VfGH B550/2012 ua

VfGHB550/2012 ua2.10.2013

Zuordnung des Überschusses aus der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung (Überling) zum Substanzwert des Gemeindegutes; Nutzungsrechte am Gemeindegut auf den Haus- und Gutsbedarf der berechtigten Liegenschaft beschränkt; Verletzung einer Gemeinde im Recht auf Unversehrtheit des Eigentums infolge Zuordnung des Überlings zur Agrargemeinschaft; Erträge aus der Jagdverpachtung Teil der Substanznutzung

Normen

Tir FlVLG 1996 §33 Abs2 litc, Abs5, §36 Abs2
StGG Art5
EMRK 1. ZP Art1
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Tir FlVLG 1996 §33 Abs2 litc, Abs5, §36 Abs2
StGG Art5
EMRK 1. ZP Art1
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt

 

Spruch:

I.1. Die zu B550/2012 beschwerdeführende Gemeinde Pflach ist durch Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums insoweit verletzt worden, als dadurch ihre Berufung gegen Spruchpunkt C. des Bescheides des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 16. Dezember 2010 im Hinblick auf §19 Abs2 der mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 24. Juni 2010 erlassenen Verwaltungssatzung als unbegründet abgewiesen wurde.

Der Bescheid wird in diesem Umfang aufgehoben.

2. Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist schuldig, der beschwerdeführenden Gemeinde Pflach zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.400,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

3. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde der Gemeinde Pflach (B550/2012) abgelehnt.

Insoweit wird die zu B550/2012 protokollierte Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

II.1. Die zu B552/2012 beschwerdeführende Agrargemeinschaft Pflach und ihre zu B553/2012 beschwerdeführenden Mitglieder sind durch Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides insofern weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden, als dadurch die "Jagd" aus der Aufzählung der üblichen und regelmäßigen Nutzungen in Abschnitt III. der Haupturkunde des Regulierungsplans vom 30.05.1960 gestrichen wurde.

Die zu B552/2012 und B553/2012 protokollierten Beschwerden werden in diesem Umfang abgewiesen.

2. Kosten werden nicht zugesprochen.

3. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerden der Agrargemeinschaft Pflach (B552/2012) und ihrer beschwerdeführenden Mitglieder (B553/2012) abgelehnt.

Die zu B552/2012 und B553/2012 protokollierten Beschwerden werden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführenden Parteien durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sind.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerden und Vorverfahren

1. Mit Antrag vom 14. Dezember 2009, modifiziert im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2010, begehrte die Gemeinde Pflach die Abänderung des Regulierungsplans und der Satzung der Agrargemeinschaft Pflach im Sinne des Erkenntnisses VfSlg 18.446/2008 bzw. des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1996, LGBl 47/1996 in der Fassung der Novelle LGBl 7/2010 (im Folgenden TFLG 1996).

2. Mit Bescheid vom 24. Juni 2010 stellte das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz von Amts wegen fest, dass verschiedene Grundstücke des Regulierungsgebietes der Agrargemeinschaft Pflach Gemeindegut im Sinne des §33 Abs2 litc Z2 TFLG 1996 sind und bestimmte andere Grundstücke des Regulierungsgebietes nicht zum Gemeindegut zählen (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde auf Grund des Antrages der Gemeinde Pflach der Regulierungsplan der Agrargemeinschaft Pflach durch Ergänzung eines Anhanges III abgeändert, sodass unter anderem die Jagdnutzung der Substanznutzung im Sinne des §33 Abs5 TFLG 1996 zugeordnet wurde. Weiters erließ sie eine neue Verwaltungssatzung, mit der sichergestellt werden sollte, dass die Gemeinde Pflach als substanzberechtigtes Mitglied der Agrargemeinschaft eine den Bestimmungen der Novelle LGBl 7/2010 zum TFLG 1996 entsprechende Stellung in den Organen der Agrargemeinschaft erhält (Spruchpunkt III.). In Spruchpunkt IV. wurde die Ersichtlichmachung der Bezeichnung "Gemeindegutsagrargemeinschaft" im Grundbuch angekündigt.

Gegen diesen Bescheid erhoben u.a. die Agrargemeinschaft Pflach und 40 Agrargemeinschaftsmitglieder sowie die Gemeinde Pflach Berufung. Darin wurde von der Agrargemeinschaft Pflach die Qualifikation von Teilen des Regulierungsgebietes als Gemeindegut bestritten. Die Gemeinde Pflach kritisierte insbesondere die Änderung des Regulierungsplanes und der Satzung und der diesbezüglichen Ermittlungen als im Hinblick auf VfSlg 18.446/2008 nicht weitreichend genugEine weitere Berufungswerberin wandte sich gegen die Feststellung der als Wege genutzten Grundstücke als Gemeindegut mit der Begründung einer eventuellen Verschlechterung bei der Durchsetzung ihrer bisherigen Nutzungsansprüche.

3. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (im Folgenden LAS) mit Bescheid vom 16. Dezember 2010 die Berufung eines Mitgliedes der Agrargemeinschaft Pflach mangels Eigentum an einer Stammsitzliegenschaft und folglich mangels Parteistellung als unzulässig zurück (Spruchpunkt A.) In Spruchpunkt B. wurde der Berufung der Agrargemeinschaft Pflach und von 39 Mitgliedern insofern Folge gegeben, als Bestimmungen der erstinstanzlich erlassenen Verwaltungssatzung ersatzlos behoben (Spruchpunkt B.a.) und der Regulierungsplan dahingehend abgeändert wurde, dass die Jagd einen Teil der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen darstellt. Im Übrigen wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen, auch jene der Gemeinde Pflach (Spruchpunkt C.) und der erwähnten weiteren Berufungswerberin (Spruchpunkt D.).

