VfGH G18/04 ua

VfGHG18/04 ua16.12.2004

Keine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips, keine verfassungswidrige Bedarfsgesetzgebung und kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz durch eine Regelung des Stmk Baugesetzes über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Berufungen gegen Bescheide betreffend Verfügung einer Baueinstellung

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art11 Abs2
B-VG Art18 Abs1
AVG §64 Abs1, Abs2
Stmk BauG §41 Abs5
Tir BauO 2001 §33
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art11 Abs2
B-VG Art18 Abs1
AVG §64 Abs1, Abs2
Stmk BauG §41 Abs5
Tir BauO 2001 §33

 

Spruch:

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verwaltungsgerichtshof sind zu den Zlen. 2003/06/0181

und 2003/06/0160 zwei Beschwerden gegen Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol (in der Folge: UVS in Tirol) anhängig, mit denen über beide Beschwerdeführer im Instanzenzug jeweils Verwaltungsstrafen wegen der Fortführung näher bezeichneter Bauvorhaben trotz der vorhergehenden bescheidmäßigen Untersagung der weiteren Bauführung durch die Baubehörde verhängt wurden.

2. Aus Anlass der beiden bei ihm anhängigen Beschwerden stellt der Verwaltungsgerichtshof (zum dortigen Verfahren Z2003/06/0181) zum einen den beim Verfassungsgerichtshof zu G18/04 protokollierten Antrag,

"1) in §33 Abs1 der Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 (Wiederverlautbarung), den zweiten Satz, in eventu

2) in §33 Abs3 zweiter Satz leg. cit. die Wortfolge 'zweiter und' als verfassungswidrig aufzuheben".

In dem beim Verfassungsgerichtshof zu G19/04 protokollierten Verfahren stellt der Verwaltungsgerichtshof (zum dortigen Verfahren Z2003/06/0160) zum anderen den Antrag,

"in §33 Abs3 zweiter Satz der Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 (Wiederverlautbarung), die Wortfolge 'zweiter und' als verfassungswidrig aufzuheben".

3. Zur maßgeblichen Rechtslage:

§33 und §55 Abs1 lita und h Tiroler Bauordnung 2001 in der Fassung der Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 94/2001 (in der Folge: TBO 2001) lauten (die angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben):

"§33

Mängelbehebung, Baueinstellung

(1) Werden im Rahmen der Bauaufsicht wesentliche Mängel in der Ausführung eines Bauvorhabens festgestellt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung der betreffenden Teile des Bauvorhabens zu untersagen und ihm die Behebung der Mängel innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen. Der Berufung gegen einen solchen Bescheid kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Bei Gefahr im Verzug kann die Behörde die weitere Bauausführung durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt einstellen.

(2) Wird dem Auftrag zur Bestellung eines Bauverantwortlichen nicht entsprochen oder ungeachtet des vorzeitigen Endens der Tätigkeit des Bauverantwortlichen ein neuer Bauverantwortlicher nicht bestellt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung des betreffenden Bauvorhabens oder Bauabschnittes oder der betreffenden Bauarbeiten bis zur Bestellung oder Neubestellung eines Bauverantwortlichen zu untersagen. Abs1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden.

(3) Wird ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Baubewilligung ausgeführt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen. Abs1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden. Wird innerhalb eines Monats nach der Untersagung der weiteren Bauausführung nicht nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung angesucht oder wird diese versagt, so hat die Behörde dem Bauherrn die Beseitigung des Bauvorhabens aufzutragen.

(4) Wird ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben ohne Bauanzeige oder vorzeitig ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach §28 Abs2 ausgeführt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen. Abs1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden. Die Behörde hat dem Bauherrn weiters die Beseitigung des Bauvorhabens aufzutragen, wenn

a) die fehlende Bauanzeige nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Untersagung der weiteren Bauausführung nachgeholt wird oder

b) das Bauvorhaben aufgrund der Bauanzeige untersagt wird.

(5) Wird ein Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung ausgeführt und stellt diese Abweichung eine Änderung des Bauvorhabens dar, zu deren selbstständigen Vornahme eine Baubewilligung erforderlich wäre, so ist Abs3 anzuwenden. Dem Bauherrn kann jedoch auf sein begründetes Verlangen statt der Beseitigung des Bauvorhabens die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufgetragen werden.

(6) Wird ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben erheblich abweichend von der Bauanzeige ausgeführt, so ist Abs4 anzuwenden. Im Übrigen gilt Abs5 zweiter Satz sinngemäß."

"§55

Strafbestimmungen

(1) Wer

a) ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne eine entsprechende Baubewilligung oder abweichend von der Baubewilligung oder ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben ohne eine entsprechende Bauanzeige, erheblich abweichend von der Bauanzeige, ungeachtet einer Untersagung nach §22 Abs3 dritter Satz oder vorzeitig ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach §28 Abs2 ausführt,

[...]

h) einem Auftrag, mit dem ihm nach §33 Abs1 bis 6, gegebenenfalls in Verbindung mit §44 Abs6 oder §47 Abs4, die weitere Bauausführung untersagt oder die Beseitigung eines Bauvorhabens oder die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufgetragen wird, nicht nachkommt

[...]

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 500.000,- Schilling, ab 1. Jänner 2002 mit Geldstrafe bis zu 36.300,-- Euro, zu bestrafen.

[...]"

4. Zum Verfahren G19/04:

4.1. Der Verwaltungsgerichthof führt zum Sachverhalt des bei ihm anhängigen Anlassbeschwerdeverfahrens, zur Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung sowie zum Anfechtungsumfang Folgendes aus:

"[...] Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Jakob in Haus vom 23. Oktober 2001 wurde dem Beschwerdeführer im zugrundeliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren (in der Folge kurz: Beschwerdeführer) die baubehördliche Bewilligung zum 'Neubau/Erweiterung' einer Kleineisenbahnanlage, sowie der Errichtung einer Teichanlage und einer Einfriedung auf näher bezeichneten Grundstücken erteilt.

Ausgehend von der auf einen Vermessungsplan gestützten Annahme, dass der Beschwerdeführer bei der Ausführung des Bauvorhabens wesentlich von der Baubewilligung vom 23. Oktober 2002 abgewichen sei, stellte der Bürgermeister der Gemeinde St. Jakob in Haus als Baubehörde erster Instanz mit dem an den Beschwerdeführer gerichteten Bescheid vom 4. Februar 2002 'die abweichend von der Baubewilligung durchgeführten Bauarbeiten gemäß §33 Abs1 und 5 der Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94/2001, mit sofortiger Wirkung ein' und untersagte 'die weitere Ausführung der Kleineisenbahn-Erweiterung sowie der Naturteich-Errichtung' auf den näher bezeichneten Grundstücken. Weiters heißt es im Spruch des Bescheides, 'Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid kommt gemäß §33 Abs1 Tiroler Bauordnung 2001 keine aufschiebende Wirkung zu'.

