Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Kärnten ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit ATS 20.500,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Eberndorf vom 28.4.1995 wurde der Beschwerdeführer gemäß §39 Abs3 Kärntner Bauordnung 1992 verpflichtet, als Alleineigentümer der Grundstücke Nr. 888/5 und .282, KG Eberndorf, auf dem auf diesen Grundstücken befindlichen Gebäude eine neue Orientierungsnummer anzubringen. Dieser Bescheid wurde am 19.9.1995 zugestellt.
1.2. Am 26.9.1995 langte beim Gemeindeamt Eberndorf eine in slowenischer Sprache verfasste Eingabe des Beschwerdeführers ein, mit der er beantragte, ihm diesen Bescheid in slowenischer Sprache zuzustellen. Mit Schreiben vom 7.10.1995 teilte der Bürgermeister der Gemeinde Eberndorf dem Einschreiter mit, dass diese Eingabe nicht behandelt werden könne, da sie nicht in der gesetzlich zugelassenen Amtssprache eingebracht worden sei. Die Gemeinde Eberndorf gehöre gemäß §2 Abs1 der Verordnung der Bundesregierung BGBl. 1977/307 nicht zu jenen Gemeinden, in denen die slowenische Sprache als Amtssprache zugelassen sei. Aus diesem Grunde werde die Eingabe zurückübermittelt, wobei dem Einschreiter freigestellt werde, Eingaben in deutscher Amtssprache einzubringen.
Mit einem in deutscher Sprache verfassten Schriftsatz vom 16.10.1995 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf bescheidmäßige Erledigung der oben erwähnten Eingabe und erhob für den Fall, dass das Schreiben des Bürgermeisters vom 7.10.1995 als Bescheid qualifiziert werden sollte, gegen diese Erledigung Berufung.
1.3. Mit Bescheid vom 17.10.1996 wies der Bürgermeister der Gemeinde Eberndorf den Antrag auf bescheidmäßige Erledigung der genannten Eingabe gemäß §56 AVG 1991 iVm §2 Abs1 der Verordnung der Bundesregierung BGBl. 1977/307 als unzulässig zurück.
1.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 22.10.1996 Berufung. In weiterer Folge stellte er mit Schreiben vom 29.4.1997 den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über diese Berufung, die spätestens am 29.10.1996 bei der Gemeinde Eberndorf eingelangt sei, an den Gemeinderat dieser Gemeinde, da innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Monaten kein Bescheid ergangen sei; die Verzögerung sei ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde, nämlich des Gemeindevorstandes der genannten Gemeinde, zurückzuführen.
Mit Bescheid vom 29.8.1997 wies der Gemeinderat der Gemeinde Eberndorf die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 17.10.1996 als unbegründet ab. Dies iW mit der Begründung, dass der Antrag auf Zustellung des Bescheides des Bürgermeisters vom 28.4.1995 in slowenischer Sprache in den volksgruppenrechtlichen Vorschriften keine Deckung finde.
1.5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 3.9.1997 Vorstellung an die Kärntner Landesregierung, die mit Bescheid vom 12.12.1997 als unbegründet abgewiesen wurde.
2. Gegen diesen Bescheid der Kärntner Landesregierung richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, nämlich im Recht auf Gebrauch der slowenischen Sprache vor Behörden (Art7 Z3 erster Satz des Staatsvertrages von Wien) sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger Normen, nämlich des §2 Abs1 Z3 des Volksgruppengesetzes und des §2 der Verordnung der Bundesregierung BGBl. 1977/307, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes begehrt wird.
3. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof nach Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Wortes "Sittersdorf" in §2 Abs2 Z3 der Verordnung der Bundesregierung vom 31. Mai 1977 über die Bestimmung der Gerichte, Verwaltungsbehörden und sonstigen Dienststellen, vor denen die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen wird, BGBl. 307, ein und hob mit Erkenntnis vom 4. Oktober 2000, V91/99, die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung als gesetzwidrig auf.
II. 1. Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als gesetzwidrig aufgehobene Verordnungsbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass deren Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von ATS 3.000,-- sowie eine Eingabegebühr von ATS 2.500,-- enthalten.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)