VfGH V332/08

VfGHV332/0821.6.2008

Gesetzwidrigkeit eines Erlasses betreffend das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt;

Verordnungscharakter aufgrund imperativer Formulierungen und allgemein verbindlicher Anordnungen für die Rechtsunterworfenen;

Einschränkung des behördlichen Entscheidungsspielraums betreffend den möglichen Umfang des Nebengewerbes der Versicherungsvermittlung und die Befähigungsvoraussetzungen; Mindestmaß an Publizität erreicht

Normen

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
BGBlG 2004 (Art4 KundmachungsreformG 2004) §4 Abs1 Z2
Erlass des BMWA vom 21.11.05 betreffend das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung
GewO 1994 §32 Abs6, §137 Abs2, §137b Abs1, Abs4
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
BGBlG 2004 (Art4 KundmachungsreformG 2004) §4 Abs1 Z2
Erlass des BMWA vom 21.11.05 betreffend das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung
GewO 1994 §32 Abs6, §137 Abs2, §137b Abs1, Abs4

 

Spruch:

Die Verordnung (d.i. Punkt 1. des Erlasses) des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 21. November 2005, Z BMWA-30.599/0339-I/7/2005, betreffend das Gewerberecht wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B831/07 ein Verfahren

über die Beschwerde gegen einen Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich anhängig, der einen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt St. Pölten im Wesentlichen bestätigt, womit dem Beschwerdeführer, einem Inhaber der Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der gewerblichen Vermögensberatung gemäß §94 Z75 Gewerbeordnung 1994 (im Folgenden: GewO 1994), die Ausübung des Nebengewerbes der Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten untersagt wird.

Der Landeshauptmann von Niederösterreich begründet die Untersagung mit Formulierungen, die stellenweise dem Wortlaut des Erlasses des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 21. November 2005, Z BMWA-30.599/0339-I/7/2005, entsprechen. Die Behörde nimmt auf den "auf bestimmte Geschäftsfelder begrenzten Tätigkeitsumfang (...) auf Grund eines Nebengewerbes" Bezug und folgert, dass "ergänzende und daher im Zweckzusammenhang liegende Versicherungsprodukte nur in wenigen Sparten denkbar und sonst unzulässig" seien. Die Gewerbeanmeldung des Berufungswerbers im Nebengewerbe hätte daher nicht auf den gesamten Berechtigungsumfang des Gewerbes Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten lauten dürfen.

In der gegen diesen Bescheid nach Art144 B-VG erhobenen Beschwerde wird ein Verstoß gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbstätigkeit gemäß Art6 StGG und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 B-VG sowie gegen Art18 B-VG behauptet und die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend die angewendeten Bestimmungen der Gewerbeordnung angeregt.

II. Aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des im Spruch genannten und vorläufig als Verordnung qualifizierten Erlasses des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit entstanden.

1. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

Mit der Novelle BGBl. I 131/2004 zur Gewerbeordnung 1994, BGBl. 194/1994, wurde die Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung (ABl. 2003 L 9, S 3) umgesetzt. Seit In-Kraft-Treten der entsprechenden Bestimmungen am 15. Jänner 2005 kann das Gewerbe der Versicherungsvermittlung nach §32 Abs6 GewO 1994 auch in der Form eines sog. Nebengewerbes angemeldet und ausgeübt werden. Dieses Recht steht gemäß §137 Abs2 GewO 1994 nur u.a. nach Erbringung der Nachweise gemäß den Bestimmungen der §§137 bis 138 GewO 1994 und den sonstigen Bestimmungen betreffend Versicherungsvermittlung zu. Gemäß §137b Abs4 GewO 1994 können durch Verordnung nähere Vorgaben hinsichtlich der erforderlichen fachlichen Eignung für die nebengewerbliche Tätigkeit getroffen werden.

1.1. Die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl. 194/1994 in der im Hinblick auf den Erlass maßgeblichen Fassung BGBl. I 131/2004 betreffend das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung lauten wie folgt:

"Sonstige Rechte von Gewerbetreibenden

§32. (1) - (5) [...]

(6) Gewerbetreibenden sind, wenn die Versicherung eine Ergänzung der im Rahmen der Haupttätigkeit gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen darstellt, gemäß den Bestimmungen der §§137 bis 138 und den sonstigen Bestimmungen betreffend Versicherungsvermittlung auch Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung erlaubt. Die Ausübung dieses Rechts steht nur nach Erbringung der Nachweise und Registrierung gemäß den genannten Bestimmungen zu.

[...]

Versicherungsvermittlung

§137. (1) [...]

(2) Nach diesem Bundesgesetz kann die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung - entsprechend der tatsächlichen Beziehung zu Versicherungsunternehmen - in der Form 'Versicherungsagent' oder in der Form 'Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten' erfolgen und zwar im Umfang einer Gewerbeberechtigung nach §94 Z75 oder Z76 oder als Nebengewerbe. Bei einem Nebengewerbe kann es sich entweder um ein sonstiges Recht im Rahmen einer Berechtigung nach diesem Bundesgesetz im Sinne des §32 Abs6 oder um eine Nebentätigkeit zur Ergänzung von im Rahmen einer Hauptberufstätigkeit auf Grund eines anderen Gesetzes gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen handeln.

(3) - (6) [...]

[...]

Berufliche Anforderungen

Guter Leumund und Befähigung

§137b. (1) Der Einzelunternehmer oder im Falle von Gesellschaften (§9 Abs1) wenigstens ein Drittel aller dem Leitungsorgan eines Unternehmens angehörenden Personen, die für die Versicherungsvermittlung verantwortlich sind, sowie alle direkt bei der Versicherungsvermittlung mitwirkenden Beschäftigten haben die dazu erforderliche fachliche Eignung zu besitzen. Diese kann entweder durch den Befähigungsnachweis für die Gewerbe Versicherungsvermittlung oder Gewerbliche Vermögensberatung oder gemäß §19 durch einschlägige Ausbildungsgänge oder durch adäquate Verwendungszeiten erfüllt werden.

(2) - (3) [...]

(4) Bezüglich der fachlichen Eignung bei nebengewerblicher Tätigkeit [...] können in einer Verordnung gemäß §18 nähere Vorschriften getroffen werden.

(5) - (7) [...]"

1.2. Für gewerbliche Vermögensberater (nach §94 Z75 GewO 1994), die bereits vor In-Kraft-Treten der GewO-Novelle BGBl. I 131/2004 das Gewerbe der Versicherungsvermittlung als "sonstiges Recht" im Sinne von §32 Abs1 GewO 1994 ausgeübt hatten, wurde in §376 Z18 Abs6 GewO 1994 ein Übergangszeitraum für die Überleitung in das neue Nebengewerbe festgelegt. Das neue Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung (iSv §32 Abs6 GewO 1994 idF BGBl. I 131/2004) konnte danach bis 30. Mai 2005 unter Vorlage des Nachweises, die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung auf Grundlage einer sonstigen Berechtigung gemäß §32 GewO 1994 idF vor der GewO-Novelle über einen Zeitraum von drei Jahren ausgeübt zu haben, angemeldet werden. Im Erlassweg (Erlass des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 17. Jänner 2005, Z BMWA-30.599/5251-1-I/7/2004) wurden darüber hinaus jene Vermögensberater, die im Rahmen einer Befähigungsprüfung bereits entsprechende Kenntnisse nachgewiesen haben, vom Nachweis der dreijährigen Praxis befreit.

