Normen
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Maß- und EichG §56 Abs5
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Maß- und EichG §56 Abs5
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Der Bund (Bundesminister für wirtschafliche Angelegenheiten) ist schuldig, dem Antragsteller zu Handen seines Vertreters die mit S 15.000,-- bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Begründung
I. 1. Der Antragsteller ist Inhaber einer Konzession gemäß §3 Abs1 Z3 GelegenheitsverkehrsG zur Personenbeförderung mit einem Personenkraftwagen bis zu neun Sitzplätzen, der für jedermanns Gebrauch an öffentlichen Orten der Stadt Salzburg bereitgehalten wird (Taxigewerbe). Sein Taxifahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen
S 2.670 wurde von der Bundespolizeidirektion Salzburg gemäß §56 KFG 1967 besonders überprüft, und es wurde mit Bescheid vom 7. August 1989 festgestellt, daß das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften und den Voraussetzungen der §§18 bis 29 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr 1986 (BO 1986) entspricht.
Am 6. November 1991 wurde dieses Taxifahrzeug dem Eichamt Salzburg zur Eichung des Fahrpreisanzeigers vorgeführt; das Meßgerät wurde jedoch zurückgewiesen, weil es nicht den Bestimmungen der Verordnung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 29. Jänner 1980, mit der die Eichvorschriften für Fahrpreisanzeiger in Taxifahrzeugen erlassen werden, Amtsblatt für das Eichwesen 1980, 82 f., entspreche.
2. Mit dem vorliegenden, auf Art139 B-VG gestützten Individualantrag begehrt der Antragsteller, die Verordnung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 29. Jänner 1980, mit der die Eichvorschriften für Fahrpreisanzeiger in Taxifahrzeugen erlassen werden, Amtsblatt für das Eichwesen 1980, 82 f., in eventu die Wortfolge "zur Abrechnung des Fahrers mit dem Besitzer" in deren §3 Abs9, erster Satz, bzw. deren §3 Abs11 Z1, 2 und Abs12 sowie deren §6 Abs4 Z2 als gesetzwidrig aufzuheben.
Nach Darlegung der Antragslegitimation werden die Bedenken gegen die angegriffene Verordnung, welche eingehende Regelungen über die Zulässigkeit von Fahrpreisanzeigern, über deren technische Beschaffenheit usw. enthält, im einzelnen dargelegt.
3. Der Verfassungsgerichtshof beschloß am 25. Juni 1992 aus Anlaß dieses Individualantrages, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge ", über die Zurückweisung" in §56 Abs5 des Maß- und Eichgesetzes, BGBl. 152/1950, - diese Regelung blieb durch die folgenden Novellierungen unberührt - (im folgenden: MEG) einzuleiten.
§56 MEG - die mit Erkenntnis vom 13. Oktober 1992, G119/92, aufgehobene Wortfolge in Abs5 ist hervorgehoben - lautete:
"§56. (1) Das Verfahren der Eichbehörden regelt, soweit sie behördliche Aufgaben nach diesem Bundesgesetz besorgen und nicht anders bestimmt ist, das Bundesgesetz vom 21. Juli 1925, BGBl. Nr. 274, über das Allgemeine Verwaltungsverfahren (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG.).
(2) Der Antrag auf Eichung eines Meßgerätes kann bei jedem Eichamt oder beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen gestellt werden.
(3) Das Eichamt hat die technische Prüfung nach §36 dieses Bundesgesetzes vorzunehmen oder, wenn es nach der gemäß §32 Abs4 erlassenen Verordnung fachlich hiezu nicht befugt ist, den Antrag an die zuständige Eichbehörde weiterzuleiten.
(4) Entspricht das Meßgerät den Eichvorschriften, so ist es durch Aufbringung des Eichstempels als geeicht zu kennzeichnen. Der Eichstempel besteht aus dem Eichzeichen und dem Jahreszeichen, denen in besonderen Fällen das Präzisionszeichen beigefügt wird. Entspricht das Meßgerät nicht den Eichvorschriften, so ist es zurückzuweisen.
(5) Über die Eichung, über die Zurückweisung und über die Prüfung der Verkehrsfähigkeit eines Meßgerätes ist ein Bescheid nicht zu erlassen."
4. Mit Erkenntnis vom 13. Oktober 1992, G119/92, hat der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogene Wortfolge in §56 Abs5 MEG als verfassungswidrig aufgehoben. Für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle wurde gemäß Art140 Abs5 B-VG eine Frist bis zum Ablauf des 31. März 1993 bestimmt.
Wie der Verfassungsgerichtshof in diesem Erkenntnis festgestellt hat, war diese Bestimmung mit dem der österreichischen Bundesverfassung innewohnenden rechtsstaatlichen Prinzip nicht vereinbar.
II. Der Antrag ist zur Gänze unzulässig.
1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 10511/1985, 11726/1988).
2. Ein solcher zumutbarer Weg steht dem Antragsteller nach Aufhebung der Wortfolge ", über die Zurückweisung" durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13. Oktober 1992, G119/92, gemäß Art140 B-VG nunmehr zur Verfügung: Über die Zurückweisung des Meßgerätes (Fahrpreisanzeigers) des Antragstellers von der Eichung hätte - für den Antragsteller gilt gemäß Art140 Abs7 B-VG (Anlaßfall) die bereinigte Rechtslage - ein Bescheid zu ergehen: Gemäß ArtII litC Z35 EGVG (s. auch §56 Abs1 MEG) ist das AVG ohne die bislang bestandene Beschränkung anzuwenden. Dieser Bescheid kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges mit einer Beschwerde nach Art144 B-VG beim Verfassungsgerichtshof bekämpft werden. In dieser kann der Antragsteller seine im Individualantrag geäußerten Normbedenken darlegen und anregen, der Verfassungsgerichtshof möge von Amts wegen ein Normenprüfungsverfahren einleiten.
Der auf Art139 Abs1 B-VG gestützte Antrag ist deshalb unzulässig; er war daher zur Gänze zurückzuweisen.
3. Dem Antragsteller waren die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Prozeßkosten zuzusprechen, da er mit der Stellung seines Individualantrages (der zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens und schließlich zur Aufhebung einer Wortfolge in §56 Abs5 MEG mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1992, G119/92, führte), zur Bereinigung der Rechtslage beitrug. Dieser Kostenzuspruch erfolgt aus der sinngemäßen Anwendung des §62a VerfGG iVm. den §§35 VerfGG und 41 Abs1 ZPO. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2.500,-- enthalten.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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