4. Über die gegen diese Entscheidung des LAS erhobenen Berufungen der Agrargemeinschaft Pflach und 39 Agrargemeinschaftsmitglieder sowie der Gemeinde Pflach entschied der belangte Oberste Agrarsenat (im Folgenden OAS) wie folgt:

Seine Zuständigkeit zur Entscheidung über die erhobenen Berufungen ergebe sich aus §7 Abs2 Z2 Agrarbehördengesetz 1950, weil in der gegenständlichen Angelegenheit ein abänderndes Erkenntnis des LAS vorliege. Auch die Feststellung des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens von Gemeindegut im Sinne von §33 Abs2 litc Z2 TFLG 1996 falle in die Prüfungskompetenz des OAS. Gerade die Klärung dieser Frage sei in Verfahren zur Abänderung von Regulierungsplänen nach §69 TFLG, welche die Berücksichtigung des Substanzwertanspruches der Gemeinde zum Ziel haben, ein wesentlicher Aspekt der Gesetzmäßigkeit der Regulierung. Aus der Gemeindegutsfeststellung ergebe sich schließlich die Zuregulierung des Substanzwertanspruches und die Anwendung sämtlicher daran anknüpfender Bestimmungen im TFLG 1996. Außerdem setze die Berufungslegitimation der Gemeinde im Regulierungsverfahren das Bestehen von Gemeindegut voraus, weshalb diese Frage jedenfalls als Vorfrage nach §38 AVG beachtlich sei.

Inhaltlich begründete der OAS seine Entscheidung zur Gemeindegutsfrage im Wesentlichen damit, dass die als Gemeindegut festgestellten Grundstücke im historischen Regulierungsverfahren wiederholt nach §36 Abs2 litd TFLG 1952 qualifiziert wurden. Er stützt sich dabei auf die einschlägigen Entscheidungen des VwGH (siehe unter anderem VwGH 30.6.2011, 2010/07/0091). Unterstützend weist er insbesondere auf die Grundbuchseintragung vor dem Regulierungszeitpunkt zugunsten der Gemeinde Pflach hin.

Zum Berufungsvorbringen der Gemeinde Pflach über die neuerliche Aufnahme der Jagd in die Aufzählung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen des Regulierungsplans schickt der OAS voraus, dass die gegenständliche Frage auf die Zuweisung von Erträgen aus der Jagdverpachtung beschränkt sei. Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffend Bringungsrechte, Einforstungsrechte und agrargemeinschaftliche Anteilsrechte sowie aus der Lehre und einer rechtssystematischen Auslegung des TFLG 1996 ergebe sich, dass die Jagdverpachtung nicht zu den land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechten im Sinne des §33 Abs5 TFLG 1996 zu zählen sei. Da der Substanzwertanspruch der Gemeinde aus dem ehemaligen Eigentum der Gemeinde abgeleitet werde, könne es sich bei den Substanznutzungen nur um solche Nutzungen handeln, die einem Eigentümer zustehen. In der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 1712/1948, 9336/1982) werde die Jagdnutzung als Ausfluss des Eigentumsrechts verstanden. Somit ergebe sich sowohl anhand der negativen Abgrenzung der Jagd zu den land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechten als auch anhand einer positiven Zuordnung zum Substanzwert des §33 Abs5 TFLG 1996, dass die Zuordnung der Jagd zu den land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechten im Regulierungsplan durch den LAS rechtswidrig gewesen sei.

Der LAS habe die Anträge der Gemeinde auf Neufestsetzung der agrargemeinschaftlichen Anteilsrechte und auf den Ausspruch, dass bestimmte Anteilsrechte erloschen seien, zu Recht als unbegründet abgewiesen. Einerseits sei es zulässig, dass der Regulierungsplan und die Satzung nur in Bezug auf den Substanzwertanspruch der Gemeinde, d.h. unabhängig von den land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechten, angepasst werden. Der Substanzwertanspruch und die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte würden einander nämlich weder bedingen noch beeinflussen, sondern zwei gesonderte Arten von Anteilsrechten darstellen. Andererseits wäre es rechtswidrig gewesen, wenn der LAS in merito über diese Berufungsanträge entschieden hätte, weil hinsichtlich dieser Anträge weder eine Sachentscheidung noch eine prozessuale Entscheidung der Erstbehörde vorgelegen habe.

Der OAS bestätigte die Entscheidung des LAS auf Aufhebung von zwei Bestimmungen der Verwaltungssatzung. Die in §10 Abs2 geregelten Zustimmungserfordernisse der substanzberechtigten Gemeinde zu Vollversammlungsbeschlüssen seien zu weitgehend, weil sie den Substanzwert nicht notwendigerweise und in jedem Fall betreffen. Diese Satzungsbestimmung widerspreche daher §35 Abs7 zweiter Satz TFLG 1996. §17 Abs3 zweiter Satz der Verwaltungssatzung verpflichte den Ausschuss zur Zuweisung des Saldos aus Rechnungskreis II an die substanzberechtigte Gemeinde. Das verstoße gegen §36 Abs2 TFLG 1996, welcher die Gemeinde lediglich zur jederzeitigen Entnahme der Erträge aus dem Substanzwert berechtige, jedoch keine Verpflichtung enthalte. Eine Satzungsregelung zur Einräumung unmittelbarer Verfügungsrechte der Gemeinde über den Substanzwert – wie von der Gemeinde Pflach gefordert – finde im TFLG 1996 keine Deckung. Die von der Gemeinde Pflach geforderte Erhöhung des Stimmgewichtes in den agrargemeinschaftlichen Organen für Beschlüsse betreffend die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen über das Ausmaß ihres walzenden Anteilsrechts von 13 % hinaus wäre gleichheitswidrig im Hinblick auf die übrigen Mitglieder.

§19 der bestehenden Verwaltungssatzung ("Ertragsüberschüsse") regle, dass Ertragsüberschüsse (Überling) aus dem Rechnungskreis I (Einnahmen und Ausgaben aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Agrargemeinschaft, siehe §36 Abs2 TFLG 1996) in erster Linie für gemeinschaftliche Zwecke zu verwenden sind (Absatz 1). Eine Verteilung dieser Ertragsüberschüsse (Überling) habe nur nach den Anteilsrechten, mangels solcher nach Köpfen zu erfolgen (Absatz 2). In ihrer Berufung habe die Gemeinde Pflach eine Satzungsänderung dahingehend begehrt, dass der "Überling" als Substanznutzung an die Gemeinde Pflach ausgezahlt werde. Unter dem "Überling" sei die Summe der Ertragsüberschüsse zu verstehen, die von den nutzungsberechtigten Agrargemeinschaftsmitgliedern über die Deckung ihres Bedarfs bzw. die ihnen eingeräumten land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte hinaus erwirtschaftet werden. Nach Ansicht des OAS komme dem Berufungsbegehren der Gemeinde Pflach keine Berechtigung zu. Der Überling sei kein der Gemeinde gemäß §33 Abs5 TFLG 1996 zustehender Teil des Substanzwertes der Gemeindegutsgrundstücke, weil das TFLG 1996 durchgehend und systematisch zwischen den beiden Anteilsrechten "Substanzwertanspruch" und "land- und forstwirtschaftliche Nutzungsrechte" unterscheide und der Überling begrifflich und inhaltlich zweiteren zuzurechnen sei. Im Umkehrschluss aus der Zuordnung der Substanzerträge an die Gemeinde in §36 Abs2 TFLG 1996 ergebe sich, dass sämtliche Erträge aus der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung den nutzungsberechtigten Agrargemeinschaftsmitgliedern zukommen. Sofern die Gemeinde vorbringe, dass der Wortlaut des §33 Abs5 erster Satz TFLG 1996 ("der Substanzwert eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes ist jener Wert, der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt"[Hervorhebung hinzugefügt]) darauf schließen lasse, dass alle über das Ausmaß der eingeräumten Nutzungsrechte hinausgehenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen Substanzerträge seien, sei ihr entgegen zu halten, dass §33 Abs5 TFLG 1996 den Substanzwert eines Grundstückes, nicht die Substanzerträge definiere.

