VfGH G255/91

VfGHG255/915.3.1992

Zuständigkeit des Landesgesetzgebers zur Regelung des Ausländergrundverkehrs einschließlich des Rechtserwerbes von Todes wegen ausgenommen durch die gesetzlichen Erben seit dem Inkrafttreten der B-VG-Novelle 1990; keine Verfassungswidrigkeit der die Genehmigungspflicht des Rechtserwerbes von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken durch ausländische Erben normierenden Bestimmungen des Vlbg GVG

Normen

B-VG Art10 Abs1 Z6
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsmaßstab
Vlbg GVG §4 lita
Vlbg GVG §4 litb
Vlbg GVG §5 Abs3
B-VG Art10 Abs1 Z6
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsmaßstab
Vlbg GVG §4 lita
Vlbg GVG §4 litb
Vlbg GVG §5 Abs3

 

Spruch:

Die Wendung "ausgenommen durch Ausländer, soweit es sich nicht um die Großeltern des Erblassers und deren Nachkommen handelt," in §4 lita und der §5 Abs3 des (Vorarlberger) Grundverkehrsgesetzes - GVG, LGBl. Nr. 18/1977 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 63/1987, werden nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu Zl. B1390/90 das Verfahren über eine Beschwerde gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid des (Vorarlberger) Grundverkehrssenates vom 31. Oktober 1990 anhängig, der folgender Sachverhalt zugrundeliegt:

Die deutschen Staatsangehörigen Dr. F und Dr. W J beantragten am 15. September 1989 die Übertragung der - land- und forstwirtschaftlich genutzten - Liegenschaften in EZ 197 (Gst. Nr. 4565, 4676, 4677 und 4680) in der KG Frastanz von der Verlassenschaft nach dem am 1. April 1989 in Ludesch verstorbenen Pfarrer iR F J grundverkehrsbehördlich zu genehmigen.

Der (Vorarlberger) Grundverkehrssenat versagte mit dem erwähnten Berufungsbescheid gemäß §5 Abs2 und 3 des (Vorarlberger) Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 18/1977 idF der Novelle LGBl. 63/1987 (im folgenden kurz: Vlbg. GVG) die begehrte Bewilligung.

Der Berufungsbescheid wird im wesentlichen damit begründet, daß die Beschwerdeführer nicht zum Kreis der Angehörigen des Erblassers gemäß §4 lita und b Vlbg. GVG gehörten und daß die gegenständliche letztwillige Zuwendung erfolgt sei, um die Genehmigungsvoraussetzungen für den Erwerb durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu umgehen.

Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die eingangs zitierte, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde.

2.a) Der Verfassungsgerichtshof beschloß am 15. Juni 1991, gemäß Art140 Abs1 B-VG aus Anlaß dieser Beschwerde die Verfassungsmäßigkeit der Wendung "ausgenommen durch Ausländer, soweit es sich nicht um die Großeltern des Erblassers und deren Nachkommen handelt," in §4 lita Vlbg. GVG und des (gesamten) §5 Abs3 leg.cit. von Amts wegen zu prüfen.

b) Die hier maßgebende Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

Gemäß §1 Abs1 Vlbg. GVG unterliegen den Bestimmungen dieses Gesetzes: "a) der Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, sofern er nicht unter litb fällt, b) der Verkehr mit Grundstücken, sofern an diesen Ausländer Rechte erwerben".

Gemäß §3 Abs1 leg. cit. ist grundsätzlich jeder Rechtserwerb unabhängig vom Rechtsgrund und der Erwerbsart genehmigungsbedürftig, also auch ein Rechtserwerb durch Erben oder Vermächtnisnehmer.

§4 lita leg. cit. sieht hievon eine Ausnahme vor:

"Der Genehmigung bedürfen nicht

a) Rechtserwerbe in der Verlassenschaftsabhandlung durch Erben oder Vermächtnisnehmer, ausgenommen durch Ausländer, soweit es sich nicht um die Großeltern des Erblassers und deren Nachkommen handelt,

b) Rechtserwerbe zwischen Ehegatten einschließlich von Rechtserwerben zur Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach rechtskräftiger Scheidung, Nichtigerklärung oder Auflösung der Ehe, sowie Rechtserwerbe zwischen Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie und Geschwistern,

c) . . .

. . .

f) . . ."

§5 Abs2 und 3 Vlbg. GVG enthält besondere Vorschriften für den Ausländergrundverkehr:

"§5 (1) . . .

