VfGH B418/80

VfGHB418/8024.11.1983

StVO 1960; keine Bedenken gegen ein vor einer Schule durch Verbotsschilder gemäß §52 Z13 kundgemachtes Halte- und Parkverbot mit der Zusatztafel "Werktags von 7.15 Uhr bis 14.00 Uhr"

Normen

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art18 Abs2
Halte- und ParkverbotsV im Bereich der Volksschule Wien 13. St-Gasse
StVO 1960 §43 Abs1 lita
StVO 1960 §43 Abs1 litb
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art18 Abs2
Halte- und ParkverbotsV im Bereich der Volksschule Wien 13. St-Gasse
StVO 1960 §43 Abs1 lita
StVO 1960 §43 Abs1 litb

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 29. November 1979 wurde dem Bf. zur Last gelegt, "am 18. Juli 1979 um

9.50 Uhr in Wien 13., St.-Gasse mit dem Pkw W in einem beschilderten Halteverbot gehalten" und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §24 Abs1 lita StVO 1960, BGBl. Nr. 159 idgF, begangen zu haben. Gemäß §99 Abs3 lita StVO wurde gegen den Bf. eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzarreststrafe in der Dauer von einem Tag) verhängt.

Die gegen diesen Bescheid vom Bf. erhobene Berufung hat die Wr. Landesregierung mit dem Bescheid vom 21. Mai 1980 als unbegründet abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis gemäß §66 Abs4 AVG 1950 bestätigt.

2. Gegen diesen Bescheid der Wr. Landesregierung richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde. Der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen V in seinen Rechten verletzt worden zu sein. Er stellt den Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. In der St.-Gasse im 13. Wr. Gemeindebezirk ist durch Verbotsschilder gemäß §52 Z13b StVO das Verbot "Halten und Parken verboten" kundgemacht. Die Verbotsschilder tragen folgende Zusatztafel: "Werktags von 7.15 Uhr bis 14.00 Uhr".

2. §43 Abs1 lita und b StVO idF BGBl. Nr. 209/1969 lauten:

"§43 (1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung

a) wenn ein Elementarereignis bereits eingetreten oder nach den örtlich gewonnenen Erfahrungen oder nach sonst erheblichen Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, die zum Schutze der Straßenbenützer oder zur Verkehrsabwicklung erforderlichen Verkehrsverbote oder Verkehrsbeschränkungen zu erlassen;

b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße oder die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes erfordert

1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsverbote oder Verkehrsbeschränkungen, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote udgl., zu erlassen,

2. den Straßenbenützern ein bestimmtes Verhalten vorzuschreiben, insbesondere bestimmte Gruppen von der Benützung einer Straße oder eines Straßenteiles auszuschließen oder sie auf besonders bezeichnete Straßenteile zu verweisen;

3. Der Bf. ist der Auffassung, als einziges eine Verkehrsbeschränkung rechtfertigendes Merkmal komme die Tatsache in Betracht, daß im Bereich des Halteverbotes eine Volksschule der Stadt Wien liege. Das bloße Vorhandensein einer Schule rechtfertige aber nach Ansicht des Bf. keineswegs ein Halteverbot. Da dieses Halteverbot aber in irgendeinem Zusammenhang mit dem Schulbetrieb stehen müsse, schränke der Bf. "den Vorwurf der Gesetzwidrigkeit der V ausschließlich auf den Punkt ein, daß der Verordnungsgeber das Halteverbot auch auf die Tage ausgedehnt hat, die keine Unterrichtstage sind".

Die österreichischen Schulgesetze enthielten genaue Bestimmungen über die unterrichtsfreie Zeit. Abgesehen von der Fünftagewoche, bei der auch der Samstag schulfrei sei, habe der Gesetzgeber vor allem die sogenannten "großen (Sommer-)Ferien" festgesetzt; demnach seien im Juli und August zwei Monate unterrichtsfrei. Hiezu kämen zwei weitere Wochen zu Weihnachten und Neujahr, ferner je eine Woche zu den Semester- und Osterferien. Schließlich seien noch einige weitere Tage unter verschiedenen anderen Rechtstiteln schulfrei. Zusammen ergebe dies mehr als drei Monate im Jahr, in denen schulfrei sei, dh. auch an Werktagen nicht unterrichtet werde. In anderen Worten, von vier Werktagen sei zumindest einer unterrichtsfrei (bei der Fünftagewoche verschiebt sich das Verhältnis zugunsten der schulfreien Tage). Die der V zugrunde liegende Annahme, jeder Werktag sei auch zugleich ein Unterrichtstag, stehe somit im unlösbaren Widerspruch zu den österreichischen Schulgesetzen. Damit werde die V aber selbst gesetzwidrig.

Der Bf. ist der Meinung, daß die Gesetzwidrigkeit der V durch eine entsprechende Textierung beseitigt werden könnte, indem in der Zusatztafel das Wort "werktags" durch die Worte "an Unterrichtstagen" ersetzt oder auf der Zusatztafel die negative Formulierung "ausgenommen an unterrichtsfreien Tagen" angebracht werde.