1.3. Der in Prüfung gezogene Punkt 1. des Erlasses des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 21. November 2005, Z BMWA-30.599/0339-I/7/2005, betrifft dagegen die erforderlichen Nachweise für Neuanmeldungen bzw. für Anmeldungen des Nebengewerbes der Versicherungsvermittlung nach Ablauf der in §376 Z18 Abs6 GewO 1994 genannten Übergangsfrist, d.h. nach dem 30. Mai 2005, und enthält daneben Vorgaben in Bezug auf den Umfang des Nebengewerbes.

Der Erlass lautet auszugsweise wie folgt (Hervorhebungen im Original):

"Aus gegebenem Anlass wird Folgendes mitgeteilt:

1. Zum Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung gemäß §32 Abs6 und §137 Abs2 GewO 1994

a) Nennung der Haupttätigkeit im Register beim Nebengewerbe

Der Umfang des Nebengewerbes ist wegen seines ergänzenden Charakters in zweifacher Weise eingeschränkt: Einerseits abstrakt durch eine Beschränkung auf jene Versicherungsprodukte, die angesichts des Haupttätigkeitsumfanges denkmöglich sind, andererseits durch den notwendig ergänzenden Zusammenhang zum konkreten Inhalt des jeweiligen Geschäftsfalls. Haupttätigkeiten können dabei entweder der Gewerbeordnung unterliegen oder auch Tätigkeiten sein, bei denen dies nicht der Fall ist (z.B. Steuerberater oder Speditionsangestellter).

Zur einfacheren Erkennbarkeit des abstrakten Umfanges des jeweiligen Nebengewerbes hätte die eintragende Gewerbebehörde im Feld neben dem Gewerbewortlaut in Klammer nunmehr auch den Wortlaut der Haupttätigkeit einzutragen (wird aber nicht Teil des Gewerbewortlautes). Beim Handelsgewerbe wäre, falls eine Spezialisierung auf ein bestimmtes Handelsgewerbe bekannt gegeben wird (seitens des Gewerbetreibenden oder der Wirtschaftskammern), auch diese Spezialisierung ersichtlich zu machen.

Auch bisherige Eintragungen sind von den Gewerbebehörden sukzessive im genannten Sinn zu ergänzen, soweit die Berufsvertretungen, insbesondere betreffend den Ausübungsumfang beim Handelsgewerbe, von sich aus entsprechende Informationen übermitteln.

Die Eintragung hat sich an folgenden Beispielen zu orientieren:

[...]

Die Angabe der Haupttätigkeit ist nicht Teil des Gewerbewortlautes; daher kann bei einer Änderung der Haupttätigkeit dieser Hinweis von der Behörde von Amts wegen gebührenfrei aktualisiert werden.

b) weitere Feststellungen zum Nebengewerbe

Aus dem ergänzenden Charakter des Nebengewerbes ergibt sich insbesondere, dass die nebengewerbliche Vermittlung nur im selben Einzelgeschäft wie die Dienstleistung oder Warenlieferung im Rahmen der Hauptberechtigung erfolgen kann und diesem konkreten Hauptgeschäft inhaltlich dienlich sein muss (Kinscher - Paliege-Barfuß, GewO 7. Aufl., FN 8 zu §32 sowie EB zu GR Nov 2002, mit der der Begriff der ergänzenden Leistung erstmals eingeführt wurde; u.a. OGH 6 Ob 605/95 allgem. zum Begriff eines Nebenrechtes als einem Hauptrecht 'dienendes' Recht). Aufgrund dieses zwingenden Zweckzusammenhanges zwischen dem Hauptinhalt des getätigten Geschäftes und der Versicherungsvermittlung ergibt sich etwa, dass ein KFZ - Händler, wenn er einen Neuwagen verkauft, eine Haftpflichtversicherung für diesen Wagen vermitteln darf, nicht aber z. B. eine klassische Lebensversicherung.

Aus dem in dieser Ausdrücklichkeit durch die GR Nov 2004 nun neu eingeführten Begriffspaar der 'Haupttätigkeit' (§32 Abs6 erster Satz GewO) gegenüber der 'Nebentätigkeit/Nebengewerbe' (§137 Abs2 GewO) ergibt sich außerdem auch zwingend eine quantitative Unterordnung, die dadurch noch unterstrichen wird, dass das Nebengewerbe sogar nur einen 'Zusatz' zum Hauptgewerbe bildet (Art2 Z7 zweiter Teilabsatz RL 2002/92/EG - 'zusätzlicher' Charakter). Dies bedeutet unter anderem, dass auch der erzielte Umsatzerlös (§232 Abs1 HGB) aus dem Geschäftsteil, der dem Nebengewerbe entspricht, dem Umsatzerlös aus dem zugehörigen Geschäftsteil, der den Hauptgegenstand bildet, wesentlich untergeordnet sein muss (ähnlich, aber damals weniger explizit auch Rechtslage vor GR Nov 1993).

Nach Auffassung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit ist es daher insgesamt gesehen zulässig, wenn im Rahmen eines Geschäftsfalles der Nebengeschäftsteil einen Anteil von 10% des Umsatzerlöses aus dem damit verbundenen Hauptgeschäftsteil nicht wesentlich überschreitet. Entstehen aus einer Vermittlung Umsatzerlöse während einer längeren Laufzeit, ist zur Berechnung die Gesamtnutzungsdauer des versicherten Objektes gemäß den Grundsätzen des Einkommenssteuerrechts heranzuziehen, z.B. PKW, gemäß §8 Abs6 EStG acht Jahre. (Maßgebend ist also der Umsatzerlös aus dem einzelnen Geschäftsfall und nicht etwa der jährliche Gesamtumsatzerlös des Unternehmens. Beim jährlichen Gesamtumsatzerlös müsste die genannte Grenze allerdings umso eher erfüllt sein, da ja nicht davon auszugehen ist, dass jedes getätigte Hauptgeschäft durch ein Geschäft aus dem Nebengewerbe ergänzt wurde.)

Allgemein erfordert der Ausnahmecharakter des Nebengewerbes wegen der damit verbundenen Gefahr der Umgehung der Berechtigungsumfänge und der Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen - speziell angesichts der Frage der Kammermitgliedschaften und der Befähigungsanforderungen beim Gewerbezugang - beim Nebengewerbe eine im Zweifel einschränkende Auslegung der anzuwendenden Vorschriften durch die Gewerbebehörden:

Die genannten Kriterien gelten für alle, die das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung beantragt haben, also etwa auch für 'Gewerbliche Vermögensberater'. Insbesondere sind auch bei diesem Gewerbe wegen des auf bestimmte Geschäftsfelder begrenzten Tätigkeitsumfanges auf Grund eines Nebengewerbes ergänzende und daher im Zweckzusammenhang liegende Versicherungsprodukte nur in wenigen Sparten denkbar und sonst unzulässig. Meldet daher ein Gewerblicher Vermögensberater ein Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung in der Form Agent, so ergibt sich aus dem engen Zweckzusammenhang bei taxativ aufgezähltem Berufsumfang, dass maximal nur die Versicherungszweige der Anlage A Z. 8, 9, 14, 16 und 23 zum VAG eingetragen werden dürfen. Damit wäre übrigens auch der Umfang nebengewerblicher Tätigkeiten in der Form als Makler umrissen.

Umso geringer wird zumeist wegen des erforderlichen engen Zweckzusammenhanges in einem konkreten Geschäftsfall die zulässige Anzahl an Produkten sein.