(2) Ein Rechtserwerb gemäß §1 Abs1 litb ist nur zu genehmigen, wenn

a) die im Abs1 genannten land- und forstwirtschaftlichen Interessen nicht verletzt werden,

b) staatspolitische Interessen nicht beeinträchtigt werden und

c) am Rechtserwerb ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht.

(3) Rechtserwerbe durch ausländische Erben oder Vermächtnisnehmer, die nicht zu den Angehörigen des Erblassers gemäß §4 lita und b gehören, sind ungeachtet des Abs2 zu genehmigen, wenn die letztwillige Zuwendung nicht erfolgt ist, um die Genehmigungsvoraussetzungen für den Erwerb durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu umgehen."

c) Der Verfassungsgerichtshof nahm in dem dieses Gesetzesprüfungsverfahren einleitenden Beschluß vorläufig an, aus dem Zusammenhalt des §4 lita und b mit §5 Abs3 Vlbg. GVG ergebe sich, daß Rechtserwerbe durch ausländische Erben oder Vermächtnisnehmer - bestimmte Angehörige des Erblassers ausgenommen - der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung unterliegen.

Sodann werden in diesem Beschluß die verfassungsrechtlichen Bedenken wie folgt begründet:

"Der Verfassungsgerichtshof hat nun im Erkenntnis vom 30. Juni 1988, G241/87 u.a. Zlen. (= VfSlg. 11777/1988) ausgeführt, daß (nach der damaligen Verfassungsrechtslage) die Länder nur für die Regelung des Ausländergrundverkehrs durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden zuständig sind und daß landesgesetzliche Regelungen den Rechtserwerb von Grundstücken von Todes wegen nicht erfassen dürfen.

Der Bundesverfassungsgesetzgeber war der Auffassung, daß sich aus kompetenzrechtlichen Gründen eine (unerwünschte) Lückenhaftigkeit des Ausländergrundverkehrsrechtes der Länder ergebe (s. Erläuterungen zur RV, betr. die nachmalige B-VG-Novelle 1990, 1315 BlgNR, 17. GP, S 6). Mit dieser B-VG-Novelle vom 5. Juli 1990, BGBl. 445, wurde daher der Begriff des Zivilrechtswesens im Art10 Abs1 Z6 B-VG derart geändert, daß diese, dem Bund die Gesetzgebung und Vollziehung zuweisende Bestimmung nunmehr auszugsweise lautet:

'6. Zivilrechtswesen, .... mit Ausschluß von Regelungen, die den Grundstücksverkehr für Ausländer, einschließlich des Rechtserwerbs von Todes wegen durch Personen, die nicht zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören, verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen; ...'

Hiezu besagen die Erläuterungen zur RV (1315 BlgNR, 17. GP, S 6):

'Schon derzeit sind gesetzliche Regelungen, die den Ausländergrundverkehr verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen, aus dem Kompetenztatbestand 'Zivilrechtswesen' ausgenommen. Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dadurch nicht auch der Erwerb von Grundstücken durch Ausländer im Erbweg erfaßt werde, eröffnet Umgehungsmöglichkeiten für den Ausländergrunderwerb. Die Neufassung der Ausnahmeregelung zugunsten des Ausländergrundverkehrs soll deshalb auch den Erwerb von Todes wegen erfassen und der Landesgesetzgebung zuordnen. Ihr soll dadurch die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, solchen Umgehungen entgegentreten zu können. Dabei ist es nicht das Ziel, etwa in den gesetzlichen Erbgang einzugreifen und in diesem Bereich Schranken aufzurichten, wohl aber wird Vorsorge zu treffen sein, daß erbrechtliche Institute nicht dafür herangezogen werden, um einen Ausländergrunderwerb in jenen Fällen ohne jede Genehmigung zu ermöglichen, in denen dies auf anderem Wege nicht möglich wäre.'

Der Wortlaut und der historisch erkennbare Sinn des neu gefaßten Art10 Abs1 Z6 B-VG ergeben - so meint der Verfassungsgerichtshof vorläufig -, daß der Landesgesetzgeber zuständig ist, den Ausländergrundverkehr (umfassend) zu regeln; dazu gehört auch der Rechtserwerb von Todes wegen durch Ausländer, die nicht zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören. Nicht zum Ausländergrundverkehr gehört aber anscheinend - wie ein Umkehrschluß ergeben dürfte - der Rechtserwerb von Todes wegen durch Ausländer, die zum Kreis der gesetzlichen Erben zählen; die Regelung des gesetzlichen Erbganges scheint nach wie vor zum Zivilrechtswesen zu gehören und daher auch dann, wenn in dessen Zug ein Grundstück durch einen Ausländer erworben wird, Bundessache zu sein.