4. Zum Vorbringen des Bf. hat die bel. Beh. auf Aufforderung des VfGH unter Vorlage des Aktenvorganges über die Erlassung in der in Rede stehenden V folgendes ausgeführt:

"Wie sich aus dem Verordnungsakt ergibt, war Grund für die Erlassung des Halte- und Parkverbotes die durch Verparkung der Fahrbahnränder im Bereich der Volksschule Wien 13, St.-Gasse gegebene Gefährdung querender Fußgänger, insbesondere der Schulkinder durch Sichtbehinderung gegeben und stellte sich die Erlassung eines Halte- und Parkverbotes in diesem Bereich als zielführende Maßnahme zur Hintanhaltung einer solchen Gefährdung dar.

Soweit nun der Bf. in Beschwerde zieht, daß eine solche Maßnahme nur zu Zeiten gerechtfertigt erscheinen könne, in denen eine Gefährdung insbesondere der Schulkinder zu befürchten sei, somit nur an Unterrichtstagen, nicht aber eine über das Halte- und Parkverbot an Unterrichtstagen hinausgehende Verkehrsbeschränkung, kann dem eine gewisse Berechtigung zwar nicht abgesprochen werden, zumal eine Gefährdung der Schulkinder nur an solchen Tagen auftreten kann, an denen diese das Schulgebäude besuchen. Doch geht die vom Bf. vertretene Ansicht, das Halte- und Parkverbot hätte nur mit der Einschränkung auf Unterrichtstage erlassen werden dürfen, insoweit an der Realität vorbei, als der Begriff 'Unterrichtstag' einesteils deshalb zu eng gefaßt wäre, weil ein Aufsuchen des Schulgebäudes auch an unterrichtsfreien Tagen durchaus möglich ist, wie zB zum Besuch außerschulischer Veranstaltungen, die durchaus nicht nur an Unterrichtstagen stattfinden und auch während der Sommerferien ein Besuch des Schulgebäudes nicht von vornherein auszuschließen ist; andernteils Zweck der Verordnung nicht ausschließlich der Schutz von Schulkindern ist, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer (erwachsene Fußgänger) durch Hintanhaltung von Sichtbehinderungen durch abgestellte Fahrzeuge geschützt werden sollen. Außerdem gab die Verwendung der Worte 'an Unterrichtstagen' bei Kundmachung des zeitlichen Geltungsbereiches des Halte- und Parkverbotes zu Mißverständnissen Anlaß, zumal bei nicht unmittelbar von schulischen Angelegenheiten betroffenen Personen nicht vorausgesetzt werden kann, Kenntnis darüber zu haben, wann Unterrichtstage vorliegen, wie dies bei Lehrern, Schulpersonal oder Eltern schulpflichtiger Kinder anzunehmen ist. Wenn daher bei Umschreibung des zeitlichen Geltungsbereiches die Fassung 'an Werktagen von 7.15 Uhr bis 14.00 Uhr' gewählt wurde, so ist diese Einschränkung eindeutig und unmißverständlich und entspricht den an eine Kundmachung an einen unbestimmten Personenkreis gerichteten Erfordernissen in höherem Maße, als dies bei der vom Bf. erwähnten Fassung der Fall wäre.

Zudem hat der Verordnungsgeber durch Einschränkung der Gültigkeit des Halte- und Parkverbotes auf die Früh- bis Mittagsstunden an Werktagen ohnehin auf das nur zeitweise auftretende Schutzbedürfnis Bedacht genommen. Eine weitere Einschränkung auf 'Unterrichtstage' würde aber - wiedargelegt - infolge Mißdeutbarkeit zur Rechtsunsicherheit führen und die Erlassung einer derartigen Verordnung und deren Kundmachung durch Verkehrszeichen würde der Forderung nach leicht verständlichen und vollziehbaren Vorschriften zuwiderlaufen".

5. Nach Auffassung des VfGH kann den Ausführungen der bel. Beh., mit denen sie die zeitliche Geltung des Halte- und Parkverbotes auch für Zeiten außerhalb des Schulbetriebes (Ferien, schulfreie Tage) rechtfertigt, insbesondere auch im Hinblick darauf, daß für alle, auch für die mit der Schulzeit und dem Schulbetrieb nicht vertrauten Personen die zeitliche Geltung einer Strafnorm eindeutig und klar umschrieben sein muß, nicht entgegengetreten werden. Dem Vorbringen der bel. Beh. gegenüber sind die Ausführungen des Bf. nicht geeignet, die Gesetzwidrigkeit der V zu begründen. Unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles bestehen gegen die Gesetzmäßigkeit dieser V keine Bedenken.

Da auch gegen die Verfassungsmäßigkeit der sonstigen bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften Bedenken nicht bestehen, ist der Bf. durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

6. Im Hinblick auf die vom Bf. allein vorgebrachte Behauptung, durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden zu sein, hat der VfGH nicht zu prüfen, ob der Bf. durch den angefochtenen Bescheid in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden ist (vgl. VfSlg. 9300/1981 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte