VfGH G364/01 ua

VfGHG364/01 ua7.10.2002

Aufhebung einer Bestimmung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes beteffend die Strafbarkeit des Generalunternehmers im Fall der illegalen Beschäftigung von Ausländern durch den Subunternehmer bei Fehlen einer Vereinbarung über die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG im Vertrag bzw Unterlassung der zumutbaren Beaufsichtigung; Verstoß der konkreten Ausgestaltung der Verhaltenspflichten des Generalunternehmers gegen das Sachlichkeitsgebot; verfassungskonforme Auslegung nicht möglich

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs5 / Fristsetzung
AuslBG §28 Abs6 idF BGBl I 78/1997
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs5 / Fristsetzung
AuslBG §28 Abs6 idF BGBl I 78/1997

 

Spruch:

I. §28 Abs6 Z1 und Z2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 78/1997 werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Die aufgehobene Bestimmung des §28 Abs6 Z2 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 78/1997 ist auch in dem beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zur Z UVS-07/A/27/1817/2001/3 anhängigen Berufungsverfahren nicht mehr anzuwenden.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Der zu G84/02 protokollierte Antrag des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, §28 Abs6 Z2 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 78/1997 als verfassungswidrig aufzuheben, wird zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer zu B724/01 ist handelsrechtlicher Gesellschafter einer GesmbH, die von einer anderen Gesellschaft mit der Durchführung von Dacharbeiten beauftragt worden war und diesen Auftrag ihrerseits an eine KEG weitergegeben hatte. Diese KEG setzte zur Erfüllung des Vertrages jedoch Personen ein, die nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 idgF (im folgenden kurz: AuslBG), nicht hätten beschäftigt werden dürfen. Über den zu B724/01 beschwerdeführenden handelsrechtlichen Gesellschafter (§9 VStG) wurde letztinstanzlich vom UVS Burgenland aufgrund der illegalen Ausländerbeschäftigung wegen der Übertretung des §28 Abs1 Z1 erster Satz und Abs6 AuslBG eine Verwaltungsstrafe verhängt.

2. Aus Anlaß der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §28 Abs6 Z1 AuslBG entstanden, weshalb er diese Bestimmung mit Beschluß vom 4. Dezember 2001 in Prüfung gezogen hat.

Seinen Beschluß begründete der Verfassungsgerichtshof wie folgt:

"... Der Beschwerdeführer und die belangte Behörde vertreten im verfassungsgerichtlichen Verfahren unterschiedliche Auffassungen darüber, worin der dem Beschwerdeführer als Generalunternehmer angelastete Straftatbestand bestehe, nämlich in der unerlaubten Beschäftigung von Ausländern durch den Subunternehmer iS des §28 Abs1 Z1 AuslBG (so offenbar die belangte Behörde) oder in der Nichteinhaltung der dem Generalunternehmer durch §28 Abs6 Z1 bis 3 AuslBG auferlegten Verhaltenspflichten. Diese Frage bedarf aber vorerst keiner endgültigen Klärung, da der Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Norm unter beiden Auslegungsvarianten hegt:

... Erachtet man die Bestimmung des §28 Abs1 Z1 AuslBG als die 'eigentliche' Strafnorm auch für den Generalunternehmer, dann bestünden gegen §28 Abs6 AuslBG in der im Spruch genannten Fassung dieselben Bedenken, welche den Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 15200/1998, zur Aufhebung der Vorgängerbestimmung bewogen haben: Denn auch diesfalls hätte die Norm den Inhalt, daß der Generalunternehmer für ein Verhalten eines Dritten, nämlich des Auftragnehmers, bestraft würde. Den neu eingefügten Bestimmungen des §28 Abs6 Z1 (und 2) AuslBG käme diesfalls die Bedeutung von Rechtfertigungsgründen zu: Eine Bestrafung des Generalunternehmers bei illegaler Ausländerbeschäftigung seines Auftragnehmers hätte nämlich nur dann nicht zu erfolgen, wenn die Geltung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes vereinbart worden, oder der Generalunternehmer nachweisen kann, daß eine zumutbare regelmäßige Beaufsichtigung des Auftragnehmers erfolgt ist. An der nach dem erwähnten Vorerkenntnis aus verfassungsrechtlicher Sicht verpönten Strafdrohung für das Verhalten eines Dritten vermag aber der Umstand nichts zu ändern, daß dem Generalunternehmer besondere Rechtfertigungsgründe eingeräumt werden, bei deren Vorliegen von einer Bestrafung abzusehen ist (der im vorliegenden Beschwerdefall nicht präjudizielle §28 Abs6 Z3 AuslBG scheint ein Mittelding zwischen einer Art Beitragstäterschaft iS des §7 VStG und der Sanktionierung der Verletzung einer dem Generalunternehmer zugesonnenen Garantenstellung zu sein und sich daher insoweit von den Tatbeständen der Z1 und 2 zu unterscheiden).

