VfGH V115/92

VfGHV115/928.3.1994

Aufhebung von Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes betreffend Baulandflächen im Grünland; keine gesetzwidrige Durchmischung verschiedener Widmungskategorien; jedoch Widerspruch zum rechtsstaatlichen Prinzip infolge nicht eindeutig und unmittelbar aus der planlichen Darstellung erkennbarer Abgrenzung zwischen Bauland und Grünland

Normen

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Linz - Teil Urfahr Nr 2 vom 07.03.91
Oö RaumOG §25 Abs2
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Linz - Teil Urfahr Nr 2 vom 07.03.91
Oö RaumOG §25 Abs2

 

Spruch:

Der Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Linz - Teil Urfahr Nr. 2 vom 7. März 1991, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 19 vom 14. Oktober 1991, wird insoweit als gesetzwidrig aufgehoben, als auf dem Plan die Nummern 113, 114, 115, 149, 150, 151, 152 und 153 angeführt sind und daneben, darüber oder darunter jeweils ein Kreuz in der Form eines Plus-Zeichens eingetragen ist.

Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 25. Juni 1990 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer Entschädigung gemäß §25 Abs2 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1972 (OÖ ROG 1972), LGBl. 18, abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung hat die Oberösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 7. Februar 1992 keine Folge gegeben.

Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die zu B658/92 protokollierte, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt erachtet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt.

Die Oberösterreichische Landesregierung hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde begehrt.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat am 2. Dezember 1992 aus Anlaß dieser Beschwerde beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Linz - Teil Urfahr Nr. 2 vom 7. März 1991, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 19 vom 14. Oktober 1991, insoweit von Amts wegen zu prüfen, als auf dem Plan die Nummern 113, 114, 115, 149, 150, 151, 152 und 153 angeführt sind und daneben, darüber oder darunter jeweils ein Kreuz in der Form eines Plus-Zeichens eingetragen ist.

3. Im Verordnungsprüfungsverfahren haben die Oberösterreichische Landesregierung und die Landeshauptstadt Linz die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen verteidigt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der für den vorliegenden Fall maßgebliche Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:

a) Das Grundstück Nr. 1094/1 KG Pöstlingberg wurde mit der Änderung Nr. 19 zum Flächenwidmungsplan - Teil Urfahr Nr. 1 der Landeshauptstadt Linz, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 19 vom 16. Oktober 1989, von "Wohngebiet" (mit gleichzeitiger Ersichtlichmachung als "Wald der forstrechtlichen Planung") in "Grünland - Wald der forstrechtlichen Planung" umgewidmet. Die Grünlandwidmung wurde im das betreffende Gebiet umfassenden, nachfolgenden Flächenwidmungsplan - Teil Urfahr Nr. 2 vom 7. März 1991, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 19 vom 14. Oktober 1991, beibehalten.

Auf diesem nunmehr in Geltung stehenden Flächenwidmungsplan ist an verschiedenen Stellen ein Kreuz in der Form eines Plus-Zeichens angebracht, neben, über oder unter dem jeweils eine Nummer angeführt ist. Dieses Zeichen für (wie die Verfahrensparteien es nennen) als "Sternhäuser" bezeichnete Flächen wird in der Legende zum Flächenwidmungsplan wie folgt beschrieben:

" + Besteh. Bauten im Grünland:

Die Signatur weist von Grünland umgebene Baulandflächen (mit Wohngebäuden als Bestand) aus. Für die Flächen, die im angeschlossenen Verzeichnis mit der jeweiligen Grundstücks- und Hausnr. angeführt sind, wird für das Ausmaß des bewilligten Bauplatzes, sonst für eine Fläche im Ausmaß von höchstens 1000 m2 (mit dem besteh. Gebäude im Mittelpunkt), die Widmung 'Dorfgebiet' festgelegt."