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 27. Mai 2002 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, bei einer baubehördlichen Überprüfung am 4. Februar 2002 sei festgestellt worden, dass die (mit dem Bescheid vom 23. Oktober 2001 bewilligte) Bauführung in mehreren Bereichen 'außerhalb der hierfür genehmigten Widmungskategorien' erfolgt sei. Außerdem sei das Bauvorhaben zumindest bis 21. Februar 2002 weiter ausgeführt worden (Errichtung der Gleisanlage, Durchführungen von Aufschüttungen usw.), obwohl mit dem Bescheid vom 4. Februar 2002 (der vom Beschwerdeführer am 6. Februar 2002 übernommen worden sei) die weitere Bauführung untersagt worden sei.

Der Beschwerdeführer habe hiedurch

1. ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung ausgeführt und sei

2. einem Auftrag, mit dem ihm nach §33 Abs1 und 5 der Tiroler Bauordnung 2001 die weitere Bauführung untersagt worden sei, nicht nachgekommen.

Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. §20 Abs1 lita der Tiroler Bauordnung 2001 in Verbindung mit §55 Abs1 lita leg. cit.

2. §33 Abs1 und 5 der Tiroler Bauordnung 2001 in Verbindung mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Jakob in Haus vom 4. Februar 2002 in Verbindung mit §55 Abs1 lith leg. cit.

Hiefür wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen (im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er unter anderem darauf verwies, dass der Bescheid vom 4. Februar 2002 nicht rechtskräftig sei.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 18. August 2003 hat die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde (UVS in Tirol) der Berufung hinsichtlich des Schuldvorwurfes zu Punkt 1. des erstinstanzlichen Bescheides Folge gegeben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z3 VStG eingestellt, hinsichtlich des Schuldvorwurfes zu Punkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides hingegen der Berufung nur hinsichtlich der Strafzumessung Folge gegeben, und im Übrigen 'die Beitragspflicht zu den Verfahrenskosten 1. Instanz' neu bestimmt. Zum Tatvorwurf zu Punkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass diesbezüglich der am 6. Februar 2002 zugestellte vollstreckbare Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Jakob in Haus vom 4. Februar 2002 vorliege.

Durch die danach bis 21. Februar 2002 vorgenommene weitere Bauausführung im Bereich der Kleineisenbahn-Erweiterung habe der Beschwerdeführer gegen die Bestimmung des §55 Abs1 lith der Tiroler Bauordnung 2001 verstoßen. Seine Bestrafung in diesem Punkt sei somit zu Recht erfolgt.

Dagegen - nämlich insoweit, als der Beschwerdeführer mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hinsichtlich des Schuldvorwurfes gemäß dem genannten Punkt 2. zu einer Geldstrafe verurteilt wurde - richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher unter anderem darauf verwiesen wird, dass der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 4. Februar 2002 fristgerecht Berufung erhoben und gleichzeitig beantragt habe, der Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Über die Berufung sei bislang noch nicht entschieden worden.

[...] Die Behörden des Verwaltungsverfahrens haben dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, gegen den Bescheid vom 4. Februar 2002, der nach Auffassung der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren belangten Behörde einen Auftrag, mit dem ihm nach §33 Abs1 und 5 TBO 2001 die weitere Bauausführung untersagt worden sei, im Sinne des §55 Abs1 lith leg. cit. enthalte, verstoßen zu haben, wobei dieser Bescheid im angelasteten Tatzeitraum - unbestritten - nicht rechtskräftig war. Unter Heranziehung des §33 Abs1 zweiter Satz i. V.m. Abs3 und Abs5 TBO 2001 legte die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde die angewendete Strafbestimmung des §55 Abs1 lith TBO 2001 offensichtlich so aus, dass unter dem Begriff des 'Auftrages, mit dem nach §33 Abs1 bis Abs6 die weitere Bauausführung untersagt wird', bereits der erstinstanzlich erteilte (vollstreckbare) Auftrag zu verstehen ist, es demnach nicht auf die Rechtskraft eines solchen Auftrages ankommt. Auch wenn die Strafnorm des §55 Abs1 lith TBO 2001 nur an einen solchen Auftrag gemäß §33 Abs1 bis 6 TBO 2001 im Sinne einer Tatbestandsvoraussetzung anknüpft, hat die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde bei der Frage, auf welchen Auftrag sich §55 Abs1 lith TBO 2001 bezieht (nämlich auf einen noch nicht rechtskräftigen erstinstanzlichen Auftrag oder auf einen rechtskräftigen Auftrag), §33 Abs5 i.V.m. Abs3 i. V.m. Abs1 zweiter Satz TBO 2001 angewendet (bzw. hatte diese Normen anzuwenden) und im Hinblick auf die Regelung des generellen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung in diesen Normen (in Abs1 unmittelbar, ansonsten durch Verweise auf Abs1) auf den erstinstanzlichen Auftrag vom 4. Februar 2002 abgestellt. Grundlage des Vorwurfes ist daher auch der zweite Satz des §33 Abs1 TBO 2001 (auf welchen in Abs3 leg. cit. bzw. in Abs5 iVm Abs3 leg. cit. verwiesen wird), wonach der Berufung gegen 'einen solchen Bescheid' (nämlich im Sinne des §33 Abs1 erster Satz leg. cit.) keine aufschiebende Wirkung zukommt.

Gemäß der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist der Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Fall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 1972, VfSlg. 6674/1972, oder vom 16. Dezember 1978, VfSlg. 8461/1978, uva.)

Den in der Folge näher darzustellenden Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gegen den im §33 Abs1 zweiter Satz TBO 2001 vorgesehenen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung kann daher vorliegendenfalls in Bezug auf Abs5 leg. cit. nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes durch Aufhebung der Worte 'zweiter und' in Abs3 zweiter Satz leg. cit. im Sinne der dargelegten Grundsätze des Verfassungsgerichtshofes Rechnung getragen werden, weil dadurch die Verweisungskette unterbrochen wird. Der Aufhebung des zweiten Satzes des §33 Abs1 TBO 2001 bedarf es nicht."