Aus dem strengen Auslegungsprinzip und in Verbindung mit dem akzessorischen Charakter folgt auch, dass das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung beim Gewerblichen Vermögensberater nur in derselben Form angemeldet werden darf, in der auch die diesem Gewerbe nun immanente Lebens- und Unfallversicherung ausgeübt wird (Beispiel:

Lebens- und Unfallversicherung als Versicherungsagent, das bedeutet, auch das Nebengewerbe darf nur in der Form Versicherungsagent eingetragen werden).

Beim KFZ - Handel kommen nur Z1 (Insassen - Unfall), Z3, Z10, Z17 (KFZ - Rechtsschutz) und Z19 (Kreditrestschuld für KFZ - Kredite) der Anlage A zum VAG in Frage.

Bestehende Registereintragungen (d.h. also die bei Ausübungsform Versicherungsagent bzw. umfassende Vermittlung beim Nebengewerbe eingetragenen Versicherungszweige) sind von der Behörde dementsprechend zu überprüfen und gegebenenfalls richtig zu stellen; es handelt sich auch hier um eine gebührenfreie amtliche Klarstellung.

Insgesamt besteht also beim Nebengewerbe der Grundsatz der im Zweifel streng einschränkenden Auslegung der anzuwendenden Vorschriften, insbesondere was den Gewerberechtsumfang und die Begründung des Nebengewerbes selbst anbetrifft.

Liegen bei bestimmten Haupttätigkeiten Zweifel über die Erfüllbarkeit der Voraussetzungen vor, ergibt sich bei diesen daher, dass auch die Anmeldung einer nebengewerblichen Tätigkeit unzulässig ist: Dies wäre etwa beim Finanzdienstleistungsassistenten (§19 Abs2a WAG iVm §2 Abs1 Z14 GewO) der Fall.

Daher sind von den Behörden Gewerbeanmeldungen eines Nebengewerbes der Versicherungsvermittlung bei Finanzdienstleistungsassistenten nicht mehr entgegenzunehmen.

Allenfalls bereits bestehende Berechtigungen hätten einen nur theoretischen Berechtigungsinhalt. Erfolgt keine Zurücklegung, so kann die Berechtigung aber belassen werden, ohne ein Nichtigerklärungsverfahren einzuleiten. Will ein Finanzdienstleistungsassistent tatsächlich im üblichen Sinn Versicherungsprodukte vermitteln, benötigt er dafür die Versicherungsvermittlung als Hauptgewerbe und hätte - unter Berücksichtigung seiner individuellen Befähigung - eine Änderung des Nebengewerbes in ein Hauptgewerbe zu erwirken. Solche Fälle sind analog einer Gewerberechtserweiterung zu behandeln.

c) Befähigung

Jedenfalls ist - im Unterschied zur bisherigen Rechtslage bei den Nebenrechten - nach der neuen Rechtslage (die ja erstmalig auch hier ein genaues Regulativ vorsieht) unbeschadet aller anderen nun genauso wie beim Vollgewerbe zu erfüllenden Voraussetzungen, ein Befähigungsnachweis auch für die nebengewerbliche Tätigkeit erforderlich.

Generell erfordert das Nebengewerbe (vgl. auch Art4 RL 2002/92 ):

* allgemeines versicherungsspezifisches Grundwissen und

* durch den ergänzenden Charakter zum Hauptgewerbe

definiertes spartenspezifisches Wissen über die Produkte, die im Umfang des jeweiligen Nebengewerbes zulässig sind

Dies wäre jedenfalls bei der Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen zu beachten, auch, wenn ein Verfahren nach §19 GewO stattfinden sollte."

1.4. Im Rahmen der Gewerberechtsnovelle mit BGBl. I 42/2008 vom 26. Februar 2008 wurden einzelne Regelungen des in Prüfung gezogenen Punkt 1. des Erlasses in Gesetzesform gegossen.

2. Die Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit sind im Prüfungsbeschluss wie folgt formuliert (Hervorhebungen im Original):

"4.1. Vorauszuschicken ist, dass es nicht darauf ankommt, ob der Erlass im Spruch oder in der Begründung des im Anlassbeschwerdeverfahren angefochtenen Bescheides explizit angeführt wird (vgl. VfSlg. 11.272/1987, 17.244/2004). Vielmehr ist entscheidend, ob er tatsächlich die Rechtslage hinsichtlich der Begrifflichkeit des Nebengewerbes der Versicherungsvermittlung verbindlich näher gestaltet. Dies kann dann angenommen werden, wenn der Bescheid, auch wenn der Erlass nicht zitiert wird, inhaltlich im Wesentlichen dem Erlass entspricht und sich in der Begründung sprachlich an diesen anlehnt (vgl. VfSlg. 11.467/1987).

4.2. Die belangte Behörde dürfte bei ihrer Entscheidung den Erlass offenkundig angewendet haben, auch wenn sie diesen nicht ausdrücklich zitiert hat. Sie hat sich inhaltlich auf den Erlass gestützt, indem sie sich erkennbar an dessen Wortlaut in einzelnen Begründungspassagen angelehnt hat. Sie hat in der Bescheidbegründung etwa ausgeführt, dass 'wegen des auf bestimmte Geschäftsfelder begrenzten Tätigkeitsumfanges auf Grund eines Nebengewerbes ergänzende und daher im Zweckzusammenhang liegende Versicherungsprodukte nur in wenigen Sparten denkbar und sonst unzulässig seien'. Aus dem 'engen Zweckzusammenhang bei taxativem Berufsumfang' ergäbe sich damit, dass ein gewerblicher Vermögensberater allein 'etwa die Versicherungszweige Z8 (Feuer- und Elementarschäden) oder Z9 (Sonstige Sachschäden) zum Versicherungsaufsichtsgesetz' anmelden dürfe.

5. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 8649/1979, 11.472/1987, 13.632/1993) ist für die Qualität als Verordnung nicht der formelle Adressatenkreis und die äußere Bezeichnung und auch nicht die Art der Verlautbarung, sondern der Inhalt des Verwaltungsaktes maßgeblich.

5.1. Voraussetzung für die Verordnungsqualität eines etwa als 'Mitteilung' bezeichneten Verwaltungsaktes ist u.a., dass seine Formulierungen imperativ gehalten sind (und sich nicht etwa in einer bloßen Wiederholung des Gesetzestextes erschöpfen), indem sie das Gesetz bindend auslegen (VfSlg. 5905/1969) und für eine allgemein bestimmte Vielzahl von Personen unmittelbar Geltung beanspruchen (dazu zB VfSlg. 4759/1964, 8649/1979, 8807/1980, 9416/1982, 10.170/1984, 11.467/1987, 13.632/1993, 14.154/1995, 17.244/2004, 17.806/2006).

5.2. Diese Voraussetzungen dürften auf den in Prüfung gezogenen Punkt 1. des Erlasses des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit zutreffen. Seine Formulierungen scheinen in den entscheidenden Punkten imperativ zu sein, weil sie sich nicht in einer bloßen Wiederholung des Gesetzestextes erschöpfen, sondern das Gesetz, insbesondere den Begriff des Nebengewerbes der Versicherungsvermittlung nach §32 Abs6 und §137 Abs2 GewO, verbindlich auslegen wollen.

Im Erlass heißt es u.a.: 'Entstehen aus einer Vermittlung Umsatzerlöse während einer längeren Laufzeit, ist zur Berechnung die Gesamtnutzungsdauer des versicherten Objektes gemäß den Grundsätzen des Einkommenssteuerrechts heranzuziehen, z.B. PKW, gemäß §8 Abs6 EStG acht Jahre.' Damit trifft der Bundesminister im Erlass ebenso eine Anordnung, die über eine bloße Information über einen Rechenvorgang hinausgeht, wie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft in einem Schreiben an die AMA für die Berechnung des AMA-Beitrages, das vom Verfassungsgerichtshof ebenfalls als Verordnung gewertet wurde (VfGH 28.2.2007, V97-100/06).

