VfGH B405/09

VfGHB405/0911.3.2010

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung des Antrags auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes; keine gravierenden neuen Umstände seit der Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes nach bedingter Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft trotz positiver Zukunftsprognose; kein Wegfall des zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes führenden Grundes; ausreichende Interessenabwägung

Normen

EMRK Art8
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
FremdenpolizeiG 2005 §60, §65, §66
EMRK Art8
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
FremdenpolizeiG 2005 §60, §65, §66

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer, ein 1991 in Österreich geborener

serbischer Staatsangehöriger, hält sich seit seiner Geburt in Österreich auf, absolvierte die Volksschule und besuchte vier Jahre das Gymnasium. Er verfügte über eine unbefristete Niederlassungsbewilligung "begünstigter Drittsta. - Ö". Seine Mutter und seine Schwester sind rechtmäßig auf Dauer in Österreich niedergelassen.

2. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 3. Oktober 2007 wurde der damals minderjährige Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§142 Abs1 und 143 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 27 Monaten verurteilt, weil er am 2. Juli 2007 als Anstifter und Mittäter einer Person mit Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen weggenommen hat, um sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er gemeinsam mit einem Komplizen die Person vom Fahrrad stieß, sie zu Boden drückte, ihr einen Faustschlag ins Gesicht versetzte, und der Beschwerdeführer dieser Person ein Butterflymesser gegen den Bauch richtete und mehrmals Geld forderte. Auf Grund dieser Verurteilung erließ die Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 25. Februar 2008 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 7. April 2008, zugestellt am 11. April 2008, insoweit Folge gegeben, als das Aufenthaltsverbot auf sieben Jahre befristet wurde. Dieser Bescheid wurde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts nicht angefochten.

3. Unter Anrechnung der Vorhaft wurde der Beschwerdeführer am 18. August 2008, nach 13 Monaten und 15 Tagen, bedingt aus der Strafhaft entlassen, weil das Vollzugsgericht der Ansicht war, dass sich der Beschwerdeführer "im Zusammenhalt mit der angeordneten Bewährungshilfe, sowie mit der Weisung, Therapie in Anspruch zu nehmen, nach der bedingten Entlassung wohlverhalten werde".

Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen, die dagegen erhobene Schubhaftbeschwerde vom 2. September 2008 wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat in Niederösterreich (UVS) abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde mit Beschluss vom 16. Dezember 2008 (VwGH 16.12.2008, AW 2008/21/0315-4) die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Am 19. Dezember 2008 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 2009 (VwGH 22.1.2009, 2008/21/0627) wurde der Beschwerde insofern stattgegeben, als der Bescheid des UVS hinsichtlich seines Ausspruches, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde.

4. Am 4. September 2008 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes, der mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 16. Jänner 2009 abgewiesen wurde. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 17. Februar 2009 keine Folge gegeben.

Die belangte Behörde führte vor allem im Hinblick auf die positive Zukunftsprognose, die bedingte Entlassung aus der Strafhaft zum frühest möglichen Zeitpunkt und die Interessen des Beschwerdeführers Folgendes aus:

"Die [...] Tatsache, dass der BW mittlerweile aus der Strafhaft bedingt entlassen worden ist, vermag die Fremdenpolizeibehörden nicht zu binden, weil sie die Sachlage nicht aus strafrechtlichen, sondern fremdenpolizeilichen Gesichtspunkten zu bewerten haben. Sie ist somit - im Gegensatz zur Meinung des BW - nicht entscheidungsrelevant! ...

Geht man davon aus, dass seit der bedingten Entlassung des BW aus der Strafhaft bloß ein halbes Jahr vergangen ist, kommt dem Wohlverhalten in diesem kurzen Zeitraum - die Zeit der Strafhaft muss ja überhaupt von der Betrachtung ausgeschlossen werden - kaum eine Bedeutung in dem Sinn zu, dass die von der Behörde im Aufenthaltsverbotsverfahren getroffene Gefährdungs- und Zukunftsprognose in Frage gestellt werden könnte.

Die im zitierten Strafurteil geschilderte und im Bescheid weiter oben noch einmal kurz wiedergegebene, äußerst brutale Tathandlung des BW stellt nach Ansicht der Berufungsbehörde ohne Zweifel ein persönliches Verhalten dar, das die Annahme gerechtfertigt erscheinen lässt, die öffentliche Ordnung der Republik Österreich würde durch den Weiterverbleib des BW im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet.

