VfGH G23/06

VfGHG23/064.10.2006

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung der Novellierung einer Bestimmung des Telekommunikationsgesetzes 2003 betreffend die Zusendung elektronischer Post ohne vorherige Einwilligung des Empfängers mangels präziser Bezeichnung der zur Aufhebung beantragten Wortfolge des Gesetzes

Normen

TelekommunikationsG 2003 §107
VfGG §62 Abs1
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
TelekommunikationsG 2003 §107
VfGG §62 Abs1
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. Gestützt auf Art140 Abs1 (letzter Satz) B-VG stellen die Antragsteller folgenden Antrag:

"[...] die ab 1.3.2006 geltende Novellierung des §107 Abs(2) TKG 2003 durch das BGBl I 133/2005 insoweit als verfassungswidrig aufzuheben, als diese Novelle den Entfall der Wortfolge 'an Verbraucher im Sinne des §1 Abs(1) Z2 Konsumentenschutzgesetz' vorsieht und somit die Verbotsbestimmung unterschiedslos für Konsumenten wie für Unternehmen im elektronischen Geschäftsverkehr ab 1.3.2006 in Gültigkeit setzt.

[...]"

§107 TKG lautet idF BGBl. I Nr. 133/2005:

"Unerbetene Nachrichten

§107. (1) Anrufe - einschließlich das Senden von Fernkopien -

zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers sind unzulässig. Der Einwilligung des Teilnehmers steht die Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, gleich. Die erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden; der Widerruf der Einwilligung hat auf ein Vertragsverhältnis mit Adressaten der Einwilligung keinen Einfluss.

(2) Die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - ist ohne vorherige Einwilligung des Empfängers ist unzulässig, wenn

1. die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder

2. an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist.

(3) Eine vorherige Zustimmung für die Zusendung elektronische Post gemäß Abs2 ist dann nicht notwendig, wenn

  1. 1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und

  1. 2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und

  1. 3. der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen und

  1. 4. der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein, insbesondere nicht durch Eintragung in die in §7 Abs2 E-Commerce-Gesetz genannte Liste, abgelehnt hat.

(4) entfällt

(5) Die Zusendung elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung ist jedenfalls unzulässig, wenn die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder bei der keine authentische Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann.

(6) Wurden Verwaltungsübertretungen nach Absatz 1, 2 oder 5 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, an dem die unerbetene Nachricht den Anschluss des Teilnehmers erreicht."

§107 TKG lautete in der Stammfassung, BGBl. I Nr. 70/2003 (die durch die TKG Novelle 2005 entfallene Bestimmung ist unterstrichen):

"Unerbetene Nachrichten

§107. (1) Anrufe - einschließlich das Senden von Fernkopien - zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers sind unzulässig. Der Einwilligung des Teilnehmers steht die Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, gleich. Die erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden; der Widerruf der Einwilligung hat auf ein Vertragsverhältnis mit Adressaten der Einwilligung keinen Einfluss.

(2) Die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - an Verbraucher im Sinne des §1 Abs1 Z2 Konsumentenschutzgesetz ohne vorherige Einwilligung des Empfängers ist unzulässig, wenn

1. die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder

2. an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist.

(3) Eine vorherige Zustimmung für elektronische Post gemäß Abs2 ist dann nicht notwendig, wenn

  1. 1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und

  1. 2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und

  1. 3. der Kunde klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation von vornherein bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen.

(4) Die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - an andere als die in Abs2 genannten Empfänger ist ohne vorherige Einwilligung des Empfängers zulässig, wenn der Versender dem Empfänger in der elektronischen Post oder in der SMS ausdrücklich die Möglichkeit einräumt, den Empfang weiterer Nachrichten abzulehnen.

(5) Die Zusendung elektronischer Nachrichten zu Zwecken der Direktwerbung ist auch bei Vorliegen der Voraussetzungen der Abs2, 3 und 4 unzulässig, wenn die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder bei der keine authentische Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann.

(6) Wurden Verwaltungsübertretungen nach Abs1 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, an dem der Anruf den Anschluss des Teilnehmers erreicht."

II. 1. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie begehrt, den Antrag der Erstantragstellerin auf Aufhebung der ab 1. März 2006 geltenden Novellierung des §107 Abs2 TKG 2003, BGBl. I Nr. 133/2005 als unbegründet abzuweisen, den Antrag des Zweitantragstellers als unzulässig zurückzuweisen.

Den Antrag des Zweitantragstellers hält die Bundesregierung deshalb für unzulässig, weil er von einem Eingriff in die Rechtssphäre anderer Personen lediglich faktisch - nicht aber rechtlich - betroffen sei. Es handle sich hierbei um wirtschaftliche Reflexwirkungen der angefochtenen Regelung.

2. Die Antragsteller erstatteten eine ergänzende Stellungnahme, in der sie zum Vorbringen der Bundesregierung Stellung nehmen und im Wesentlichen ihre Argumente aus dem Antrag wiederholen.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit der Anträge erwogen:

Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Gemäß §62 Abs1 VfGG hat der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, zu begehren, dass entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalte nach oder dass bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Die Antragsteller begehren aber die Aufhebung einer Novellierung, ohne jene Wortfolgen eines Gesetzes, deren Aufhebung begehrt wird, präzise zu bezeichnen. Ein derartiger Antrag entspricht nicht §62 Abs1 VfGG und ist daher zurückzuweisen.

Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 VfGG ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.

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