VwGH 2000/03/0126

VwGH2000/03/01265.7.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gall, Dr. Stöberl und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des WS in T, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, Kalchberggasse 12, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. März 2000, Zl. 8-42 Schi 5/8-99, betreffend Rotwildfütterungsanlage, zu Recht erkannt:

Normen

JagdG Stmk 1986 §50 Abs4;
JagdG Stmk 1986 §50 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug ergangen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. März 2000 der Antrag des Beschwerdeführers, den Auflagenpunkt 3 eines näher bezeichneten Bescheides vom 28. Jänner 1987 betreffend die Genehmigung einer Rotwildfütterungsanlage abzuändern, abgewiesen. Hiezu wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag des Beschwerdeführers, den in dieser Auflage normierten frühesten Fütterungsbeginn, welcher mit 15. Oktober eines jeden Jahres festgelegt wurde, auf 1. Oktober jeden Jahres vorzuverlegen, sei damit begründet worden, verfrühte Herbstschneefälle und Kaltlufteinbrüche würden eine Vorverlegung des Fütterungsbeginnes rechtfertigen. Das eingeholte Gutachten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik habe zwar eine Tendenz zu einem früheren Winterbeginn bestätigt, es habe aber auch zweifelsfrei bestätigt, dass zwischen dem 1. und dem 15. Oktober keine witterungsbedingte Notzeit gegeben sei, während der das Rotwild gefüttert werden müsste. Zwischen dem 1. und dem 15. Oktober bestehe weder ein Äsungsmangel, d.h. ein Nahrungsengpass, noch eine Notzeit; eine kurz anhaltende Schneedecke von 10 cm stelle für das Rotwild absolut kein Problem dar. Müsste man befürchten, dass eine derartige Schneedecke bereits eine Notsituation hervorriefe, könne man nicht mehr von Wildtieren sprechen, sondern von menschenabhängigen, haustierähnlichen Lebewesen. Nach ethischem Empfinden und auch auf Grund jagdrechtlicher Bestimmungen erfolge die Fütterung in Notzeiten zum Ausgleich des natürlichen Nahrungsangebotes. Eine der Natur angepasste Rotwildbewirtschaftung mit möglichst geringen und nur unbedingt nötigen menschlichen Eingriffen, mit angepasster Jagdausübung und ausreichenden Jagdruhezonen bilde die beste Voraussetzung für die Rotwildhaltung. Natürliche Abläufe sollten nicht gestört oder verändert werden. Die Vorverlegung des Fütterbeginnes in eine Zeit, in der das Füttern absolut nicht nötig sei, entspreche nicht diesen Voraussetzungen und könne daher nicht bewilligt werden. Wäre die Vorinstanz bereits in Kenntnis des Gutachtens der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik gewesen, hätte sie den Antrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Im Übrigen sei der Argumentation, Wild müsste in der "Notzeit" durch Fütterung von Wildschäden abgehalten werden, nicht zu folgen. Andernfalls wäre bei einer dem Nahrungsangebot nicht entsprechenden Wildüberhege eine Ganzjahresfütterung zwingend notwendig; damit würde der Grundsatz eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Wildstand und natürlichem Nahrungsangebot völlig missachtet. Im Übrigen sei der im Revier festgestellte Wildschaden zu anderen Zeiten entstanden und es wäre der Wildschaden, der zwischen dem 1. und 15. Oktober passieren könne, höchstens marginal. Durch Vorverlegung des Fütterungsbeginnes würden Wildschäden nicht hintangehalten, sondern es werde die Schadensdisposition durch eine längere Verweildauer erhöht. Eine Verbesserung der Wildschadenssituation könne nur durch einen ausgeglichen Wildstand erreicht werde. Richtig sei, dass ein Ort, wo sich Rotwild im Winter natürlich aufhalte, ein idealer Ort für die Fütterung wäre. Dies treffe im vorliegenden Fall jedoch nicht zu. Vielmehr sei das Rotwild durch attraktive Futtermittel an die gegenständliche Fütterungsanlage gewöhnt worden und es komme nur aus Gewohnheit und Tradition. Ohne Futtervorlage würde sich das Rotwild im Herbst und Winter hier nicht rudeln; es würde sich andere Überwinterungsplätze suchen. Im tiefen Winter mit sehr hoher Schneelage könne eine Rotwildfütterung wie ein Wintergatter wirken. Im Frühherbst und Frühling sei dies jedoch nicht der Fall. In dieser Zeit könne das Rotwild auch mit den besten Futtermitteln nicht an den Fütterungsbereich gebunden werden. Da die Nachbarreviere teilweise nur 1.000 m entfernt lägen, sei eine Beeinflussung des Wildes auf jeden Fall gegeben. Niemand könne ernstlich bestreiten, dass eine Futtervorlage eine Lenkungsmaßnahme darstelle, die dazu diene, das Wild in den Fütterungsbereich zu bringen, wobei die Lenk-/Lockwirkung umso effizienter sei, je besser die Futtermittel seien. Abschließend sei noch auf § 50 Abs. 4 Stmk. Jagdgesetz hinzuweisen, wonach von der Bezirksverwaltungsbehörde in Notsituation wie z.B. bei frühzeitigen Schlechtwettereinbrüchen mit hoher Schneelage die Bewilligung zu Notfütterungen im Einzelfall erteilt werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Dem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung stehen Ansuchen gleich, die eine erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, weil § 68 Abs. 1 AVG in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne zwischenzeitige Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern soll. Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird demgemäß durch die "entschiedene Sache", d.h. durch die Identität der Verwaltungssache, über die mit einem bereits formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im Neuantrag intendierten bestimmt. Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt. Keine idente Sache liegt daher vor, wenn in den entscheidungsrelevanten Fakten bzw. in den die (damalige) Entscheidung tragenden Normen wesentliche, d.h. die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Änderungen eintreten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 98/10/0318, und die hier zitierte Vorjudikatur).