4.2. Seine Bedenken gegen die angefochtene Wortfolge in §33 Abs3 TBO 2001 legt der Verwaltungsgerichtshof in diesem Antrag folgendermaßen dar:

"[...] Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken (anzumerken ist, dass diese Bedenken in weiten Teilen jenen entsprechen, die der Verwaltungsgerichtshof in seinem Antrag an den Verfassungsgerichtshof vom 18. September 2003, Zl. A2003/14, eine Wortfolge in §41 Abs5 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59, aufzuheben, dargelegt hat):

[...] Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, der Sinn des rechtsstaatlichen Prinzips liege darin, dass alle Akte staatlicher Organe im Gesetz und mittelbar letzten Endes in der Verfassung begründet sein müssen und ein System von Rechtsschutzeinrichtungen die Gewähr dafür bietet, dass nur solche Akte in ihrer rechtlichen Existenz als dauernd gesichert erscheinen, die in Übereinstimmung mit den sie bedingenden Akten höherer Stufe erlassen wurden. Es gehe nicht an, den Rechtsschutzsuchenden generell einseitig mit allen Folgen einer potenziell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung solange zu belasten, bis sein Rechtsschutzgesuch endgültig erledigt ist. Zu berücksichtigen seien in diesem Zusammenhang allerdings nicht nur seine Position, sondern auch Zweck und Inhalt der Regelung, ferner die Interessen Dritter sowie schließlich das öffentliche Interesse. Der Gesetzgeber habe unter diesen Gegebenheiten einen Ausgleich zu schaffen, wobei aber dem Grundsatz der faktischen Effizienz eines Rechtsbehelfs der Vorrang zukomme und dessen Einschränkung nur aus sachlich gebotenen (nach den meisten der angeführten Erkenntnisse auch: triftigen) Gründen zulässig sei; auf welche Weise dieser Ausgleich vom Gesetzgeber vorgenommen werden müsse, ließe sich nicht allgemein sagen (VfSlg. 11.196/1986, 12.683/1991, 13.305/1992, 14.671/1996, 15.218/1998, 15.511/1999, 16.245/2002).

§33 Abs1 zweiter Satz TBO 2001 dürfte im Widerspruch zum rechtsstaatlichen Prinzip in diesem Sinne stehen. Sie sieht nämlich vor, dass Berufungen gegen Bescheide, mit denen nach diesem Absatz (bzw. kraft Verweisung nach den Absätzen 3 und 5 dieses Paragraphen) die Baueinstellung verfügt wurde, ohne jede Ausnahme keine aufschiebende Wirkung zukommen soll. Sachliche und triftige Gründe im Sinne der angeführten Rechtsprechung sind hiefür nicht zu erkennen. Auch den Gesetzesmaterialien lassen sich solche Gründe nicht entnehmen:

Bei der TBO 2001 handelt es sich um die Wiederverlautbarung der Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15. In den Erläuternden Bemerkungen [...] heißt es, soweit vorliegendenfalls erheblich, §33 der Tiroler Bauordnung 1998 regle vergleichbar dem bisherigen §40 der Tiroler Bauordnung die einzelnen im Zuge der Bauausführung in Betracht kommenden baupolizeilichen Aufträge; zur Frage des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Berufung wird dort nichts ausgeführt.

Bei der Tiroler Bauordnung, auf die in diesen Erläuternden Bemerkungen Bezug genommen wird, handelt es sich um die Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989. Diese ist eine Wiederverlautbarung der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978. Der in Frage stehende Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in §40 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978, (und dem gemäß in der Folge nach Wiederverlautbarung in der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989) wurde aus Anlass der Neufassung dieses §40 leg. cit. durch die dritte Bauordnungsnovelle, LGBl. Nr. 10/1989, normiert. In den zugrundeliegenden Erläuternden Bemerkungen zur dritten Bauordnungsnovelle heißt es dazu, der Abs1 (des §40) folge der bisherigen Rechtslage. Neu sei die verfahrensrechtliche Vorschrift, wonach der Berufung gegen einen Mängelbehebungsauftrag keine aufschiebende Wirkung zukomme. Diese vom allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht abweichende Regelung sei nach den Erfahrungen aus der Praxis erforderlich, um die Beseitigung von Mängeln bei der Ausführung von Bauvorhaben im Interesse der Sicherheit von Menschen und Sachen möglichst rasch durchsetzen zu können. Aus diesem Grund sei auch die Ermächtigung der Baubehörden zur Einstellung der Bauarbeiten durch entsprechende Maßnahmen in Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ohne vorausgegangenes Verfahren notwendig.

Selbst bei Annahme eines öffentlichen Interesses an einer raschen und effektiven Durchsetzung 'der Beseitigung von Mängeln bei der Ausführung von Bauvorhaben im Interesse der Sicherheit von Menschen und Sachen' ist nicht zu ersehen, aus welchen sachlich gebotenen und triftigen Gründen der Grundsatz der faktischen Effizienz einer gegen einen solchen Baueinstellungsauftrag gerichteten Berufung stets und ohne jede Ausnahme verneint werden muss. Dies ist insbesondere angesichts des Umstandes augenscheinlich, dass ein Baueinstellungsauftrag nach §33 Abs3 TBO 2001 nach dem Gesetzeswortlaut in jedem Fall der Ausführung von bewilligungspflichtigen Bauvorhaben ohne Bewilligung zu erlassen ist (was sinngemäß in den Fällen des §33 Abs5 TBO 2001 gilt), und der Behörde hier kein Ermessen eingeräumt ist. Die angefochtene Regelung könnte auch zur Konsequenz haben, dass auch bloße Sicherungsmaßnahmen zur Sicherung des Bestandes eines bereits begonnenen Bauvorhabens schon in einem Zeitraum unzulässig sind, in dem das Rechtsschutzgesuch gegen den Baueinstellungsauftrag noch gar nicht erledigt ist.

[...] Gemäß Art11 Abs2 B-VG werden, soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften als vorhanden erachtet wird, das Verwaltungsverfahren, die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechtes, das Verwaltungsstrafverfahren und die Verwaltungsvollstreckung auch in den Angelegenheiten, in denen die Gesetzgebung den Ländern zusteht, insbesondere auch in den Angelegenheiten des Abgabenwesens, durch Bundesgesetz geregelt; abweichende Regelungen können in den die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetzen nur dann getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind. Von dieser 'Bedarfsgesetzgebungskompetenz' hat der Bund durch Erlassung der Verwaltungsverfahrensgesetze, u.a. des AVG, Gebrauch gemacht. Gemäß §64 Abs1 AVG haben rechtzeitig eingebrachte Berufungen aufschiebende Wirkung. Nach Abs2 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

§33 Abs1 zweiter Satz TBO 2001 stellt im Sinne des Art11 Abs2 B-VG von diesen Anordnungen des AVG auch eine abweichende Regelung derart dar, dass einer Berufung gegen eine gemäß §33 Abs1, Abs3 oder Abs5 TBO 2001 verfügte Baueinstellung in jedem Fall kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt und der Bescheid, obwohl noch nicht rechtskräftig, durchsetzbar wird. Im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 8945/1980, S 251 f) greift diese Regelung also in den normativen Bereich des §64 Abs1 und 2 AVG ein. Der Verfassungsgerichtshof hat in dem genannten Erkenntnis auch die Auffassung vertreten, zur Auslegung des Wortes 'erforderlich' in Art11 Abs2 B-VG könne auf seine bisherige Rechtsprechung zu dem in dieser Hinsicht wortgleichen Art15 Abs9 B-VG derart zurückgegriffen werden, dass abweichende Regelungen nur dann als erforderlich anzusehen sind, wenn sie für die Regelung des Gegenstandes unerlässlich sind (vgl. VfSlg. 558/1926, 1809/1949, 6343/1970, 8945/1980, 8989/1980, 10.097/1984, 13.322/1992, 13.838/1994, 14.374/1995).

