Normen
GewO 1994 §339 Abs1;
GewO 1994 §340 Abs1;
GewO 1994 §340 Abs7;
GewO 1994 §39 Abs2;
GewO 1994 §339 Abs1;
GewO 1994 §340 Abs1;
GewO 1994 §340 Abs7;
GewO 1994 §39 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 340 Abs. 1 und 7 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 GewO 1994 festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes "Gastgewerbe gem. § 124 Z. 8 GewO 1994 in der Betriebsart 'Restaurant' und mit dem Berechtigungsumfang gem. § 142 (1) Z. 2 - 4 leg. cit." im näher bezeichneten Standort nicht vorliegen und die Ausübung des angemeldeten Gewerbes sowie die Bestellung des H zum gewerberechtlichen Geschäftsführer untersagt.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit dem am 15. März 2000 beim Stadtmagistrat Innsbruck eingelangten Schriftsatz habe die beschwerdeführende Partei das Gastgewerbe in der Betriebsart Restaurant mit dem Geschäftsführer H angemeldet. Im Ermittlungsverfahren sei erhoben worden, dass H seinen Wohnsitz in Ybbs (Niederösterreich) habe, über eine Lehrverpflichtung im Rahmen des Bezirksschulrates Melk sowie eine Gastgewerbeberechtigung im Standort Ybbs verfüge und darüber hinaus noch gewerberechtlicher Geschäftsführer in Gastgewerbebetrieben in Linz und Gmunden sei. Hiezu sei seitens der beschwerdeführenden Partei mitgeteilt worden, dass H seine Gewerbeberechtigung in Ybbs zurückgelegt habe und aus seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer in Gmunden ausgeschieden sei. Mit Schreiben vom 27. Juni 2000 habe dieser jedoch mitgeteilt, dass er sich nicht in der Lage sehe, seiner Geschäftsführertätigkeit im gegenständlichen Betrieb nachzukommen. Der bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer habe seinen Lebensmittelpunkt in Ybbs. Er habe dort als Ersatzmitglied des Bezirksschulrates eine Lehrverpflichtung - jedenfalls im Rahmen der Personalreserve. Unter diesen Umständen sei daher nicht erkennbar, wie er im Betrieb der beschwerdeführenden Partei in Innsbruck eine kontinuierliche Kontrolltätigkeit zur Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften bei Ausübung des Gewerbes entfalten werde können. Es werde auch durch kein konkretes Vorbringen aufgezeigt, welche Möglichkeiten einer entsprechenden betrieblichen Tätigkeit H haben werde; im Gegenteil habe H selbst darauf hingewiesen, dass ihm die Erfüllung dieser ihm vom Gesetz auferlegten Verpflichtung nicht möglich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 339 Abs. 1 GewO 1994 hat, wer ein Gewerbe ausüben will, soweit es sich nicht um ein bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe handelt, die Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten.
Nach § 340 Abs. 1 GewO 1994 hat die Bezirksverwaltungsbehörde auf Grund der Anmeldung des Gewerbes zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Liegen sie nicht vor, so hat sie nach dem Abs. 7 dieser Gesetzesstelle - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z. 1 - dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, ist wegen des konstitutiven Charakters der Gewerbeanmeldung bei der der Behörde nach § 340 GewO 1994 aufgetragenen Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Gewerbeanmeldung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Anmeldung abzustellen. Im Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 GewO 1994 müssen die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne des § 340 Abs. 1 GewO 1994 auch in Ansehung des bestellten Geschäftsführers in diesem Zeitpunkt gegeben sein (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 27. Jänner 1999, Zl. 98/04/0189, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Gemäß § 39 Abs. 2 GewO 1994 in der nach der soeben dargestellten Rechtslage hier maßgebenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 88/2000 muss der Geschäftsführer den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen, seinen Wohnsitz im Inland haben, sofern die Zustellung der Verhängung und die Vollstreckung von Verwaltungsstrafen nicht durch Übereinkommen sichergestellt sind, und in der Lage sein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen, insbesondere dem Abs. 1 entsprechende, selbstveranwortliche Anordnungsbefugnis besitzen. Er muss der Erteilung der Anordnungsbefugnis und seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben.