... Versteht man hingegen §28 Abs6 AuslBG in die Richtung, daß in Z1 (und 2) implizit eigenständige Handlungspflichten für den Generalunternehmer normiert werden, und nur deren Nichtbefolgung sanktioniert ist, also die Strafsanktion nur für eigenes schuldhaftes Handeln gilt (für diese Deutung sprechen z.B. die Materialien, die hinsichtlich der alten Fassung des §28 Abs6 AuslBG vom Fehlen einer bestimmten Gebotsnorm ausgehen, die 'ein bestimmtes Verhalten des zu Verfolgenden verlangt und erst bei Zuwiderhandeln die Auslösung der Strafsanktion zur Folge hat'), dann dürfte aufgrund der einleitenden Wendung dieser Norm ['Gem. Abs1 Z1 ist neben dem Beschäftiger ... auch sein Auftraggeber (Generalunternehmer) zu bestrafen'] die tatsächliche illegale Ausländerbeschäftigung durch den (Sub)Auftragnehmer wohl als eine objektive Bedingung der Strafbarkeit des Generalunternehmers, der eine dieser Handlungspflichten verletzt hat, zu deuten sein. Diesfalls bestünden gegen diese Norm jedoch die folgenden Bedenken:

Das vom Gesetzgeber mit der in Prüfung gezogenen Norm verfolgte Ziel dürfte im wesentlichen in der Bekämpfung illegaler Ausländerbeschäftigung liegen. Wird der Generalunternehmer bestraft, weil der Subunternehmer einen Ausländer entgegen den Bestimmungen des AuslBG beschäftigt hat, so setzt dies aus verfassungsrechtlicher Sicht voraus, daß dem Generalunternehmer zumindest eine solche Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann, von der typischerweise angenommen werden kann, daß sie in einem Kausalverhältnis zu jener Straftat (nämlich der illegalen Beschäftigung von Ausländern) steht, deren Begehung Bedingung der Strafbarkeit des Deliktes ist. Besteht ein solcher Kausalzusammenhang nämlich nicht, dann fehlt es an der Eignung der Strafnorm, dem gesetzgeberischen Ziel zu dienen; es läge der Sache nach wiederum nur eine - diesfalls verdeckte - verpönte Bestrafung für fremdes Verhalten im Sinne des Vorjudikates vor.

Nun dürfte ein solcher Kausalzusammenhang mit der den Generalunternehmer selbst treffenden Verhaltenspflicht der Vereinbarung der Einhaltung der Vorschriften des AuslBG (§28 Abs6 Z1 leg. cit.) - nur diese Bestimmung dürfte im vorliegenden Verfahren präjudiziell sein - nicht bestehen: Im Wege einer solchen Vereinbarung dürfte nämlich nur eine zusätzliche, auch inter partes wirkende zivilrechtliche Verbotsnorm geschaffen werden können; für den (Sub)Auftragnehmer selbst gelten die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes aber auch ohne die Vermittlung eines solchen Vertrages uneingeschränkt. Die Regelung - insoweit in die Privatautonomie eingreifend - scheint einen Rechtsunterworfenen unter Strafsanktion dazu anzuhalten, ohnehin geltende zwingende gesetzliche Bestimmungen überdies zum ausdrücklichen Vertragsbestandteil zu machen, obwohl deren zivilrechtliche Relevanz der Gesetzgeber selbst - obgleich ihm dies freistünde - anscheinend nicht angeordnet hat. Das Gesetz dürfte es auch völlig offen lassen, welche Verpflichtungen den Generalunternehmer bei Bestehen einer solchen vertraglichen Vereinbarung für den Fall ihrer Verletzung durch den Subunternehmer treffen sollen, insbesondere in welcher Intensität und auf welche Weise er verpflichtet sein sollte, einer solchen Vertragsverletzung entgegenzutreten. Ohne diesbezügliche Vorgaben scheint aber die Eignung der Norm zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels der Vermeidung illegaler Ausländerbeschäftigung nicht erkennbar, diese aber auch unverhältnismäßig zu sein und daher im Widerspruch zu dem auch den Gesetzgeber bindenden Sachlichkeitsgebot zu stehen.