Der Verwaltungsgerichtshof hat nun das weitere Bedenken, dass die angefochtene Regelung im Lichte dieser Rechtsprechung nicht als erforderlich angesehen werden kann. Jedenfalls ist ihm nicht erkennbar, dass es im Sinne der dargelegten Rechtsprechung für die Regelung der Baueinstellung unerlässlich wäre, die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen eine solche Maßnahme schon kraft Gesetzes ausnahmslos auszuschließen. Dies auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass den Gesetzesmaterialien zur Tiroler Bauordnung keinerlei Anhaltspunkte für eine solche Unerlässlichkeit zu entnehmen sind.

Es dürfte auch auszuschließen sein, dass hier jene Überlegungen zutreffen, die der Verfassungsgerichtshof in dem schon zitierten Erkenntnis VfSlg. 8945/1980 (S 252 f.) aus dem Fehlen von Übergangsvorschriften zu dem durch die B-VG-Novelle 1974, BGBl. 444, neu gefassten Art11 Abs2 B-VG angestellt hat, dass nämlich der Verfassungsgesetzgeber in den von ihm vorgefundenen einfachgesetzlichen Rechtsbestand bloß im geringstmöglichen Ausmaß einzugreifen beabsichtigte und daher vorher bestandenen - abweichenden - landesgesetzlichen Rechtsvorschriften durch das Inkrafttreten der genannten B-VG-Novelle nicht derogiert wurde, diese folglich weiterhin dem Rechtsbestand angehören (vgl. in diesem Zusammenhang auch VfGH 11.3.1994, B966/93, B1089/93). Die angefochtene Gesetzesstelle ist nämlich danach in Kraft getreten, in den davor geltenden, vor dieser B-VG-Novelle in Kraft getretenen Vorschriften fand sich eine gleichartige Regelung nicht (die, wie oben dargelegt, erst mit der 3. Bauordnungs-Novelle 1988, LGBl. Nr. 10/1989, normiert wurde).

[...]"

5. Zu G18/04:

5.1. Zum dort zugrunde liegenden Beschwerdesachverhalt und zur Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung führt der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus:

"[...] Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Patsch vom 8. Jänner 2002 wurde dem Beschwerdeführer Folgendes aufgetragen

[...]:

'Auf Grund des Ergebnisses des Lokalaugenscheines am 4.1.2002 mit dem Bausachverständigen [...] und Bgm. [...] wird gemäß §33 (1) der Tiroler Bauordnung (TBO) die weitere Ausführung des Bauvorhabens für die Errichtung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes auf der Gp. [...] untersagt, da die Bauarbeiten am Wirtschaftsgebäude nicht plan- und bescheidgemäß ausgeführt werden.

Der Berufung kommt keine aufschiebende Wirkung zu.'

Begründend heißt es, gemäß §33 Abs1 der Tiroler Bauordnung [2001] habe die Baubehörde die Fortsetzung von Arbeiten an einem Bauvorhaben zu untersagen, wenn im Rahmen der Bauaufsicht wesentliche Mängel in der Ausführung eines Bauvorhabens festgestellt werden. Der Beschwerdeführer werde aufgefordert, innerhalb eines Monates nach Untersagung der weiteren Bauausführung den plan- und bescheidmäßigen Zustand herzustellen. Da das Bauvorhaben für die Errichtung eines 'Neubaus Wohn- und Wirtschaftsgebäude[s]' auf dem näher bezeichneten Grundstück nicht plan- und bescheidmäßig ausgeführt worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 30. April 2002 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als Eigentümer des näher bezeichneten Grundstückes entgegen dem Bescheid des Bürgermeisters vom 8. Jänner 2002 die weitere Ausführung des Bauvorhabens für die Errichtung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes nicht unterlassen. Er habe am Wirtschaftsgebäude die Dacharbeiten bis zur Fertigstellung fortgeführt.

Dadurch, dass er trotz des Baueinstellungsbescheides gemäß §33 Abs1 der Tiroler Bauordnung [2001] weitere Arbeiten am Objekt auf dem genannten Grundstück getätigt habe, habe er eine Verwaltungsübertretung nach §55 Abs1 lith der Tiroler Bauordnung [2001] begangen.

Hiefür wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er darauf verwies, dass zwischenzeitig seiner Berufung gegen den Bescheid vom 8. Jänner 2002 mit Berufungsbescheid vom 24. Mai 2002 insoweit Folge gegeben worden sei, als die Baueinstellung nur mehr die Bauteile Keller, Wohngebäude und den Westtrakt des landwirtschaftlichen Gebäudes betreffe. Die Baueinstellung hinsichtlich 'aller übrigen Gebäudeteile am Wohngebäude und Wirtschaftsgebäude' sei aufgehoben worden. Es zeige sich somit, dass der erstinstanzliche Bescheid vom 8. Jänner 2002 weit überschießend gewesen und somit in weiten Bereichen rechtswidrig ergangen sei. Es möge zutreffen, dass im erstinstanzlichen Bescheid vom 8. Jänner 2002 auch festgehalten worden sei, dass der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt werde und somit formal allenfalls gegen diesen Bescheid verstoßen worden sei. Andererseits sei es aber unerlässlich, nunmehr exakt zu ermitteln, ob er allenfalls nach Erlassung des erstinstanzlichen Baueinstellungsbescheides (vom 8. Jänner 2002) Arbeiten durchgeführt habe, die den Westtrakt des landwirtschaftlichen Gebäudes betroffen hätten (wird näher ausgeführt).

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 9. Juli 2003 hat die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde (UVS in Tirol) der Berufung hinsichtlich des Strafausspruches Folge gegeben und die über den Beschwerdeführer verhängte Strafe herabgesetzt, weiters, den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses dahin präzisiert und ergänzt, dass der erstinstanzliche Bescheid vom 8. Jänner 2002 zugestellt und am 9. Jänner 2002 persönlich übernommen worden sei, und der Tatzeitraum mit 'jedenfalls vom 15.01.2002 bis zum 24.01.2002' angelastet werde.