In vergleichbarer Weise wird ferner angeordnet, dass 'der Ausnahmecharakter des Nebengewerbes (...) eine im Zweifel einschränkende Auslegung der anzuwendenden Vorschriften durch die Gewerbebehörden (erfordert)', ferner dass 'ergänzende und daher im Zweckzusammenhang liegende Versicherungsprodukte nur in wenigen Sparten denkbar und sonst unzulässig' seien, 'dass maximal die Versicherungszweige der Anlage A Z. 8, 9, 14, 16 und 23 zum VAG eingetragen werden dürfen', dass 'daher (...) von den Behörden Gewerbeanmeldungen eines Nebengewerbes der Versicherungsvermittlung bei Finanzdienstleistungsassistenten nicht mehr entgegen zu nehmen' 'sind', dass 'generell das Nebengewerbe (...) allgemeines versicherungsspezifisches Grundwissen und durch den ergänzenden Charakter zum Hauptgewerbe definiertes spartenspezifisches Wissen' 'erfordert', schließlich dass 'dies jedenfalls bei der Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen zu beachten' 'wäre'.

5.3. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass dem in Prüfung gezogenen Punkt 1. Verordnungscharakter zukommt, da die Begrifflichkeit des Nebengewerbes der Versicherungsvermittlung gemäß §32 Abs6 und §137 Abs2 GewO - insbesondere im Hinblick auf den Gewerberechtsumfang (Forderung eines 'engen Zweckzusammenhanges' und Aufzählung der 'maximal' zulässigen Versicherungszweige, quantitative Einschränkung auf 10% des gesamten Umsatzerlöses) und die für die Anmeldung erforderlichen Voraussetzungen (genaue Anforderungen in Bezug auf den Nachweis der Befähigung) - mit genereller Verbindlichkeit ausgelegt wird und sich in dieser Präzision auch nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben dürfte (in Bezug auf den erforderlichen Nachweis der Befähigung für das Nebengewerbe enthält das Gesetz selbst, sieht man von der Verordnungsermächtigung nach §137b Abs4 GewO ab, keine näheren Ausführungen).

Durch diese präzisen Anordnungen wird der - vom Gesetz zunächst eröffnete - Beurteilungsspielraum der Behörde erheblich eingeschränkt, sodass insoweit eine neue Gestaltung der Rechtslage vorliegt (vgl. zu diesem Aspekt VfSlg. 8807/1980, 10.170/1984, 15.694/1999, 17.244/2004).

Der Rechtsbegriff des Nebengewerbes der Versicherungsvermittlung wird dabei in einer ganz bestimmten Weise konkretisiert und somit genau festgelegt, dass eine Person, die die solcherart spezifizierten Voraussetzungen erfüllt, das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung anmelden kann und dies einer Person, die diese Voraussetzungen nicht erfüllt, untersagt wird. Die Rechtsstellung der Normunterworfenen wird damit unmittelbar gestaltet. Dies ergibt sich insbesondere aus einer Passage auf Seite 4, in der es wörtlich heißt: 'Aus dem strengen Auslegungsprinzip (...) folgt auch, dass das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung beim Gewerblichen Vermögensberater nur in derselben Form angemeldet werden darf (...).' (Hervorhebung im Original).

5.4. Dass die Formulierungen zum Teil auch als bloße Hinweise, Anregungen und Hilfestellungen an die unterstellten Verwaltungsbehörden verstanden werden können (vgl. etwa den einleitenden Satz des Erlasses: 'Aus gegebenem Anlass wird Folgendes mitgeteilt'), dürfte an dieser Qualifikation des Erlasses nichts ändern. Anhaltspunkte dafür, dass insgesamt nur eine unverbindliche Rechtsansicht geäußert wurde, kann der Verfassungsgerichtshof vorläufig nicht finden. Da sich die getroffenen Anordnungen auf die Rechtsunterworfenen auswirken, ändert an der Qualifikation als Rechtsverordnung nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 2556/1953, 4759/1964, 5905/1969, 6291/1970, 8649/1979, 9416/1982, 10.170/1984, 11.467/1987, 13.021/1992, 13.632/1993, 15.694/1999, 17.244/2004 und 17.849/2006) auch der Umstand nichts, dass der Erlass nur an unterstellte Verwaltungsbehörden ('Ämter der Landesregierungen') adressiert ist.

Der Verfassungsgerichtshof hält Punkt 1. des Erlasses daher vorderhand für eine Rechtsverordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit.

6. Als Rechtsverordnung eines Bundesministers hätte der Erlass im Hinblick auf seinen Punkt 1. jedoch gemäß §4 Abs1 Z2 BGBlG im Bundesgesetzblatt II kundgemacht werden müssen. Der Erlass scheint also mangels gehöriger Kundmachung gesetzwidrig zu sein.

7. Darüber hinaus hegt der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass der in Prüfung gezogene Punkt 1. des Erlasses - jedenfalls zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - zum Teil der gesetzlichen Grundlage entbehrte:

§137 Abs2 GewO verweist im Hinblick auf das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung auf das in §32 Abs6 GewO angeführte Recht, 'wenn die Versicherung eine Ergänzung der im Rahmen der Haupttätigkeit gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen darstellt, (...) auch Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung' auszuüben. Daraus scheint sich zwar eine sachliche Einschränkung des Umfanges der nebengewerblichen Berechtigung im Hinblick darauf zu ergeben, welche Arten von Versicherungen vermittelt werden dürfen. Der Verfassungsgerichtshof vermag jedoch vorderhand nicht zu erkennen, inwiefern sich aus dem Gesetz - selbst unter Berücksichtigung des §32 Abs2 GewO - darüber hinaus folgern ließe, dass eine solche 'quantitative Unterordnung' des Nebengewerbes im Vergleich zum Hauptgewerbe zwingend dergestalt gefordert wird, dass der Geschäftsteil, der dem Nebengewerbe entspricht, einen Anteil von 10% des Umsatzerlöses aus dem damit verbundenen Hauptgeschäftsteil 'nicht wesentlich' überschreiten darf."

3. Der im Verordnungsprüfungsverfahren zur Stellungnahme aufgeforderte Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit trat den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes in seiner Äußerung vom 19. Mai 2008 entgegen und beantragte die Einstellung des Verordnungsprüfungsverfahrens. Er bringt auf das Wesentliche zusammengefasst vor (Hervorhebungen im Original):

"1. Zu Punkt II. 1.- 6. der Begründung des Beschlusses B831/07-8 vom 13.3.08, Bedenken des VfGH hinsichtlich Kundmachung des Schreibens des BMWA GZ 30.599/0339-I/7/2005 vom 21.11.2005

a) Allgemeine Feststellungen

Vom BMWA mit gegenständlichem Schreiben verfolgter Zweck war die Information und Anleitung der dem BMWA in mittelbarer Bundesverwaltung untergeordneten neun Landeshauptleute bzw. deren neun ausführenden Geschäftsstellen.

[...]

Wesentliches Mittel der Verwaltungsführung ist die Weisung an behördliche Organe in Vollziehung der Gesetze. Dem kommt weiters eine Äußerung gegenüber den untergeordneten Behörden über die Rechtsauffassung des Bundesministers hinsichtlich der Interpretation der zu vollziehenden Gesetze im Wesentlichen gleich, da auch diesbezüglich - sei es auch nur faktisch - von einer Bindung der untergeordneten Behörden ausgegangen werden kann. Lediglich mittelbar wird dies praktisch immer auch Konsequenzen für die vom Behördenhandeln betroffenen Staatsbürger haben.

