VfGH B320/2014

VfGHB320/20146.6.2014

Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrags sowie der Beschwerde mangels eines tauglichen Anfechtungsobjektes infolge Beseitigung des angefochtenen Bescheides aus dem Rechtsbestand mit Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Allg
VfGG §33
ZPO §146 Abs1
B-VG Art144 Abs1 / Allg
VfGG §33
ZPO §146 Abs1

 

Spruch:

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Kosovo und seit 5. Februar 2013 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 26. Juni 2013 auf Erteilung eines Aufenthaltsvisums (Visum D; §20 Abs1 Z4 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl I 100 idF BGBl I 87/2012) gemäß §21 Abs5 Z4 FPG ab, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung, Ruhe oder Sicherheit gefährde. Dieser Bescheid enthielt eine Rechtsmittelbelehrung, wonach der Beschwerdeführer als begünstigter Drittstaatsangehöriger (§2 Z11 FPG) gemäß §9 Abs1 FPG Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat (in der Folge: UVS) erheben könne.

2. Der Beschwerdeführer erhob Berufung an den UVS Salzburg. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 10. April 2014 wurde der nunmehr als Beschwerde gemäß Art130 Abs1 Z1 B‑VG behandelten Berufung Folge gegeben und dem Beschwerdeführer ein Visum D mit einer Gültigkeitsdauer von vier Monaten für die einmalige Einreise nach Österreich erteilt.

3. Dieses Erkenntnis wurde von der belangten Behörde mittels außerordentlicher Revision gemäß Art133 Abs6 Z2 B‑VG beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft. Darin wurde insbesondere die Unzuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg geltend gemacht. Die belangte Behörde erachtet es in der Revisionsbegründung als verfehlt, dass das Landesverwaltungsgericht sich nach §125 Abs22 FPG idF BGBl I 68/2013 als zuständig erachtet hat. Vielmehr sei für die Entscheidung über die vormalige Berufung mit 1. Jänner 2014 das Bundesverwaltungsgericht zuständig geworden. Darüber hinaus handle es sich beim Beschwerdeführer nicht um einen begünstigten Drittstaatsangehörigen, weil seine Ehefrau keinen Freizügigkeitssachverhalt verwirklicht habe.

4. Im nunmehr gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der sechswöchigen Frist zur Erhebung einer Beschwerde nach Art144 B‑VG an den Verfassungsgerichtshof schließt sich der Beschwerdeführer der von der belangten Behörde in der außerordentlichen Revision vertretenen Rechtsauffassung an, wonach es sich beim Beschwerdeführer um keinen begünstigten Drittstaatsangehörigen handle. Für den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers habe jedoch im Hinblick auf die seinerzeitige Rechtsmittelbelehrung im Bescheid der belangten Behörde kein Grund bestanden, sachlich und rechtlich zu prüfen, ob es sich beim Beschwerdeführer um einen begünstigten Drittstaatsangehörigen handelt. Es sei durchaus im Bereich des Möglichen gelegen, dass die in Salzburg lebende Ehefrau des Beschwerdeführers auch über einen Wohnsitz im grenznahen Bayern verfügt oder früher im Ausland gelebt hat.

Dem Beschwerdeführer sei anlässlich einer persönlichen Vorsprache bei der belangten Behörde am 9. Mai 2014 die Absicht der Erhebung der außerordentlichen Revision mitgeteilt und ihm vorab eine Kopie der Revisionsschrift überreicht worden. Frühestens zu diesem Zeitpunkt habe er Kenntnis davon erlangt, dass gegen den angefochtenen Bescheid keine Berufung zulässig gewesen sei und somit tatsächlich keine Zuständigkeit des UVS bzw. des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg bestanden habe. Damit sei der Grund weggefallen, der den Beschwerdeführer daran gehindert habe, eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen den angefochtenen Bescheid einzubringen.

5. Gemäß §33 VfGG kann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist nur in den Fällen des Art144 B-VG stattfinden. Über einen solchen Antrag entscheidet der Verfassungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung.

Da das VfGG in §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 leg. cit. die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff ZPO sinngemäß anzuwenden (vgl. die bei Holzinger/Hiesel, Verfassungsgerichtsbarkeit3, 2009, E 2 zu §33 VfGG, zitierte Rechtsprechung). Voraussetzung für die Zulässigkeit der Wiederaufnahme ist nach §146 Abs1 ZPO, dass die Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte.

6. Spätestens mit der (Sach-)Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg am 10. April 2014 ist der angefochtene Bescheid aus dem Rechtsbestand beseitigt worden. Damit ist diese Entscheidung an die Stelle des angefochtenen Bescheides getreten (Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht9, 2011, Rz. 543, wobei die dortigen Ausführungen zu Berufungsbescheiden für Sachentscheidungen eines Verwaltungsgerichtes ebenso gelten). Ein Rechtsnachteil durch den Ausschluss von einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, der aktuell keinerlei Rechtswirkungen mehr entfaltet, kommt daher nicht in Betracht.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

7. Aus demselben Grund ist der angefochtene Bescheid kein taugliches Anfechtungsobjekt einer auf Art144 B‑VG gestützten Beschwerde. Diese ist daher ebenfalls gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

8. Damit erweist sich die vom Beschwerdeführer angestrebte Rechtsverfolgung als offenbar aussichtslos, sodass sein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß §63 Abs1 ZPO iVm §35 VfGG abzuweisen ist.

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