In der Begründung dieses Bescheides wird unter anderem darauf verwiesen, dass der Gemeindevorstand der Gemeinde P[...] mit Bescheid vom 24. Mai 2002 über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 8. Jänner 2002 wie folgt entschieden habe:

'Die Berufung wird dahingehend abgewiesen, da die Baueinstellung bei dem nicht bescheidgemäß errichteten Wirtschaftsgebäude West und der Kellerwand des Wohngebäudes zu Recht erfolgte. Alle anderen bescheidmäßig ausgeführten Baulichkeiten sind von der Baueinstellung ausgenommen.'

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. November 2002 sei der vom Beschwerdeführer gegen diesen Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung Folge gegeben und der Berufungsbescheid, soweit damit die erstinstanzliche Baueinstellung betreffend die nicht plan- und bescheidgemäße Ausführung des Daches des Wirtschaftsgebäudes West und einer Kellerwand des Wohngebäudes bestätigt worden sei, behoben und die Angelegenheit in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen worden.

In der Begründung des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides heißt es nach Wiedergabe der §31 Abs1 und §55 Abs1 lith TBO 2001 unter anderem weiters, bei der Anordnung einer Baueinstellung handle es sich um einen baupolizeilichen Befehl, der unmittelbar und so lange zu befolgen sei, als der entsprechende Bescheid in Geltung stehe. Dementsprechend habe der Gesetzgeber von sich aus einer allfälligen Berufung gegen einen solchen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Wesentliche Voraussetzung für einen Pflichten begründenden Bescheid, wie dies ein Auftrag zur Einstellung von Bauarbeiten sei, sei die Bestimmtheit des Auftrages. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach rechtswirksamer Zustellung des Baueinstellungsbescheides weitere Arbeiten zumindest am Wirtschaftsgebäude durchgeführt habe, obwohl ihm mit dem Baueinstellungsbescheid die weitere Ausführung des Bauvorhabens betreffend das gesamte Objekt untersagt worden sei. Damit sei der Tatbestand des §55 Abs1 lith der Tiroler Bauordnung [2001] in objektiver Hinsicht verwirklicht. Soweit der Beschwerdeführer zur Rechtfertigung seines Verhaltens - nämlich der Weiterführung der Bauarbeiten nach Zustellung des Baueinstellungsbescheides - vorbringe, dass das zugrundeliegende Bauvorhaben unzumutbar lange gedauert habe, und nicht endgültig geklärt sei, welche Bauausführung genehmigt sei und der Baueinstellungsbescheid in der Folge von der Berufungsbehörde abgeändert und danach behoben worden sei, sei ihm entgegenzuhalten, dass dieses Vorbringen für das gegenständliche Strafverfahren nicht entscheidungsrelevant sei. Maßgeblich in diesem Verwaltungsstrafverfahren sei, dass trotz des rechtswirksamen und sofort vollstreckbaren Baueinstellungsbescheides weitere Bauarbeiten durchgeführt worden seien. Auch gehe aus der Verantwortung des Beschwerdeführers selbst hervor, dass ihm bewusst gewesen sei, dass sich die Baueinstellung auf das gesamte Objekt beziehe. Er habe daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten und es habe die erstinstanzliche Verwaltungsstrafbehörde zu Recht als Verschuldensform Vorsatz angenommen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

[...]

Gemäß §55 Abs1 lith TBO 2001 ist zu bestrafen, wer einem Auftrag, mit dem ihm (soweit vorliegendenfalls erheblich) nach §33 Abs1 bis 6 die weitere Bauausführung untersagt wird, nicht nachkommt.

[...] Der letzte Satz des Bescheides vom 8. Jänner 2002 lautet: 'Der Berufung kommt keine aufschiebende Wirkung zu'. Dies ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes schon auf Grund der Wortwahl und des Umstandes, dass als Rechtsgrundlage nur §33 Abs1 TBO 2001 angeführt ist, (lediglich) als Hinweis auf den in dieser Gesetzesstelle normierten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung zu verstehen (womit die Rechtslage unmissverständlich klargestellt werden soll), nicht aber als Ausspruch, dass gemäß §64 Abs2 AVG (vorweg) die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen werden sollte. In diesem Sinne hat auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber 'von sich aus' einer allfälligen Berufung gegen einen solchen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt habe.

Die Behörden des Verwaltungsstrafverfahrens haben dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, gegen den Bescheid vom 8. Jänner 2002, der nach Auffassung der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren belangten Behörde einen Auftrag, mit dem ihm nach §33 Abs1 TBO 2001 die weitere Bauausführung untersagt worden sei, im Sinne des §55 Abs1 lith leg. cit. enthalte, verstoßen zu haben, wobei dieser Bescheid im angelasteten Tatzeitraum - unbestritten - nicht rechtskräftig war. Unter Heranziehung des §33 Abs1 zweiter Satz TBO 2001 legte die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde die angewendete Strafbestimmung des §55 Abs1 lith TBO 2001 zweifellos so aus, dass unter dem Begriff des 'Auftrages, mit dem nach §33 Abs1 bis Abs6 die weitere Bauausführung untersagt wird', bereits der erstinstanzlich erteilte (vollstreckbare) Auftrag zu verstehen ist, es demnach nicht auf die Rechtskraft eines solchen Auftrages ankommt. Auch wenn die Strafnorm des §55 Abs1 lith TBO 2001 nur an einen solchen Auftrag gemäß §33 Abs1 bis 6 TBO 2001 im Sinne einer Tatbestandsvoraussetzung anknüpft, hat die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde bei der Frage, auf welchen Auftrag sich §55 Abs1 lith TBO 2001 richtet (nämlich auf den noch nicht rechtskräftigen erstinstanzlichen Auftrag oder auf einen rechtskräftigen Auftrag), §33 Abs1 zweiter Satz TBO 2001 angewendet (bzw. hatte diese Normen anzuwenden) und im Hinblick auf die Regelung des generellen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung in diesen Regelungen (in Abs1 unmittelbar, ansonsten durch Verweise auf Abs1) auf den erstinstanzlichen Auftrag vom 8. Jänner 2002 abgestellt. Grundlage des Vorwurfes ist daher auch der zweite Satz des §33 Abs1 TBO 2001, wonach der Berufung gegen 'einen solchen Bescheid' (nämlich im Sinne des §33 Abs1 erster Satz leg. cit.) keine aufschiebende Wirkung zukommt.

Die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde hat sich (im Übrigen gleichermaßen wie die erstinstanzliche Behörde) nur auf §33 Abs1 TBO 2001 gestützt und nicht auf einen anderen Absatz dieses Paragraphen.

Aus diesem Blickwinkel erscheint nur dieser Absatz präjudiziell.

