VfGH V125/94

VfGHV125/9428.11.1994

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung eines Flächenwidmungsplanes hinsichtlich der Umwidmung von im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundstücken in Bauland-Wohngebiet mangels Legitimation; Verpflichtung zur Grundabtretung erst aufgrund einer - durch Bescheid genehmigten - Grundabteilung bzw eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens

Normen

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Nö BauO §13
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Nö BauO §13

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Mit dem auf Art139 B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller "den Flächenwidmungsplan gemäß Verordnung der Beschlüsse des Gemeinderates Rabenstein a.d. Pielach vom 5.6.1987 (wohl: 12. Juni 1987), 25.9.1987, 27.6.1988, 4.10.1991, 23.4.1992 und 6.8.1993, kundgemacht mit Auflagefrist 17.5.1993 bis 12.7.1993 und gemäß Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, Abteilung R/1 vom 26.5.1994, Abteilung R/1a betreffend die EZ 214 der Kat. Gemeinde 19212 Rabenstein insoweit als verfassungsgesetzwidrig aufzuheben, als die Grundstücke 1.590/3, 1.583, 1.584 und Teile von 1.585/1 nunmehr als Bauland-Wohngebiet und nicht - wie früher - als Grünland-landwirtschaftlich genutzt gewidmet sind".

Zur Begründung der Antragslegitimation führt der Antragsteller aus, daß er Eigentümer der umgewidmeten Grundstücke sei. Durch den angefochtenen Flächenwidmungsplan werde unmittelbar und nachhaltig in seine Rechtssphäre eingegriffen, da auf die umgewidmeten Grundstücke im Ausmaß von über 5.000 m2 nunmehr die Bestimmungen der Niederösterreichischen Bauordnung zur Anwendung gelangen und die Grundstücke in der Folge "auch mit einer Abtretungsverpflichtung infolge Anordnung neuer Straßenfluchtlinien belegt werden" könnten.

2. Der Gemeinderat der Gemeinde Rabenstein hat unter Vorlage der Verordnungsakten eine Äußerung erstattet.

3. Die Niederösterreichische Landesregierung beantragt in ihrer Äußerung "den Antrag mangels Antragslegitimation ... als unzulässig zurückzuweisen, in eventu den Aufhebungsantrag als unbegründet abzuweisen". Insbesondere wird darauf hingewiesen, "daß lediglich die Gemeinderatsbeschlüsse vom 12. Juni 1987 und 25. September 1987 für die bekämpfte Baulandwidmung präjudiziell waren und die darauffolgenden Gemeinderatsbeschlüsse vom 12. Juni 1988, 1991, 1992 und 1993 im gegenständlichen Bereich keine Änderungen mehr bewirkten".

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 8009/1977, 10511/1985, 11317/1987, 12395/1990).

2. Der Antragsteller rügt einen Eingriff in seine Rechtssphäre durch die "Bauland-Wohngebiets-Widmung" der in seinem Eigentum stehenden Grundstücke Nr. 1.590/3, 1.583, 1.584 und Teile von 1.585/1. Soweit durch Flächenwidmungsplanänderungsverordnungen des Gemeinderates der Gemeinde Rabenstein an der Pielach die Widmung "Bauland-Wohngebiet" auf seinen Grundstücken festgelegt wurde, und dadurch der Antragsteller als Eigentümer begünstigt wird, weil nämlich nunmehr ua. etwa vorher unzulässige Bauführungen auf diesen Grundstücken erlaubt sind, fehlt es an der Beschwer, nämlich der auch nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG für die Antragslegitimation erforderlichen Möglichkeit einer - vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmenden - Rechtsverletzung. Soweit der Antragsteller aber kraft Umwidmung seiner Grundstücke von einer, seine Rechtssphäre beeinträchtigenden "Abtretungsverpflichtung infolge Anordnung neuer Straßenfluchtlinien" ausgeht, fehlt es an der für eine Antragslegitimation nach Art139 Abs1 B-VG erforderlichen Unmittelbarkeit des Eingriffs.

Die vom Antragsteller erwähnte Verpflichtung zur Grundabtretung ist in §13 Abs1 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976, LGBl. 8200-11, (im folgenden: NÖ BauO 1976) geregelt. Danach sind "aus Anlaß jeder Grundabteilung im Sinne des §10 Abs1 ... der Gemeinde die im Eigentum des Abteilungswerbers stehenden Grundstücke oder Grundstücksteile, die nach den Straßenfluchtlinien zu den öffentlichen Verkehrsflächen gehören, ohne Kostenersatz sowie frei von in Geld ablösbaren Lasten abzutreten und von Bauwerken, Gehölzen und Materialien geräumt in dem im Bebauungsplan festgelegten oder ersichtlich gemachten Niveau zu übergeben. Dieselbe Verpflichtung trifft anläßlich der Ausführung eines Vorhabens gemäß §92 Abs1 Z1 und 3 den Eigentümer des vom Vorhaben betroffenen Grundstückes im Bauland."

Gemäß §10 Abs1 NÖ BauO 1976 bedarf "im Bauland ... die Grundabteilung (Aufteilung oder Vereinigung von Grundstücken oder jede sonstige Veränderung von Grundstücksgrenzen) einer Bewilligung der Baubehörde". Der Antrag auf Bewilligung einer Grundabteilung bedarf nach Abs2 des §10 NÖ BauO 1976 der Zustimmung der Eigentümer aller von ihr betroffenen Grundstücke. Gemäß §92 Abs1 Z1 und Z3 NÖ BauO 1976 bedürfen "Neu-, Zu und Umbauten von Gebäuden" sowie "die Herstellung von Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen, Parks oder Grüngürtel" einer Bewilligung der Baubehörde.

Die vom Antragsteller ins Treffen geführte Rechtswirkung tritt also nicht unmittelbar aufgrund der Festlegungen im Flächenwidmungsplan ein, sondern entsteht erst "aus Anlaß" einer - durch Bescheid genehmigten - Grundabteilung bzw. "anläßlich" der ebenfalls bewilligungspflichtigen Ausführungen eines Vorhabens gemäß §92 Abs1 Z1 und 3 NÖ BauO 1976.

Bei der Entscheidung über eine Grundabteilung gemäß §10 NÖ BauO 1976 oder über einen Antrag auf Bewilligung einer Bauführung nach §92 Abs1 Z1 oder 3 leg.cit. hat die Behörde jeweils zu prüfen, ob die Widmung "Bauland" vorliegt und daher den Flächenwidmungsplan anzuwenden. Dieser ist insoweit für den von der Behörde zu erlassenden Bescheid präjudiziell.

Es steht dem Antragsteller frei, gegen die durch diese Bescheide bewirkte Verpflichtung zur Grundabtretung gemäß §13 NÖ BauO 1976 nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu erheben und im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen die behauptete Gesetzwidrigkeit des präjudiziellen Teiles des Flächenwidmungsplanes geltend zu machen.

Dem Antragsteller steht somit ein zumutbarer Weg zur Verfügung, um über eine Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegen den auf der Grundlage dieses Flächenwidmungsplanes erlassenen Bescheid die Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Flächenwidmungsplänen zu erreichen (vgl. VfSlg. 8118/1977, 9135/1981).

3. Bei diesem Ergebnis war nicht zu prüfen, welche der angefochtenen Verordnungen im gegenständlichen Fall überhaupt Festlegungen für die im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundstücke enthalten.

4. Der Antrag war daher mangels Legitimation des Antragstellers gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorausgegangene Verhandlung zurückzuweisen.

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