Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ZustG §17 Abs2;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ZustG §17 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 21. September 1997 wurde der Beschwerdeführer wegen der Übertretungen nach § 5 Abs. 1 und § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 mit Geldstrafen von S 16.000,-- und S 700,-- bestraft. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 18. Jänner 1999 wurde der auf die Bestrafung wegen der erstgenannten Verwaltungsübertretung eingeschränkte Antrag des Beschwerdeführers vom 10. März 1998 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist betreffend das Straferkenntnis dieser Bezirkshauptmannschaft vom 27. Oktober 1997 gemäß § 72 AVG abgewiesen ("abgelehnt"; Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 18. Jänner 1999). Weiters wurde die mit dem Antrag eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers gegen das genannte Straferkenntnis als verspätet eingebracht gemäß § 63 Abs. 5 AVG iVm § 64 a leg.cit. zurückgewiesen (Spruchpunkt 2. dieses Bescheides).
Der Beschwerdeführer erhob gegen Spruchpunkt 1. Berufung und stellte hinsichtlich Spruchpunkt 2. einen Vorlageantrag.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde durch ein Einzelmitglied der belangten Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Abweisung seines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde durch eine Kammer der belangten Behörde die - nur die Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 betreffende - Berufung des Beschwerdeführers gegen das genannte Straferkenntnis der Erstbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG als verspätet zurückgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Das Straferkenntnis der Erstbehörde vom 27. Oktober 1997 sei dem Beschwerdeführer am 29. Oktober 1997 durch Hinterlegung beim Postamt F zugestellt worden. Am 10. März 1998 habe er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung beantragt, dass ihm dieses Straferkenntnis nie zugestellt worden und auch "keine Mitteilung der Post über die Abholung eines amtlichen Schriftstücks ergangen" wäre. Gleichzeitig habe der Beschwerdeführer Berufung gegen das erwähnte Straferkenntnis erhoben. Auf Grund des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes stehe fest, dass vor der Hinterlegung des Straferkenntnisses zwei Zustellversuche, jeweils am 28. Oktober 1997 und am 29. Oktober 1997, stattgefunden hätten. Sowohl am 28. Oktober 1997 als auch am 29. Oktober 1997 sei die Hinterlegungsanzeige an der Abgabestelle, der (näher genannten) Adresse des Beschwerdeführers in F, zurückgelassen worden. Am 18. November 1997 sei die Sendung mit dem Vermerk "nicht behoben" rückübermittelt worden. Im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei im Wesentlichen vorgebracht worden, dass ausgehend von den Überlegungen der Behörde, dass das Zustellorgan die Hinterlegungsanzeige ordnungsgemäß angebracht hätte, diese von einer dritten Person entfernt worden sein müsste, sodass der Beschwerdeführer keinerlei Kenntnis von der Hinterlegung des Schriftstückes erhalten hätte. Aus der Sicht des Beschwerdeführers stellte die Entfernung der Hinterlegungsanzeige ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei eine eidesstattliche Erklärung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau angeschlossen gewesen. Weitere Bescheinigungsmittel seien nicht dargetan worden, weitere Beweisanträge zur Glaubhaftmachung, dass die ordnungsgemäß angebrachte Benachrichtigung von der Hinterlegung durch dritte Personen entfernt worden sei, sei nicht gestellt worden. Bei einem Postrückschein im Sinn des § 22 des Zustellgesetzes handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, die nach § 47 AVG iVm § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich habe. Diese Vermutung sei zwar widerlegbar, wobei die gegenteilige Behauptung entsprechend zu begründen sei und Beweise dafür anzuführen seien, die die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen ließen. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die gegenständliche Hinterlegungsanzeige hätte ihn nicht erreicht und müsste von einer dritten Person entfernt worden sein, sei aber nicht ausreichend, die Angabe des Postzustellers im Rückschein zu entkräften. Da vorliegend das Straferkenntnis am 29. Oktober 1997 rechtswirksam zugestellt worden sei, habe mit diesem Tag auch die Rechtsmittelfrist zu laufen begonnen. Innerhalb dieser Frist sei keine Berufung eingebracht worden. Auch der in Rede stehende Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei ohne Erfolg geblieben. Die Berufung erweise sich somit als verspätet eingebracht und sei daher zurückzuweisen gewesen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Zur Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages:
Vorweg ist festzuhalten, dass - insoweit stimmen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens überein - die Frist zur Erhebung einer Berufung gegen das in Rede stehende erstinstanzliche Straferkenntnis vom 27. Oktober 1997 versäumt wurde, somit die wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages erfüllt ist (§ 71 abs. 1 AVG).
