Normen
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
AbfallwirtschaftsG §15 Abs2 Z2
AbfallwirtschaftsG §30 Abs2
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
AbfallwirtschaftsG §15 Abs2 Z2
AbfallwirtschaftsG §30 Abs2
Spruch:
Das Verfahren wird hinsichtlich der Drittantragstellerin eingestellt.
Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. 1. Die Antragsteller begehren mit dem vorliegenden, auf Art140 B-VG gestützten Antrag, "die Bestimmung des §15 Abs2 Ziff. 2 im Umfang 'Gebietskörperschaften und Verbände von Gebietskörperschaften' sowie die Bestimmung des §30 Abs2 des Bundesgesetzes vom 6. Juni 1990 über die Vermeidung und Behandlung von Abfällen (Abfallwirtschaftsgesetz - AWG) BGBl. 325/1990", als verfassungswidrig aufzuheben.
2. §15 AWG lautet:
"(1) Wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (verwertet, ablagert oder sonst behandelt), bedarf hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Verläßlichkeit in bezug auf die auszuübende Tätigkeit nachgewiesen werden.
(2) Dem Abs1 unterliegen nicht
- 1. Unternehmen, die ausschließlich im eigenen Betrieb anfallende Altöle verwerten,
- 2. Gebietskörperschaften und Verbände von Gebietskörperschaften sowie Betreiber öffentlicher Sammelstellen (§30),
- 3. ...
(3) ..."
§30 Abs2 AWG lautet:
"Die nicht der Gewerbeordnung 1973 unterliegenden öffentlichen Sammelstellen von Gebietskörperschaften bedürfen keiner Bewilligung nach Abs1; sie sind der Bezirksverwaltungsbehörde jedoch unter Darlegung der Erfüllung der Bewilligungsvoraussetzungen gemäß Abs1 anzuzeigen. Die Errichtung und der Betrieb sind zu untersagen, wenn die Voraussetzungen auch bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden Auflagen nicht gegeben sind."
3. Die Antragsteller erachten sich als Abfallsammler und -behandler gemäß §15 AWG durch die angefochtenen Bestimmungen in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf freie Erwerbsausübung und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie den "sonst in Frage kommenden" Grundrechten verletzt. Eine Besserstellung von Gebietskörperschaften und Verbänden von Gebietskörperschaften dient nach Ansicht der Antragsteller keinem öffentlichen Interesse. Für die durch die angefochtenen Bestimmungen bewirkten Differenzierungen zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden einerseits sowie anderen Gewerbetreibenden andererseits bestehe keine sachliche Rechtfertigung, auch öffentliche Interessen werden durch die angefochtenen Bestimmungen "nicht begünstigt, sondern gefährdet".
4. Die Bundesregierung beantragte in ihrer Äußerung, den Individualantrag mangels Antragslegitimation zurückzuweisen, in eventu abzuweisen. Die Antragsteller seien weder Normadressaten der angefochtenen Bestimmungen noch werde ihre Rechtssphäre durch diese Bestimmungen berührt.
II. 1. Hinsichtlich der Drittantragstellerin wurde der Antrag mit Schriftsatz vom 8. Jänner 1993 zurückgezogen. Das Verfahren war daher in diesem Punkt einzustellen (§19 Abs3 Z3 VerfGG).
2. Im übrigen ist der Antrag nicht zulässig.
Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 10511/1985, 11726/1988).
3. Nach ihren eigenen Vorbringen betreiben die Antragsteller das Gewerbe des Abfallsammlers und -behandlers gemäß §15 AWG. Durch die angefochtenen Bestimmungen werden Gemeinden und Gemeindeverbänden Erleichterungen bei der Ausübung der gegenständlichen Tätigkeiten eingeräumt. Damit sind die Antragsteller aber keinesfalls Adressaten der angefochtenen Bestimmung. Diese werden dadurch auch in ihrer Rechtsstellung nicht beeinträchtigt. Eine die Rechtssphäre der Antragsteller betreffende Belastung kann niemals durch die Ausnahme der Gebietskörperschaften von der Bewilligungspflicht gemäß §15 AWG, sondern - wenn überhaupt - nur durch jene Vorschrift bewirkt werden, aus der sich eine derartige Belastung unmittelbar ergibt (vgl. VfSlg. 11190/1986, 11289/1987). Durch die angefochtenen Bestimmungen können sich allenfalls wirtschaftliche Auswirkungen auf die Antragsteller ergeben.
Die Rechtssphäre der Antragsteller wird durch die genannten Bestimmungen sohin nicht im Sinne des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG berührt.
Der Antrag war daher mangels Legitimation der Antragsteller zurückzuweisen.
Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
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