfolgt; bei der Patientin bestehe keinerlei Krankheitseinsicht. Im psychischen Status dieses Gutachtens wird festgehalten, dass der Realitätsbezug der Beschwerdeführerin bezüglich der Sammeltätigkeit und der daraus resultierenden Konsequenzen deutlich beeinträchtigt sei. In der Zusammenfassung und Beurteilung dieses Gutachtens wird ausgeführt, dass die Beantwortung der Fragestellung nach Handlungs- und Prozessfähigkeit im Zeitraum des Verfahrens (insbesondere Juli/August sowie November/Dezember 1998) aufgrund der retrospektiven Beurteilung naturgemäß nicht mit Sicherheit erfolgen könne. Aussagen mit hoher Wahrscheinlichkeit seien jedoch aufgrund der vorliegenden Informationen und der Untersuchung möglich. Es könne davon ausgegangen werden, dass sich im psychischen Zustand der Beschwerdeführerin inzwischen keine wesentliche Veränderung ergeben habe. Bereits in der Jugendzeit habe bei der Beschwerdeführerin eine anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitskomponente vorgelegen. Unter langdauernder Belastung und Einschränkung durch einen vermutlich psychisch kranken Ehemann sei es zu einer Verschärfung der Persönlichkeitsproblematik gekommen. Bereits bei der Mutter der Untersuchten habe ein auffälliges Sammelverhalten im Sinne einer übertriebenen Sparsamkeit bestanden; ähnliche Züge dürfte auch der Ehemann aufgewiesen haben. Vor dem Hintergrund der eigenen disponierenden Persönlichkeit habe die Beschwerdeführerin dieses Verhalten übernommen, das sie im Laufe der Jahre mit zunehmender Intensität und zunehmendem Realitätsverlust kultiviert habe. Diagnostisch sei eine gravierende Persönlichkeitsstörung mit anankastisch-schizoidem Charakter zu konstatieren, die zu einem impulshaften und nicht kontrollierbaren Sammelverhalten führe. Es sei davon auszugehen, dass die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit der Beschwerdeführerin für ihre Sammeltätigkeit und die daraus resultierenden Konsequenzen im fraglichen Zeitraum hochgradig beeinträchtigt gewesen seien. Auch bezüglich der aufgeworfenen Prozessfähigkeit sei auf diese Einschränkung zu verweisen, ansonsten sei die Fähigkeit, einem Verfahren zu folgen, intakt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. November 1999 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Dem fachärztlichen Gutachten der Magistratsabteilung 15 vom 10. August 1999 sei zu entnehmen, dass die Diskretionsfähigkeit und Dispositionsfähigkeit der Beschwerdeführerin für ihre Sammeltätigkeit und die daraus resultierenden Konsequenzen im fraglichen Zeitraum hochgradig beeinträchtigt gewesen seien. Auch bezüglich der Prozessfähigkeit werde auf diese Einschränkung verwiesen, wobei ansonsten die Fähigkeit der Beschwerdeführerin, einem Verfahren zu folgen, intakt gewesen sei. Da somit die Beschwerdeführerin zu den diesbezüglichen Zeitpunkten den Zustellungen der verfahrensgegenständlichen Bescheide und Verfügungen (Titelbescheid vom 11. August 1998, Androhung der Ersatzvornahme vom 21. September 1998 und Vollstreckungsverfügung vom 27. Oktober 1998) im gegenständlichen Verfahren habe folgen können und daher auch den Text der Bescheide einschließlich der Rechtsmittelbelehrung verstanden habe, seien die dem Kostenbescheid zugrunde liegenden Bescheide rechtsgültig zugestellt worden und somit in Rechtskraft erwachsen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher - soweit für die Entscheidung erheblich - ausgeführt wird, sowohl der Titelbescheid als auch die Vollstreckungsverfügung seien nichtig, weshalb der hievon abgeleitete Kostenbescheid dieses rechtliche Schicksal teilen müsse. Schon in der Berufung habe der Sachwalter darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin seit Jahren geschäftsunfähig sei. Dies ergebe sich sowohl aus dem Gutachten des Prim. Dr. H sowie dem Amtsgutachten der Magistratsabteilung 15.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin Kosten der Vollstreckung gemäß § 11 VVG vorgeschrieben.
Gemäß Abs. 1 dieses Paragraphen fallen die Kosten der Vollstreckung - sofern nicht Abs. 2 dieser Gesetzesstelle in Betracht kommt - dem Verpflichteten zur Last. Im Beschwerdefall wurde die Kostenersatzpflicht auf § 11 Abs. 1 VVG gestützt, weshalb auf die Regelung des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle nicht näher einzugehen ist.
Verpflichteter ist derjenige, der in der Vollstreckungsverfügung als solcher genannt ist und auf den sich die Vollstreckungshandlungen im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens rechtmäßig beziehen. Ohne die entsprechende Vollstreckungsverfügung kann daher eine Kostenvorschreibung nach § 11 Abs. 1 VVG nicht erfolgen. Eine solche setzt also voraus, dass der Verpflichtete nicht nur Adressat des Titelbescheides, sondern ihm gegenüber auch die Anordnung der Ersatzvornahme ergangen ist (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Jänner 1970, Slg. Nr. 7.703/A). Erweist sich die Einleitung einer Vollstreckung im weiteren Verlauf als ungerechtfertigt, können die bereits erwachsenen Kosten dem Verpflichteten nicht auferlegt werden (siehe hiezu Mannlicher/Quell, Das Verwaltungsverfahren, 2. Halbband,
8. Auflage, Seite 349, Anmerkung 3 zu § 11 VVG).
Gemäß § 10 Abs. 1 VVG finden auf das Vollstreckungsverfahren, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. und IV. Teil und hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 des AVG sinngemäß Anwendung. Demgemäß gelten im VVG auch die Regelungen über die Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten gemäß § 9 AVG und die Bestellung eines Sachwalters für handlungsunfähige Beteiligte gemäß § 11 AVG. Für die prozessuale Handlungsfähigkeit (Prozessfähigkeit) ist entscheidend, ob die Partei im Zeitpunkt der betreffenden Verfahrensabschnitte in der Lage war, Bedeutung und Tragweite des Verfahrens und der sich in ihm ereignenden prozessualen Vorgänge zu erkennen, zu verstehen und sich den Anforderungen eines derartigen Verfahrens entsprechend zu verhalten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 16. April 1984, Slg. Nr. 11.410/A, nur RS). Das Fehlen der Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen. Für die Frage der Wirksamkeit einer Zustellung kommt es darauf an, ob der Zustellungsempfänger handlungsfähig war, und nicht darauf, ob für ihn bereits ein Sachwalter bestellt worden ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. November 1987, Slg. Nr. 12.579/A).
Im Verfahren betreffend die Vorschreibung der Kosten der Vollstreckung nach § 11 Abs. 1 VVG ist nun zunächst nicht von entscheidender Bedeutung, ob die im Vollstreckungsverfahren als Verpflichteter in Anspruch genommene Person im Zeitpunkt der Erlassung des Titelbescheides prozessfähig war, weil diese Frage unter dem Gesichtspunkt der Unzulässigkeit der Vollstreckung mittels Berufung gegen die Vollstreckungsverfügung gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG releviert werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. September 1960, Slg. Nr. 5.381/A, und die weitere bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 1196, zu § 10 VVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Die gegen die Zustellung des Titelbescheides an die Beschwerdeführerin bestehenden Bedenken können daher im Beschwerdeverfahren vom Verwaltungsgerichtshof nicht aufgegriffen werden.
Wohl hat aber die Vollstreckungsbehörde in jeder Lage des Vollstreckungsverfahrens das Fehlen der Prozessfähigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. War daher eine in einer Vollstreckungsverfügung als Verpflichteter genannte Person im Zeitpunkt der Zustellung dieser Verfügung nicht in der Lage, Bedeutung und Tragweite dieses prozessualen Vorganges zu erkennen, zu verstehen und sich den Anforderungen eines derartigen Verfahrens entsprechend zu verhalten (vgl. hiezu das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 16. April 1984, Slg. Nr. 11.410/A, nur RS) und demnach zum Zeitpunkt dieser Zustellung handlungsunfähig, war diese Zustellung nicht wirksam, unabhängig davon, ob bereits ein (einstweiliger) Sachwalter bestellt worden ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 9. April 1965, Slg. Nr. 6.659/A).
Obwohl nun der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige der Magistratsabteilung 15 in seinem psychiatrischen Gutachten zur Handlungsfähigkeit der Beschwerdeführerin ausgeführt hat, dass deren "Diskretions- und Dispositionsfähigkeit" bezüglich ihrer Sammeltätigkeit und der daraus resultierenden Konsequenzen "im fraglichen Zeitraum hochgradig beeinträchtigt" war, und diese Schlussfolgerung auch ausdrücklich auf deren Prozessfähigkeit bezogen hat, stellte die belangte Behörde fest, dass im Zeitpunkt der Zustellung der verfahrensgegenständlichen Bescheide, insbesondere der Vollstreckungsverfügung vom 27. Oktober 1998, die Beschwerdeführerin dem gegenständlichen Verfahren habe folgen können und daher sowohl den Inhalt der Bescheide als auch deren Rechtsmittelbelehrung verstanden habe. Diese Feststellung konnte jedoch die belangte Behörde schlüssigerweise aus dem vorgenannten psychiatrischen Gutachten nicht ziehen, weil sich nach diesem Gutachten die Beeinträchtigung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit der Beschwerdeführerin durch ihren ausgeprägten Sammeltrieb und die daraus resultierenden Konsequenzen, demnach (möglicherweise) auch auf die Verwaltungsverfahren, welche aufgrund dieser zwanghaften Sammeltätigkeit der Beschwerdeführerin ausgelöst worden sind, beziehen soll.
Da die Begründung im angefochtenen Bescheid bezüglich der Prozessfähigkeit der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Ersatzzustellung der Vollstreckungsverfügung am 2. November 1998 nicht schlüssig ist, belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Mangels Behebung der hinterlegten Vollstreckungsverfügung vom 2. November 1998 durch die Beschwerdeführerin konnte diese - entgegen den Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid - den Inhalt derselben und die darin enthaltene Rechtsmittelbelehrung nicht kennen. Insoweit ist die Begründung im angefochtenen Bescheid jedenfalls verfehlt. Im Übrigen wird abschließend bemerkt, dass die Vollstreckungsverfügung an einer Adresse hinterlegt wurde, an welcher die Beschwerdeführerin möglicherweise gar nicht wohnhaft gewesen ist, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu welchem sich das Verhalten als paranoid mit deutlicher Realitätsverleugnung offenbar besonders manifestiert hatte und eine schizoid-anankastische Persönlichkeitsstörung und latente Schizophrenie diagnostiziert worden ist. Am 17. November 1998, also 15 Tage nach Hinterlegung der Vollstreckungsverfügung, wurde nämlich die Beschwerdeführerin aufgrund amtsärztlicher Verfügung in die psychiatrische Abteilung des Pflegezentrums E wegen ihrer Krankheit
eingewiesen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3
lit. b und c VwGG aufzuheben.
Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 19. September 2000
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