In einem Anhang zum Flächenwidmungsplan werden insgesamt 13 an der Matoschstraße gelegene Grundstücke mit "Lfd.Nr.", "Parzellennr." und weiteren Kennzeichen angeführt.

b) Die Widmung des Grundstückes Nr. 1094/1 als "Grünland - Wald der forstrechtlichen Planung" war die Ursache für einen, den Gegenstand des Anlaßfalles bildenden Entschädigungsantrag nach §25 Abs2 des - hier maßgeblichen - OÖ ROG 1972. Diese Vorschrift lautete:

"Wird durch Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplanes ein als Bauland im Sinne des §16 Abs1 geeignetes Grundstück zur Gänze oder überwiegend von Bauland umschlossen und entsteht dadurch, daß das umschlossene Grundstück nicht ebenfalls als Bauland gewidmet wird, eine Wertverminderung gegenüber seinem Wert vor der Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes, so hat die Gemeinde dem Eigentümer dieses Grundstückes Entschädigung im Ausmaß der Wertverminderung zu leisten."

2. Zu den Prozeßvoraussetzungen:

a) Der Verfassungsgerichtshof ist im Beschluß vom 2. Dezember 1992 auf Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens davon ausgegangen, daß er bei Prüfung des angefochtenen Bescheides auch zu beurteilen haben werde, welche Bedeutung dem Vorhandensein von als "Sternhäuser" bezeichneten Flächen bei Beantwortung der Frage zukommt, ob das Grundstück des Beschwerdeführers im Sinne des §25 Abs2 OÖ ROG 1972 zur Gänze oder überwiegend von Bauland umschlossen ist. Der Gerichtshof nahm vorläufig an, daß sich diese Beurteilung auf die jeweilige (aus Plus-Zeichen und Nummer bestehende) Signatur bei jenen dem Grundstück des Beschwerdeführers nahegelegenen Grundstücken zu erstrecken haben werde, welche - ebenso wie das Grundstück des Beschwerdeführers - die Parzellennr. 1094 sowie die davorliegende Parzellennr. 1093 ausweisen; das seien die Grundstücke Parzellennr. 1093/18 (= Nr.

113 auf dem Plan), 1073 und 1093/8 (= 114), 1093/12 (= 115),

1094/7 (= 149), 1094/10 (= 150), 1094/11 (= 151), 1094/9 (= 152)

und 1094/8 (= 153). Die genannten, insgesamt 8 Signaturen auf dem

Flächenwidmungsplan seien somit anscheinend präjudiziell im Sinne des Art139 Abs1 B-VG.

b) Die Landeshauptstadt Linz vertritt in ihrer Äußerung demgegenüber die Ansicht, der in Prüfung gezogene Flächenwidmungsplan sei nur insoweit präjudiziell, als die Grundstücke Nr. 1094/9 und 1094/11 mit der beanstandeten Signatur versehen seien. Es handle sich hiebei um die im Flächenwidmungsplan mit Nr. 151 und Nr. 152 bezeichneten Symbole. Alle anderen, nicht unmittelbar an das Grundstück Nr. 1094/1 unmittelbar angrenzenden, jedoch ebenfalls mit dem Sternchensymbol versehenen Grundstücke seien, weil nicht unmittelbar angrenzend, für die Entscheidung im Sinne des §25 Abs2 OÖ ROG 1972 nicht maßgeblich und daher auch nicht präjudiziell.

c) Der Verfassungsgerichtshof kann sich dieser Auffassung nicht anschließen.

Die im Anlaßverfahren belangte Oberösterreichische Landesregierung hat ihren dort angefochtenen Bescheid unter anderem wie folgt begründet:

"Die Frage, ob eine überwiegende Umschließung eines Grundstückes von Bauland vorliegt, ist, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30.6.1988, Zl. 86/06/0074, festgestellt hat, nicht im mathematischen Sinn durch Abmessung der Grenzen zu lösen, also dann, wenn die Länge der Grenze mit dem Bauland über 50 % des Umfanges beträgt, dieses Merkmal bereits gegeben ist, sondern ist dies lagemäßig in dem Sinn zu beurteilen, daß das Grundstück gleichsam eine Enklave im Bauland bildet.

Unter dem Blickwinkel sind die das Grundstück umgebenden Liegenschaften zu sehen.

Selbst unter diesem Gesichtspunkt, daß einige der Nachbarliegenschaften auf Grund der im Flächenwidmungsplan enthaltenen Sternchenwidmung zumindest teilweise als 'Bauland' (Dorfgebiet) zu werten sind, ergibt sich auf Grund der Beschränkung auf eine Fläche von 1000 m2 für das gesamte mit 'Sternenhäusern' bebaute Gebiet keine zusammenhängende Baulandwidmung. Die einzelnen Flächen stellen vielmehr allenfalls Baulandenklaven im Grünland dar. Schon allein aus diesem Grunde kann keine Rede davon sein, daß das Grundstück des Antragstellers als überwiegend von Bauland umschlossen anzusehen wäre."

