VwGH 2000/04/0179

VwGH2000/04/017926.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des W in N, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 30. August 2000, Zl. WST1-B-99124, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §87 Abs1 Z3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 30. August 2000 wurde dem Beschwerdeführer eine näher beschriebene Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 entzogen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei

1) mit Straferkenntnis vom 28. März 1996 wegen Übertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 sowie § 8 Abs. 1 lit. b NÖ Spielautomatengesetz, § 8 Abs. 1 lit. d NÖ Spielautomatengesetz und § 13 Abs. 3 NÖ Jugendschutzgesetz mit einer Geldstrafe von

a) S 2.000,--, b) S 5.000,--, c) S 2.000,-- und d) S 2.000,--, insgesamt S 11.000,--, bestraft, weil er am 22. Februar 1996 gegen

16.20 Uhr in einem Nebenraum seiner Trafik eine Spielhalle betrieben habe, wobei für die in dieser Spielhalle aufgestellten 9 Stück Spielautomaten keine Bewilligung vorgelegen sei und im Zeitpunkt der Kontrolle in diesem Raum 7 Kinder bzw. Jugendliche anwesend gewesen seien und mit den Automaten gespielt hätten;

2) mit Straferkenntnis vom 16. Dezember 1996 wegen Übertretung nach § 31 i.V.m. § 4 Abs. 3 Pyrotechnikgesetz 1974 und § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 mit einer Geldstrafe von a) S 2.000,-- und b) S 5.000--, somit insgesamt S 7.000,-- bestraft worden, weil er am 15. November 1996 an einen 13-jährigen Schüler eine Packung Knallkörper der Klasse II verkauft und zugegeben habe, Feuerwerkskörper der Klasse II an Personen unter 18 Jahren verkauft zu haben und darüber hinaus keine Bewilligung für die Ausübung des bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes nach § 127 Z. 2 GewO 1994 besessen habe;

3) mit Straferkenntnis vom 18. März 1997 wegen Übertretung nach § 4 Abs. 3 und § 31 Pyrotechnikgesetz 1974 mit einer Geldstrafe von S 1.000,--, weil er am 9. Dezember 1996 einem 11- jährigen Schüler 4 Schachteln Feuerwerkskörper der Klasse II verkauft bzw. überlassen habe, obwohl pyrotechnische Gegenstände der Klasse II Personen unter 18 Jahren nicht überlassen und von diesen weder besessen noch verwendet werden dürfen;

4) mit Straferkenntnis vom 12. Oktober 1999 wegen Übertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 mit einer Geldstrafe von S 5.000,-

- bestraft worden, weil er am 9. September 1999 an einem näher beschriebenen Ort alkoholische Getränke ausgeschenkt und damit das gemäß § 124 Z. 9 GewO 1994 nicht bewilligungspflichtige Gastgewerbe gemäß § 142 GewO 1994 ausgeübt habe, ohne dieses Gastgewerbe bei der Gewerbebehörde angemeldet zu haben.