Schließlich wies der OAS die Berufungen von 13 Agrargemeinschaftsmitgliedern mangels Parteistellung als unzulässig zurück, weil sie als präkludiert zu betrachten seien.

5. Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden der Gemeinde Pflach (B550/2012), der Agrargemeinschaft Pflach (B552/2012) und von 39 Agrargemeinschaftsmitgliedern (B553/2012), in denen die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.

6. Die Gemeinde Pflach (B550/2012) behauptet, die belangte Behörde habe sie durch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums, Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz und ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, weil sie keine Neuregulierung der Agrargemeinschaft vorgenommen habe. Dadurch habe sie der Beschwerdeführerin eine Sachentscheidung über den an die Erstbehörde gestellten Antrag auf Neufestsetzung der Anteilsrechte verwehrt. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde habe die Agrarbehörde I. Instanz über diesen Antrag entschieden, nämlich in Form einer konkludenten Abweisung. Der Verfahrensgegenstand sei die von der Gemeinde beantragte Neuregulierung im vollen Umfang gewesen, somit auch die Entscheidung über die Anteilsrechte. Er sei daher auch Berufungsgegenstand gewesen. Auch sei die Ansicht der belangten Behörde verfehlt, wonach der Verfahrensgegenstand teilbar und die von der Erstbehörde durchgeführte gesonderte Anpassung des Regulierungsplans und der Verwaltungssatzung – unabhängig von einer Neubewertung der land- und forstwirtschaftlichen Anteilsrechte – zulässig gewesen sei. Die Behörde sei wegen der wesentlichen Sachverhaltsänderungen seit der Regulierung zu einer umfassenden Neuregulierung verpflichtet gewesen. Die Verweigerung der Berücksichtigung des Substanzwertes durch Neubemessung der Anteilsrechte verletze das Eigentumsrecht der Gemeinde sowie ihr subjektiv-öffentliches Recht auf Erlöschenserklärung von Anteilsrechten nach §54 Abs6 TFLG 1996.

Durch die Zuordnung des Überlings zu den land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen (im Sinne des Rechnungskreises I in §36 Abs2 TFLG 1996) würden die agrargemeinschaftlichen Nutzungsrechte rechtswidrig über den Haus- und Gutsbedarf hinaus erweitert werden. Dadurch werde das Eigentumsrecht der Gemeinde verletzt.

Die Lastenverteilung im Regulierungsplan verstoße gegen §72 Tiroler Gemeindeordnung 2001 (im Folgenden TGO 2001), das Sachlichkeitsgebot und das Eigentumsrecht der Gemeinde. Den Nutzungsberechtigten seien keine angemessenen Beiträge zu den Kosten der Weide- und Forstwirtschaft auferlegt worden. Das führe dazu, dass alle Aufwendungen, die im Rechnungskreis I entstehen, nur aus den Verkaufserlösen der Holzüberschüsse bezahlt werden, welche nicht zur Deckung der Nutzungsrechte benötigt werden. Diese Holzüberschüsse stünden aber allein der Gemeinde als Teil des Substanzwertes zu.

Schließlich hegt die beschwerdeführende Gemeinde Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des TFLG 1996, insbesondere der §§35 und 36 Abs2, in denen das Dispositionsrecht der Gemeinde über den Substanzwert des Gemeindegutes nur ungenügend zum Ausdruck komme. Wegen des Eigentumsrechtes, des Rechtes auf Selbstverwaltung und des Sachlichkeitsgebotes müsse die Gemeinde über die Verwaltung des Substanzwertes alleine bestimmen können. Deswegen seien die Bestimmungen der Organbestellung und die Vertretung der Agrargemeinschaft nach außen verfassungswidrig. Das Recht zur Entnahme der Güter aus Rechnungskreis II (§36 Abs2 TFLG 1996) müsse auf alle Vermögensbestandteile der Gemeinde ausgedehnt werden, die nicht durch Nutzungsrechte der übrigen Mitglieder belastet seien.

7. Die Agrargemeinschaft Pflach (B552/2012) bringt in ihrer Beschwerde vor, dass sie von der belangten Behörde durch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung im Eigentumsrecht und im Gleichheitsrecht verletzt werde, weil sie die Qualifizierung von Grundstücken als Gemeindegut auf historische Regulierungsbescheide stütze, in denen die Grundstücke nach §36 Abs2 litd TFLG 1952 als Gemeindegut nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung klassifiziert wurden. Die historische Agrarbehörde habe unter dem Begriff "Gemeindegut" wahres Eigentum der Agrargemeinschaft bezeichnet. Außerdem habe das Gemeinderecht, auf welches die genannten Bestimmungen abstellen, die Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung von vornherein nicht regeln dürfen. Wegen Art12 Abs1 Z3 B-VG stehe das nur dem Bund als Grundsatzgesetzgeber zu. Die belangte Behörde habe die historischen Regulierungsbescheide in einer Art und Weise ausgelegt, die der Institutsgarantie in Art5 StGG und Art7 StGG widerspreche. Auch die Zuordnung der Einnahmen aus der Jagdverpachtung zum Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke sei denkunmöglich. Die angefochtene Entscheidung verstoße gegen die Rechtskraftwirkung der Eigentumsfeststellung zugunsten der Agrargemeinschaft im Regulierungsplan.