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, in den für die (rechtskräftige) Entscheidung betreffend den frühest zulässigen Fütterungsbeginn der in Rede stehenden Wildfütterung maßgebenden Fakten sei ebenso wie in den diese Entscheidung tragenden Normen keine Änderung eingetreten, die zur Erlassung einer im Sinne des Antrages des Beschwerdeführers anders lautenden Entscheidung ermächtigen würde. Durch das Gutachten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik sei zwar eine Tendenz zu einem früheren Winterbeginn bestätigt, aber auch zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht worden, dass zwischen dem 1. und dem 15. Oktober keine witterungsbedingte Notzeit gegeben sei, während der das Rotwild gefüttert werden müsste.

Der Beschwerdeführer, der sich durch den angefochtene Bescheid im "Recht auf Ausübung der Jagd mit Betrieb einer Fütterung zum Schutz der Forstkulturen und zur Minderung eintretender Äsungsmängel" verletzt erachtet, wendet sich gegen die Auffassung der belangten Behörde, eine Futtervorlage habe nur in Notzeiten zu erfolgen, wenn die Äsungsbasis witterungsbedingt den Äsungsbedarf des sich im beurteilten Gebiet aufhaltenden Wildes nicht decken könne. Nicht die Lebensnotwendigkeit des Wildes in einer Notzeit sei maßgeblich, sondern die Vermeidung des Entstehens von Wildschäden infolge Einengung der Äsungsbasis auf Grund von Rudelbildung, Witterungseinflüssen etc. Der mit "Schutz der Kulturen" überschriebene § 50 Stmk. Jagdgesetz sehe zur Vermeidung von Wildschäden eine jagdliche Wildlenkung durch Fütterung vor. Es sei daher die Auffassung der Behörde, dass das Rotwild durch attraktive Futtermittel an die gegenständliche Fütterungsanlage gewöhnt worden sei und durch diese Gewohnheit eine Wildkonzentration entstehe, die den natürlichen Äsungsgegebenheiten nicht entspreche, grundsätzlich unrichtig. Dabei werde nämlich übersehen, dass die Maßnahme der Wildlenkung durch Fütterungsvorlage als vorteilhaft zum Schutz der Kulturen und zur Absicherung der Lebensbasis des Wildes beurteilt worden sei. Die ursprünglich festgelegte Fütterungszeit von 15. Oktober bis 30. Juni des Folgejahres sei durch den Ergänzungsbescheid vom 30. Dezember 1991 dahin geändert worden, dass eine Futtervorlage schon ab 1. Oktober erfolgen könne, wenn dies durch winterliche Ereignisse erforderlich werde. Der nunmehrige Antrag bezwecke die Zulässigkeit der Futtervorlage zwischen 1. und 15. Oktober schon dann, wenn es durch Einstellen des Wildes nach der Brunft im Wintereinstandsgebiet und/oder ungünstige Witterungsbedingungen zu einer erhöhten Wilddichte infolge Rudelbildung komme, sodass ohne Verbiss an Nutzpflanzen keine ausreichende Äsungsbasis gegeben sei. Früher habe die Brunft bis Mitte Oktober gedauert, nunmehr gehe sie bereits Ende September zu Ende. Diese Verschiebung könne auch durch meteorologische Veränderungen verursacht worden sein. Da das Rotwild zur Rudelbildung neige, komme es immer wieder zu einer örtlich höheren Wilddichte, wobei