Die oben geschilderten Regelungen des Vlbg. GVG waren vor der B-VG-Novelle 1990 offenkundig verfassungswidrig (vgl. das zit. Erk. des VfGH Slg. 11777/1988). Sie dürften aber auch durch diese (mit 1. Juli 1990 in Kraft getretene) B-VG-Novelle nicht verfassungskonform geworden sein.

Das Vlbg. GVG schließt nämlich anscheinend nicht generell eine Genehmigungspflicht für Rechtserwerbe durch Ausländer aufgrund gesetzlicher Erbfolge aus. Damit hat der Landesgesetzgeber aber nach der vorläufigen Meinung des Verfassungsgerichtshofes seine Regelungskompetenz überschritten.

In der (im Anlaßbeschwerdeverfahren erstatteten) Gegenschrift des Grundverkehrssenates wird die Meinung vertreten, daß die im §4 lit. a und b Vlbg. GVG enthaltenen Ausnahmen für nahe Angehörige im Ergebnis einer Befreiung der gesetzlichen Erbfolge von der Genehmigungspflicht gleichkämen. Damit können aber anscheinend die soeben aufgezeigten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht beseitigt werden, weil die derzeitige Vorarlberger Regelung eben die von Art10 Abs1 Z6 B-VG idF der Novelle 1990 anscheinend geforderte absolute - eine Anwendung des Art15 Abs9 B-VG ausschließende (vgl. VfSlg. 11777/1988, S 905) - Ausgrenzung der gesetzlichen Erbfolge nicht vornimmt."

3.a) Die Vorarlberger Landesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung, in der sie zunächst die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen landesgesetzlichen Bestimmungen bestreitet (Näheres s.u. II.1.). Sodann verteidigt sie die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschriften mit der Begründung, daß §5 Abs3 und §4 lita und b Vlbg. GVG genau jenen Personenkreis umschreiben, der dem Kreis der gesetzlichen Erben zuzuzählen sei; diese Personen würden damit vom Anwendungsbereich des GVG ausgenommen.

b) Wegen der allgemeinen Bedeutung der zu lösenden Frage stellte es der Verfassungsgerichtshof den übrigen Landesregierungen und auch der Bundesregierung frei, Äußerungen abzugeben.

Hievon machten Gebrauch:

aa) Die Kärntner Landesregierung (sie zieht die Präjudizialität des §4 lita GVG in Zweifel (Näheres s.u. II.1.) und meint in der Sache Ähnliches wie die Vorarlberger Landesregierung),

bb) die Wiener Landesregierung (sie teilt die vom Verfassungsgerichtshof geäußerten Bedenken) und

cc) die Bundesregierung (sie erachtet die in Prüfung gezogene Regelung als verfassungskonform und argumentiert ähnlich wie die Vorarlberger Landesregierung).

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit

a) Die Vorarlberger Landesregierung ist ebenso wie die Kärntner Landesregierung (der Sache nach) der Ansicht, das Gesetzesprüfungsverfahren sei (zum Teil) unzulässig; die in Prüfung genommenen landesgesetzlichen Bestimmungen seien (zum Teil) nicht präjudiziell:

aa) Dies begründet die Vorarlberger Landesregierung im wesentlichen wie folgt:

". . .

Die Beschwerdeführer . . . stehen in keinem verwandtschaftlichen

Verhältnis zum Erblasser. Der im §4 lita des Grundverkehrsgesetzes angeführte Befreiungstatbestand trifft auf diese somit nicht zu. Die vorläufige Annahme, daß der Verfassungsgerichtshof u.a. §4 lita des Grundverkehrsgesetzes anzuwenden hätte, entspricht somit nicht den Tatsachen, weshalb die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit mangels Präjudizialität einzustellen ist.