Das Schreiben des BMWA GZ 30.599/0339-I/7/2005 vom 21.11.2005 war nicht unmittelbar an die Staatsbürger gerichtet und verfolgte auch nicht den Zweck einer unmittelbaren staatlichen Anordnung direkt an den Staatsbürger. Dem wären insbesondere schon die eindeutig unter Geheimhaltung stehenden Informationen desselben Schreibens betreffend die Bekämpfung der Geldwäsche durch die Behörden entgegengestanden (Pkt. 3 des Schreibens).

Das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 2004, BGBl. I Nr. 100/2003 nimmt in seinem §4 Abs1 Z2 letzter Teilsatz allgemeine Weisungen ua. der Bundesminister an unterstellte Verwaltungsorgane von einer Veröffentlichungspflicht im Bundesgesetzblatt ausdrücklich aus.

b) Zu den vom VfGH im Einzelnen angeführten Gründen für seinen Verordnungsprüfungsbeschluss B831/07-8 vom 13.3.08

b1) Zu Punkt II. 4. der Begründung, Anwendung des Schreibens GZ 30.599/0339-I/7/2005 durch andere Behörden

[...]

Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass eine Anleitung der Behörden natürlicher Zweck einer Weisung an die Behörden ist. Allerdings waren im konkreten Fall, soweit ho. bekannt, wesentlicher Abweisungsgrund der Behörde auch nicht die vom VfGH in 4.1. und 4.2. seiner Beschlussbegründung zitierten Passagen des Schreibens des BMWA. Stattdessen erfolgte die Abweisung seitens des Landeshauptmannes aus Gründen, die im gegenständlichen Schreiben des BMWA gar nicht abgehandelt worden waren. Insofern kann dieses Schreiben also hinsichtlich der grundlegenden Fragen für die Entscheidung des LH gar nicht relevant geworden sein.

b2) Zu Punkt II. 5. und 6. der Begründung des Beschlusses des VfGH, zu Fragen der Verordnungsqualität

[...]

In VfSlg 11.472/1987 wird als ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes genannt, dass dieser unter 'Verordnung' - unabhängig von deren Bezeichnung - jede nicht in Gesetzesform ergehende, von einer Verwaltungsbehörde erlassene generelle Rechtsnorm verstehe, wobei als eine generelle Norm jede Anordnung anzusehen sei, die sich an die Allgemeinheit überhaupt oder an bestimmte Gruppen der Bevölkerung richte, die nicht individuell, sondern nach Gattungsmerkmalen bezeichnet seien; der Akt müsse sich an eine allgemein bestimmte Vielzahl von Personen richten und für diese unmittelbar rechtsverbindlich sein, dh. die Rechtslage der Betroffenen gestalten.

Tatsächlich war aber das Schreiben des BMWA ausschließlich an die neun Landeshauptleute als Unterbehörden völlig eindeutig gekennzeichnet und durch die individuelle Zustellung an die Ämter der Landesregierungen bzw. deren Gewerbeabteilungen gerichtet. Das Schreiben war in keiner Weise an die Bevölkerung oder die Allgemeinheit adressiert. Es wäre auch dem Zweck des Schreibens zuwidergelaufen, dessen Inhalte, die zum Teil auch auf behördliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Schwerkriminalität durch Verhinderung der Geldwäsche gerichtet waren, an irgendjemand anderen als an die zuständigen Behörden zu richten. Dies würde sich schon durch Art20 Abs3 B-VG verbieten, [...].

Da Informationen an die untergeordneten Behörden aber regelmäßig Inhalte aufweisen können, die unter die Amtsverschwiegenheit fallen, indem sie etwa Behördenstrategien zur Vermeidung von Missständen betreffen, kann dem Gesetzgeber des Bundesgesetzblattgesetzes kaum die Forderung unterstellt werden, alle Schreiben des BMWA an die Behörden mit diese bindendem Inhalt müssten im Bundesgesetzblatt verlautbart werden. Stattdessen kann wohl nur das Erfordernis einer gezielten Information abgeleitet werden, wie sie im konkreten Fall durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit auch vorgenommen wurde. Diese Möglichkeit sieht der Gesetzgeber des Bundesgesetzblattgesetzes in §4 Abs1 Z2 letzter Teilsatz aber auch ausdrücklich vor, eine Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ist diesfalls nicht erforderlich.

Eine Beurteilung durch den Verfassungsgerichtshof im Sinne des Erkenntnisses VfSlg. 11.472/1987, bei dem der VfGH schließlich zum Ergebnis kam, dass bei an gewisse Versicherungsunternehmen gerichteten Erlässen des Bundesministers für Finanzen jedenfalls keine Verlautbarung im Bundesgesetzblatt erforderlich ist, schiene somit auch im gegenständlichen Fall naheliegend.

[...]

Diesen Zweifeln des VfGH betreffend die richtige Formwahl im Lichte des Gesetzes über das Bundesgesetzblatt bei der Verlautbarung des Schreibens GZ 30.599/0339-I/7/2005 durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gegenüber gibt es aber Äußerungen des Gesetzgebers selber, nämlich in den erläuternden Materialien zur jüngsten GewO-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 42/2008, die eigentlich die Zweifel des VfGH auszuräumen im Stande sein sollten. In den Erläuterungen zu §137 Abs2a gibt derselbe Bundesgesetzgeber, der auch Gesetzgeber des Bundesgesetzblattgesetzes ist, nämlich seiner Meinung folgendermaßen Ausdruck:

'Die wesentlichsten Inhalte des Ausführungsrundschreibens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, GZ. 30599/0339-I/7/2005, vom 21.11.2005 werden auf gesetzlicher Ebene verdeutlicht. Alle Inhalte dieses Schreibens, z.B. der Grundsatz der im Zweifel streng einschränkenden Auslegung, mit Wirkungen etwa speziell auch für den Gewerblichen Vermögensberater (ua. dass auch durch Ausübende dieses Gewerbes trotz an sich gesetzlich auf Lebens- und Unfallversicherungen beschränkten Rechts zur Versicherungsvermittlung, bei Erfüllung der zusätzlich erforderlichen Befähigungsvoraussetzungen, ein Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung überhaupt angemeldet werden darf) sowie generell das Erfordernis der einheitlichen Gestaltung der Gewerbewortlaute, behalten ihre Gültigkeit und werden hierdurch untermauert.'

Der Gesetzgeber gibt also seine Meinung bekannt, dass die Inhalte des gegenständlichen Schreibens nun verdeutlicht werden, aber er sagt auch - und das ist das Wesentliche hinsichtlich der vorerst interessierenden Frage betreffend der Verordnungsqualität - :

'... Alle Inhalte behalten ihre Gültigkeit ...'

Wenn der Gesetzgeber aber feststellt, dass die Inhalte gültig geworden sind und, dass sie auch gültig bleiben, ist daraus zu schließen, dass es sich bei gegenständlichem Schreiben eben nicht um eine im Bundesgesetzblatt zu verlautbarende Verordnung im Sinne von §4 Abs1 Z2. des Bundesgesetzblattgesetzes handeln kann. Bei Vorliegen einer im Bundesgesetzblatt zu verlautbarenden Verordnung ergäbe sich nämlich sonst, der Gesetzgeber wäre der Meinung, eine solche Verordnung wäre gültig geworden und könnte jedenfalls auch weiter gültig bleiben, obwohl eben keine Kundmachung im Bundesgesetzblatt stattgefunden habe. Dies ist aber nicht anzunehmen, daher muss davon ausgegangen werden, dass eben beim Schreiben GZ. 30599/0339-I/7/2005 des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit keine im Bundesgesetzblatt zu verlautbarende Verordnung vorliegt, sondern lediglich eine Weisung an die Behörden und diese Weisung ihre Gültigkeit jedenfalls behält.