es im Bereich von Fütterungen jedenfalls zur Rudelbildung und zu einer wesentlich höheren Wilddichte komme, bei der die natürliche Äsung zur Deckung des Äsungsbedarfes mit Sicherheit nicht ausreiche. Im Sinne des Schutzes der Kulturen bedürfe es daher einer Ergänzung der Äsungsbasis durch Futtervorlage, wobei nicht erst auf den ersten Schneefall gewartet, sondern bereits vorsorglich ergänzend Futter in kleiner Menge geboten werden sollte. Bei angemessener Sachverhaltserhebung und entsprechender rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde daher zum Ergebnis kommen müssen, dass durch die nunmehr beantragte Futtervorlage in der Zeit zwischen 1. und 15. Oktober keine unzulässige Angewöhnung des Wildes an die Fütterung eintrete und auch für die Nachbarreviere keine unzulässige bzw. nachteilige Beeinflussung gegeben sei. Es entspreche auch nicht den natürlichen Abläufen, erst im Fall eines Wintereinbruches mit stärkerem Schneefall eine Frühfütterung aufzunehmen. Vielmehr bedürfe es einer "professionellen Fütterungsanpassung", die zu bewerkstelligen dem Beschwerdeführer überlassen bleiben müsse. Dass die Schäden, die zwischen 1. und 15. Oktober passieren könnten, maginal wären, sei ein unsachliches, jedenfalls nicht nachvollziehbar begründetes Argument. Auch für die Feststellung, das Rotwild würde ohne Futtervorlage im Herbst und Winter hier nicht rudeln, sondern sich andere Überwinterungsplätze suchen, fehle es an nachvollziehbaren Ermittlungsergebnissen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass sich in den für die ursprüngliche Entscheidung relevanten Fakten - im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde - eine maßgebliche Änderung ergeben hätte, zieht er doch die auf Grund des eingeholten Gutachtens der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik getroffene Feststellung nicht in Zweifel, es sei zwischen dem 1. und dem 15. Oktober von einer witterungsbedingten Notzeit, in der das Wild gefüttert werden müsste, nicht auszugehen. Dieses Gutachten bestätigt aber auch die Grundlage der Behauptung des Beschwerdeführers nicht, Wildschäden, die durch die beantragte Futtervorlage abgewendet werden sollten, hätten ihre Ursache in einer wesentlichen Änderung der Witterungsverhältnisse; vielmehr wird - unbestrittenermaßen - lediglich eingeräumt, es gäbe eine Tendenz zu einem früheren Winterbeginn.

Solcherart besteht die Auffassung der belangten Behörde, es habe sich weder in den entscheidungsrelevanten Fakten noch in der maßgeblichen Rechtslage eine Änderung ergeben, zu Recht. Der Antrag des Beschwerdeführers wäre daher gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen gewesen. Dass die belangte Behörde demgegenüber mit einer Abweisung des Antrages vorgegangen ist, vermag den Beschwerdeführer jedoch in den, in der vorliegenden Beschwerde geltend gemachten Rechten nicht zu verletzen.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 5. Juli 2000

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