Das gravierende Fehlverhalten des BW zugrunde gelegt, erweist sich das Aufenthaltsverbot bzw. dessen Aufrechterhaltung nach §66 Abs1 FPG als nach wie vor dringend geboten, hat doch der BW durch dieses Fehlverhalten die in Art8 Abs2 EMRK genannten öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und eines geordneten Fremdenwesens erheblich beeinträchtigt. Von daher steht auch §66 Abs2 leg. cit. dem Aufenthaltsverbot nicht entgegen und vermögen auch die starken persönlichen bzw. familiären Interessen des BW am Aufenthalt in Österreich das durch sein Fehlverhalten schwer und nachhaltig beeinträchtigte Allgemeininteresse nicht zu überwiegen.

Eine weitergehende Ermessensentscheidung kam nicht in Betracht, weil keine diesbezüglichen Gründe erkannt oder vorgebracht wurden. ..."

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art8 EMRK sowie auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BVG BGBl. 390/1973, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird.

6. Die belangte Behörde hat im parallel anhängigen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Verwaltungsakten vorgelegt und dem Verfassungsgerichtshof eine Kopie der zu diesem Verfahren erstatteten Gegenschrift übermittelt.

II. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005, idF BGBl. I Nr. 100/2005 bzw. BGBl. I Nr. 157/2005 und BGBl. I Nr. 99/2006 (in der Folge: FPG), lauten auszugsweise:

"3. Abschnitt

Aufenthaltsverbot und Rückkehrverbot

Voraussetzungen für das Aufenthaltsverbot

§60. (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

  1. 1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
  2. 2. anderen im Art8 Abs2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

1. von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. - 11. ...

12. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme rechtfertigt, dass er einer kriminellen Organisation (§278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§278b StGB) angehört oder angehört hat;

13. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme rechtfertigt, dass er durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

14. öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(3) - (5) ...

(6) §66 gilt.

Unzulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes

§61. Ein Aufenthaltsverbot darf nicht erlassen werden, wenn

1. - 3. ...

4. der Fremde von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als einer unbedingten zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden oder würde einen der in §60 Abs2 Z12 bis 14 bezeichneten Tatbestände verwirklichen.

...

Aufhebung und außer Kraft treten des Aufenthaltsverbotesoder des Rückkehrverbotes

§65. (1) Das Aufenthaltsverbot oder das Rückkehrverbot ist auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

(2) - (4) ...

4. Abschnitt

Gemeinsame Verfahrensbestimmungen

Schutz des Privat- und Familienlebens

§66. (1) Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Ausweisung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art8 Abs2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Eine Ausweisung gemäß §54 Abs1, 3 und 4 darf jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;

2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides werden in der Beschwerde nicht vorgebracht und sind beim Verfassungsgerichtshof aus Anlass des vorliegenden Beschwerdefalles auch nicht entstanden.

Der Beschwerdeführer ist daher nicht in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt.

2. Bei einer Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nach §65 Abs1 FPG kann die Rechtmäßigkeit eines rechtskräftigen Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, von der belangten Behörde nicht mehr überprüft werden. Ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist daher nur auf die erst nach der Verhängung des unangefochten gebliebenen Aufenthaltsverbotes eingetretenen Umstände Bedacht zu nehmen. Dabei ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose im Sinne des §60 Abs1 FPG weiterhin zu treffen ist und ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes im Hinblick auf §66 FPG zulässig ist.

2.1. Ein Eingriff in das durch Art8 EMRK verfassungsgesetzlich garantierte - unter Gesetzesvorbehalt stehende - Recht ist dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen ist, auf einer dem Art8 EMRK widersprechenden Rechtsvorschrift beruht oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat; ein solcher Fall liegt nur vor, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hat, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, oder wenn sie der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen verfassungswidrigen, insbesondere einen dem Art8 Abs1 EMRK widersprechenden und durch Art8 Abs2 EMRK nicht gedeckten Inhalt unterstellt hat (vgl. VfSlg. 11.638/1988, 15.051/1997, 15.400/1999, 16.657/2002).