Das Gleichheitsrecht der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft sei auch verletzt, weil es einerseits unsachlich sei, den Stammsitzliegenschaftsbesitzern unverhältnismäßig große finanzielle Beitragspflichten zugunsten der Gemeinde aufzubürden und andererseits das von der belangten Behörde durchgeführte Verfahren grob mangelhaft und daher willkürlich gewesen sei. Die Behörde habe nämlich sämtliche Beweisanträge der Agrargemeinschaft übergangen.

8. Das Vorbringen der beschwerdeführenden Agrargemeinschaftsmitglieder (B553/2012) gleicht jenem der Agrargemeinschaft weitgehend. Ausführlich begründen sie ihre Behauptung, wonach ihnen aus dem agrargemeinschaftlichen Anteilsrecht eine Substanzbeteiligung und damit ein verfassungsrechtlich geschütztes Eigentumsrecht erwachsen würden. Außerdem sei Art6 EMRK verletzt, weil die im Verfahren zuständigen Behörden keine Tribunale im Sinne dieser Bestimmung seien.

Darüber hinaus behaupten sie eine Verletzung von Art83 Abs2 B-VG und Art6 EMRK durch die Zurückweisung der Berufung von 13 Agrargemeinschaftsmitgliedern, weil diese ihre Parteistellung durch Präklusion verloren hätten.

9. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der den Beschwerdebehauptungen zusammengefasst wie folgt entgegen getreten wird:

Die Qualifikation der Grundstücke als Gemeindegut stütze sich auf die historischen Regulierungsbescheide, in denen diese Grundstücke gemäß §36 Abs2 litd TFLG 1935 als Gemeindegut klassifiziert wurden. Diese Vorgehensweise sei nicht denkunmöglich (VfSlg 19.262/2010). Die Verfassungskonformität der angewendeten Rechtsvorschriften sei unter mehreren Gesichtspunkten geprüft und bejaht worden. Die belangte Behörde habe ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zu allen entscheidungsrelevanten Fragen durchgeführt. Dem Vorbringen der 39 Mitglieder der Agrargemeinschaft Pflach hält der belangte OAS entgegen, dass sich der grundrechtliche Eigentumsschutz von agrargemeinschaftlichen Anteilsrechten nach Art1 1. ZPEMRK nur auf die ungestörte Ausübung der eingeräumten land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte beziehe. Eine Rechtsverletzung durch den Substanzanteil der Gemeinde im Sinne von §33 Abs5 TFLG 1996 sei a priori ausgeschlossen. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführer habe der OAS Tribunalqualität im Sinne von Art6 EMRK. Die Zurückweisung der Berufungen verschiedener Agrargemeinschaftsmitglieder wegen Präklusion sei rechtmäßig gewesen. Eine Sachentscheidung sei nicht verweigert worden, weil die Agrarbehörde I. Instanz nicht über die Anträge auf Neufestsetzung und Neubewertung der land- und forstwirtschaftlichen Anteilsrechte abgesprochen habe und diese Anträge auch nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens wurden. Hinsichtlich der Zuordnung des Überlings zu Rechnungskreis I im Sinne von §36 Abs2 TFLG 1996 werden die Ausführungen der angefochtenen Entscheidung in der Gegenschrift wiederholt. Dem Vorbringen der Gemeinde über die Lastenverteilungsregelung im Regulierungsplan hält die belangte Behörde entgegen, dass die Gemeinde nur zur Tragung des Aufwands aus der Substanznutzung des Regulierungsgebietes und darüber hinaus, wie alle anderen Mitglieder, nur entsprechend ihrem (walzenden) Anteil zur Tragung des Aufwands für die Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verpflichtet ist. Einem Überschuss aus land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen könne denklogisch kein eigener Aufwand gegenüber stehen. Auf Grund der Rechtsqualität des Substanzwertanteils der Gemeinde als agrargemeinschaftliches Anteilsrecht könne eine Verfügung über den Substanzwert nur innerhalb des agrargemeinschaftlichen Gefüges erfolgen. Dasselbe ergebe sich aus Art116 Abs2 B-VG ("innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze").

10. Die Gemeinde Pflach (B550/2012) erstattete im Verfahren zu B552/2012 und B553/2012 als jeweils mitbeteiligte Partei eine Äußerung, in der den Beschwerdevorwürfen der Agrargemeinschaft Pflach und der 39 Agrargemeinschaftsmitglieder Folgendes entgegen gehalten wird:

Die Behauptung, dass Gemeindegut Gemeinschaftseigentum der berechtigten Stammsitzliegenschaftsbesitzer sei, habe der Verfassungsgerichtshof bereits in mehreren Fällen verworfen. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe diesen Standpunkt bereits in VwSlg. 3560 A/1954 abgelehnt. Gemeindegut sei immer Teil des im wahren Eigentum der Gemeinde stehenden Gemeindevermögens gewesen. Entgegen dem Vorbringen der Agrargemeinschaft gebe es kein agrarisches Gemeindegut, zumal eine nicht regulierte Agrargemeinschaft mangels Rechtspersönlichkeit nicht Eigentümerin des Gemeindegutes sein könne. Den an der Grundbuchsanlegung beteiligten Personen sei sehr wohl der Unterschied zwischen Gemeindeeigentum und Eigentum der Nutzungsberechtigten bewusst gewesen, zumal die Grundbuchsanlegungskommissionen durch eine Durchführungsverordnung angewiesen worden seien, zwischen diesen beiden Formen genauestens zu unterscheiden.

II. Rechtslage

Das im vorliegenden Fall maßgebliche TFLG 1996, LGBl 74 idF LGBl 7/2010 lautet samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

"§33

Agrargemeinschaftliche Grundstücke

[…]

(2) Agrargemeinschaftliche Grundstücke sind, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung, insbesondere:

a) Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach der Kaiserlichen Entschließung vom 6. Februar 1847, Provinzialgesetzsammlung von Tirol und Vorarlberg für das Jahr 1847, S. 253, einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden;

b) Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach dem Kaiserlichen Patent vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr 130, einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden;

c) Grundstücke, die

[…]

2. vormals im Eigentum einer Gemeinde gestanden sind, durch Regulierungsplan ins Eigentum einer Agrargemeinschaft übertragen wurden, vor dieser Übertragung der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften gedient haben und nicht Gegenstand einer Hauptteilung waren (Gemeindegut);

[…]

(5) Der Substanzwert eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes ist jener Wert, der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt. Der Substanzwert steht der Gemeinde zu. Die Substanz eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes wird insbesondere auch dann genutzt, wenn dieses veräußert, wenn dieses als Schottergrube, Steinbruch und dergleichen verwendet, wenn es verpachtet oder wenn darauf eine Dienstbarkeit oder ein Baurecht begründet wird. Die Agrarbehörde hat auf Antrag der betroffenen Gemeinde oder Agrargemeinschaft nach Abs2 litc Z2 festzustellen, ob eine bestimmte Tätigkeit die Nutzung der Substanz oder die land- und forstwirtschaftliche Nutzung eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes betrifft oder in welchem Verhältnis die beiden Nutzungsarten von dieser Tätigkeit betroffen sind.