Die Oberösterreichische Landesregierung hat somit auf der Basis der zitierten (vom Verwaltungsgerichtshof auch in der Folge aufrecht erhaltenen, s. VwGH 11.12.1990, Zl. 90/05/0099,) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, wonach die Frage, ob ein Grundstück im Sinne des §25 Abs2 OÖ ROG 1972 überwiegend umschlossen ist, nicht im mathematischen Sinn durch Abmessung der Grenzen zu lösen ist, also dann, wenn die Länge der Grenze mit dem Bauland über 50 v.H. des Umfanges beträgt, sondern dies lagemäßig in dem Sinn zu beurteilen ist, daß das Grundstück gleichsam eine Enklave im Bauland bildet. Die Oberösterreichische Landesregierung hat demgemäß ihre Entscheidung damit begründet, daß "einige der Nachbarliegenschaften aufgrund der im Flächenwidmungsplan enthaltenen Sternchenwidmung zumindest teilweise als 'Bauland' (Dorfgebiet) zu werten sind"; sie hat für ihre Beurteilung, ob das Grundstück Nr. 1094/1 eine Enklave im Bauland bildet, also nicht nur die zwei unmittelbar angrenzenden, sondern "die das Grundstück umgebenden Liegenschaften" (ohne diese im einzelnen zu bezeichnen) herangezogen. Eine Entscheidung darüber, ob ein Grundstück eine Enklave innerhalb einer bestimmten Widmungsart bildet, ist zweifellos nicht möglich, wenn man dabei nur die unmittelbar angrenzenden Grundstücke in Betracht zieht.

Der Verfassungsgerichtshof schließt sich daher der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes und der Oberösterreichischen Landesregierung (welche im Verordnungsprüfungsverfahren folgerichtig keine Einwendungen hinsichtlich der Präjudizialität vorgebracht hat) an und bleibt bei seiner im Beschluß vom 2. Dezember 1992 auf Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens vertretenen Auffassung, daß er bei Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des im Anlaßverfahren angefochtenen Bescheides die jeweilige Signatur auf jenen dem Grundstück Nr.

1094/1 nahegelegenen Grundstücken anzuwenden haben wird, welche

die Parzellennummern 1094 und 1093 ausweisen; das sind die

Grundstücke Parzellennr. 1093/18 (= Nr. 113 auf dem Plan), 1073

und 1093/8 (= 114), 1093/12 (= 115), 1094/7 (= 149), 1094/10

(= 150), 1094/11 (= 151), 1094/9 (= 152) und 1094/8 (= 153).

d) Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist

das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

3. Zur Sache:

a) Der Verfassungsgerichtshof hat seine Bedenken gegen die in Prüfung gezogene Regelung im Beschluß vom 2. Dezember 1992 wie folgt formuliert:

"Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Judikatur zum Ausdruck gebracht, daß Raumordnungsvorschriften keine bestimmte Mindestgröße eines Gebietes vorsehen müssen und die natürlichen Gegebenheiten oder die tatsächlichen Benützungsverhältnisse auch die Bildung verhältnismäßig kleinräumiger Widmungseinheiten erforderlich machen können (VfSlg. 8701/1979 S. 389). Der Gerichtshof hat dieser Erwägung jedoch hinzugefügt, daraus sei nicht abzuleiten, daß etwa die Fläche einzelner (bäuerlicher) Betriebe als Dorfgebiet gewidmet werden könne.

In Fortsetzung dieser Überlegungen hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 1. Oktober 1992, V318/91 ausgeführt, daß der Verordnungsgeber die für das Wohngebiet geltenden Kriterien nicht durch Schaffung zahlreicher Mischgebiets-'Inseln' in extensiver Weise durchbrechen dürfe, wenn er (der Verordnungsgeber) bei der vorausschauenden planmäßigen Gestaltung eines Gebietes dieses Gebiet als Wohngebiet verwendet sehen will. Eine solche Vorgangsweise könne nämlich zur Folge haben, daß eine nach der Gesamtgestaltung eines Gebietes vorgesehene Wohngegend durch eine große Anzahl in sie eingebetteter Mischgebietssplitter den im Gesetz vorgeschriebenen Charakter als Wohngebiet einbüßt und so in Wahrheit insgesamt zum Mischgebiet, also einer anderen Widmungskategorie, wird.

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, daß diese Erwägungen auch auf die im vorliegenden Fall vom Verordnungsgeber eingeschlagene Vorgangsweise zutreffen. Die in Form von Flächen mit einer bestimmten Signatur ('Sternhäuser') getroffene Regelung dürfte bewirken, daß eine - offensichtlich größere - Anzahl kleiner Baulandenklaven im Grünland bestehen bleibt und der Charakter des Grünlandes als von Wohnbebauung grundsätzlich freizuhaltenden Flächen wesentlich verfälscht wird. Das hiedurch entstehende unübersichtliche (noch dazu kleinräumige) Gemisch verschiedener Widmungsarten dürfte dem System der §§15ff OÖ ROG und dem darin festgelegten Grundsatz der funktionellen Teilung der Widmungskategorien widersprechen und damit überdies Nutzungen ermöglichen, wie sie in dieser Art in den Widmungskategorien des Gesetzes nicht vorgesehen sind.

Schließlich scheint die in Prüfung gezogene Regelung eine Undeutlichkeit des Planes zur Folge zu haben. Da - zumindest auf der dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Planausfertigung - weder die Grenzen der hier maßgeblichen Wohngebäude geschweige denn das Ausmaß des jeweils bewilligten Bauplatzes mit Sicherheit erkennbar sind, dürfte dem Flächenwidmungsplan auch die jeweilige Grenze zwischen Bauland und Grünland gar nicht entnehmbar sein; der Plan enthält also anscheinend keine eindeutige Abgrenzung der einzelnen Widmungen (zu diesem Erfordernis vgl. auch VfSlg. 11807/1988 und die dort angeführte Vorjudikatur). Dazu kommt, wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur (VfSlg. 3130/1956, VfGH 29.6.1990 G81/90 ua.) aus dem rechtsstaatlichen Prinzip ableitet, daß der Inhalt von Gesetzen und Verordnungen der Öffentlichkeit in klarer und erschöpfender Weise zur Kenntnis zu bringen ist, weil der Normunterworfene die Möglichkeit haben muß, sich der Norm gemäß zu verhalten. Auch diesem Erfordernis scheinen die in Prüfung gezogenen Signaturen aus den bereits oben angestellten Überlegungen nicht zu entsprechen.

Die in Prüfung gezogene Regelung scheint somit nicht nur dem im OÖ ROG festgelegten System der Widmungskategorien, sondern auch dem aus Art18 B-VG erfließenden Gebot der Klarheit von Normen zu widersprechen."

b) Die Oberösterreichische Landesregierung meint zu den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes betreffend den Widerspruch der Regelung zum System der Widmungskategorien

"(...), daß der Gedanke, der Charakter des Grünlandes als von Wohnbebauung grundsätzlich freizuhaltende Flächen werde verfälscht, nicht von der Hand zu weisen ist. Allerdings handelt es sich bei den als Bauland ausgewiesenen Enklaven durchwegs um eine Bestandsausweisung. Wie aus den Verfahrensunterlagen zum Flächenwidmungsplan Nr. 1, Änderung Nr. 19, hervorgeht, ist das eigentliche Planungsziel des Verordnungsgebers die weitgehende Freihaltung des von der Änderung Nr. 19 betroffenen Gebietes am Südhang des Pöstlingberg von einer zusätzlichen Bebauung. Dieses Planungsziel wird insbesondere aus einer Gesamtbetrachtung des von der Änderung Nr. 19 betroffenen Gebietes deutlich. Der Verordnungsgeber hat offenbar diesen (weiteren) Bereich als planerische Einheit gesehen und trotz mehr oder weniger gegebener Durchmischung des Gebietes mit bebauten Liegenschaften dem Planungsziel Grünzug Vorrang eingeräumt."