Es scheint die Unterlassung einer solchen Vereinbarung auch kein für die sachliche Rechtfertigung der Strafsanktion ausreichender Beitrag des Generalunternehmers zu der auf der Bildung eines eigenständigen Vorsatzes beruhenden strafbaren Handlung des Auftragnehmers zu sein; vielmehr scheint die Vornahme oder die Unterlassung einer solchen vertraglichen Vereinbarung das Ausmaß der Gefahr der Übertretung des (ohnehin) verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Verbotes illegaler Ausländerbeschäftigung durch einen Subunternehmer nicht nennenswert beeinflussen zu können. Das Gesetz scheint einen solchen Sachzusammenhang lediglich zu suggerieren.

Es wäre allerdings denkbar, daß §28 Abs6 AuslBG in der in Prüfung zu ziehenden Fassung so zu verstehen ist, daß damit (implizit) eine aus drei aufeinander bezogenen Teilpflichten zusammengesetzte Verhaltenspflicht des Generalunternehmers normiert werden sollte: Demzufolge hätte der Generalunternehmer die Einhaltung der Bestimmungen über die Ausländerbeschäftigung dem Subunternehmer vertraglich zu überbinden, und die Einhaltung dieser Bestimmungen sodann zu überwachen (wofür ihm die vertragliche Bindung erst die Grundlage lieferte), und er wäre für den Fall, daß aus Anlaß dieser Überwachung ein Verstoß gegen diese Bestimmungen festgestellt wird, verpflichtet, dagegen in zunächst nicht näher angeordneter Weise einzuschreiten; es wäre ihm aber jedenfalls verboten, den ihm bekannten Verstoß einfach hinzunehmen. Es wäre weiters denkbar, die an diese (einheitlich zu verstehende) Verhaltenspflicht anknüpfende Strafbestimmung zu auszulegen, daß immer nur nach einem der drei Tatbestände (also keinesfalls dreifach) bestraft werden darf und sich überdies aus dem Verfassungsgerichtshof - zumindest derzeit - nicht erkennbaren Überlegungen mit der für eine Verwaltungsstrafsanktion hinreichenden Deutlichkeit ergibt, auf welche Weise der Generalunternehmer auf Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz gegenüber dem Subunternehmer zu reagieren hat. Das Gesetzesprüfungsverfahren wird somit auch Gelegenheit zur Erörterung der Frage geben, ob eine solche Sichtweise der Norm geeignet wäre, die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes zu zerstreuen.

... Es wird also im Gesetzesprüfungsverfahren zu untersuchen sein, ob die Bedenken zutreffen oder ob sich die in Prüfung zu ziehende Norm - wenn auch allenfalls erst im Zusammenhang mit den anderen Teilen dieser Bestimmung, sowie aufgrund weiterreichender rechtlicher Überlegungen - letztlich doch als zur Zielerreichung geeignet, verhältnismäßig und auch sonst sachlich gerechtfertigt erweist."

3. Die Bundesregierung hat keine Äußerung erstattet, aber ersucht, für den Fall der Aufhebung der geprüften Bestimmung eine Frist von einem Jahr zu bestimmen, da dies erforderlich erscheine, "um die notwendigen legistischen Vorkehrungen treffen zu können".

4. Der Beschwerdeführer zu B724/01 hat eine Äußerung erstattet, in der er sich den vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluß geäußerten Bedenken anschließt.

