VwGH 2000/04/0090

VwGH2000/04/009031.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der R S in L, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 28. Oktober 1999, Zl. uvs-1999/4/017-2, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §368 Z9;
GewO 1994 §370 Abs2;
VStG §5 Abs1;
GewO 1994 §368 Z9;
GewO 1994 §370 Abs2;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides wurde die Beschwerdeführerin mit dem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 28. Oktober 1999 schuldig erkannt, es als gewerberechtliche Geschäftsführerin einer näher bezeichneten Gesellschaft zu verantworten zu haben, dass am 12. Dezember 1998 bis gegen 7.15 Uhr mehreren Gästen das Verweilen in näher umschriebenen Betriebsräumen gestattet worden sei, obwohl auf Grund der Sperrzeitenverordnung des Landeshauptmannes vom 11. Mai 1995 die Sperrstunde für Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart Bar oder Diskothek mit 6.00 Uhr festgesetzt sei. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 370 Abs. 2 in Verbindung mit § 368 Z. 9 und § 152 Abs. 3 GewO 1994 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 lit. c Sperrzeitenverordnung begangen, weshalb über sie gemäß § 368 Z. 9 GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) verhängt wurde. Zur Begründung führte der Unabhängige Verwaltungssenat nach Darstellung des Verfahrensganges aus, auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens stehe als erwiesen fest, mit Vereinbarung vom 28. Oktober 1998, abgeschlossen zwischen der Gesellschaft m.b.H., deren gewerberechtliche Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin ist, und C.W. sowie F.U., seien die beiden Letztgenannten bei der Gesellschaft m.b.H. angestellt und ein Kollektivlohn zuzüglich einer Umsatzprovision vereinbart worden. In dieser Vereinbarung sei u. a. festgehalten, dass die gültige Sperrzeit von 6.00 Uhr Früh ausdrücklich einzuhalten sei. Bei Überschreitung trage K. (gemeint seien die beiden Angestellten) die vollen Verwaltungsstrafgebühren samt Nebenkosten. Die Sperrstunde müsse unbedingt eine Viertel Stunde vorher angekündigt werden. Als Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Vereinbarung sei der 1. Dezember 1998 vereinbart worden. Der dem Verwaltungsstrafverfahren zu Grunde liegenden Anzeige sei zu entnehmen, dass am 12. Dezember 1998 um 7.05 Uhr C.W. Anzeige erstattet habe, dass sie die letzten Gäste nicht aus dem fraglichen Lokal bringe. In der Folge habe die Sektorenstreife beim Eingang des Lokales eine lautstarke handgreifliche Auseinandersetzung zwischen der offensichtlich stark betrunkenen C.W. und einem angeblichen Gast festgestellt. Im Lokal hätten sich noch zwei weitere Gäste aufgehalten, welche angegeben hätten, die Kellnerin habe zuerst mit ihnen "gesoffen", um sie dann auch noch wegen Sperrstundenüberschreitung anzuzeigen. In der Folge hätten die Beamten festgestellt, dass C.W. mit ihrem Freund und gleichzeitigen Mitbetreiber des Lokals in Streit geraten und dies auch der Grund für die Anzeige gewesen sei. C.W. habe angegeben, sie habe rechtzeitig die Sperrstunde ausgerufen und die Gäste zum Verlassen des Lokals aufgefordert. Die Beschwerdeführerin habe der Gendarmerie gegenüber angegeben, sie habe die Lokalbetreiber mehrmals auf die Einhaltung der Sperrstunde aufmerksam gemacht; eine effektive Kontrollmöglichkeit habe sie aber nicht. Ausgehend von der im Einzelnen dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führte der Unabhängige Verwaltungssenat sodann aus, abgesehen davon, dass sich die Beschwerdeführerin einer Kellnerin bedient habe, die offensichtlich nicht geeignet gewesen sei, für einen störungsfreien Betrieb der Bar Sorge zu tragen und für die pünktliche Einhaltung der Sperrstunde zu sorgen, sei es ihr auch nicht gelungen, ein effektives Kontrollsystem darzulegen. Der Beschwerdeführerin hätte aber ihr nicht funktionierendes Kontrollsystem schon unter Hinweis auf die 13 einschlägigen Vormerkungen betreffend Übertretungen nach der Sperrzeitenverordnung bewusst sein müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt sie im Wesentlichen vor, die Begründung des angefochtenen Bescheides lasse vermissen, welche Schuldform der Beschwerdeführerin unterstellt werde. Nehme man unter Übernahme der diesbezüglichen Rechtsmeinung der Erstbehörde die Schuldform der Fahrlässigkeit an, so sei eine solche gemäß § 5 Abs. 1 VStG nur dann ohne weiteres anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Dieser Entlastungsbeweis des mangelnden Verschuldens sei der Beschwerdeführerin aber gelungen. Der Umstand, dass die Kellnerin C.W. nach den Feststellungen der belangten Behörde offensichtlich zu betrunken gewesen sei, um die Sperrzeit 6.00 Uhr einzuhalten, falle nicht in die strafrechtliche Verantwortung der Beschwerdeführerin. Eine "culpa in eligendo" sei der Beschwerdeführerin insoweit nicht vorzuwerfen, als sie auch für den Fall, dass sie selbst nicht in der Lage sei, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu sorgen, es bei der Auswahl der von ihr beauftragten Person nicht an der pflichtgemäßen Auswahl habe fehlen lassen. Es handle sich beim Vorfall vom 12. Dezember 1998 doch um eine einmalige Fehlleistung der Kellnerin. In diesem Zusammenhang sei auch auf die in der Vereinbarung vom 28. Dezember 1998 (gemeint offenbar: 28. Oktober 1998) enthaltene Dienstanweisung zu verweisen, wonach die gültige Sperrzeit von 6.00 Uhr ausdrücklich einzuhalten und eine Viertel Stunde vorher anzukündigen sei. Die Beschwerdeführerin habe auch in ihrer Berufung darauf hingewiesen, dass die Einhaltung der Sperrstunde von ihrem Ehemann kontrolliert worden sei und es bis zum verfahrensgegenständlichen Vorfall vom 12. Dezember 1998 keinerlei Anlass zur Beanstandung gegeben habe.

Die Beschwerdeführerin bestreitet mit diesem Vorbringen nicht die Erfüllung des objektiven Tatbestandes der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung, sie meint aber, es treffe sie daran kein strafrechtlich relevantes Verschulden. Dazu ist in Übereinstimmung mit der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Befreiung von der persönlichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Einzelfall davon abhängt, dass glaubhaft alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht dafür freilich nicht aus; entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der erteilten Weisungen erfolgt. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu wiederholt die Auffassung vertreten, dass stichprobenweise Kontrollen nicht als wirksames Kontrollsystem anzusehen sind, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, dass es die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sicherstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1994, Zl. 93/04/0075, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Von dieser Rechtslage ausgehend vermag die Beschwerdeführerin mit dem Hinweis auf die von ihrem Ehemann durchgeführten Kontrollen der Einhaltung der Sperrstunde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides selbst dann nicht darzutun, wenn diese Kontrollen in Form von regelmäßig und nicht nur gelegentlich durchgeführten Stichproben erfolgt wären. Dazu kommt, dass die Kellnerin C.W. im Tatzeitpunkt erst im 12. Tag ihrer Beschäftigung unter der gewerberechtlichen Aufsicht der Beschwerdeführerin stand, sodass dem von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Argument, es handle sich beim fraglichen Verhalten dieser Kellnerin um eine einmalige Fehlleistung, kein Gewicht beigemessen werden kann.

Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 31. Mai 2000

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