Dieselben Feststellungen gelten hinsichtlich der in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §5 Abs3 des Grundverkehrsgesetzes. Diese Regelung bestimmt, daß Rechtserwerbe durch ausländische Erben oder Vermächtnisnehmer, die nicht zu den Angehörigen des Erblassers gemäß §4 lita und b gehören, ungeachtet des Abs2 zu genehmigen sind, wenn die letztwillige Verfügung nicht erfolgt ist, um die Genehmigungsvoraussetzungen für den Erwerb durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu umgehen. Der Abs3 des §5 des Grundverkehrsgesetzes umschreibt also lediglich den Inhalt der 'Vorprüfung', welcher die aufgrund der Neufassung des §4 lita genehmigungspflichtigen Rechtserwerbe in der Verlassenschaftsabhandlung durch ausländische Erben oder Vermächtnisnehmer zu unterziehen sind. Ergibt die 'Vorprüfung', daß keine Umgehung vorliegt, so ist die Genehmigung zu erteilen, andernfalls unterliegt der Rechtserwerb den allgemeinen Genehmigungsvoraussetzungen des §5 Abs2 (vgl. 22. Beilage/1987 des XXIV. Landtages, S. 8). Die Grundverkehrsbehörden haben im Vorprüfungsverfahren festgestellt, daß der Rechtserwerb durch das Vermächtnis des Erblassers der Umgehung der Genehmigungsvoraussetzungen für den Erwerb durch Rechtsgeschäft unter Lebenden gedient hat, weshalb nicht der §5 Abs3 des Grundverkehrsgesetzes, sondern der §5 Abs2 des zitierten Gesetzes anzuwenden ist (siehe 22. Beilage/1987 des XXIV. Landtages, S. 8 zu Z. 6). Die Prüfung dieser Bestimmung ist deshalb ebenfalls mangels Präjudizialität einzustellen."

bb) Die Kärntner Landesregierung bringt zur Frage der Präjudizialität vor:

"Da im grundverkehrsbehördlichen Verfahren die Nichtzugehörigkeit der nunmehrigen Beschwerdeführer zum Kreis der Angehörigen des Erblassers gemäß §4 lita und b Vlbg. GVG unbestritten war (vgl. dazu die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid) bezweifelt die Kärntner Landesregierung, daß die Ausnahmebestimmung des §4 lita Vlbg. GVG im dargestellten Sinn eine 'Voraussetzung' für die verfassungsgerichtliche Entscheidung bildet. Da sich die zitierte Bestimmung auf einen Personenkreis bezieht, dem die Beschwerdeführer selbst ihrem eigenen Vorbringen zufolge nicht angehören, hatte auch die beklagte Behörde sie nicht anzuwenden und ist sie auch nicht als präjudiziell im Sinne des Art140 B-VG anzusehen. Allein der Umstand, daß ein Rechtserwerb von Todes wegen durch Ausländer an einem land- und forstwirtschaftlichen Grundstück den Gegenstand des anhängigen Anlaßbeschwerdeverfahrens bildet, rechtfertigt nach Auffassung der Kärntner Landesregierung nicht die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes, daß der Verfassungsgerichtshof bei der Entscheidung über die dem Prüfungsbeschluß zu Grunde liegende Beschwerde auch §4 lita des Vlbg. GVG anzuwenden hat.

Eine andere Beurteilung könnte sich allenfalls ausgehend von der Annahme ergeben, daß §4 lita und §5 Abs3 des Vlbg. GVG 'eine normative Einheit' im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 9755/1983) bilden, weshalb nur die Aufhebung beider Bestimmungen eine (allfällige) Verfassungswidrigkeit des Gesetzes beseitigen könne.'

b) Dem folgt der Verfassungsgerichtshof nicht:

Die Anlaß-Beschwerde ist zulässig.

Der Verfassungsgerichtshof wird daher über sie in der Sache zu entscheiden haben.

Hiebei hätte er - entgegen den soeben wiedergegebenen Meinungen - §4 lita und §5 Abs3 Vlbg. GVG anzuwenden. Es geht hier nämlich um den Rechtserwerb an einem land- und forstwirtschaftlichen Grundstück von Todes wegen durch Ausländer; bei Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides sind u.a. diese Vorschriften zur Gänze Maßstab, ist doch nur anhand dieser Bestimmungen zu klären, ob der in Rede stehende Rechtserwerb dem Vlbg. GVG unterliegt oder nicht. Ob die anzuwendenden landesgesetzlichen Bestimmungen der Verfassung entsprechen, ist nicht anhand des dem Anlaßfall zugrundeliegenden Sachverhaltes zu prüfen, sondern von diesem losgelöst (vgl. zB VfSlg. 9336/1982, 9901/1983).