II. 1. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat aus Anlaß einer bei ihm anhängigen Berufung gegen ein erstinstanzliches Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, mit dem über den dortigen Berufungswerber wegen der Übertretung des §28 Abs1 AuslBG iVm. §28 Abs6 AuslBG und §3 Abs1 leg. cit. eine Geldstrafe verhängt worden war, die Aufhebung des §28 Abs6 Z1 AuslBG beantragt. Er bringt in diesem Antrag, der zu G18/02 protokolliert ist, dieselben Bedenken vor wie jene, die den Verfassungsgerichtshof zu seinem Prüfungsbeschluß veranlaßt hatten.

2. Weiters hat der Unabhängige Verwaltungssenat Wien aus Anlaß eines bei ihm anhängigen Verfahren den zu G84/02 protokollierten Antrag gestellt, §28 Abs6 Z1 AuslBG in der im Spruch zitierten Fassung, sowie §28 Abs6 Z2 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 78/1997 wegen derselben Bedenken, wie sie der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß zu B724/01 geäußert hatte, als verfassungswidrig aufzuheben.

3. Der UVS Wien hat einen zur hg. Zahl G224/02 protokollierten Antrag auf Aufhebung der Z2 des §28 Abs6 AuslBG in der im Spruch zitierten Fassung eingebracht; er bringt gegen die angefochtene Ziffer die Bedenken vor, daß an der aus verfassungsrechtlicher Sicht verpönten Strafdrohung für das Verhalten eines Dritten der Umstand, daß dem Generalunternehmer besondere Rechtfertigungsgründe, bei deren Vorliegen von einer Bestrafung abzusehen ist, eingeräumt werden, nichts zu ändern vermöge. Es gebe keinen Kausalzusammenhang zwischen einer allfälligen Verletzung der den Generalunternehmer selbst treffenden Verhaltenspflicht - nämlich den Subunternehmer regelmäßig zu beaufsichtigen - und der auf einem eigenständigen Vorsatz beruhenden strafbaren Handlung des Auftragnehmers (illegale Beschäftigung von Ausländern). Überdies umschreibe die Norm nicht mit der für eine Verwaltungsstrafsanktion hinreichenden Deutlichkeit das vom Generalunternehmer geforderte Verhalten, und zwar weder im Hinblick darauf, was der Gesetzgeber unter der "zumutbaren regelmäßigen Beaufsichtigung", deren Unterlassung mit Strafe bedroht ist, versteht, noch auf welche Weise der Generalunternehmer auf im Zuge der Beaufsichtigung erkannte Verstöße gegen das AuslBG gegenüber dem Subunternehmer zu reagieren habe.

4. Zu den hg. Zahlen G225/02 und G268/02 sind überdies Anträge des UVS Wien auf Aufhebung der Z1 und 2 des §28 Abs6 AuslBG in der im Spruch zitierten Fassung anhängig; die Bedenken gegen die Ziffer 1 gleichen jenen, die den Verfassungsgerichtshof zur Einleitung eines amtswegigen Prüfungsverfahren veranlaßt habe; die Bedenken gegen die Ziffer 2 sind ident mit den eben dargestellten.

5. Die Bundesregierung hat auch in diesen Verfahren keine Äußerung erstattet.

6. Die Berufungswerber in den Verfahren beim UVS haben Äußerungen erstattet, in denen sie sich den Bedenken des antragstellenden UVS anschließen.

III. 1. §28 Abs1 Z1 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. Nr. 985/1995 und BGBl. I Nr.78/1997 lautet:

"§28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

a) entgegen dem §3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§3 Abs5) oder eine Arbeitserlaubnis (§14a) oder ein Befreiungsschein (§15 und 4c) ausgestellt wurde, oder

b) entgegen dem §18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt wurde, oder

c) entgegen der Untersagung der Beschäftigung eines Inhabers einer Arbeitserlaubnis (§14g) diesen beschäftigt, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10 000 S bis zu 60 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20 000 S bis zu 120 000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20 000 S bis zu 120 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40 000 S bis zu 240 000 S;"

§28 Abs6 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 78/1997, lautet (die als verfassungswidrig erkannten Ziffern sind hervorgehoben):