Die Oberösterreichische Landesregierung hält weiters die vom Verfassungsgerichtshof aus dem Erkenntnis vom 1. Oktober 1992, V318/91, abgeleiteten Überlegungen auf die hier vorliegenden Gegebenheiten "nicht (vollinhaltlich) anwendbar" und führt hiezu aus:

"Die Baulandenklaven werden im gegenständlichen Fall nicht durch die Planung geschaffen, da es sich jeweils um die Ausweisung eines in der Natur bereits vorhandenen Bestandes handelt. Ein im Hinblick auf das Planungsziel Grünzug konsequenter Verzicht auf die Sternchensignaturen hätte zur Folge gehabt, daß jedweder baubewilligungspflichtigen Baumaßnahme an den konsensmäßig errichteten Gebäuden der Flächenwidmungsplan (Grünzug) entgegengestanden wäre. Anders als bei dem im Verfahren V318/91 zugrundegelegenen Sachverhalt, nämlich einer Durchmischung von Wohngebiet und (gewerblich genutztem) Mischgebiet, wo gegenseitige Nutzungskonflikte zu erwarten sind, kann es im Falle von Baulandenklaven im Grünzug allenfalls zu einer einseitigen 'Beeinträchtigung' des Grünlandes, keinesfalls jedoch zu den für die unterschiedlichen Baulandkategorien typischen Nutzungskonflikten kommen. Ein Grünzug büßt allerdings nach Auffassung der o.ö. Landesregierung nicht wie das im Verfahren V318/91 zugrundegelegene Wohngebiet durch fremde Widmungssplitter seinen im Gesetz vorgesehenen Charakter ein."

Die Landeshauptstadt Linz argumentiert in ihrer Äußerung ähnlich wie die Oberösterreichische Landesregierung und betont, der Verordnungsgeber habe die Intention gehabt, den hier maßgeblichen Bereich grundsätzlich als Grünland festzulegen, die Südhänge des Pöstlingberges in ihrem Naherholungscharakter zu erhalten und die Ausweitung von bereits bestehenden Siedlungssplittern generell zu verhindern. Gegen eine uneingeschränkte Grünlandwidmung, bei welcher die Hauseigentümer bestehender Bauten im Grünland jede wenn auch noch so kleine bauliche Veränderungsmöglichkeit verlieren würden, spreche das grundsätzliche Bestreben nach Schutz von wohlerworbenen Rechten. Dies treffe aber ganz gezielt nur bei jenen Liegenschaften zu, auf denen sich vor Erlassung des Flächenwidmungsplanes Linz - Teil Urfahr Nr. 1 bereits ein baurechtlich bewilligtes Objekt befunden habe. Dem Verordnungsgeber scheine es nämlich unrealistisch zu sein, daß eine generelle Grünlandwidmung die Entfernung der auf davon betroffenen Liegenschaften befindlichen Gebäude bewirken würde. Es solle jedenfalls aber "ganz entschieden" die Ausweitung von Wohngebietssplittern in diesen Bereichen verhindert werden. Aus Sicht der Stadt Linz würde der Charakter des Grünlandes dann wesentlich mehr verfälscht werden, wenn sämtliche bebaute Liegenschaften als Wohngebiet oder Dorfgebiet gewidmet würden.

c) Zu den Bedenken betreffend die Vermischung der Widmungskategorien:

Der Verfassungsgerichtshof ist in dem - bereits im Beschluß vom 2. Dezember 1992 auf Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens erwähnten - Erkenntnis VfSlg. 8701/1979 (S 389) davon ausgegangen, daß die natürlichen Gegebenheiten oder die tatsächlichen Benützungsverhältnisse auch die Bildung verhältnismäßig kleinräumiger Widmungseinheiten erforderlich machen können. Dies dürfe aber, wie der Verfassungsgerichtshof in seinem - ebenfalls bereits erwähnten - Erkenntnis vom 1. Oktober 1992, V318/91, ausgeführt hat, nicht dazu führen, daß der Verordnungsgeber die für das Wohngebiet geltenden Kriterien durch die Schaffung zahlreicher Mischgebiets-"Inseln" in extensiver Weise durchbricht.

Der Verfassungsgerichtshof räumt ein, daß sich diese, die verschiedenen Baulandkategorien betreffende Judikatur nicht ohne weiteres auf die hier gegebene Situation übertragen läßt. Die Oberösterreichische Landesregierung weist mit Recht darauf hin, daß die für die Baulandkategorien (etwa im Verhältnis Wohngebiet - gewerblich genütztes Mischgebiet) typischen Nutzungskonflikte - deren möglichste Vermeidung das Gesetz (§16 Abs2 OÖ ROG 1972) aufträgt - bei einer Konstellation wie der hier gegebenen im Regelfall nicht auftreten können.

Im hier maßgeblichen Gebiet am Pöstlingberg besteht eine weiträumige Grünlandwidmung mit einer Anzahl von Baulandenklaven in Form zum Zeitpunkt der Erlassung des Plans bereits bebauter Liegenschaften. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht ausschließen, daß es die allgemeinen Ziele der Raumordnung im Einzelfall geboten erscheinen lassen können, den Charakter erhaltenswerter Streulagen zu bewahren, wenn eine solche Planungsmaßnahme im Einklang mit den Raumordnungszielen steht und auch nicht zu einer weiteren Zersiedelung führt.

Die Oberösterreichische Landesregierung und die Landeshauptstadt Linz weisen daher - unter Berufung auf die Verfahrensunterlagen zum hier in Prüfung gezogenen Plan - zurecht auf die Absicht des Verordnungsgebers hin, den hier maßgeblichen Bereich grundsätzlich als Grünland festzulegen, die Südhänge des Pöstlingberges in ihrem Naherholungscharakter zu erhalten und die Ausweitung von bereits bestehenden Siedlungssplittern generell zu verhindern; das eigentliche Planungsziel des Verordnungsgebers sei die weitgehende Freihaltung des Südhanges des Pöstlingberges von einer zusätzlichen Bebauung, wobei der Verordnungsgeber den gesamten Bereich als planerische Einheit gesehen und trotz mehr oder weniger gegebener Durchmischung des Gebietes mit bebauten Liegenschaften dem Planungsziel Grünzug Vorrang eingeräumt habe.

Der Verfassungsgerichtshof kann unter diesen Umständen seine Bedenken, daß durch die in Prüfung gezogene Regelung in gesetzwidriger Weise Widmungskategorien durchmischt werden, nicht aufrechterhalten.

d) Hingegen sind die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes wegen mangelnder Erfüllung rechtsstaatlicher Anforderungen gerechtfertigt.

Nach der (oben unter II.1.a) wiedergegebenen) Legende zum Flächenwidmungsplan wurde die Widmung Dorfgebiet "für das Ausmaß des bewilligten Bauplatzes, sonst für eine Fläche im Ausmaß von höchstens 1.000 m2 (mit dem besteh. Gebäude im Mittelpunkt)" festgelegt. Das Ausmaß des bewilligten Bauplatzes ist nur den Parteien des betreffenden Bewilligungsverfahrens bekannt, den übrigen Normunterworfenen hingegen nicht, insbesondere geht es aus dem Plandokument und dessen Anhängen in keiner Weise hervor. Zu den in der Legende als Mittelpunkt der ansonsten maßgeblichen Fläche angeführten "bestehenden Gebäuden" genügt der Hinweis, daß auf manchen hier maßgeblichen Grundstücken nicht nur ein Gebäude eingezeichnet ist (zB auf Nr. 148 und 149) und somit unklar bleibt, welches Gebäude als Mittelpunkt zu betrachten ist.

Bereits aus diesen beiden Umständen geht hervor, daß die hier getroffene Regelung im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 3130/1956 und 12420/1990, zu Flächenwidmungsplänen s. insb. VfSlg. 11807/1988, wonach der Rechtsunterworfene die Rechtslage aus der planlichen Darstellung eindeutig und unmittelbar - also ohne das Heranziehen etwaiger technischer Hilfsmittel wie zB des Grenzkatasters - feststellen können muß) rechtsstaatlichen Anforderungen (vgl. hiezu VfSlg. 12420/1990 S 766) nicht entspricht und daher mit dem rechtsstaatlichen Prinzip nicht im Einklang steht.

4. Die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen sind daher als gesetzwidrig aufzuheben.

Der Ausspruch über die Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art139 Abs5 erster Satz B-VG.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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