Nach der vorliegend in Betracht kommenden Bestimmung des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist wegen der Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen, und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Partei, welche die Wiedereinsetzung begehrt, einen Wiedereinsetzungsgrund zu behaupten und diesen glaubhaft zu machen, wobei die auf die bloße Unaufgeklärtheit der Gründe für die Unkenntnis von einem Zustellvorgang gerichtete Behauptung, die Hinterlegungsanzeige nicht erhalten zu haben, für eine Wiedereinsetzung nicht ausreicht, wenn die Hinterlegungsanzeige in die Gewahrsame des Adressaten gelangt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1999, Zlen. 97/18/0418, 0419).
Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Wesentlichen damit begründet, er habe das zitierte erstinstanzliche Straferkenntnis nie erhalten und auch keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden. In seiner Beschwerde bringt der Beschwerdeführer diesbezüglich vor, dass das "Wegkommen" dieser Benachrichtigungs- und Hinterlegungsanzeige die Wirksamkeit der Zustellung nicht gehindert habe, die Entfernung der Hinterlegungsanzeige für ihn aber ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis darstelle. In seinem Wiedereinsetzungsantrag vom 10. März 1998 habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er nie eine Verständigung von der Hinterlegung des Schriftstückes erhalten hätte, sie ihm also nicht zugekommen wäre. Er habe diesen Umstand auch glaubhaft gemacht und mit den eidesstattlichen Erklärungen bekräftigt. Da er nicht wisse, wer die angeblich ordnungsgemäß eingebrachten Benachrichtigung entfernt hätte, könne er auch keinen Zeugen hiefür anführen. Der Briefkasten sei offen, daher könnten auch Dritte oder der Wind "Zugriff halten".
Mit diesem Vorbringen und dem Hinweis auf die mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 10. März 1998 vorgelegten eidesstattlichen Erklärung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau, wonach die Poststücke "bei uns in den vorhandenen Briefkasten gegeben" würden und dieser "praktisch täglich" durchgesehen würde, eine Benachrichtigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes im fraglichen Zeitraum aber "nie dabei" gewesen sei, ist schon deswegen nichts gewonnen, weil die in Rede stehende Verständigung von der Hinterlegung nach den vom Beschwerdeführer insoweit nicht bestrittenen Angaben auf dem Rückschein nicht in den Briefkasten eingelegt, sondern an der Abgabestelle zurückgelassen wurde, somit in die Gewahrsame des Beschwerdeführers gelangte. Vor diesem Hintergrund war das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag nicht möglich, im Sinn des § 71 Abs. 1 AVG glaubhaft zu machen, dass der Beschwerdeführer unverschuldet bzw. bloß auf Grund eines Verschulden minderen Grades durch ein unvorhergesehenes und/oder unabwendbares Ereignis an der Einhaltung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen das besagte Straferkenntnis verhindert gewesen sei. Schon von daher ist auch die auf eine mangelhafte Ermittlung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts gerichtete Verfahrensrüge der Unterlassung der Einvernahme des Beschwerdeführers, seiner Ehefrau und einer weiteren Person nicht zielführend. Auch das Vorbringen in der Beschwerde, wenn man davon ausgehe, dass der Zusteller die Hinterlegungsanzeige "ordnungsgemäß anbrachte", müsse diese von einer dritten Person entfernt oder vom Wind verblasen worden sein, steht im Widerspruch zu den erwähnten Angaben auf dem Rückschein. Der Beschwerdeführer vermag daher mit seinen Ausführungen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
2.2. Zur Zurückweisung der Berufung:
Da die Berufung gegen das eingangs genannte Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 27. Oktober 1997 unbestritten nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist (§ 63 Abs. 5 AVG iVm § 24 VStG) erhoben wurde, und (von der belangten Behörde richtig erkannt) die im Spruchpunkt 2. des Erstbescheides erfolgte Zurückweisung der Berufung infolge des Vorlageantrages der beschwerdeführenden Partei gemäß § 64 a Abs. 3 AVG iVm 24 VStG außer Kraft getreten ist, ist auch die vorliegende Zurückweisung der Berufung als verspätet nicht als rechtswidrig zu erkennen. Da somit das besagte Straferkenntnis auf Grund der rechtswirksamen Zustellung im Wege der Hinterlegung bereits im Jahr 1997 rechtskräftig wurde, erweisen sich schließlich auch die Ausführungen des Beschwerdeführers, der angefochtene Bescheid sei mehr als drei Jahre nach dem für das Straferkenntnis maßgeblichen Vorfall am 2. März 1997 erlassen und damit die Strafbarkeitsverjährungsfrist nach § 31 Abs. 3 erster Satz VStG nicht gewahrt worden, als verfehlt.
2.3. Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als zur Gänze unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
2.4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 3. September 2002
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