"(6) Gemäß Abs1 Z1 ist neben dem Beschäftiger (Auftragnehmer) auch sein Auftraggeber (Generalunternehmer) zu bestrafen, sofern der Auftrag im Rahmen der Tätigkeit des Auftraggebers als Unternehmer erfolgt und der Auftraggeber (Generalunternehmer)

1. im Vertrag mit seinem Auftragnehmer die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht zwingend vereinbart hat oder

2. die ihm zumutbare regelmäßige Beaufsichtigung des Auftragnehmers während der Auftragserfüllung unterlassen hat oder

3. die Verletzung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durch den Auftragnehmer bei der Vertragserfüllung wissentlich geduldet hat."

IV. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

A) Die Beschwerde zu B724/01 ist zulässig; die in Prüfung gezogene Wortfolge des §28 Abs6 Z1 AuslBG ist vom Verfassungsgerichtshof bei der Überprüfung des angefochtenen Bescheides anzuwenden und daher für das Gesetzesprüfungsverfahren präjudiziell. Auch sonst ist nichts hervorgekommen, was an der Zulässigkeit des amtswegig eingeleiteten Verfahrens zweifeln ließe.

B) In den Verfahren zu G18/02, G224/02, G225/02 und G268/02 ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der jeweils angefochtenen Bestimmungen zweifeln ließe.

1.1. Hingegen erweist sich der zu G84/02 protokollierte Antrag nur insoweit als zulässig, als mit ihm §28 Abs6 Z1 AuslBG angefochten wird; hinsichtlich der Anfechtung des §28 Abs6 Z2 AuslBG erweist sich der Antrag aus folgenden Gründen als unzulässig:

Dieser Antrag entspricht nicht dem Erfordernis des §62 Abs1 zweiter Satz VfGG, wonach ein Antrag nach Art140 Abs1 B-VG die gegen die Verfassungsmäßigkeit des bekämpften Gesetzes sprechenden Bedenken im einzelnen darzulegen hat. Er enthält nämlich keine dem Gesetz entsprechende Darlegung solcher Bedenken gegen §28 Abs6 Z2 AuslBG. Diese Vorschrift steht mit der Z1 des §28 Abs6 leg. cit. aber auch nicht in einem solchen untrennbaren Zusammenhang, daß die vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß geäußerten Bedenken, die der antragstellende UVS lediglich wortwörtlich wiederholt, als auch gegen die Z2 dieses Paragraphen gerichtet angesehen werden könnten (vgl. VfSlg. 11591/1987, 12678/1991, S. 420, 12928/1991).

Das Fehlen der durch §62 Abs1 zweiter Satz VfGG geforderten Darlegung der gegen die Verfassungsmäßigkeit des bekämpften Gesetzes sprechenden verfassungsrechtlichen Bedenken ist kein behebbares Formgebrechen, sondern ein Prozeßhindernis (vgl. VfSlg. 10577/1985, 11610/1988, 12564/1990, 14318/1995).

Der auf die Aufhebung des §28 Abs6 Z2 AuslBG gerichtete Antrag war daher schon deshalb als unzulässig zurückzuweisen.

1.2. Die Anträge des UVS Wien sind, da sonst keine Prozeßhindernisse hervorgekommen sind, im Verfahren G84/02 im Umfang

der Anfechtung des §28 Abs6 Z1 AuslBG, im Verfahren G224/02 im Umfang

der Anfechtung des §28 Abs6 Z2 AuslBG sowie in den Verfahren G225/02 und G268/02 im Umfang der Anfechtung des §28 Abs6 Z1 und Z2 AuslBG zulässig.

2. In der Sache:

2.1. Mit Erkenntnis vom 19.6.1998, VfSlg. 15200/1998, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Vorgängerbestimmung des §28 Abs6 AuslBG idF des Antimißbrauchsgesetzes, BGBl. Nr. 895/1995 verfassungswidrig war. Diese Bestimmung sah vor, daß neben dem Beschäftiger auch sein Auftraggeber (Generalunternehmer) zu bestrafen sei, sofern der Auftrag im Rahmen der Tätigkeit des Auftraggebers als Unternehmer erfolgte. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof dazu aus, daß eine Strafbestimmung, die an das strafbare Verhalten einer anderen Person anknüpft, ohne auch nur ansatzweise erkennen zu lassen, welche Verhaltensanforderungen sie an den strafrechtlich (zusätzlich, und zwar wegen Verletzung dieser Pflichten) Verantwortlichen stellt, verfassungswidrig ist.