[...]

Dass das Vorliegen bindender Äußerungen der obersten Behörde insbesondere aufgrund der hinsichtlich der Behördenkommunikation regelmäßig notwendigen Beachtung des Art25 [gemeint wohl: 20] Abs3 B-VG an sich nicht das alleine entscheidende Kriterium des Gesetzgebers hinsichtlich der zu wählenden Verlautbarungsform sein dürfte, wurde zuvor schon angemerkt. Relevant scheint aber auch der Umstand zu sein, dass der VfGH hinsichtlich seiner inhaltlichen Bedenken betreffend das Schreiben des BMWA sich dann ausschließlich auf die vom VfGH in Pkt. 5.3. seiner Beschlussbegründung als 'quantitative Einschränkung auf 10% des gesamten Umsatzerlöses' beschriebene Äußerung im Schreiben GZ. 30599/0339-I/7/2005 des BMWA beschränkt. Entgegen der Wiedergabe seitens des VfGH spricht der BMWA nämlich in Pkt. 1. b) seines Schreibens gerade hier lediglich

wortwörtlich davon, dass es '... nach seiner Auffassung ... zulässig

wäre, wenn ... der Nebengeschäftsanteil ... 10% des Umsatzerlöses ...

nicht wesentlich überschreitet'. Aufgrund der gewählten Formulierung handelt es sich genau in diesem Punkt also tatsächlich um eine reine Meinungskundgebung des BMWA. Dennoch prüft der VfGH diesen Punkt.

Dass der VfGH aber speziell diesen Punkt inhaltlich überprüft, dürfte - wie zu dieser weiteren Frage inhaltlich im Folgenden noch ausgeführt wird - aber auch mit den oben schon erwähnten Erläuterungen des Bundesgesetzgebers im Gegenstand zusammenhängen.

2. Zu Punkt II. 7 des Beschlusses des VfGH, V332/08-2, hinsichtlich einer 10%igen Umsatzgrenze beim Nebengewerbe

a) Erläuterungen des Bundesgesetzgebers

Wie zuvor unter 1b) schon angeführt wurde, hat der Gesetzgeber in den Materialien zur jüngsten GewO-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 42/2008 zu §137b Abs2a seine Auffassung dargestellt, dass alle Inhalte des Ausführungsrundschreibens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, GZ 30599/0339-I/7/2005, vom 21.11.2005 wie z. B. der Grundsatz der im Zweifel streng einschränkenden Auslegung, mit Wirkungen etwa speziell auch für den Gewerblichen Vermögensberater sowie generell das Erfordernis der einheitlichen Gestaltung der Gewerbewortlaute, ihre Gültigkeit behalten.

Allerdings hat der Gesetzgeber in §137b Abs2a der genannten Novelle auch eine (fixe) Umsatzgrenze des Nebengeschäftsanteiles von 20% am Hauptgeschäftsanteil festgelegt und dies in den Erläuterungen wie folgt begründet: 'Für die Versicherungsvermittlung wird in jedem Fall ein Qualifikationsnachweis gefordert. Dies erlaubt es, den Umfang der nebengewerblichen Tätigkeit von 10% - wie in sonstigen Fällen der Ausübung gem. §32 Abs1 Z1 angewandt - auf 20% zu erhöhen.'

Nun könnte gesagt werden, - ausschließlich - in diesem einzigen Punkt einer Umsatzgrenze würde der Gesetzgeber von seiner

erläuternden Aussage 'Alle Inhalte dieses Schreibens ... behalten

ihre Gültigkeit' abweichen, weil er ja in diesem Punkt in §137b Abs2a Z3 im Gesetzestext selbst eine höhere Grenze festlegt als im Ausführungsrundschreiben. Dies könnte daher auch der Grund dafür sein, dass der VfGH seine inhaltliche Prüfung - wie zuvor schon hervorgehoben wurde - auf diesen Punkt konzentriert hat.

Allerdings wäre unschwer zu zeigen, dass die Erläuterung des

Gesetzgebers '... alle Inhalte diese Schreibens ... behalten ihre

Gültigkeit ...' hinsichtlich des Punktes der Umsatzgrenze gar nicht als durch den Gesetzgeber wieder eingeschränkt angesehen werden muss, um eine allfällige Widersprüchlichkeit zwischen Gesetzestext und den Erläuterungen zu vermeiden:

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat nämlich in seinem Ausführungsrundschreiben tatsächlich wörtlich Folgendes ausgesagt: 'Nach Auffassung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit ist es daher insgesamt gesehen zulässig, wenn im Rahmen eines Geschäftsfalles der Nebengeschäftsteil einen Anteil von 10% des Umsatzerlöses aus dem damit verbundenen Hauptgeschäftsteil nicht wesentlich überschreitet.'

Dies bedeutet aber schlicht, dass der Bundesminister bekannt gibt, dass bei nicht wesentlichem Überschreiten der 10%-Grenze oder bei Einhaltung dieser Grenze - seiner Auffassung nach dies (jedenfalls) gesetzmäßig sei. Der Bundesminister sagte damit aber eben nicht auch aus, dass etwa z.B. ein 25%-iger Nebengeschäftsanteil jedenfalls unzulässig wäre. Dadurch besteht also auch kein Widerspruch, wenn der Gesetzgeber in seinen Erläuterungen nun bekannt

gibt, dass '... alle Inhalte dieses Schreibens ... ihre

Gültigkeit ... [behalten]' und gleichzeitig eine neue Grenze von

genau 20% gesetzlich festlegt; denn trotz dieser gesetzlichen Festlegung bliebe es immer noch jedenfalls auch zulässig, wenn der Nebengeschäftsanteil in einem Geschäftsfall lediglich 10% betragen würde. Dabei erübrigt es sich damit eigentlich, auch noch zu überlegen, ob nicht auch ein 20%-iger Anteil iS des Schreibens des BMWA GZ 30.599/0339-I/7/2005 sogar noch im Rahmen eines 'nicht wesentlichen Überschreitens' der genannten Grenze liegen hätte können. Aufgrund der einen weiten Spielraum gebenden Formulierung wäre dies aber sicher auch denkbar gewesen.

b) weitere Erläuterungen im Zusammenhang mit der Umsatzgrenze

Einerseits war es dem Bundesminister in seinem Rundschreiben GZ 30.599/0339-I/7/2005 also daran gelegen, den Behörden hinsichtlich der Vollziehung betreffend den Provisionsumsatz bei nebengewerblicher Versicherungsvermittlung eine Richtschnur zu geben. Dies zeigt ua. das Antwortschreiben GZ 30.599/0085-I/7/08 (Beilage) zu einer Anfrage des Landes Oberösterreich in diesem Zusammenhang, in dem der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit festgestellt hat:

'Tatsächlich nennt das Gesetz keine fixe Grenze für das Nebengewerbe. Vom BMWA wurde eine solche daher auch gar nicht behauptet. Die Information des BMWA vom 25.11.2005, GZ 30.599/0339-I/7/2005, gibt aber auf Seite 3 die Auffassung des BMWA wieder, dass im Falle eines nicht wesentlichen Überschreitens einer Umsatzgrenze von 10% jedenfalls keine Zweifel bezüglich der Zulässigkeit der nebengewerblichen Tätigkeit entstehen können - andernfalls wäre eine genaue Prüfung der Umstände des Einzelfalles notwendig.'