Der Beschwerdeführer sei somit im Zeitraum zwischen 1996 und 1999 drei Mal wegen Übertretung der GewO 1994, zwei Mal wegen Übertretung des NÖ Spielautomatengesetzes, ein Mal wegen Übertretung des NÖ Jugendschutzgesetzes und zwei Mal wegen Übertretung des Pyrotechnikgesetzes 1974 rechtskräftig bestraft worden. Auf Grund der rechtskräftigen Straferkenntnisse stehe fest, dass der Beschwerdeführer gegen die im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen verstoßen habe, wobei auf Grund der verletzten Schutzinteressen, wie dem Interesse am Jugendschutz und an der Sicherheit bei der Handhabung und den Umgang mit pyrotechnischen Artikeln, oder auch auf Grund des sorglosen Umgangs mit den Rechtsvorschriften der Gewerbeordnung, die vom Beschwerdeführer begangenen Verwaltungsübertretungen insgesamt als schwer wiegend zu bezeichnen seien. Es sei daher - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - nicht weiter zu prüfen gewesen, ob ein weiteres vorschriftswidriges Verhalten konkret zu befürchten sei. Die mangelnde Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers für die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes ergäbe sich als zwingende Rechtsvermutung aus den vom Beschwerdeführer begangenen schwer wiegenden Verstößen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Ausübung des Gewerbes verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, die von ihm gesetzten Verstöße könnten allesamt als Bagatelldelikte angesehen werden; die von der belangten Behörde vorgenommene Gewichtung sei unzutreffend. Es sei kein auffallender wiederholter Rechtsmissbrauch gegeben, der auf eine beharrliche Begehung von Straftaten hinweisen würde. Jedenfalls liege eine Vielzahl von geringen Übertretungen nicht vor. Auch habe die belangte Behörde nicht festgestellt, dass ein weiteres vorschriftswidriges Verhalten des Beschwerdeführers in der Zukunft befürchtet werden müsse. Tatsache sei, dass der Beschwerdeführer seit 1997 keine Rechtsverletzung mehr begangen habe. Schließlich habe sich die belangte Behörde - trotz eines entsprechenden Vorbringens des Beschwerdeführers - nicht mit der Frage auseinander gesetzt, ob eine zeitlich befristete Entziehung der Gewerbeberechtigung ausreichend sei, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Beschwerdeführers zu sichern.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwer wiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Nach dem Schlusssatz des § 87 Abs. 1 sind Schutzinteressen gemäß Z. 3 insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, kann das im § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 enthaltene Tatbestandsmerkmal der "schwer wiegenden Verstöße" nicht nur durch an sich als schwer wiegende zu beurteilende Verstöße erfüllt werden, sondern auch durch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen der im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0127, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Mit Rücksicht auf diese Rechtslage kann es im gegebenen Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob - wie der Beschwerdeführer meint - die ihm zur Last gelegten Straftaten die Schwelle eines schwer wiegenden Verstoßes im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 jeweils nicht überschreiten. Selbst wenn dies nämlich so wäre, so kann der Auffassung der belangten Behörde, die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen erfüllten zumindest "insgesamt" das Tatbestandsmerkmal der "schwer wiegenden Verstöße" im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994, nicht mit Erfolg entgegen getreten werden. Mögen einzelne der vom Beschwerdeführer unbestrittener Maßen begangenen Straftaten für sich auch im Grenzbereich zwischen einem noch geringfügigem und einem schon schwer wiegenden Verstoß anzusiedeln sein, so zeigen doch die innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne begangenen Straftaten und auch die Höhe der über den Beschwerdeführer deshalb verhängten Strafen, dass es sich dabei sowohl in Ansehung ihrer Art als auch in Ansehung ihrer Anzahl um Verstöße handelt, die jedenfalls insgesamt das Tatbestandselement des "schwer wiegenden Verstoßes" als erfüllt rechtfertigen.

Dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hat es verabsäumt, Feststellungen zu treffen, ob ein weiteres vorschriftswidriges Verhalten des Beschwerdeführers in Hinkunft zu erwarten sei, ist zu entgegnen, dass sich die mangelnde Zuverlässigkeit für die Ausübung des Gewerbes nach der Regelung des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 - wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat - als zwingende Rechtsvermutung aus den dort genannten schwer wiegenden Verstößen ergibt (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 27. September 2000 und die dort zitierte Vorjudikatur); die vom Beschwerdeführer geforderte Zukunftsprognose ist daher nicht geboten. Im Übrigen wurde die zeitlich letzte Straftat vom Beschwerdeführer nicht - wie er behauptet - im Jahre 1997 begangen, sondern am 9. September 1999.

Soweit der Beschwerdeführer aber vorbringt, die belangte Behörde habe sich nicht mit der Frage auseinander gesetzt, ob nicht eine befristete Entziehung der Gewerbeberechtigung im Sinne des § 87 Abs. 3 GewO 1994 ausreichend sei, bieten die Aktenlage aber auch das Vorbringen des Beschwerdeführers keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen besonderer Gründe, die erwarten ließen, eine bloß befristete Maßnahme sei ausreichend, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Beschwerdeführers zu sichern.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil - auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens - weder Sach- noch Rechtsfragen der Klärung in einer Verhandlung bedurften.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Juni 2001

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