Allerdings wird der Bescheid vom 8. Jänner 2002 damit begründet, dass die Bauarbeiten nicht plan- und bescheidgemäß ausgeführt würden, was wohl eher dem §33 Abs5 TBO 2001 zu subsumieren ist als dem Abs1 leg. cit. Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof der Auffassung ist, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde hätte denkmöglicherweise (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1983, VfSlg. Nr. 9911) richtigerweise §33 Abs5 TBO 2001 anzuwenden gehabt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1979, VfSlg. Nr. 8647), wäre für sie der Abs1 dieser Gesetzesstelle nicht unmittelbar anwendbar gewesen, sondern im Hinblick auf die sich aus Abs3 und Abs5 ergebende Verweisungskette nur mittelbar. Abs5 leg. cit. verweist nämlich auf Abs3 leg. cit., Abs3 zweiter Satz leg. cit. wiederum auf Abs1 zweiter und dritter Satz leg. cit. Den in der Folge näher darzustellenden Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gegen den im §33 Abs1 zweiter Satz TBO 2001 vorgesehenen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung kann aber vorliegendenfalls in Bezug auf Abs5 leg. cit. nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes durch Aufhebung der Worte 'zweiter und' in Abs3 zweiter Satz leg. cit. Rechnung getragen werden, weil dadurch die Verweisungskette unterbrochen wird. Der Aufhebung des zweiten Satzes des §33 Abs1 TBO 2001 bedürfte es nicht."

5.2. Die vom Verwaltungsgerichtshof gegen die angefochtene Bestimmung gehegten Bedenken decken sich mit jenen, die im Verfahren zu G19/04 vorgebracht wurden.

6. Die Tiroler Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofes zu G19/04 und dem Primärantrag zu G18/04 in der Frage der Zulässigkeit ausdrücklich nicht entgegentritt; zum Eventualantrag im Verfahren G18/04 wendet sie ein, der Verwaltungsgerichtshof habe im Anlassbeschwerdeverfahren aufgrund der Tatbestandswirkung des zugrunde liegenden baupolizeilichen Auftrages ausschließlich §33 Abs1 zweiter Satz TBO 2001 anzuwenden, weshalb die Zulässigkeit des Eventualantrages auf Aufhebung der Wortfolge "zweiter und" in §33 Abs3 zweiter Satz leg. cit. im genannten Verfahren nach Auffassung der Tiroler Landesregierung nicht gegeben sei. In der Sache tritt sie den Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes entgegen und beantragt die Abweisung der Anträge.

Im Einzelnen führt sie dazu Folgendes aus:

"[...]

Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung sind die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes aus folgenden Gründen [...] sachlich nicht begründet:

Der Verwaltungsgerichtshof gibt die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Grundsatz der faktischen Effizienz von Rechtsbehelfen zutreffend wieder. Demnach 'geht (es) nicht an, den Rechtsschutzsuchenden generell einseitig mit allen Folgen einer potenziell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung so lange zu belasten, bis sein Rechtsschutzgesuch endgültig erledigt ist. Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang allerdings nicht nur seine Position, sondern auch Zweck und Inhalt der Regelung, ferner die Interessen Dritter sowie schließlich das öffentliche Interesse. Der Gesetzgeber hat unter diesen Gegebenheiten einen Ausgleich zu schaffen, wobei aber dem Grundsatz der faktischen Effizienz eines Rechtsbehelfs der Vorrang zukommt und dessen Einschränkung nur aus sachlich gebotenen Gründen zulässig ist; auf welche Weise dieser Ausgleich vom Gesetzgeber vorgenommen werden muss, lässt sich nicht allgemein sagen' (so VfSlg. 16.245, Punkt 2.4.1. der Begründung, unter Hinweis auf die wesentliche einschlägige Vorjudikatur). Die in Rede stehenden Gründe müssen triftig sein (VfSlg. 16.460 und eine Reihe von Vorjudikaten). Aus VfSlg. 13.003 ergibt sich, dass die Interessenabwägung entweder im Gesetz selbst vorgenommen oder die Verwaltungsbehörde zu einer solchen Abwägung verpflichtet werden muss.

Die Tiroler Landesregierung verkennt nicht, dass diese Rechtsprechung einem gesetzlichen Regime, mit dem der Berufung gegen einen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt wird, in der Regel entgegenstehen wird. Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung ist diese Rechtsprechung aber nicht in dem weiteren Sinn zu verstehen, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung in einem bestimmten Verfahren in jedem Fall als mit dem rechtsstaatlichen Prinzip im Widerspruch stehend anzusehen wäre.

Ein gesetzliches Regime, das die Wirkungen der Berufung auf den angefochtenen Bescheid in einem bestimmten Verfahren unmittelbar regelt, hat naturgemäß zur Voraussetzung, dass bei diesem Verfahren an sich eine Bedachtnahme auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles sachlich nicht erforderlich ist. Andernfalls müsste es der Verwaltungsbehörde überlassen bleiben, anhand allgemeiner gesetzlicher Kriterien die Wirkungen der Berufung auf den angefochtenen Bescheid im Einzelfall zu bestimmen. Dies gilt auch für den in den Anlassverfahren präjudiziellen gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung gegen Baueinstellungsbescheide. Ein solcher Ausschluss erfordert eine Vorwegnahme der vom Verfassungsgerichtshof nach der vorhin dargestellten Rechtsprechung geforderten Interessenabwägung. Dementsprechend wird die fehlende Suspensivwirkung der Berufung dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen, wenn aufgrund der Besonderheiten der betreffenden Verfahren bei einer Gesamtschau der in die Abwägung einzubeziehenden Gegebenheiten und Interessen dem Interesse an der sofortigen Realisierung des Bescheides allgemein der Vorrang vor den gegenläufigen Rechtsschutzinteressen zukommen sollte. Aufgrund des Vorranges der faktischen Effizienz von Rechtsbehelfen wird eine solche Vorrangwirkung aber nur dann angenommen werden dürfen, wenn wichtige und legitime gesetzliche Zielsetzungen stets die sofortige Realisierung des Bescheides erfordern.

Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung ist dies in Ansehung der gegenständlichen baupolizeilichen Aufträge der Fall.

§33 Abs3 der Tiroler Bauordnung 2001 sieht die Erlassung eines Baueinstellungsbescheides dann vor, wenn ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne die dafür notwendige Baubewilligung ausgeführt wird. In Verbindung mit dem §33 Abs5 leg.cit. ist diese Konsequenz dann vorgesehen, wenn für ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben eine Baubewilligung zwar besteht, die Bauausführung von dieser aber derart abweicht, dass die Abweichung für sich eine Baubewilligung erfordern würde.