[…]

§35

Organe der Agrargemeinschaften

(1) Die Organe der Agrargemeinschaften sind:

a) die Vollversammlung;

b) der Ausschuß;

c) der Obmann.

[…]

(7) Bei Agrargemeinschaften nach §33 Abs2 litc ist dem Ausschuss und der Vollversammlung jedenfalls ein von der Gemeinde entsandter Vertreter beizuziehen. In Angelegenheiten, die den Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke (§33 Abs5) betreffen, kann ein Organbeschluss nur mit Zustimmung der Gemeinde rechtswirksam gefasst werden. Die Gemeinde kann in derartigen Angelegenheiten den Organen der Agrargemeinschaft Aufträge erteilen und, falls diese nicht befolgt werden, die Agrarbehörde anrufen; diesfalls ist §37 Abs1 litb mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Agrarbehörde die Zweckmäßigkeit der Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke des Gemeindegutes im Interesse der Gemeinde zu beurteilen hat.

(8) Dem Obmann obliegt die Einberufung der Vollversammlung und des Ausschusses. Jedenfalls hat der Obmann bei Agrargemeinschaften nach §33 Abs2 litc diese Organe auf Verlangen der substanzberechtigten Gemeinde binnen einem Monat einzuberufen. Der Obmann hat in den Sitzungen der Vollversammlung und des Ausschusses den Vorsitz zu führen und die Beschlüsse der Vollversammlung und des Ausschusses durchzuführen. Der Obmann vertritt die Agrargemeinschaft nach außen, in Angelegenheiten, die der Beschlußfassung durch die Vollversammlung oder den Ausschuß unterliegen, jedoch nur im Rahmen entsprechender Beschlüsse. Der Obmann hat ein Mitgliederverzeichnis ordnungsgemäß zu führen. Jeder Wechsel des Eigentums an einer Stammsitzliegenschaft und der Erwerb eines Mitgliedschaftsrechtes an einer Agrargemeinschaft ist unverzüglich vom neuen Mitglied dem Obmann der Agrargemeinschaft schriftlich mitzuteilen. Auf die gleiche Weise ist eine Änderung der Wohnadresse mitzuteilen. Werden diese Mitteilungen unterlassen, so gilt das Mitgliederverzeichnis auch dann als ordnungsgemäß geführt, wenn die tatsächlichen Änderungen nicht berücksichtigt sind.

[…]

§36

Satzungen

(1) Die Satzungen der Agrargemeinschaften (§34 Abs2) haben insbesondere Bestimmungen zu enthalten über:

a) Name, Sitz und Zweck der Agrargemeinschaft, bei Agrargemeinschaften, die im Sinn des §33 Abs2 litc Z2 auf Gemeindegut bestehen, einschließlich der Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“;

b) Rechte und Pflichten der Mitglieder;

c) den Aufgabenbereich der Organe;

d) die Art und Form der Einladung und die Führung des Protokollbuches;

e) Angelegenheiten, deren Beschlußfassung einer agrarbehördlichen Genehmigung bedarf (§37 Abs4);

f) die Verwendung allfälliger Ertragsüberschüsse;

g) die Abwicklung des Geldverkehrs, die Verrechnung, die Führung von Aufzeichnungen, aus denen die Gebarung ersichtlich ist, die Bildung eines Betriebsfonds zur Bestreitung laufender Ausgaben, die Erstellung des Jahresvoranschlages und des Rechnungsabschlusses, die Prüfung der Gebarung und des Rechnungsabschlusses durch die Rechnungsprüfer.

(2) Agrargemeinschaften, die im Sinn des §33 Abs2 litc Z2 auf Gemeindegut bestehen, haben zwei voneinander getrennte Rechnungskreise für die Einnahmen und Ausgaben aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Agrargemeinschaft (Rechnungskreis I) und die Einnahmen und Ausgaben aus dem Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke (Rechnungskreis II) zu führen. In die die Rechnungskreise I und II betreffenden Aufzeichnungen und Belege ist den Organen der Gemeinde auf Verlangen jederzeit Einsicht zu gewähren. Die aus dem Rechnungskreis II erfließenden Erträge stehen der substanzberechtigten Gemeinde zu und können von dieser jederzeit entnommen werden.

[…]

§65

Regulierungsplan

(1) Nach Rechtskraft des Verzeichnisses der Anteilsrechte ist der Regulierungsplan zu erlassen.

(2) Dieser hat insbesondere zu enthalten:

a) die Beschreibung der zum Regulierungsgebiet gehörenden Grundstücke unter Anführung der Grundstücksnummern, der Kulturgattungen, der Zahlen der Grundbuchseinlagen und der Katasterausmaße;

b) Die Entscheidung nach den §§33, 34 und 38 Abs1;

c) das Verzeichnis der Anteilsrechte;

[…]

f) Satzungen nach §36 sowie Wirtschaftspläne nach Maßgabe der §§66 und 67; die Satzungen und die Wirtschaftspläne können auch in getrennten Bescheiden erlassen werden.

§69

Abänderung von Regulierungsplänen

(1) Die Abänderung von Regulierungsplänen, auch zur Vereinigung von zwei oder mehreren Agrargemeinschaften, steht nur der Agrarbehörde zu. Sie kann erfolgen:

a) auf Antrag der Agrargemeinschaft,

b) bei Agrargemeinschaften nach §33 Abs2 litc auf Antrag der Gemeinde oder

c) von Amts wegen.

Anträge nach lita und b müssen auf entsprechenden Beschlüssen des jeweils zuständigen Organes beruhen.

[…]"

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen – zulässigen – Beschwerden erwogen:

A. Die zu B550/2012 protokollierte Beschwerde der Gemeinde Pflach ist in dem Umfang begründet, als sie sich gegen §19 Abs2 der durch (erstinstanzlichen) Bescheid erlassenen Verwaltungssatzung wendet.

Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt (VfSlg 4229/1962, 5666/1968) ausgesprochen hat, sind unter Gemeindegut (sowohl im Sinne des Flurverfassungsrechtes als auch im Sinne der Gemeindeordnungen) Grundstücke im wahren (sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht) Eigentum der Gemeinde zu verstehen, die mit öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechten zugunsten bestimmter Liegenschaften und Personen belastet sind (vgl. §68 Abs3 TGO 2001). Die Befugnis der Agrarbehörde zur Regelung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am Gemeindegut muss sich auf die Regulierung der Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte beschränken. Eine Bestimmung, die das Gemeindegut undifferenziert in die Ordnung der Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken einbezieht, bewirkt eine Teilnahme der substanzberechtigten Gemeinde lediglich im Verhältnis der allenfalls bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen und vernachlässigt den allein der Gemeinde zukommenden Substanzwert. Bei einer die Eigenschaft als Gemeindegut tatsächlich beendenden Teilung führt das zu einem gänzlichen Verlust der Substanz an die Nutzungsberechtigten (VfSlg 9336/1982).

1.1. Daran anknüpfend qualifizierte der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 14.446/2008 agrarbehördliche Bescheide, mit denen das Eigentum am Gemeindegut auf die Agrargemeinschaft übertragen wurde, als offenkundig verfassungswidrig. Durch diese rechtkräftigen Bescheide ist Gemeindegut entstanden, das nur atypischerweise im gemeinsamen Eigentum der Gemeinde und der Nutzungsberechtigten steht und als Agrargemeinschaft organisiert ist. Das Substanzrecht der Gemeinde muss – entgegen dem ursprünglichen (gemeinderechtlichen) Konzept des Gemeindegutes, das sie als Eigentümerin vorsieht – als agrargemeinschaftliches Anteilsrecht zur Geltung gebracht werden können. Der agrarbehördliche Bescheid, mit dem das Eigentum am Gemeindegut der Agrargemeinschaft zugeordnet und der Gemeinde ein Anteil nur nach Maßgabe der Nutzungen zugebilligt wurde, dispensiert nicht von der verfassungsrechtlichen Pflicht, den Substanzwert der Gemeinde im Falle einer Teilung zu berücksichtigen und gegebenenfalls schon vorher die Anteile neu festzustellen. Da das Gemeindegut auch nach der formellen Eigentumsübertragung als solches weiter besteht, ist seine Eigenart zur Geltung zu bringen.

1.2. Mit der Novelle des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes LGBl 7/2010 trug der Landesgesetzgeber der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Rechnung (siehe die Erläut. zur RV 574/09 BlgLT 15. GP).

1.3. Die Gemeinde Pflach trägt Bedenken gegen die Zuordnung des Überlings zu Rechnungskreis I im Sinne von §36 Abs2 TFLG 1996 vor und begründet dies sinngemäß damit, dass ihr aus dem Titel des Eigentumsrechtes das alleinige Dispositionsrecht über den Substanzwert des Gemeindegutes zustehe. Dieser Anspruch komme in §§35 und 36 Abs2 TFLG 1996 über die Entnahme der Erträge des Gemeindegutes und der agrargemeinschaftlichen Verwaltung nicht hinreichend zum Ausdruck.

Diesen Bedenken liegt die Prämisse zugrunde, dass das Eigentumsrecht am Gemeindegut nicht durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen schlechthin, sondern nur in dem Ausmaß zulässigerweise beschränkt wird, welches dem agrargemeinschaftlichen Anteilsrecht und damit dem Haus- und Gutsbedarf entspricht.

1.4. Das maßgebliche Unterscheidungsmerkmal zwischen Gemeindevermögen und Gemeindegut ist die Zweckwidmung der Gemeindegutes, nämlich die wirtschaftliche Unterstützung der Stammsitzliegenschaften, die das Nutzungsrecht kraft ihrer Gemeindeangehörigkeit haben. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg 18.446/2008 ausgesprochen hat, wird das Gemeindegut auf Grund alter Übung unmittelbar für land- und forstwirtschaftliche Zwecke zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften genutzt. In §68 Abs3 TGO 2001 wird das Gemeindegut als "jener Teil des Gemeindevermögens, der der Deckung des Haus- und Gutsbedarfs der nutzungsberechtigten Liegenschaften und der Bedürfnisse der Gemeinde dient" definiert. Hinsichtlich der Zweckwidmung des Grundstücks unterscheidet sich das Gemeindegut nicht von den sonstigen agrargemeinschaftlichen Grundstücken, die gemäß §33 Abs1 TFLG 1996 "von allen oder mehreren Mitgliedern einer Gemeinde oder von den Mitgliedern einer Nachbarschaft, einer Interessentschaft, einer Fraktion oder einer ähnlichen Mehrheit von Berechtigten kraft einer mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundenen oder einer persönlichen (walzenden) Mitgliedschaft gemeinschaftlich oder unmittelbar für land- und forstwirtschaftliche Zwecke auf Grund alter Übung genutzt werden".

1.5. Die Nutzungsrechte bestehen ausschließlich im Bezug von Naturalleistungen (Lang, Tiroler Agrarrecht II, 1991, 154). §54 Abs3 TFLG 1996 nennt beispielsweise die Weide, den Bezug von Nutzholz zur Erhaltung des Wohnhauses und den ortsüblichen Bedarf an Brennholz für den Haushalt einer Familie. Zum Haus- und Gutsbedarf gehören nicht Nutzungen, die keinen konkreten Sachbedarf befriedigen sollen, sondern lediglich einen finanziellen Vorteil enthalten. Dem entsprechend ist die Agrarbehörde verpflichtet, bei einer Änderung des Haus- und Gutsbedarfes der berechtigten Liegenschaften das im Regulierungsplan festgelegte agrargemeinschaftliche Anteilsrecht anzupassen (VfSlg 18.446/2008, vgl. §§54 Abs6, 69 Abs1 TFLG 1996).

1.6. Von diesem – auf den konkreten Haus- und Gutsbedarf beschränkten – Inhalt des Nutzungsrechtes ging der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg 9336/1982 aus, wo es heißt:

"Das Gemeindegut iS der Gemeindeordnungen ist aber […] Eigentum der Gemeinde und nur insofern beschränkt, als es mit bestimmten öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechten einiger oder aller Gemeindemitglieder belastet ist, sodaß die Substanz und also auch der Substanzwert und ein allfälliger Überschuß der Nutzungen der Gemeinde als solcher zugeordnet bleiben."

