VwGH 2000/04/0169

VwGH2000/04/016913.12.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der C Societe anonyme, in M, vertreten durch S & P, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid der Beschwerdeabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 15. Dezember 1999, Zl. Bm 23/97, 3 IR 981/95, betreffend Verweigerung des Markenschutzes, zu Recht erkannt:

Normen

MarkenSchG 1970 §1;
MarkenSchG 1970 §4 Abs1 Z3;
MarkenSchG 1970 §4 Abs2;
MarkenSchG 1970 §1;
MarkenSchG 1970 §4 Abs1 Z3;
MarkenSchG 1970 §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Beschwerdeabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 15. Dezember 1999 wurde gemäß § 20 Abs. 3 des Markenschutzgesetzes festgestellt, dass die internationale Marke Nr. X für das Gebiet der Republik Österreich nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 MSchG zum Schutz zuzulassen ist. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei Inhaberin der für Getränke der Klassen 32 und 33 beanspruchten internationalen Marke Nr. X, die mit folgendem Zusatz im internationalen Register eingetragen sei:

"Le tiers superieur de la bouteille est en forme de bulbe obtenue par le leger etranglement du corps de la bouteille aux deux tiers de sa hauteur; le bulbe est d'aspect granite."

Die Erstbehörde habe die mangelnde Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens mit dem Fehlen der erforderlichen Unterscheidungs- und Kennzeichnungskraft begründet. Bei der gegenständlichen Marke handle es sich mangels einer entsprechenden Legende um keine dreidimensionale Marke in Form einer Flasche, sondern um eine Fotografie, auf der eine Flasche dargestellt sei. Dieser Umstand ändere die Beurteilung der Sachlage jedoch nicht wesentlich, da es keinen Unterschied mache, ob die Marke aus der Verpackung selbst oder der Abbildung dieser Verpackung bestehe. Aus diesem Grund könnten die in der Literatur für die Unterscheidungskraft von dreidimensionalen Marken in Form von Verpackungen oder Umhüllungen entwickelten Grundsätze auch auf diesen Fall angewendet werden. Danach hätten Behältnisse nicht die generelle Vermutung für sich, vom Verkehr als Marken angesehen zu werden. Behältnisformen könnten lediglich dann als Unternehmenshinweis angesehen werden, wenn in der betreffenden Branche die Übung, mit der Form dieses Behältnisses die Herkunft aus einem Unternehmen zu kennzeichnen, und die Akzeptanz dieser Übung durch die Zeichenadressaten glaubhaft gemacht werden könnten. Dreidimensionale Zeichen könnten umso weniger herkunftshinweisend sein, je näher sie der Grundform vergleichbarer anderer Verpackungsformen auf dem jeweiligen Warengebiet kämen. Eine Bescheinigung der Verkehrsgeltung könne ausnahmsweise nur dort entfallen, wo die Form des Behälters sich überdeutlich von den in der Branche üblichen Formen unterscheide und besonders eigenartig bzw. nicht technisch-funktionell bedingt sei. Gerade bei Getränkeflaschen orientierten sich die Abnehmerkreise im Allgemeinen an der zur Kennzeichnung des Inhaltes notwendigerweise angebrachten Etikette.Nur bei ganz besonders auffälligen, von gängigen Flaschenformen mehr als marginal abweichenden Gestaltungen geschehe dies auch an der Form. Die in der gegenständlichen Marke dargestellte Flasche habe keinerlei Auffälligkeiten an sich, die von den beteiligten Verkehrskreisen anders als technisch-funktionell bedingt oder als bloße Verzierung oder Design angesehen würden. Der Verkehr kenne bei derartigen Behältern eine große Anzahl verschiedenster Formvarianten mit geringen Gestaltungsunterschieden, die ein hohes Maß an Beliebigkeit aufwiesen, weshalb sich die Konsumenten diese - wenn sie sie überhaupt wahrnehmen - in der Regel nicht würden merken können. Die von der Beschwerdeführerin als besonders auffällig und einprägsam herausgestellte Einschnürung sei nichts anderes als eine bei einer Vielzahl anderer Flaschen übliche Griffmulde, die die Handhabbarkeit, insbesondere bei größeren Flaschen, erleichtern solle. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum der Konsument bei seiner nur oberflächlichen Betrachtung an Quader und Rotationskörper, Zwiebeltürme und Minaretts statt an "Flasche" denken sollte. Der Behauptung, dass die Flasche bei ihrer Handhabung niemals im Bereich einer im oberen Drittel liegenden Einschnürung, sondern ausschließlich im unteren zylindrischen Teil angefasst werde, somit diese Einschnürung nicht als technisch-funktionell angesehen werden könne, widerspreche die Praxis insofern, als einerseits der Benutzer eine Flasche lieber im Bereich einer für solche Zwecke vorgesehenen Griffmulde angreife, als zu riskieren, dass ihm die vielleicht feuchte Flasche aus der Hand gleite, und andererseits sich beim Entleeren einer Flasche durch die Abnahme des Inhaltes ständig andere Gewichtsverteilungen ergäben, die zu einer Änderung der Handhabung führten. Es komme entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht darauf an, ob diese Einschnürung ergonomisch platziert sei, sondern lediglich darauf, ob die beteiligten Verkehrskreise sie anders als technisch-funktionell ansähen, was bei der betreffenden Flasche mit Sicherheit nicht zutreffe. Auch der matte, "grob granulierte" - wie es die Beschwerdeführerin ausdrücke - Oberteil der Flasche sowie der dunkel ausgeführte Sockel sei für die Annahme von Kennzeichnungskraft nicht charakteristisch, da der Konsument solche unterschiedlichen Oberflächenstrukturen üblicherweise in den Bereich der Ästhetik verweise oder als bloße Verstärkung der Flaschenwände ansehe, ohne sich auf ein bestimmtes Unternehmen hingewiesen zu fühlen. Da somit für die angemeldete Marke keine originelle Gestaltung mit einem entsprechenden fantasievollen Überschuss, den die Konsumenten als herkunftshinweisend auffassen könnten, festzustellen sei, sei der Beschluss der Erstinstanz zu bestätigen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Zulassung der angemeldeten Marke zur Registrierung im österreichischen Markenregister verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes trägt sie vor, der Ansicht der belangten Behörde, mangels einer entsprechenden Legende handle es sich bei der gegenständlichen Marke um eine Bildmarke in Form einer Fotografie, auf der eine Flasche dargestellt sei, und um keine dreidimensionale Marke, stehe entgegen, dass die internationale Registrierung sehr wohl mit einer Legende erfolgt sei, die im angefochtenen Bescheid auch wörtlich zitiert werde. Der belangten Behörde sei aber zuzugestehen, dass kein Unterschied in der rechtlichen Beurteilung bestehe, ob eine dreidimensionale Marke in Form einer Flasche vorliege oder eine bildliche Darstellung einer solchen Flasche. Die novellierte Bestimmung des § 4 Abs. 1 Z. 3 MSchG entspreche Art. 3 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 89/104/EWG bzw. dem Art. 7 Abs. 1 lit. b GMV wortgleich. Diese Bestimmung sei daher als harmonisiertes Gemeinschaftsrecht anzusehen, was zur Folge habe, dass zu ihrer Auslegung auch die Rechtsprechung des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt in Alicante (HABM), des Europäischen Gerichtes erster Instanz und des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften heranzuziehen sei. Nach dieser Rechtsprechung sei davon auszugehen, dass die Hauptfunktion der Marke darin bestehe, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware zu garantieren, d. h., dass alle Waren, die mit ihr versehen seien, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt worden seien. Es sei sowohl die Kennzeichnungskraft als auch die Eignung zur Ausübung einer Herkunftsfunktion erforderlich. Die Marke müsse von Haus aus die konkret angemeldeten Waren nach ihrer betrieblichen Herkunft und nicht nach ihrer Beschaffenheit unterscheidbar machen. Auch der Abbildung der Verpackung einer Ware könne nicht bereits von vornherein jede Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Es müsse nur die abgebildete Verpackung selbst eine hinreichend eigenartige und einprägsame Ausgestaltung aufweisen, also eine Originalität, die von der technisch oder ästhetisch notwendigen oder von der allgemein verwendeten Verpackungsform abweiche. Für die Anerkennung einer Flaschenform als Marke sei maßgebend, ob die angesprochenen Verbraucher sich angesichts der originellen Gestaltung einer Flasche auch an deren Form und nicht nur am Etikett orientierten und sie als Hinweis auf die Herkunft des Erzeugnisses auffassten. Unzutreffend und nicht mit der europäischen Rechtsprechung übereinstimmend seien daher die Ausführungen der belangten Behörde, dass Behältnisformen "lediglich dann als Unternehmenshinweis angesehen werden könnten, wenn in der betreffenden Branche die Übung, mit der Form dieses Behältnisses die Herkunft aus einem Unternehmen zu kennzeichnen, und die Akzeptanz dieser Übung durch die Zeichenadressaten glaubhaft gemacht werden können" und weiters "eine Bescheinigung der Verkehrsgeltung ausnahmsweise nur dort entfallen kann, wo die Form des Behälters sich überdeutlich von den in der Branche üblichen Formen unterscheidet". Das Anlegen eines derartigen Maßstabes stehe in krassem Widerspruch zur Entscheidungspraxis des HABM. Nach der Europäischen Rechtsprechung sei der Maßstab für das Vorliegen der Unterscheidungskraft nach Art. 7 Abs. 1 lit. b GMV und somit auch nach § 4 Abs. 1 Z. 3 MSchG bedeutend niedriger anzusetzen. Von den in der Europäischen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ließen sich bei der in Rede stehenden Marke eindeutige Merkmale feststellen, die der Gestaltungsform der gegenständlichen Flasche herkunftshinweisende Funktion zukommen ließen, sodass diese als schutzfähig anzusehen sei. Die abgebildete Flasche sei nämlich in auffälliger Weise zweigeteilt, wobei der untere Teil aus einem - kommerziellen Flaschen ähnlichen - Zylinder bestehe. An diesen unteren Teil schließe sich jedoch eine kurze Einschnürung an, worauf mit einem bauchigen Oberteil fortgesetzt werde. Dieser bauchige Oberteil entspreche einer für sich gesehen charakteristischen Flaschenform, die bereits als eine internationale Marke auch in Österreich zum Schutz zugelassen worden sei. Bei der gegenständlichen Marke handle es sich lediglich um eine weitere Ausgestaltung dieser schützbaren Form durch Kombination mit einem zylindrischen Unterteil. Die Flaschenform der gegenständlichen Marke erinnere auf Grund der Ähnlichkeit mit Zwiebeltürmen an ein Minarett und müsse daher in hohem Maß als unterscheidungskräftig gelten. Zusätzlich trete noch hinzu, dass der zwiebeldachartige Teil eine Noppung aufweise, welche ebenfalls zur weiteren Unterscheidung der Ausgestaltung der Flasche beitrage. Auch die Einschnürung sei keineswegs im Sinn einer leichteren Handhabung funktionell bedingt, weil sie sich im oberen Drittel der Flasche befinde und eine Flasche üblicherweise immer im mittleren, zylindrischen Teil ergriffen und gehalten werde. Die Zweite Beschwerdekammer des HABM habe im Fall "Brunneneinheitsflasche" ausgesprochen, dass bereits der Formgebung durch die optische Trennung der Flasche in zwei Hälften durch die Einschnürung und die Verjüngung nach oben durchaus eine gewisse Originalität zugesprochen werden könne. Diese Wertung könne wegen der vergleichbaren Formgebung auf die gegenständliche Marke übertragen werden. Die gegenständliche Marke sei auch bereits in den Ländern Deutschland, Italien und den Beneluxländern anstandslos eingetragen worden.

Gemäß § 1 MSchG können Marken alle Zeichen sein, die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, so weit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 MSchG sind von der Registrierung ausgeschlossen Zeichen, die keine Unterscheidungskraft haben.

Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle wird die Registrierung jedoch in diesen Fällen zugelassen, wenn das Zeichen innerhalb der beteiligten Verkehrskreise vor der Anmeldung infolge seiner Benutzung Unterscheidungskraft im Inland erworben hat.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag zunächst den von der Beschwerdeführerin behaupteten Widerspruch in der im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck kommenden Rechtsansicht der belangten Behörde und der von ihr dargestellten Rechtsprechung europäischer Instanzen nicht zu erblicken. Nach beidem ist nämlich für die Registrierungsfähigkeit einer Marke entscheidend, dass ihr insofern eine Unterscheidungskraft zukommt, als daraus für den Konsumenten eine Zuordnung des mit der Marke verbundenen Produktes zu einem bestimmten Unternehmen folgt. Es mag nun sein, dass die Idee des Gestalters der den Gegenstand der fraglichen Marke bildenden Flasche darin bestand, eine bereits bestehende und Markenschutz genießende Flaschenform durch Anfügung eines zylindrischen Teiles zu erweitern. Der Verwaltungsgerichtshof vermag allerdings der Ansicht der belangten Behörde, dass damit die der ursprünglichen Flasche eigentümliche Zwiebelform verloren gegangen ist, nicht entgegenzutreten. Auch die am Übergang von der ehemaligen Zwiebelform zum zylindrischen Unterteil entstandene Rille erweckt den Eindruck einer bloß technisch bedingten Griffmulde. Daran vermag der Umstand, dass diese Griffmulde möglicherweise - ergonomisch gesehen - nicht am idealen Platz angebracht ist, nichts zu ändern, weil es der täglichen Erfahrung eines Konsumenten entspricht, dass der besseren Handhabung eines Produktes dienen sollende Elemente nicht immer diesen Zweck erfüllen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher insbesondere der Argumentation der Beschwerdeführerin, die Form der Flasche habe Ähnlichkeiten mit Zwiebeltürmen und erinnere daher an ein Minarett, nicht zu folgen.

Erweist sich aber solcherart die Rechtsansicht der belangten Behörde, der in Rede stehenden Marke mangle es an der im § 4 Abs. 1 Z. 3 MSchG geforderten Unterscheidungskraft, als frei von Rechtsirrtum, so bildet es auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde die in Rede stehende Marke nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 MSchG zum Schutz zuließ.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 13. Dezember 2000

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