2.2. Die Materialien zur Neufassung des §28 Abs6 AuslBG, GP XX RV 689, 17, begründen die nun eingeführten Verhaltenspflichten, die ein Generalunternehmer einhalten muß, um einer verwaltungstrafrechtlichen Verfolgung zu entgehen, wie folgt:

"Der geltenden Strafbestimmung betreffend die Auftraggeberhaftung für die illegale Beschäftigung von Ausländern fehlt eine entsprechende Gebotsnorm, die ein bestimmtes Verhalten des zu Verfolgenden verlangt und erst bei Zuwiderhandeln die Auslösung der Strafsanktion zur Folge hat. In die Bestimmung sind daher Kriterien aufzunehmen, bei deren Nichtbefolgung eine Verletzung der Aufsichtspflicht des Auftraggebers anzunehmen ist und die Strafsanktion ausgelöst wird. Die Beibehaltung der geltenden, nicht ausreichend determinierten und daher inhaltsleeren Bestimmung würde einer Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht standhalten."

2.3. Sowohl die vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß gegen §28 Abs6 Z1 AuslBG als auch die vom UVS Wien gegen §28 Abs6 Z2 AuslBG geäußerten Bedenken haben sich als zutreffend erwiesen:

Vorausgeschickt sei, daß die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht die Problematik der sog. "Scheinwerkverträge" (zwischen einem General- und einem Subunternehmer) betreffen, hinsichtlich derer bei Vorliegen eines der in §4 Abs2 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, genannten Kriterien Arbeitnehmerüberlassung anzunehmen und damit eine (allenfalls unerlaubte) Ausländerbeschäftigung gem. §28 Abs1 AuslBG dem Generalunternehmer als Beschäftiger direkt zuzurechnen wäre. §28 Abs6 AuslBG ist vielmehr vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Intention des Gesetzgebers so zu verstehen, daß damit jene konkreten Verhaltenspflichten für den Generalunternehmer geschaffen werden sollten, bei deren Verletzung für den Fall des Hinzutretens einer illegalen Ausländerbeschäftigung durch den Subunternehmer eine Verwaltungsstrafe (auch) über den Generalunternehmer zu verhängen ist.

Die konkrete Ausgestaltung der an den Generalunternehmer gerichteten Verhaltenspflichten der Vereinbarung der - zwingenden - Bestimmungen des AuslBG sowie der regelmäßigen zumutbaren Beaufsichtigung verstößt jedoch aus folgenden Gründen gegen das auch den Gesetzgeber bindende Sachlichkeitsgebot:

Wenn der Verfassungsgerichtshof in seinem Vorerkenntnis VfSlg. 15200/1998, der Sache nach ausgesprochen hat, daß eine Norm, die eine Bestrafung des Generalunternehmers ohne eigenes Verschulden vorsieht, verfassungswidrig ist, so bedeutet dies nicht etwa, daß es den sich aus diesem Erkenntnis ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen genügte, dem Generalunternehmer irgendwelche Verhaltenspflichten in bezug auf den Subunternehmer aufzuerlegen, um ihn bei deren Verletzung wegen der nach wie vor vom Subunternehmer zu verantwortenden illegalen Ausländerbeschäftigung bestrafen zu können. Wird ein Generalunternehmer wegen einer vom Subunternehmer begangenen illegalen Ausländerbeschäftigung bestraft, so geschieht dies nur dann aus seinem Verschulden, wenn er eine ihn treffende Verhaltenspflicht verletzt hat, die für die Gesetzesübertretung des Subunternehmers zumindest insoweit kausal gewesen ist, als sie diese - wenn schon nicht unmittelbar herbeigeführt so doch - erleichtert oder auf sonstige Weise begünstigt hat.