Bei der Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes der "entsprechenden" Betätigungsmöglichkeit eines Geschäftsführers im Sinne dieser Gesetzesstelle ist in erster Linie auf die Bestimmungen der Abs. 1 und 5 des § 39 GewO 1994 Bedacht zu nehmen, aus denen hervorgeht, dass der bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer der Behörde gegenüber anstelle des Gewerbeinhabers für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Daraus ergibt sich im Zusammenhang mit der Art der von dem jeweils in Betracht kommenden Gewerbe umfassten Tätigkeit auch das Ausmaß des erforderlichen Betätigungsumfanges des Geschäftsführers. Eine entsprechende Betätigung kann danach nur angenommen werden, wenn durch sie eine gesetzmäßige Gewerbeausübung sichergestellt und somit unter Bedachtnahme auf die im Einzelfall in Betracht zu ziehende gewerberechtliche Betätigung die bloße Scheinerfüllung dieses Erfordernisses ausgeschlossen wird. Es muss somit unter Bedachtnahme auf die Art oder auf den Umfang des Gewerbebetriebes und auf die Lebensumstände des Geschäftsführers die Beurteilung gerechtfertigt sein, dass der Geschäftsführer zu einer derartigen Betätigung in der Lage ist (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1999, Zl. 98/04/0189).
Die Beschwerde legt das Schwergewicht - sinngemäß zusammengefasst - darauf, H sei im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung sehr wohl in der Lage gewesen, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen. Die beschwerdeführende Partei habe vorgebracht, dass es sich bei der Lehrverpflichtung des H um keine regelmäßige Anstellung handle. Er gehöre der Personalreserve des Bezirksschulrates Melk an. Er sei aber nicht verpflichtet, von vornherein festgelegte Schulstunden abzuhalten. Für den Fall, dass ein Lehrer des Bezirksschulrates ausfalle, werde seitens des Bezirksschulrates angefragt, ob er kurzfristig als Ersatz einspringen könne. Dabei sei es unschädlich, wenn er seinerseits durch andere Verpflichtungen verhindert sei, weil mehrere Lehrer als Personalreserve zur Verfügung stünden. H könne über seine Zeit frei verfügen. Dass H am 28. Juni 2000 mitgeteilt habe, er würde für die Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht mehr zur Verfügung stehen, sei für die Entscheidung irrelevant, weil es auf den Zeitpunkt der Bestellung bzw. der Anzeige der Bestellung und nicht wie bei den bewilligungspflichtigen Gewerben auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der bescheidförmigen Erledigung eines Bewilligungsansuchens ankomme.
Die beschwerdeführende Partei ist damit im Recht.
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde hinsichtlich des Tatbestandselementes der entsprechenden Betätigungsmöglichkeit (lediglich) darauf abgestellt, dass der bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer "seinen Lebensmittelpunkt in Ybbs" und er "dort als Ersatzmitglied des Bezirksschulrates eine Lehrverpflichtung jedenfalls im Rahmen der Personalreserve" habe. Eine Auseinandersetzung mit dem - in der Beschwerde (wie oben dargestellt) angesprochenen - Vorbringen im Verwaltungsverfahren fehlt. Ohne eine solche ist der Verwaltungsgerichtshof aber nicht in der Lage, den angefochtenen Bescheid auf seine inhaltliche Rechtsrichtigkeit zu überprüfen. Ist doch nicht von vornherein - ungeachtet des Vorbringens, H könne über seine Zeit frei verfügen - eine entsprechende Betätigungsmöglichkeit auszuschließen, weil er als Ersatzmitglied des Bezirksschulrates eine Lehrverpflichtung jedenfalls im Rahmen der Personalreserve habe.
Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang in ihrer Gegenschrift darauf hinweist, dass der Genannte zum Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung auch über eine Gewerbeberechtigung im Standort Ybbs verfügt habe und er gewerberechtlicher Geschäftsführer in Gastgewerbebetrieben in Linz und Gmunden gewesen sei, so ist ihr zu entgegnen, dass sie darauf nicht abgestellt hat. Sie hat sich vielmehr mit der Feststellung begnügt, es sei von der beschwerdeführenden Partei mitgeteilt worden, der bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer habe seine Gewerbeberechtigung in Ybbs zurückgelegt und sei aus seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer in Gmunden ausgeschieden.
Es ist, wie bereits ausgeführt, bei der Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Gewerbeanmeldung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Anmeldung abzustellen. Maßgebend für die vorzunehmende Beurteilung der "entsprechenden Betätigungsmöglichkeit" sind also bei Anmeldungsgewerben die Verhältnisse im Zeitpunkt der Anmeldung. Nach diesen Verhältnissen muss unter Bedachtnahme auf die Art oder auch den Umfang des (vorgesehenen) Gewerbebetriebes sowie den (bisher) gegebenen Aufgabenbereich des vorgesehenen Geschäftsführers die Beurteilung gerechtfertigt sein, dass der Geschäftsführer in der Lage ist und sein wird, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. April 1982, Slg. Nr. 10.699/A). Ein nachträglicher Wegfall der Sachverhaltsgrundlagen für diese Beurteilung ändert nichts am konstitutiven Charakter der Gewerbeanmeldung und damit daran, dass bei der Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Gewerbeanmeldung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Anmeldung abzustellen ist (vgl. auch die Strafbestimmung des § 367 Z. 5 GewO 1994, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, wer sich für die Ausübung eines Gewerbes eines Geschäftsführers bedient, die nicht mehr den in § 39 Abs. 2 festgelegten Voraussetzungen entspricht).
Es ist somit für die belangte Behörde nichts zu gewinnen, wenn sie sich auch darauf stützte, H habe mit Schreiben vom 27. Juni 2000 - also mehr als drei Monate nach der Gewerbeanmeldung - mitgeteilt, er sehe sich nicht in der Lage, seiner Geschäftsführertätigkeit im gegenständlichen Betrieb nachzukommen. Anders als die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift meint, kann dieses Schreiben auch nicht als ein "weiteres Indiz" für den Umstand gelten, "dass er eben tatsächlich nicht in der Lage ist, sich im Betrieb der Beschwerdeführerin entsprechend zu betätigen". In diesem Schreiben heißt es nämlich:
"Ich ziehe meinen Befähigungsnachweis (Konzession) vom obigen Betrieb zurück, weil ich nicht mit Frau G eine gemeinsame Linie zur nachhaltigen Sanierung des Betriebes finden konnte und mich nicht in der Lage sehe, dort mit dieser Geschäftspartnerin sinnvoll Änderungen durchzuführen. Übernehme daher keinerlei Verantwortung mehr für gewerberechtliche Dinge, die diesen Betrieb betreffen. ..."
Daraus kann kein Schluss gezogen werden, dass bereits im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung eine entsprechende Betätigungsmöglichkeit gefehlt habe. Es ist vielmehr im Gegenteil davon auszugehen, dass sich nach Meinung des namhaft gemachten gewerberechtlichen Geschäftsführers der Sachverhalt zwischenzeitig geändert habe (arg.: "... keinerlei Verantwortung mehr ...").
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Da der Stempelgebührenersatz mit der Eingabengebühr von S 2.500,-- gemäß § 24 Abs. 3 VwGG (idF BGBl. I Nr. 88/1997) abgegolten ist, war das diesbezügliche Mehrbegehren abzuweisen.
Es wird darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens ein Abspruch des Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zu unterbleiben hat.
Wien, am 13. Dezember 2000
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