Im System (nicht nur) des Tiroler Baurechtes kommt dem Bauverfahren zentrale Bedeutung zu, weil dieses dem Schutz elementarer bau- und raumordnungsrechtlicher Interessen dient. Auf das Wesentliche zusammengefasst wird über die Baubewilligung neben der Einhaltung des Flächenwidmungsplanes und der Bebauungspläne und dem Schutz des Orts- und Straßenbildes vor allem auch sichergestellt, dass Bauvorhaben den allgemeinen bautechnischen Erfordernissen entsprechen. Dabei handelt es sich um die Erfordernisse der mechanischen Festigkeit und Standsicherheit, des Brandschutzes, der Hygiene, der Gesundheit und des Umweltschutzes, der Nutzungssicherheit, des Schallschutzes, der Energieeinsparung und des Wärmeschutzes (vgl. §16 Abs1 der Tiroler Bauordnung 2001). Die Tiroler Bauordnung 2001 unterwirft sämtliche Arten von Bauvorhaben, bei denen diese bautechnischen Erfordernisse wesentlich berührt werden, der Bewilligungspflicht (§20 Abs1 leg.cit.). Keiner Baubewilligung bedürfen jene Arten von Bauvorhaben, bei denen bautechnische Erfordernisse nur in einem geringeren Ausmaß berührt werden. Je nach dem Ausmaß, in dem diese Erfordernisse auch hier berührt werden, unterliegen solche Bauvorhaben entweder einem Anzeigeverfahren oder sie dürfen ohne eine Baubewilligung und Bauanzeige ausgeführt werden (vgl. §20 Abs2 und 3 leg.cit.).

Eine konsenslose oder vom erteilten Baukonsens erheblich abweichende Bauausführung gefährdet sohin allgemein grundlegende bau- und raumordnungsrechtliche Schutzgüter. Mit der in diesen Fällen verpflichtenden Erlassung eines Baueinstellungsbescheides nach §33 Abs3 bzw. Abs3 in Verbindung mit Abs5 leg.cit. wird verhindert, dass diese Schutzgüter in einem noch größeren Ausmaß gefährdet werden. Die Suspensivwirkung der Berufung würde dagegen bewirken, dass die Bauausführung während der gesamten Dauer des Berufungsverfahrens zu Lasten dieser Schutzgüter weiter fortgesetzt werden kann.

Gegen diese Konsequenz spricht schon, dass die Fortsetzung der Bauausführung an sich in einem unauflöslichen Widerspruch zum Baueinstellungsbescheid steht. Der Baubehörde, die im Fall einer konsenslosen oder vom erteilten Baukonsens erheblich abweichenden Bauführung zur unverzüglichen Erlassung eines Baueinstellungsbescheides verpflichtet ist, ist die weitere Duldung der Bauausführung derart nicht zuzusinnen. Zweck und Inhalt der Regelung sprechen sohin für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung. Dazu kommt, dass angesichts der aufgezeigten Gefährdung wesentlicher bau- und raumordnungsrechtlicher Schutzgüter auch das öffentliche Interesse für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung spricht. Im Rahmen der den Nachbarn im Bauverfahren eingeräumten subjektiven Rechte korreliert dieses öffentliche Interesse überdies mit dem Nachbarinteresse.

Umgekehrt kann der Bauherr eines von einer Baubewilligung nicht gedeckten Bauvorhabens kein solches schutzwürdiges Interesse für sich in Anspruch nehmen. Es droht ihm auch nicht der Eintritt eines nicht wieder gutzumachenden Schadens. Für den Bauherrn löst die Baueinstellung nämlich nicht die Verpflichtung zur Beseitigung des Bauvorhabens aus. Vielmehr eröffnet ihm §33 Abs3 dritter Satz die Möglichkeit, binnen eines Monats nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung anzusuchen. Nur wenn er davon nicht Gebrauch macht oder wenn aufgrund des nachträglichen Bauansuchens die Baubewilligung versagt wird, hat die Behörde dem Bauherrn die Beseitigung des Bauvorhabens aufzutragen. Der Berufung gegen den Beseitigungsauftrag kommt dann aber aufschiebende Wirkung zu.

In gewisser Weise dient die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung solcherart auch dem Schutz der Interessen des Bauherrn. Im Fall, dass sich das Bauvorhaben im nachträglichen Bauverfahren nämlich nicht als bewilligungsfähig erweist, bleiben ihm zumindest jene zusätzlichen Baukosten und Demolierungskosten erspart, die ihm andernfalls im Hinblick auf die weitere Bauausführung zwischen der Erlassung des Baueinstellungsbescheides und dem Eintritt der Rechtskraft desselben entstanden wären. Es wird nicht verkannt, dass diesem Argument die Dispositionsfreiheit des Bauherrn entgegengehalten werden kann, der es im Fall einer Suspensivwirkung der Berufung in der Hand hätte, vorerst freiwillig auf die weitere Bauausführung zu verzichten. Anders verhält sich dies aber für die Behörde, die einen Beseitigungsauftrag erforderlichenfalls mit Ersatzvornahme nach §4 VVG zu vollstrecken hat, wobei solche Vollstreckungsverfahren erfahrungsgemäß sehr kostenaufwendig und langwierig sind.

Zusammenfassend liegt nach Ansicht der Tiroler Landesregierung aus den dargelegten Gründen der Regelung des §33 Abs3 zweiter Satz der Tiroler Bauordnung 2001 eine Interessenabwägung im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zugrunde, bei der die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Erfordernissen steht.

Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung gilt dies ebenso für die Regelung des §33 Abs1 zweiter Satz der Tiroler Bauordnung 2001. Ein Baueinstellungs- und Mängelbehebungsauftrag kommt nämlich nicht schon bei geringfügigen Mängeln in Betracht, sondern nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut nur im Fall des Vorliegens wesentlicher Mängel in der Ausführung eines Bauvorhabens. Ob ein Mangel wesentlich ist oder nicht, ist wiederum im Hinblick auf die allgemeinen bautechnischen Erfordernisse im Sinne des §16 Abs1 leg.cit. zu beurteilen. Das Qualifikationsmerkmal der Wesentlichkeit ist nur dann gegeben, wenn die Bauausführung derart mangelhaft ist, dass aufgrund dessen einem oder mehreren dieser Schutzgüter entscheidend zuwidergehandelt wird. Damit gelten die vorhin zum Fall der konsenslosen oder vom erteilten Baukonsens erheblich abweichenden Bauführung angestellten Überlegungen aber gleichermaßen auch hier. In diesem Sinn steht auch das Vorliegen eines wesentlichen Baumangels zur Fortsetzung der Bauausführung an den betroffenen Teilen des Bauvorhabens an sich in einem unauflöslichen Widerspruch. Der Baubehörde, die in einem solchen Fall zu einem umgehenden baupolizeilichen Vorgehen verpflichtet ist, ist die weitere Duldung der Bauausführung derart nicht zuzusinnen. Zweck und Inhalt der Regelung sprechen sohin für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung. Dazu kommt, dass angesichts der Gefährdung wesentlicher baurechtlicher Schutzgüter auch das öffentliche Interesse für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung spricht. Soweit sich aufgrund der Baumängel eine Gefährdung von Nachbarn ergibt, was insbesondere im Falle statischer oder brandschutztechnischer Mängel in Betracht kommt, korreliert dieses öffentliche Interesse wiederum mit dem Nachbarinteresse.

