VfGH V9/2014

VfGHV9/20145.6.2014

Zurückweisung des Individualantrags einer Tankstellenbetreiberin auf Aufhebung einer Fahrverbotsverordnung mangels Eingriffs in die Rechtssphäre der Antragstellerin

Normen

B-VG Art139 Abs1 Z3
FahrverbotsV des BM für Verkehr, Innovation und Technologie vom 05.11.2013 betr ein Fahrverbot für Lkw auf der Anschlussstelle Kufstein-Süd der A12 Inntalautobahn
B-VG Art139 Abs1 Z3
FahrverbotsV des BM für Verkehr, Innovation und Technologie vom 05.11.2013 betr ein Fahrverbot für Lkw auf der Anschlussstelle Kufstein-Süd der A12 Inntalautobahn

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Die Antragstellerin betreibt nach eigenen Angaben in Kufstein eine Tankstelle in direkter Nähe der Autobahnausfahrt Kufstein-Süd, die "auf Lastkraftwagen ausgelegt" ist. Mit Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 5. November 2013 wurde zur Vermeidung von Verkehrsbeeinträchtigungen (Rückstau) und insbesondere zur Erhöhung der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs für Lastkraftwagen, deren Länge (mit oder ohne An­hänger) zwölf Meter überschreitet, ein Verbot zum Befahren der Abfahrts­rampen beider Richtungsfahrbahnen der Anschlussstelle Kufstein-Süd der A12 Inntalautobahn jeweils an Samstagen in der Zeit von sieben bis zwölf Uhr im Zeitraum vom 15. Dezember eines Kalenderjahres bis zum 30. April des folgenden Jahres erlassen.

2. Mit dem auf Art139 B-VG gestützten Antrag begehrt die Antragstellerin, diese Verordnung zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben und ihr den Ersatz der Kosten zuzusprechen.

Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führt sie aus, das erlassene Fahrverbot greife unmittelbar in ihre Rechtssphäre ein. Die Tankstelle sei für ihre Kunden, die beinahe ausschließlich von der Autobahn aus zufahren würden, von 15. Dezember bis 30. April de facto nicht mehr erreichbar, weil ein Umweg von 40 Kilometern über Wörgl in Kauf genommen werden müsste. Auch ihre Lieferanten seien an das Fahrverbot gebunden. Damit sei für sie nicht nur ein erheblicher Umsatzrückgang verbunden, sondern es werde durch die angefochtene Verordnung auch die Rechtsstellung der Antragstellerin in Bezug auf die Vereinbarung mit ihren Kunden und Lieferanten betroffen. Die von der Antragstellerin betriebene Tankstelle sei darauf ausgerichtet, langfristige Lieferverträge mit den Frächtern zu schließen; die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus diesem Dauerschuldverhältnis würden durch das Fahrverbot in hohem Maße beeinträchtigt, weshalb ein unmittelbarer Eingriff in die Rechte der Antragstellerin vorliege. Der Fall sei mit dem dem Erkenntnis VfSlg 17.023/2003 zugrunde liegenden Sachverhalt vergleichbar. Die Antragstellerin werde außerdem in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt. Sie habe die Tankstelle im Vertrauen auf die erfolgte Widmung des Grundstücks, die betriebsanlagen-, bau- und gewerberechtliche Genehmigung errichtet und auch beträchtliche Investitionen getätigt. Es gebe auch keinen anderen zumutbaren Rechtsweg, die Bedenken gegen die angefochtene Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen; insbesondere nicht die Möglichkeit, eine Ausnahmegenehmigung zu erwirken.

3. Der Antrag ist nicht zulässig.

3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg 8058/1977 unter Hinweis auf VfSlg 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt ver­treten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 Z3 B‑VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art139 Abs1 Z3 B‑VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003).

3.2. Soweit die Antragstellerin die Zulässigkeit ihres Antrages darauf stützt, dass ihr Betriebsstandort aufgrund der angefochtenen Verordnung für ihre Kunden und Lieferanten nur noch über einen großen Umweg erreichbar ist und damit nicht nur ein erheblicher Umsatzrückgang bewirkt, sondern auch ihre Rechtsstellung in Bezug auf die Vereinbarungen mit ihren Kunden benachteiligt werde, ist darauf zu verweisen, dass sich die Verkehrsbeschränkung an die Straßenverkehrsteilnehmer richtet, Gewerbetreibende jedoch nicht Adressaten dieser Norm sind. Weder das Eigentums- noch ein sonstiges Recht in Bezug auf den Standort ihres Gewerbebetriebes noch eine gewerbe- oder baurechtliche Vorschrift räumt eine Rechtsposition ein, die durch das verordnete Fahrverbot für Lastkraftwagen berührt würde. Die behaupteten Auswirkungen des Fahrverbotes erweisen sich aus der Position der Antragstellerin als Inhaberin ihres Betriebsstandortes als bloß faktische Reflexwirkungen einer an die Verkehrsteilnehmer gerichteten Norm (vgl. insbesondere VfSlg 16.364/2001 mwN). Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass das für Lastkraftwagen, deren Länge (mit oder ohne Anhänger) zwölf Meter überschreitet, geltende Fahrverbot nur an Samstagen in der Zeit von sieben bis zwölf Uhr im Zeitraum vom 15. Dezember bis zum 30. April gilt und die Zufahrt zum Betrieb der Antragstellerin in dieser Zeit auch nicht zur Gänze ausgeschlossen ist.

3.3. Der Antrag ist daher mangels Legitimation der Antragstellerin zurückzuweisen.

Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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