2.3.1. Es muß sich daher (erstens) bei den für den Fall ihrer Verletzung mit Strafe bedrohten Verhaltenspflichten um solche handeln, die dem Generalunternehmer unter Berücksichtigung des Sachlichkeitsgebotes zumutbar sind. Nicht zumutbar wäre jedenfalls eine nicht weiter eingeschränkte, strafbewehrte Belastung von Privaten mit Kontrollaufgaben, die in erster Linie den Behörden obliegen. Zumutbar ist eine Inpflichtnahme des Generalunternehmers dann, wenn ihr Umfang und ihre Intensität unter Bedachtnahme einerseits auf die Aufgabenstellung des Generalunternehmers in bezug auf seinen Auftraggeber und seine sich daraus ohnehin ergebenden Kontrollaufgaben gegenüber dem Subauftragnehmer und andererseits auf das erhebliche öffentliche Interesse an der Verhinderung bewilligungsloser Ausländerbeschäftigung nicht unverhältnismäßig sind.

2.3.2. Zweitens müssen die dem Generalunternehmer auferlegten Verhaltenspflichten geeignet sein, der illegalen Ausländerbeschäftigung durch den Subunternehmer wirksam zu begegnen, weil nur dann eine Verletzung dieser Verpflichtungen eine hinreichend kausale Beziehung zum eingetretenen tatbildlichen Erfolg (nämlich der illegalen Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften) aufweist, welche es rechtfertigt, diese strafbare Handlung auch dem Generalunternehmer als verschuldet zuzurechnen. Liegt eine solche Eignung der Verhaltenspflicht nicht vor, so verfehlt sie nicht nur das (zulässige) gesetzgeberische Ziel der Unterbindung der illegalen Ausländerbeschäftigung, sondern bewirkt erneut eine (verfassungswidrige) Bestrafung des Generalunternehmers aus Verschulden eines Dritten.

2.3.3. Der Verfassungsgerichtshof vermag vor dem Hintergrund dieser verfassungsrechtlichen Anforderungen zum einen nicht zu erkennen, inwieweit eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung von für den Subunternehmer ohnehin bestehenden zwingenden Rechtsvorschriften für sich geeignet ist, der genehmigungslosen Beschäftigung von Ausländern eine über die öffentlich-rechtliche Sanktionierung merkbar hinausgehende Schranke entgegenzusetzen. Es steht dem Gesetzgeber nach dem Vorgesagten nämlich nicht frei, die Strafbewehrung der Verletzung von Erlaubnisvorbehalten über deren eigentlichen Adressatenkreis hinaus auf dem Wege von Vorschriften über den zwingenden Inhalt zivilrechtlicher Verträge ohne Rücksicht auf deren Eignung zur Erreichung der zulässigen gesetzgeberischen Zielsetzung beliebig auch auf die Vertragspartner der Normadressaten der Strafbestimmung zu erstrecken.

Ebensowenig vermag der Verfassungsgerichtshof zu erkennen, inwieweit ein kausaler Zusammenhang zwischen der Kontrolle des Subauftragnehmers durch den Generalunternehmer und der Vermeidung illegaler Ausländerbeschäftigung bestehen soll: Durch die bloße Kontrolle allein wird die Ausländerbeschäftigung nämlich noch nicht hintangehalten. Stellt der Generalunternehmer unerlaubte Ausländerbeschäftigung beim Subunternehmer fest, so bedürfte es vielmehr weiterer Schritte, welche der Generalunternehmer zu setzen hätte, wie etwa der Kündigung des Vertrages oder der Erstattung einer Anzeige an die Behörde. Welche Schritte danach vom Generalunternehmer zu setzen wären, ist aber dem Gesetz nicht zu entnehmen. Ein Gebot die genannten oder auch andere geeignete Schritte zu unternehmen, kann auch nicht auf andere Weise interpretativ gewonnen werden, weil es sich um eine Strafnorm handelt und weil nicht nur eine, sondern ganz verschiedene Verpflichtungen des Generalunternehmers denkbar sind, deren Anordnung und Strafbewehrung daher - dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip folgend - dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben muß.

2.3.4. Der Verfassungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß §28 Abs6 AuslBG eine verfassungskonforme Auslegung dahin zuließe, nur eine aus drei aufeinander bezogenen Teilpflichten zusammengesetzte einheitliche Verhaltenspflicht des Generalunternehmers und deren Übertretung in jeweils einer von drei alternativen Begehungsformen anzunehmen:

a) Zum einen wäre es nach dem Vorgesagten verfassungsrechtlich nicht zulässig, jenen Generalunternehmer, der - wie dies vom UVS in den Anlaßverfahren offenbar angenommen wurde - seiner Überwachungspflicht nachgekommen ist und die bewilligungslose Ausländerbeschäftigung durch den Subunternehmer auch nicht wissentlich geduldet sowie auch sonst keinen verwaltungsstrafrechtlich relevanten Beitrag geleistet hat, bloß wegen der Unterlassung der vertraglichen Vereinbarung zu bestrafen.

b) Legte man hingegen den Schwerpunkt auf die Verpflichtung des Generalunternehmers, die vertragliche Vereinbarung der Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG zu überwachen, so läßt das Gesetz offen, welche Verhaltenspflicht den Generalunternehmer im Falle der Feststellung einer Rechtsverletzung trifft. Auf diese käme es aber entscheidend an, soll der Norm in ihrer Gesamtheit die Eignung zukommen, die bewilligungslose Ausländerbeschäftigung wirksam hintanzuhalten.

c) Eine bestimmte Verhaltenspflicht des Generalunternehmers ergibt sich auch nicht etwa auf andere Weise gleichsam von selbst, weil eine allfällige Berechtigung eines Vertragspartners zur sofortigen Auflösung eines Vertrages aus dem Grund positiver Vertragsverletzung nicht auch schon dessen (öffentlich-rechtliche) Verpflichtung, diesen Schritt auch tatsächlich zu setzen, bedeutet. Das vom Generalunternehmer zu wahrende Interesse seines Auftraggebers an der rechtzeitigen Fertigstellung des Werkes wird es ihm - bei sonstiger Schadenersatzverpflichtung - nicht selten sogar verbieten, von der Möglichkeit einer Vertragsauflösung mit dem Subunternehmer Gebrauch zu machen. Es darf dabei auch nicht übersehen werden, daß der Gesetzgeber bisher davon abgesehen hat, die Verletzung bestimmter öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen durch einen Auftragnehmer auch mit entsprechenden Sanktionen im Rahmen des Rechts der vertraglichen Leistungsstörungen auszustatten.

2.4. Das Gesetzesprüfungsverfahren hat somit nichts ergeben, das die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes hätte zerstreuen können. Auch die Bedenken des UVS haben sich als begründet erwiesen.

§28 Abs6 Z1 und 2 AuslBG in der im Spruch genannten Fassung waren daher als verfassungswidrig aufzuheben.

3. Die Bundesregierung hat beantragt, für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Bestimmungen gem. Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B-VG eine Frist zu bestimmen. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich indes nicht veranlaßt, die Wirksamkeit der als verfassungswidrig erkannten Strafbestimmung über die Kundmachung ihrer Aufhebung hinaus zu verlängern, zumal durch die Gesetzesaufhebung die Bestrafung von Personen, die Ausländer unerlaubt beschäftigen (entsprechend einem zweifellos wichtigen öffentlichen Interesse), keineswegs inhibiert, sondern nur die Möglichkeit der Bestrafung Dritter, die an der Ausländerbeschäftigung kein eigenes Verschulden trifft, aus dem Rechtsbestand beseitigt wird.

4. Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B-VG.

5. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B-VG und §64 Abs2 iVm. §65 VfGG sowie §2 Abs1 Z4 BGBlG, BGBl. Nr. 660/1996.

6. Der Verfassungsgerichtshof hat sich veranlaßt gesehen, die Anlaßfallwirkung der Aufhebung des §28 Abs6 Z2 AuslBG auch auf das beim UVS Wien zur Z UVS-07/A/27/1817/2001/3 (G84/02) anhängige Berufungsverfahren zu erstrecken, da eine Aufhebung dieser Bestimmung auch aus Anlaß des hg. Verfahrens G84/02 aus (lediglich) prozessualen Gründen nicht möglich war.

7. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.

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