Umgekehrt kann der Bauherr im Fall einer erheblich mangelhaften Bauausführung kein solches schutzwürdiges Interesse für sich in Anspruch nehmen. Es droht ihm auch nicht der Eintritt eines nicht wieder gutzumachenden Schadens. Dieser kann nämlich nach der Behebung der Mängel die Bauausführung unverzüglich fortsetzen. Nicht zuletzt bleiben ihm die meist höheren Kosten einer späteren Sanierung der Baumängel erspart. Schließlich trifft auch die Argumentation des Verwaltungsgerichtshofes, der Bauherr könne selbst notwendige Sicherungsmaßnahmen nicht mehr durchführen, nicht zu. Ein baupolizeilicher Auftrag nach §33 Abs1 erschöpft sich nicht in der Untersagung der weiteren Bauausführung, sondern er beinhaltet positiv auch den Auftrag zur Beseitigung der aufgetretenen Mängel. Dies schließt allenfalls notwendige Sicherungsmaßnahmen selbstverständlich mit ein.

Die Tiroler Landesregierung verkennt nicht, dass ein baupolizeilicher Auftrag im dargelegten Sinn unter Umständen auch zu Unrecht ergehen kann, indem die Behörde das Fehlen eines Baukonsenses bzw. das Vorliegen eines wesentlichen Baumangels in denkunmöglicher Weise annimmt. In solchen - außerordentlichen - Fällen stellt aber das Amtshaftungsrecht im Rahmen der ihm durch Art23 B-VG zugedachten Rechtsschutzfunktion den Ersatz jener Vermögensschäden sicher, die sich aufgrund der vorzeitigen Realisierung eines entsprechenden baupolizeilichen Auftrages ergeben.

Die vorstehenden Überlegungen zeigen, dass bei den hier in Rede stehenden baupolizeilichen Aufträgen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung erforderlich ist, um Inhalt und Zweck der gesetzlichen Regelung gerecht zu werden. Darüber hinaus wurde dargelegt, dass diesem Regime jeweils eine Interessenabwägung anhand der vom Verfassungsgerichtshof als relevant erachteten Kriterien zugrunde liegt, als deren Ergebnis der vorzeitigen Realisierbarkeit der baupolizeilichen Aufträge der Vorrang vor den gegenläufigen Interessen des Bauherrn zukommt.

Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung ist die Erforderlichkeit im Sinne des Art11 Abs2 B-VG entgegen dem Vorbringen des Verwaltungsgerichtshofes aufgrund dieser Sachzusammenhänge daher jeweils gegeben.

[...]"

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Gesetzesprüfungsverfahren, die er in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm. §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden hat, erwogen:

1. Die Anträge sind zulässig:

Der Verfassungsgerichtshof hält sich nach seiner ständigen Rechtsprechung nicht für berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Ein Antrag auf Gesetzesprüfung im Sinne des Art140 B-VG darf daher nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass das antragstellende Gericht das angefochtene Gesetz (die angefochtene Gesetzesstelle) bei seiner Entscheidung im Anlassfall anzuwenden hätte (vgl. z.B. VfSlg. 10.296/1984, 12.189/1989). Da der Verfassungsgerichtshof die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden hat, der Primärantrag zu G18/04 zulässig ist, und der Eventualantrag nur für den Fall gestellt wurde, dass der Verfassungsgerichtshof der rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich des zugrunde liegenden Verwaltungsgeschehens nicht folgt, sowie darüber hinaus die mit Eventualantrag angefochtene Bestimmung jedenfalls auch im Anlassbeschwerdeverfahren zu G19/04 anzuwenden ist, kann die Frage nach der Präjudizialität dieser Gesetzesstelle in dem dem Verfahren zu G18/04 zugrunde liegenden Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof dahingestellt bleiben; es erübrigt sich daher, auf den Eventualantrag weiter einzugehen (vgl. VfGH vom 23. September 2003, G203/02 ua. mwH).

2. In der Sache:

2.1. Festzuhalten ist zunächst, dass sich der Verfassungsgerichtshof in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken hat (vgl. z. B. VfSlg. 12.592/1990, 12.691/1991, 12.947/1991, 13.471/1993, 13.704/1994, 14.466/1996 und 15.193/1998). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtenen Bestimmungen aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig sind.

2.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof selbst ausführt, entsprechen die in den vorliegenden Anträgen geltend gemachten Bedenken gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung bei Baueinstellungsaufträgen in §33 TBO 2001 weitgehend jenen, die er bereits in seinem Antrag an den Verfassungsgerichtshof vom 18. September 2003 auf Aufhebung einer näher bezeichneten Wortfolge in §41 Abs5 des Steiermärkischen Baugesetzes (beim Verfassungsgerichtshof protokolliert zur Zahl G214/03) dargelegt hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung bei Baueinstellungsaufträgen durch §33 Abs1 zweiter Satz TBO 2001 bzw. kraft Verweisung auf diese Bestimmung durch die Wortfolge "zweiter und" in §33 Abs3 zweiter Satz leg. cit. zusammengefasst zum einen Bedenken im Hinblick auf das Rechtsstaatsgebot; zum anderen richten sich seine Bedenken gegen die genannten Bestimmungen darauf, dass es im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Begriff der "Erforderlichkeit" vom AVG abweichender Regelungen im Sinne von Art11 Abs2 B-VG nicht "unerlässlich" sei, die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen einen Baueinstellungsauftrag kraft Gesetzes auszuschließen.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 16. Oktober 2004, G214/03, den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung der oben genannten Bestimmung des Steiermärkischen Baugesetzes über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung bei Baueinstellungsaufträgen abgewiesen, da er die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf einen Verstoß der Regelung gegen das Rechtsstaatsprinzip, gegen Art11 Abs2 B-VG sowie gegen den - im dortigen Verfahren ebenfalls geltend gemachten - Gleichheitssatz nicht teilte.

2.4. Der Verfassungsgerichtshof hegt daher auch im vorliegenden Fall - unter dem Blickwinkel der vom Verwaltungsgerichtshof vorgetragenen, insofern gleichlautenden Bedenken - gegen die angefochtenen Bestimmungen in §33 TBO 2001 keine Bedenken. Im Übrigen genügt es, auf die Entscheidungsgründe des oben genannten Erkenntnisses zu G214/03 vom 16. Oktober 2004 zu verweisen.

2.5. Die Gesetzesprüfungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes waren daher als unbegründet abzuweisen.

2.6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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