VfGH B293/79

VfGHB293/7916.10.1980

Wr. Abgabenordnung, keine Bedenken gegen §149 Abs2 in der Fassung LGBl. 28/1978

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
WAO §149 Abs2 idF LGBl 28/1978
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
WAO §149 Abs2 idF LGBl 28/1978

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Im Zuge einer Getränkesteuerrevision stellte der Magistrat der Stadt Wien fest, daß die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft im Zeitraum vom 1. Juni 1976 bis 31. Dezember 1977 getränkesteuerpflichtige Waren an Letztverbraucher in Wien abgegeben hat, ohne entsprechende Getränkesteuererklärungen einzubringen und die Abgabe auf Grund einer Selbstbemessung zu entrichten. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 29. Mai 1979, zugestellt am 19. Juni 1979, wurde der Beschwerdeführerin für den genannten Zeitraum Getränkesteuer in Höhe von S 132.866,-, sowie wegen unterlassener Einbringung der Getränkesteuererklärung ein Verspätungszuschlag in Höhe von

S 13.287,- und wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Getränkesteuer ein Säumniszuschlag in Höhe von S 2.657,-

vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird. Es werden unter Hinweis auf den "das Gesetzesprüfungsverfahren G107/78 einleitenden Beschluß des VfGH vom 21. Juni 1978" ausschließlich Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §149 Abs2 WAO vorgebracht.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie darauf hinweist, daß sich die Bedenken in dem in der Beschwerde zitierten Beschluß des VfGH auf §149 Abs2 WAO "alter Fassung" bezogen, im vorliegenden Fall aber §149 Abs2 WAO idF des Wr. LGBl. 28/1978 angewendet worden sei und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin stützt ihre Beschwerde ausschließlich auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §149 Abs2 WAO. Sie bringt dazu jene Bedenken vor, die den VfGH bewogen haben, die unter G107/78 und G49/79 protokollierten Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der Abs2 und 3 des §149 WAO idF vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 27. Juni 1978, LGBl. f. Wien 28/1978 einzuleiten. Diese Bestimmungen sind mit Ablauf des 29. September 1978 außer Kraft getreten; der VfGH hat mit Erk. vom 30. Jänner 1980, G107/78, 49/79, festgestellt, daß sie verfassungswidrig waren.

2. Für die Beurteilung der Rechtslage ist - soweit es sich um die Zuständigkeit zur Erlassung des angefochtenen Bescheides handelt - der Zeitpunkt der Bescheiderlassung, das ist der Tag der Zustellung, maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt war §149 Abs2 WAO idF LGBl. 28/1978 in Geltung. Die belangte Behörde hat ihre am 19. Juni 1979 zugestellte Entscheidung auf §149 Abs2 WAO in dieser Fassung gestützt.

Die von der belangten Behörde angewendete Bestimmung des §149 Abs2 WAO idF LGBl. 28/1978 lautet:

"Die Abgabenbehörde hat die Abgabe mit Bescheid festzusetzen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung der Erklärung unterläßt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstbemessung als unrichtig erweist. Von der bescheidmäßigen Festsetzung ist abzusehen, wenn der Abgabepflichtige nachträglich die Mängel behebt".

Diese Bestimmung entspricht dem vom VfGH im Verfahren G107/78, G49/79, als gleichheitswidrig erkannten §149 Abs3 WAO mit der Ausnahme, daß die Wortfolge "Die Selbstbemessung als unrichtig erweist" die (frühere) Wortfolge "die Selbstbemessung als zu niedrig erweist" abgelöst hat. Damit hat der Wr. Landesgesetzgeber jene Differenzierung beseitigt, die den VfGH im erwähnten Verfahren bewogen hat festzustellen, daß §149 Abs3 WAO (alte Fassung) verfassungswidrig war. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin geht somit ins Leere.

Gegen die angewendete Bestimmung des §149 Abs2 WAO idF LGBl. 28/1978 und die übrigen Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides sind aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles beim VfGH auch keine anderen Bedenken entstanden.

3. Die Beschwerdeführerin ist somit durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden. Die Beschwerde war daher abzuweisen. Dabei war nicht zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde, weil eine solche Verletzung nicht behauptet wurde.

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