Das Nutzungsrecht am Gemeindegut besteht somit nur im Umfang des Haus- und Gutsbedarfes der berechtigten Liegenschaft (so auch §70 Abs2 erster Satz TGO 2001). Der Gemeinde stehen der Substanzwert und die Überschüsse aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit aus dem Titel des Eigentumsrechts zu. Demzufolge ist §36 Abs1 litf TFLG 1996, wonach die Satzung der Agrargemeinschaft insbesondere Bestimmungen über die Verwendung allfälliger Ertragsüberschüsse enthalten muss, auf atypisches, in Form einer Agrargemeinschaft organisiertes Gemeindegut iSd §33 Abs2 litc Z2 TFLG 1996 nicht anzuwenden.

2. Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Gemeinde, wonach in den einschlägigen Bestimmungen des TFLG 1996 das ihr zustehende alleinige Dispositionsrecht über den Substanzwert des Gemeindegutes nicht hinreichend zum Ausdruck komme:

Es ist einzuräumen, dass die einschlägigen Bestimmungen des TFLG 1996 in einem gewissen Spannungsverhältnis zueinander stehen, wenn es in §33 Abs5 heißt "Der Substanzwert […] ist jener Wert, der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt. Der Substanzwert steht der Gemeinde zu", während bei der Aufteilung der Erträgnisse auf die Rechnungskreise I und II in §36 Abs2 anscheinend nur auf die Verwendungsart – Land- und Forstwirtschaft einerseits und Substanzwert andererseits – abgestellt wird, ohne Rücksicht auf das zulässige Ausmaß der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen. Auch §33 Abs5 letzter Satz TFLG 1996 knüpft an die Art der Nutzung des Gemeindegutes an.

2.1. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber den Begriff des Substanzwertes im Sinne des Erkenntnisses VfSlg 18.446/2008 verwendet. In diesem Erkenntnis heißt es:

"Der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibende Substanzwert ist [nämlich] keine feste Größe, sondern kann – wie schon in VfSlg 9336/1982, S. 104 unten dargelegt – nach den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen während des Bestandes der Agrargemeinschaft stark wechseln […].

Die für die Anteilsfeststellung maßgeblichen Größen können sich jedoch ändern und haben sich auch im Laufe der Zeit in dieser Hinsicht offenkundig geändert. Die Bedeutung nicht land- und forstwirtschaftlicher Nutzungen (zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes) hat offenkundig zugenommen. Es wäre aber unsachlich und einer ersatzlosen Enteignung gleichzuhalten, wenn aus dem formalen Übergang des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft der – nach Inhalt des rechtkräftig gewordenen Bescheides nicht zwingende – Schluss gezogen würde, die Zuordnung des Substanzwertes an die Gemeinde sei damit als solche (auch materiell) für alle Zeiten beseitigt worden."

Vor diesem Hintergrund ist der gesetzliche Begriff des Substanzwertes in §33 Abs5 erster Satz TFLG 1996 als der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibende Wert zu verstehen, wobei die Nutzungsrechte auf den Haus- und Gutsbedarf der berechtigten Liegenschaften beschränkt sind. Die Überschüsse aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit (Überling) sind unter den Substanzwert im Sinne von §33 Abs5 TFLG 1996 zu subsumieren und stehen daher der Gemeinde zu. Dem steht auch die Aufzählung von Nutzungen des Substanzwerts in §33 Abs5 dritter Satz TFLG 1996 nicht entgegen, weil diese demonstrativ ist ("Die Substanz […] wird insbesondere auch dann genützt, wenn […]"). Der Überling ist als Bestandteil des Substanzwertes dem Rechnungskreis II im Sinne des §36 Abs2 TFLG 1996 zuzuordnen. Einnahmen und Ausgaben aus der "land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Agrargemeinschaft" sind nur im Ausmaß der bestehenden Nutzungsrechte – also des Haus- und Gutsbedarfes – in Rechnungskreis I zu verbuchen. Das Verfügungsrecht der Gemeinde erstreckt sich auf alle aus dem Rechnungskreis II erfließenden Erträge, also jene Erträge, die dem Substanzwert des Gemeindegutes entspringen. Auch das Erfordernis der Zustimmung der Gemeinde zu den agrargemeinschaftlichen Organbeschlüssen betrifft alle Angelegenheiten, die den Substanzwert des Gemeindegutes betreffen (§35 Abs7 TFLG 1996). Die gesetzlichen Bestimmungen tragen dem Dispositionsrecht der Gemeinde über den Substanzwert des Gemeindegutes ausreichend Rechnung.

3. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides verletzt dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur dann, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hat, ein Fall, der nur dann vor­liegt, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hat, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen ist (vgl. zB VfSlg 15.001/1997, 16.113/2001, 16.701/2002).

4. Ein solcher Fehler ist dem belangten OAS unterlaufen, weil er den Überschuss aus der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung des Gemeindegutes ("Überling") entgegen §33 Abs5 erster Satz TFLG 1996 und der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht dem Rechnungskreis II im Sinne von §36 Abs2 TFLG 1996 zuordnete, was Art5 StGG und Art1 1. ZP EMRK widerspricht. Der substanzberechtigten Gemeinde kommt das ausschließliche Verfügungsrecht über die aus der Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte hinausgehenden Überschüsse (Überling) zu: Der nach Abzug der Belastungen durch die Bewirtschaftung der bestehenden öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechte sowie einer angemessenen Abgeltung für die Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Flächen verbleibende Überling ist der Gemeinde zuzuordnen.

B. Im Übrigen wird die Behandlung der zu B550/2012 protokollierten Beschwerde der Gemeinde Pflach abgelehnt.

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B‑VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der stän­digen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechts­verletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewähr­leisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:

Das subjektive Recht der Gemeinde auf die umfassende Dispositionsbefugnis über den Substanzwert des Gemeindegutes iSd §33 Abs2 litc Z2 TFLG 1996 wird im TFLG 1996 insbesondere durch die Bestimmung des §35 Abs7 Satz 2 gewährleistet, die Organbeschlüsse über den Substanzwert von Gemeindegut an die Zustimmung der Gemeinde bindet.

Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

C. Die Beschwerden der Agrargemeinschaft Pflach (B552/2012) und ihrer beschwerdeführenden Mitglieder (B553/2012) sind, soweit sie sich gegen die Streichung der Nutzungsmöglichkeit "Jagd" aus der Haupturkunde des Regulierungsplans vom 30. Mai 1960 wenden, nicht begründet.

1. Art5 StGG schützt jedes vermögenswerte Privatrecht (vgl. zB VfSlg 8201/1977, 9887/1983, 10.322/1985 und 16.636/2002). Die Agrargemeinschaft Pflach ist zivilrechtliche Eigentümerin der agrargemeinschaftlichen Grundstücke und genießt jedenfalls den Schutz von Art5 StGG (VfSlg 19.262/2010). Der Eigentumsbegriff von Art1 1. ZPEMRK umfasst alle erworbenen Rechte mit Vermögenswert, ohne dass es darauf ankommt, ob die geschützte Rechtsposition privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Art ist. Um eine solche Rechtsposition handelt es sich auch bei einem Anteilsrecht an einer Agrargemeinschaft (VfSlg 19.150/2010).

Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vor­läge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. zB VfSlg 15.001/1997, 16.113/2001, 16.701/2002).

2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

3. Dem belangten OAS ist – aus Sicht der zu B552/2012 und B553/2012 protokollierten Beschwerden – weder eine denkunmögliche Gesetzesanwendung noch ein sonstiges willkürliches Verhalten vorzuwerfen:

In der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes besteht der Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes in dem aus dem Grundeigentum fließenden Wert, der nach Abzug der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt (VfSlg 9336/1982, 18.446/2008). Der Anspruch der Gemeinde auf die Substanz des Gemeindegutes iSd §33 Abs2 litc Z2 TFLG 1996 ist Surrogat ihres ursprünglichen (durch die Regulierung beseitigten) Alleineigentums und ist somit auch in Gestalt des bloßen Anteils an der Agrargemeinschaft jedenfalls Eigentum im Sinne des Art5 StGG bzw. Art1 1. ZPEMRK (VfSlg 18.446/2008, 710).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichshofes (VfSlg 7891/1976, 9858/1983) ist das Jagdrecht ein aus dem Eigentum an Grund und Boden fließendes Privatrecht. Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum bei der Regelung des Jagdausübungsrechts findet seine Grenze am Anspruch des Grundeigentümers auf einen Anteil des Pachtschillings (VfSlg 6209/1970). Der Anspruch auf den Jagdpachterlös ist Ausfluss des Grundeigentums.

Die öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechte dienen der Befriedigung eines unmittelbaren sachlichen Bedarfes; ein Anteil an der Substanz des Grundstückes ist mit ihnen nicht verbunden. Die Erträge aus der Jagdverpachtung stellen keinen Naturalnutzen, sondern lediglich einen finanziellen Wert dar. Aus diesem Grund dienen sie nicht unmittelbar land- und forstwirtschaftlichen Zwecken und sind nicht den land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechten gemäß §33 Abs5 erster Satz TFLG 1996 zuzurechnen (für agrargemeinschaftliche Anteilsrechte generell vgl. VwGH 23.9.2004, 2004/07/0090).

Durch die in Spruchpunkt III der angefochtenen Entscheidung bewirkte Abänderung der Entscheidung des LAS dahingehend, dass die Nutzungsmöglichkeit der "Jagd" aus der Aufzählung der üblichen und regelmäßigen Nutzungen des Regulierungsgebietes (Abschnitt III. der Haupturkunde "Nutzungen und "Ertrag") gestrichen wurde, werden die Erträge aus der Jagdverpachtung als ein Teil der – der Gemeinde Pflach zustehenden – Substanznutzungen iSd §33 Abs5 TFLG 1996 qualifiziert. Der belangte OAS trägt damit dem von Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK verfassungsgesetzlich geschützten Recht der Gemeinde Pflach auf den Substanzwert des atypischen Gemeindegutes iSd §33 Abs2 litc Z2 TFLG 1996 Rechnung.

D. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerden der Agrargemeinschaft Pflach (B552/2012) und ihrer beschwerdeführenden Mitglieder (B553/2012) abgelehnt:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B‑VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die vorliegenden Beschwerden rügen die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerden aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berühren, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der stän­digen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Verfassungskonformität der TFLG-Novelle 1996, LGBl 7/2010, (VfSlg 19.262/2010, 19.320/2011) sowie zu der mit Art6 EMRK in Einklang stehenden Einrichtung des Obersten Agrarsenates (vgl. VfSlg 17.307/2004, 16.827/2003, 17.029/2003, 17.616/2005, 17.645/2005, 18.446/2008, 19.320/2011) die behauptete Rechts­verletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewähr­leisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben.

Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

IV. Ergebnis

1. Die zu B550/2012 beschwerdeführende Gemeinde Pflach ist somit durch Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums insoweit verletzt worden, als dadurch ihre Berufung gegen Spruchpunkt C. des Bescheides des LAS vom 16. Dezember 2010 im Hinblick auf §19 Abs2 der mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 24. Juni 2010 erlassenen Verwaltungssatzung als unbegründet abgewiesen wurde.

2. Der angefochtene Bescheid ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere (diesen Spruchpunkt im oben genannten Umfang betreffende) Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen und diese gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 400,– enthalten.

5. Die von der Agrargemeinschaft Pflach (in ihrer zu B552/2012 protokollierten Beschwerde) und ihrer beschwerdeführenden Mitglieder (in ihrer zu B553/2012 protokollierten Beschwerde) behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides, sofern damit die "Jagd" aus der Aufzählung der üblichen und regelmäßigen Nutzungen in Abschnitt III. der Haupturkunde des Regulierungsplans vom 30. Mai 1960 gestrichen wurde, hat nicht stattgefunden.

6. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die zu B552/2012 und B553/2012 beschwerdeführenden Parteien (durch diesen Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides im oben genannten Umfang) in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der insoweit angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.

7. Die Beschwerden der Agrargemeinschaft Pflach (B552/2012) und ihrer beschwerdeführenden Mitglieder (B553/2012) sind daher in diesem Umfang abzuweisen.

8. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerden der Agrargemeinschaft Pflach (B552/2012) und ihrer beschwerdeführenden Mitglieder (B553/2012) abgesehen. Die Beschwerden werden gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

9. Diese Entscheidungen konnten gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG bzw. §19 Abs3 Z1 iVm §31 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

10. Der Gemeinde Pflach sind für die von ihr als beteiligte Partei in den Verfahren zu B552/2012 und B553/2012 eingebrachten, aber vom Verfassungsgerichtshof nicht abverlangten Schriftsätze Kosten nicht zuzusprechen (zB VfSlg 13.847/1994, 15.300/1998, 15.818/2000, 16.037/2000).

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