Wie bereits ausgeführt, handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, sondern um den Antrag auf Aufhebung eines unangefochten gebliebenen, auf sieben Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes. Eine Verletzung in Rechten gemäß Art8 EMRK kann sich daher im vorliegenden Fall nur auf Fehler in der Beurteilung von Tatsachen stützen, die zwischen der Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes und der Entscheidung der belangten Behörde über den Antrag auf dessen Aufhebung neu entstanden sind.

Derartige neue Umstände, die bei Eingriffen in das Familien- oder Privatleben des Beschwerdeführers zu berücksichtigen wären, wurden weder von ihm selbst vorgebracht noch konnten sie vom Verfassungsgerichtshof festgestellt werden. Der belangten Behörde ist daher aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht entgegenzutreten, wenn sie im Rahmen ihrer Interessenabwägung davon ausgeht, dass die bedingte Entlassung aus der Strafhaft, ungeachtet dessen, dass ihr eine positive Zukunftsprognose der strafgerichtlichen Behörden zu Grunde liegt, vor allem wegen des kurzen Zeitraumes und der besonderen Schwere der Straftat, nicht dermaßen ins Gewicht fällt, dass eine neuerliche Gefährlichkeitsprognose möglich wäre bzw. von einem "Wegfall" des zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes führenden Grundes die Rede sein kann.

Daran vermag weder die vom Beschwerdeführer zitierte Judikatur des EGMR (vgl. EGMR 22.4.2004, Fall Radovanovic, Appl. 42.703/98) noch dessen neueste Rechtsprechung, wonach Fremde der zweiten Generation, die bereits in der frühesten Kindheit in den Aufenthaltsstaat kamen und noch als Minderjährige teilweise wiederholt straffällig und daher ausgewiesen wurden, in ihren Rechten gemäß Art8 EMRK verletzt sind (vgl. EGMR 23.6.2008 (GK), Fall Maslov, Appl. 1.638/03, ÖJZ 2008, 779-782; EGMR 12.1.2010, Fall A.W. Khan, Appl. 47.486/03), etwas zu ändern. In diesen Fällen bestand der Eingriff in die durch Art8 EMRK geschützten Rechte in der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes bzw. einer damit direkt einhergehenden Ausweisung des Fremden, somit in der aufenthaltsbeendenden Maßnahme der innerstaatlichen Behörden und nicht - wie hier - in der Abweisung eines Antrages auf Aufhebung eines unangefochten gebliebenen Aufenthaltsverbotes.

Es ist der belangten Behörde daher kein in die Verfassungssphäre reichender Fehler vorzuwerfen, wenn sie angesichts der Kürze des seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes vergangenen Zeitraumes und der Schwere der Straftat kein neuerliches Ermittlungsverfahren durchgeführt hat und bei ihrer Interessenabwägung davon ausgegangen ist, dass keine wesentlichen neuen Umstände vorliegen.

Damit steht der angefochtene Bescheid aber weder zu der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Rechtsprechung des EGMR, noch zu dessen neuester Judikatur (EGMR Fall Maslov; EGMR Fall Khan) im Widerspruch, ging es doch in diesen Fällen um die Verhängung von Aufenthaltsverboten bzw. aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, nicht aber um Verfahren zu deren Aufhebung. Auch ist es dem Verfassungsgerichtshof entsprechend der Struktur des verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzsystems, wonach die Prüfung der Beschwerdebehauptungen nur anhand der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bestehenden Sach- und Rechtslage vorzunehmen ist, verwehrt, auf nach Erlassung des angefochtenen Bescheides allenfalls hervorgekommene Tatsachen Bedacht zu nehmen. Solche Tatsachen wurden in der Beschwerde auch gar nicht vorgebracht und könnten im Übrigen nur in einem neuerlichen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer ist daher nicht im durch Art8 Abs1 EMRK garantierten Recht auf Privat- und Familienleben verletzt.

2.2. Der Beschwerdeführer erachtet sich auch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.

Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet ein Bescheid, wenn er auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn die Behörde dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

Ein solcher, in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist der belangten Behörde im vorliegenden Fall nicht unterlaufen:

Wie bereits unter Punkt 2.1. ausgeführt, haben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine wesentlichen neuen Umstände ergeben, die ein erneutes Ermittlungsverfahren erfordert hätten. Darüber hinaus hat eine Interessenabwägung gemäß §66 Abs1 und 2 FPG stattgefunden.

Der Beschwerdeführer wurde daher auch nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.

Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

2.3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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