Stolzlechner sagt dazu in seinem Gutachten daher auch: 'Diese Erlassregelung enthält eine an Wortsinn und Zweck der sinnhaft aufeinander bezogenen Begriffe (Haupt[berufs]tätigkeit/Nebengewerbe) orientierte Auslegung, welche den Gewerbebehörden eine grundsätzliche Orientierung für die Beantwortung der Frage vorgibt, wann im Einzelfall von wirtschaftlicher Unterordnung einer nebengewerblichen Vermittlungstätigkeit ausgegangen werden kann. Dabei ist wichtig, dass den unterstellten Behörden der für den Einzelfall erforderliche

Beurteilungsspielraum belassen wird (arg '... nicht wesentlich

überschreitet'). Unbeschadet der Erlassregelung ist es nämlich Aufgabe der Gewerbebehörden (zB in einem Verwaltungsstrafverfahren) im Einzelfall zu prüfen, ob bei einem getätigten Geschäft der Versicherungsvermittlung wirtschaftliche Unterordnung gegeben und damit der Charakter des Nebengewerbes gewahrt ist, oder ob es sich bereits um eine Haupttätigkeit handelt.'

Daneben, dass der Bundesminister aus Überlegungen im Hinblick auf die gesetzliche Begrifflichkeit von Haupt- und Nebentätigkeiten an eine 10%ige Grenze dachte, gibt es aber noch folgende weitere Begründung für diese Grenze, die im Schreiben nicht erwähnt wurde, wohl, weil sie an sich im Ergebnis deckungsgleich ist:

Zum denkbaren Sinn einer Einschränkung des Nebengewerbes können die den analogen Gegenstand betreffenden Erläuterungen zu §137 Abs2a der - wenn auch späteren - Novelle BGBl. I Nr. 42/2008 einen Hinweis geben. Darin wurde erläutert: 'Sinn dieser bei der Novelle 2004 auf Grundlage von Forderungen der Berufsvertretungen eingeführten eingeschränkten Ausübungsmöglichkeit als 'Nebengewerbe' ist neben einem standardisiert beschränkten Befähigungsnachweis vor allem die Einräumung einer Option an die Berufskammer hinsichtlich Erleichterungen bei der Fachorganisationsmitgliedschaft. Dies bedingt aber eine deutliche Einschränkung des Gewerbeumfanges, da sonst nicht begründbar wäre, warum bestimmte Personen von einer Fachgruppenmitgliedschaft der Versicherungsvermittlung befreit sein sollten und andere nicht.' Weiters erläuterte der Gesetzgeber: 'Dies erlaubt es, den Umfang der nebengewerblichen Tätigkeit von 10% - wie in sonstigen Fällen der Ausübung gem. §32 Abs1 Z1 angewandt - auf 20% zu erhöhen.'

Tatsächlich wurde vor der GewO - Novelle 2004 - etwa in Auskunftserteilungen seitens des BMWA - davon ausgegangen, dass beim sonstigen Recht iS von §32 Abs1 Z1 GewO eine 10%ige Umsatzgrenze zu beachten wäre (Arg.: 'geringer Umfang'). Nun ist zwar in §137 Abs2 GewO und in §32 Abs6 GewO, die durch die Novelle zur GewO 2004, BGBl. I Nr. 131/2004 vom 29.11.2004 eingefügt wurden - anders als im zuvor schon seit der Novelle 2002 bestehenden §32 Abs1 Z1 GewO - nicht mehr von einem 'geringen Umfang' bei den zulässigen Leistungen anderer Gewerbe die Rede und könnte daher gesagt werden, die Grenze müsste nun weit höher gezogen werden (als bis zur Novelle 2004 eben 10%).

Allerdings wurden aufgrund der Übergangsbestimmungen des §376 Z18 Abs6 GewO idF der Novelle 2004, mit der die Richtlinie 2002/92/EG über Versicherungsvermittlung in das Österreichische Recht umgesetzt wurde, Gewerbetreibende, die die Versicherungsvermittlung bisher auf Grundlage einer sonstigen Berechtigung gemäß §32 GewO ausgeübt hatten, in das Nebengewerbe gem. §137 Abs2 GewO und §32 Abs6 GewO nach mindestens dreijähriger Ausübung übergeleitet. Das neue Recht leitete sich daher aus dem alten Umfang vor der Novelle 2004 unmittelbar ab. Es kann daher dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit auch aus diesem Grund nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn er in seinem Rundschreiben betreffend das Nebengewerbe im Hinblick auf die Auswirkungen bezüglich der Kammermitgliedschaft und die entsprechenden Umlagen und allenfalls auch den Umfang der Befähigung auf den Ursprung dieser Berechtigungen Bedacht genommen hat. Immerhin ging der Bundesminister nun davon aus, dass die bisherig als plausibel angesehene Grenze von 10% Umsatzanteil nun - wenn auch nicht wesentlich - so doch überschritten werden könne. Analoge Überlegungen wurden vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit im Übrigen für die anderen Charakteristika des Nebengewerbes angestellt, diesbezüglich wäre auf die Erläuterungen zur Gewerbeordnungsnovelle 2002 über den Umfang der sonstigen Rechte gemäß §32 GewO zu verweisen. Insbesondere was das Erfordernis der notwendigen Bezogenheit auf ein konkretes Hauptgeschäft und den Umsatz aus diesem anlangt, waren diese schon vor der Novelle 2004 Elemente des sonstigen Rechtes nach §32 GewO."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

Die vorläufigen Annahmen, dass das Beschwerdeverfahren, das Anlass zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens gegeben hat, zulässig ist und dass der Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung den als Verordnung zu qualifizierenden Erlass des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 21. November 2005, Z BMWA-30.599/0339-I/7/2005, als Verordnung anzuwenden hätte, haben sich als zutreffend erwiesen:

1. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wendet in seiner Äußerung ein, dass die Abweisung des im Anlassbeschwerdeverfahren angefochtenen Bescheides durch den Landeshauptmann von Niederösterreich aus Gründen erfolgt sei, die in dem in Rede stehenden Erlass gar nicht abgehandelt worden waren. Insofern könne der Erlass also hinsichtlich der grundlegenden Fragen für die Entscheidung des Landeshauptmannes gar nicht relevant geworden sein.

Dies trifft nicht zu: Die Abweisung der Berufung im Anlassbeschwerdeverfahren erfolgte gerade aufgrund der Erlassregelungen. Die belangte Behörde stützt sich auf Inhalte des Erlasses (insb. den "auf bestimmte Geschäftsfelder begrenzten" Tätigkeitsumfang aufgrund eines Nebengewerbes, weshalb "ergänzende und daher im Zweckzusammenhang liegende Versicherungsprodukte nur in wenigen Sparten denkbar und sonst unzulässig" seien), um ausgehend davon (arg. "hätte daher") darauf zu schließen, dass die Gewerbeanmeldung des Berufungswerbers nicht auf den gesamten Berechtigungsumfang des Gewerbes Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten lauten hätte dürfen.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine verbindliche Äußerung der Behörde, auch wenn sie formell nur an die unterstellten Behörden adressiert ist, als Rechtsverordnung anzusehen, wenn sie der Sache nach die Rechtssphäre eines unbestimmten Kreises von Betroffenen gestaltet (vgl. VfSlg. 11.467/1987, 13.632/1993, 17.244/2004, 17.806/2006). Für die Qualifikation als Verordnung kommt es auch nicht auf die Bezeichnung einer behördlichen Enunziation, sondern auf ihren Inhalt an. Eine rechtsgestaltende Außenwirkung ist gegeben, wenn zum imperativen Inhalt ein solches Maß an Publizität hinzutritt, dass der betreffende Akt Eingang in die Rechtsordnung gefunden hat (vgl. VfSlg. 13.632/1993, 15.694/1999, 17.244/2004, 17.849/2006).