Falls die aufgezeigten Bedenken zutreffen sollten, würde es, um für den Anlaßfall eine verfassungsmäßig unbedenkliche Rechtslage herzustellen, hinreichen, §5 Abs3 zur Gänze und im §4 lita bloß die erwähnte Wendung zu prüfen und gegebenenfalls aufzuheben. Würde §4 lita zur Gänze aus der Rechtsordnung eliminiert, so würde die angenommene Verfassungswidrigkeit wesentlich vergrößert; es würde dadurch nämlich der gesamte Rechtserwerb von Todes wegen in den Geltungsbereich des Vlbg. GVG einbezogen werden.

c) Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

2. In der Sache selbst

a) Der Verfassungsgerichtshof hat im Einleitungsbeschluß (s.o. I.2.c) die näher begründete (vorläufige) Ausgangsposition eingenommen, daß gemäß Art10 Abs1 Z6 B-VG idF vor der Novelle BGBl. 445/1990 der Landesgesetzgeber zwar zuständig war, den Ausländergrundverkehr, soweit es sich um Rechtsgeschäfte unter Lebenden handelt, zu regeln, nicht aber den Rechtserwerb von Grundstücken von Todes wegen. Seit dem Inkrafttreten der B-VG-Novelle BGBl. 445/1990 ist jedoch der Landesgesetzgeber berufen, den Ausländergrundverkehr umfassend zu regeln; dazu gehört auch der "Rechtserwerb von Todes wegen durch Personen, die nicht zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören"; nicht zum Ausländergrundverkehr - und damit nicht zur Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers - zählt also der Rechtserwerb von Todes wegen durch Ausländer, die zur Gruppe der gesetzlichen Erben zählen.

Gegen diese Thesen wurden im Gesetzesprüfungsverfahren keine Einwände erhoben; sie haben sich als zutreffend herausgestellt.

b) aa) Die weitere vorläufige Annahme des Einleitungsbeschlusses, daß das Vlbg. GVG nicht für jeden Fall die Genehmigungspflicht für den Erwerb von Grundstücken durch Ausländer aufgrund gesetzlicher Erbfolge ausschließe, hat sich jedoch als nicht haltbar erwiesen. Inhaltlich stimmt nämlich - wie gleich unten zu bb) dargetan wird - die Umschreibung des von der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung ausgenommenen Kreises der ausländischen Rechtserwerber mit dem Kreis der gesetzlichen Erben überein. Und nur darauf kommt es bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung an, nicht auf die legistische Zweckmäßigkeit, die es näherlegen würde, daß - was hier schon im Hinblick auf die Formulierung des Art10 Abs1 Z6 B-VG idF der Nov. 1990 zulässig wäre - das Landes-Grundverkehrsgesetz an die jeweils geltende bundesgesetzliche Regelung des gesetzlichen Erbrechts anknüpft.

bb) Die Vorarlberger Landesregierung und die Bundesregierung meinen der Sache nach, daß eine zusammenschauende Auslegung der lit. a und b des §4 Vlbg. GVG den Ausschluß der Rechtserwerbe durch gesetzliche Erbfolge von der Genehmigungspflicht ergebe.

Diese Meinung trifft zu:

Zwar nimmt §4 lita Vlbg. GVG Rechtserwerbe durch ausländische Erben nur dann von der Genehmigungspflicht aus, wenn es sich bei den Erben um die Großeltern des Erblassers und deren Nachkommen handelt.

§4 litb erweitert aber inhaltlich den Kreis der von der Genehmigungspflicht ausgenommenen ausländischen Erben um die Urgroßeltern (arg.: alle "Verwandte in gerader Linie") und den Ehegatten des Erblassers. Diese Bestimmung erfaßt nämlich alle Rechtserwerbe, also auch solche durch ausländische Erben. Dies ergibt sich schon aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung, aber auch daraus, daß im §5 Abs3, §10 Abs2 und 3 sowie §18 Abs3 Vlbg. GVG jeweils von "Angehörigen des Erblassers gemäß §4 lita und b" die Rede ist.

Wenngleich legistisch möglicherweise nicht gerade geglückt, werden also sämtliche Personengruppen, die den §§730 ff. ABGB zufolge zur gesetzlichen Erbfolge berufen sind - dem Art10 Abs1 Z 6 B-VG idF der Nov. 1990 entsprechend - vom Anwendungsbereich des Vlbg. GVG nicht erfaßt. Bei verfassungskonformer Auslegung sind gleicherweise unter "Nachkommen der Großeltern" (§4 lita Vlbg. GVG) und unter "Verwandten in gerader Linie" (§4 litb) auch die nach §182 ABGB den Kindern gleichgestellten Wahlkinder zu verstehen.

c) Die im Einleitungsbeschluß geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken treffen also seit dem Inkrafttreten der B-VG-Novelle 1990 (1. Juli 1990 - s. ArtIII Abs1 leg.cit.) nicht mehr zu.

Der im Anlaßfall angefochtene Bescheid vom 31. Oktober 1990 wurde erst nach der erwähnten Konvalidierung erlassen.

Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen waren daher nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

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