Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit 27.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg wird dem Antrag eines türkischen Staatsangehörigen auf Ausstellung einer Bestätigung über seine Ausnahme vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) als Ehegatte einer österreichischen Staatsbürgerin im Sinne des §3 Abs8 AuslBG keine Folge gegeben. Eine solche Bestätigung ist auszustellen, wenn die Voraussetzungen des §1 Abs2 litl AuslBG vorliegen. Demnach sind vom Anwendungsbereich des Gesetzes u.a. Ausländer ausgenommen, die Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, sofern sie über einen Aufenthaltstitel gemäß dem Fremdengesetz 1997 verfügen. Die Bestätigung wird mit der Begründung verweigert, der Beschwerdeführer verfüge über einen solchen Aufenthaltstitel nicht, weshalb die Voraussetzungen des §1 Abs2 litl AuslBG nicht vorlägen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander und auf "Schutz vor Inländerdiskriminierung" wegen unsachlicher Besserstellung von Angehörigen von EWR-Bürgern gegenüber Angehörigen von Österreichern behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.
2. Aus Anlaß einer anderen Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof nach Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge ", sofern sie über einen Aufenthaltstitel gemäß dem Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, verfügen" in litl des §1 Abs2 des AuslBG idF BGBl. I 78/1997, und des Abs8 des §3 dieses Gesetzes idF BGBl. 895/1995 ein und hob diese Bestimmungen mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G5/01 ua., auf.
II. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988).
Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren fand am heutigen Tag statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 2. Jänner 2001 eingelangt, war also schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobenen Gesetzesbestimmungen an. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.
Der Bescheid ist daher ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben (§19 Abs4 Z3 VerfGG).
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 4.500 S enthalten.
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