Der in Prüfung gezogene Erlass ist in wesentlichen Teilen imperativ formuliert. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit stellt dies im Wesentlichen - abgesehen von dem Verweis auf die im Erlass gewählte Formulierung betreffend die Rechtsauffassung des Bundesministers zum quantitativen Verhältnis zwischen Haupt- und Nebengewerbe - auch nicht in Abrede. Vielmehr betont der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit in seiner Äußerung mehrmals den - die unterstellten Verwaltungsbehörden - bindenden Charakter des in Prüfung gezogenen Erlasses und führt dabei insbesondere aus, dass "das Vorliegen bindender Äußerungen der obersten Behörde (...) an sich nicht das alleine entscheidende Kriterium des Gesetzgebers hinsichtlich der zu wählenden Verlautbarungsform sein dürfte". Bei dem in Prüfung gezogenen Erlass handelt es sich somit jedenfalls nicht um eine unverbindliche Rechtsmeinung, die den Adressaten bloß zur Überlegung gestellt wird.

Mit dem in Prüfung gezogenen Erlass wird den unterstellten Verwaltungsbehörden sohin eine verbindliche Interpretation des Begriffes des Nebengewerbes vorgegeben. Das Gesetz enthält lediglich eine allgemeine Definition des Nebengewerbes und macht in Bezug auf den erforderlichen Befähigungsnachweis, abgesehen von der Verordnungsermächtigung nach §137b Abs4 GewO 1994, keine näheren Vorgaben. Die vom Erlass vorgenommene Einschränkung des Umfanges des Nebengewerbes auf einen "engen Zweckzusammenhang" unter Vorgabe taxativ aufgezählter Versicherungszweige (während in §32 Abs6 GewO 1994 lediglich davon die Rede ist, dass die Versicherung "eine Ergänzung der im Rahmen der Haupttätigkeit gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen darstellt") und die konkreten Befähigungsanforderungen ("allgemeines versicherungsspezifisches Grundwissen und durch den ergänzenden Charakter zum Hauptgewerbe definiertes spartenspezifisches Wissen über die Produkte, die im Umfang des jeweiligen Nebengewerbes zulässig sind") ergeben sich in dieser Weise nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Die Vorgaben des Erlasses schränken daher den aufgrund von §32 Abs6 iVm §§137 Abs2, 137b Abs4 GewO 1994 idF BGBl. I 131/2004 gegebenen behördlichen Entscheidungsspielraum betreffend den möglichen Umfang des Nebengewerbes der Versicherungsvermittlung und die Befähigungsvoraussetzungen für dessen Ausübung ein. Die relevanten Bestimmungen des Gesetzes sind so allgemein formuliert, dass diese präzisen Anordnungen des Erlasses - selbst wenn sie im Gesetz Deckung finden mögen - im Ergebnis die Rechtslage betreffend das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung neu gestalten. Das hat rechtliche Auswirkungen auf jeden Rechtsunterworfenen, der das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung anmelden möchte. Entgegen der Auffassung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit ergibt sich aus dem Inhalt des in Prüfung gezogenen Erlasses daher deutlich, dass es sich dabei nicht um - wie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit behauptet - eine (bloß die internen Verhältnisse betreffende) Weisung an die unterstellten Verwaltungsbehörden handelt, sondern dass auch die Rechtsstellung der Rechtsunterworfenen gestaltet wird, indem die Adressaten des Erlasses durch Vorgaben in Bezug auf die Auslegung anzuwendender Gesetzesbestimmungen zu einer bestimmten einheitlichen (restriktiven) Vorgehensweise veranlasst werden.

Das vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ins Treffen geführte Erkenntnis VfSlg. 11.472/1987 ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, da mit den in diesem Verfahren in Rede stehenden Erlässen des Bundesministers für Finanzen Allgemeine Versicherungsbedingungen von Versicherungsunternehmen aufsichtsbehördlich genehmigt worden waren, nicht aber gesetzliche Regelungen näher ausgestaltet wurden.

Der in Prüfung gezogene Erlass hat bereits dadurch, dass er tatsächlich an die Ämter der Landesregierungen bzw. die Landeshauptmänner ergangen ist, ein Mindestmaß an Publizität erlangt (vgl. VfSlg. 17.244/2004 mwN). Im Übrigen hat der Erlass durch seine Veröffentlichung auf der Homepage der Wirtschaftskammer Österreich jedenfalls ein solches Maß an Publizität erlangt, das erforderlich war, damit er ein Bestandteil der Rechtsordnung werden konnte.

Der Verfassungsgerichtshof kann schließlich auch nicht erkennen, inwiefern der Verweis auf die Ausführungen des Gesetzgebers in den Erläuterungen zur GewO-Novelle BGBl. I 42/2008, wonach die Inhalte des in Prüfung gezogenen Erlasses durch die Novelle untermauert würden und alle Inhalte des Erlasses weiterhin ihre Gültigkeit "behalten" (IA 549/A 23. GP, 39 f.), die Auffassung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, dass es sich bei dem Erlass - trotz seines imperativen Inhaltes - nicht um eine - im BGBl. kundzumachende - Rechtsverordnung handle, stützen könnte. Vielmehr bestätigt sich durch die Tatsache, dass es der Gesetzgeber für notwendig befunden hat, die Interpretationsvorgaben des Erlasses einer gesetzlichen Regelung zuzuführen (vgl. §137 Abs2a GewO 1994 idF BGBl. I 42/2008, §137b Abs4 2. Satz leg.cit.), dass die Rechtslage betreffend das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung im Hinblick auf die Bestimmungen der GewO 1994 idF BGBl. I 131/2004 bereits durch den Erlass neu gestaltet worden war. Der Gesetzgeber geht damit aber auch davon aus, dass die entsprechenden Inhalte nicht erst durch das Gesetz zu geltendem Recht werden (arg. "behalten ihre Gültigkeit").

Der Erlass des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 21. November 2005, Z BMWA-30.599/0339-I/7/2005, stellt folglich eine Rechtsverordnung dar, die im Bundesgesetzblatt kundgemacht hätte werden müssen (§4 Abs1 Z2 BGBlG idF des Kundmachungsreformgesetzes 2004, BGBl. I 100/2003).

3. Die im Prüfungsbeschluss angestellte Annahme des Verfassungsgerichtshofes, dass der Erlass als Verordnung zu qualifizieren ist, hat sich daher als zutreffend erwiesen. Der Erlass ist mangels gehöriger Kundmachung als gesetzwidrig aufzuheben.

4. Die Verordnung erweist sich somit allein schon aus diesem Grunde als gesetzwidrig. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob auch die im Prüfungsbeschluss enthaltenen materiellen Bedenken betreffend die durch den Erlass vorgegebene zwingende "quantitative Unterordnung" im Ausmaß von etwa 10% des Umsatzerlöses des Nebengewerbes im Vergleich zum Hauptgewerbe zutreffen.

IV. 1. Der Ausspruch über die Kundmachung stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG.

2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte