VfGH B2250/97

VfGHB2250/9717.12.1999

Verletzung im Gleichheitsrecht durch willkürliche Abweisung von Honorarforderungen eines Arztes aus einem Einzelvertrag; keine Begründung für die Verweigerung der - vorfrageweisen - Beurteilung der Nichtigkeit entscheidungswesentlicher Bestimmungen des Gesamtvertrages

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
ASVG §341 ff
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
ASVG §341 ff

 

Spruch:

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales) ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 31.240,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Ärzte in Niederösterreich und haben jeweils mit der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse einen Einzelvertrag abgeschlossen. Gemäß §6 des Gesamtvertrages und §4 der jeweiligen Einzelverträge ergäben sich - so das unbestritten gebliebene Beschwerdevorbringen - die wechselseitigen Rechte und Pflichten ua auch aus "in Hinkunft abzuschließenden Zusatzvereinbarungen 1993/1994".

Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse hat nach den Feststellungen der belangten Behörde mit der Ärztekammer für Niederösterreich eine solche "Zusatzvereinbarung 1993 und 1994" abgeschlossen. Diese Zusatzvereinbarung enthält eine Bestimmung, nach der aus der für die Fachärzte einschließlich der Fachärzte für Radiologie zur Verfügung stehenden Honorarsumme als Ausgleich für das Ergebnis des Jahres 1993 den praktischen Ärzten sieben Millionen Schilling zugeteilt werden. Auf Grund dieser Bestimmung wurden den beschwerdeführenden Parteien anläßlich der Honorarabrechnung für 1993 bestimmte, in der Beschwerde näher bezeichnete Beträge in Abzug gebracht.

1.2. Die beschwerdeführenden Ärzte forderten die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse auf, die einbehaltenen Honorare auszuzahlen, was diese jedoch mit Hinweis auf die zitierte Zusatzvereinbarung ablehnte. Die daraufhin von den beschwerdeführenden Parteien angerufene Paritätische Schiedskommission konnte wegen Stimmengleichheit keine Entscheidung treffen, weshalb die Zuständigkeit über Antrag der beschwerdeführenden Parteien gemäß §§344 Abs3 iVm 345 Abs2 Z2 ASVG auf die Landesberufungskommission überging.

1.2.1. Die beschwerdeführenden Parteien behaupteten in diesem Verfahren ua auch die Nichtigkeit der den Honorarabzug tragenden Bestimmungen der Zusatzvereinbarung für 1993 und 1994, worin sie einen unzulässigen Eingriff in bereits erworbene Rechte erblickten. Weiters wurde bestritten, daß dieser Zusatzvereinbarung repräsentative Berechnungen oder Schätzungen zugrunde gelegt wurden. Die konkret bei den beschwerdeführenden Parteien vorgenommenen Abzüge seien nicht nachvollziehbar.

1.2.2. Die Landesberufungskommission wies das Begehren der beschwerdeführenden Parteien auf Auszahlung der einbehaltenen Honorarteile unter Berufung auf die zitierte Zusatzvereinbarung für 1993 und 1994 ab.

2.1. Dagegen richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der beschwerdeführenden Parteien in verschiedenen näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

2.2. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, und eine Gegenschrift vorgelegt, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Niederösterreichische Gebietskrankenkasse hat eine Äußerung erstattet, in der sie das Beschwerdevorbringen in einigen Punkten bestreitet.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die im gegebenen Zusammenhang maßgeblichen Vorschriften lauten:

1.1. §341 ASVG lautet auszugsweise:

"(1) Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten werden durch Gesamtverträge geregelt, die für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen sind. Die Gesamtverträge bedürfen der Zustimmung des Trägers der Krankenversicherung, für den der Gesamtvertrag abgeschlossen wird. Die Österreichische Ärztekammer kann mit Zustimmung der beteiligten Ärztekammer den Gesamtvertrag mit Wirkung für diese abschließen.

...

(3) Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt im Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes geltenden Gesamtvertrages verstoßen.

..."

1.2. §342 ASVG lautet auszugsweise:

"(1) Die zwischen dem Hauptverband und den Ärztekammern abzuschließenden Gesamtverträge haben nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen insbesondere folgende Gegenstände zu regeln:

(...)

  1. 3. die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte, insbesondere auch ihre Ansprüche auf Vergütung der ärztlichen Leistung;

  1. 4. die Vorsorge zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise;

(...)

(2) Die Vergütung der vertragsärztlichen Tätigkeit ist grundsätzlich nach Einzelleistungen zu vereinbaren. Die Vereinbarungen über die Vergütung der ärztlichen Leistungen sind in Honorarordnungen zusammenzufassen; diese bilden einen Bestandteil der Gesamtverträge. Die Gesamtverträge sollen eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Tätigkeit (einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme der wahlärztlichen Hilfe (§131)) enthalten."

1.3. §§344 bis 346 ASVG lauten auszugsweise:

"Paritätische Schiedskommission

§344. (1) Zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, ist im Einzelfall in jedem Land eine paritätische Schiedskommission zu errichten. Antragsberechtigt im Verfahren vor dieser Behörde sind die Parteien des Einzelvertrages.

(...)

(3) Die paritätische Schiedskommission ist verpflichtet, über einen Antrag ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach dessen Einlangen, mit Bescheid zu entscheiden. Wird der Bescheid dem Antragsteller innerhalb dieser Frist nicht zugestellt oder wird dem Antragsteller schriftlich mitgeteilt, daß wegen Stimmengleichheit keine Entscheidung zustande kommt, geht auf schriftliches Verlangen einer der Parteien die Zuständigkeit zur Entscheidung an die Landesberufungskommission über. Ein solches Verlangen ist unmittelbar bei der Landesberufungskommission einzubringen. Das Verlangen ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf Stimmengleichheit oder nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde (§73 AVG 1950) zurückzuführen ist.

(4) Gegen einen Bescheid der paritätischen Schiedskommission kann Berufung an die Landesberufungskommission erhoben werden.

Landesberufungskommission

§345. (1) Für jedes Land ist auf Dauer eine Landesberufungskommission zu errichten. (...)

(2) Die Landesberufungskommission ist zuständig:

  1. 1. zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der paritätischen Schiedskommission und

  1. 2. zur Entscheidung auf Grund von Devolutionsanträgen gemäß §344 Abs3.

(...)

Landesschiedskommission

§345a. (1) Für jedes Land ist auf Dauer eine Landesschiedskommission zu errichten. (...)

(2) Die Landesschiedskommission ist zuständig:

  1. 1. zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Gesamtvertrages über die Auslegung oder die Anwendung eines bestehenden Gesamtvertrages und

  1. 2. zur Entscheidung über die Wirksamkeit einer Kündigung gemäß §343 Abs4.

(3) Gegen die Entscheidungen der Landesschiedskommission kann Berufung an die Bundesschiedskommission erhoben werden.

Bundesschiedskommission

§346. (1) Zur Entscheidung über Berufungen, die gemäß §345a Abs3 erhoben werden, ist eine Bundesschiedskommission zu errichten.

..."

1.2. Streitigkeiten zwischen den Parteien des Gesamtvertrages über dessen Auslegung und Anwendung sind demnach in erster Instanz vor der Landesschiedskommission und in zweiter Instanz vor der Bundesschiedskommission auszutragen, zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen den Partnern der Einzelverträge, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, ist hingegen in erster Instanz die Paritätische Schiedskommission, in zweiter Instanz die Landesberufungskommission zuständig. Die zuletzt genannte Zuständigkeit umfaßt auch die Kompetenz, im Zuge der Feststellung des Inhaltes des Einzelvertrages vorfrageweise die Gültigkeit von Bestimmungen des Gesamtvertrages oder einer dazu geschlossenen Zusatzvereinbarung zu beurteilen, die sie - ihre Gültigkeit vorausgesetzt - als Inhalt des jeweils in Rede stehenden Einzelvertrages ihrer Entscheidung zugrunde zu legen hätte.

1.3. Soweit also als notwendiges Element der rechtlichen Beurteilung durch die zur Entscheidung über den Einzelvertrag berufenen Behörden auch Fragen der Gültigkeit (und damit insoweit auch des "ob" der Einwirkung der betreffenden Bestimmungen des Gesamtvertrages und der dazu geschlossenen Zusatzvereinbarungen auf den Einzelvertrag) zu prüfen ist, gleicht der Gegenstand der rechtlichen Beurteilung zwar jenem der Landesschiedskommission (bzw. der Bundesschiedskommission) bei der Entscheidung von Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung eines bestehenden Gesamtvertrages (in diesem Sinne, wenngleich von Kompetenzüberschneidung sprechend: Mosler in: Strasser (Hrsg.), Arzt und gesetzliche Krankenversicherung, 1995, 403), freilich ohne hinsichtlich der bloß vorfrageweisen Beurteilung der Gültigkeit des Gesamtvertrages für die zur Entscheidung über die Gültigkeit des Gesamtvertrages zuständige Landesschiedskommission irgendeine Bindungswirkung zu entfalten (s. VfGH 15.6.1998, B 3011-3013/96; vgl. weiters VfGH 28.9.1999, B3652/96; 13.10.1999, B2425/96 und 11.10.1999, B1121/97).

2.1. Die belangte Behörde hat die Berechtigung der Gebietskrankenkasse zur Einbehaltung der strittigen Honoraranteile bejaht und dies wie folgt begründet:

"Die Antragsteller beantragten die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bezahlung zu Unrecht einbehaltener Honorarteile. Die Paritätische Schiedskommission traf infolge Stimmengleichheit keine Entscheidung. Die Antragsteller stellten am 25.11.1996 einen Devolutionsantrag gem. §344 Abs3 ASVG.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung und brachte vor, daß die Einbehaltung der Honoraranteile aufgrund der Zusatzvereinbarung zum Gesamtvertrag vom 21.3.1994 bzw. vom 9.6.1994 erfolgt sei.

Nach §341 Abs1 ASVG werden die Beziehungen zwischen den Trägern der Sozialversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten durch Gesamtverträge geregelt, die für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband der Sozialversicherung und für die Ärzte durch die örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen sind. Gem. §341 Abs3 ASVG ist der Inhalt des Gesamtvertrages auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt abzuschließenden Einzelvertrages. Eine Einflußnahme des einzelnen Arztes auf den Inhalt des Gesamtvertrages (und seiner Zusatzvereinbarungen) ist ausgeschlossen. Ob die Antragsteller der Zusatzvereinbarung im einzelnen zugestimmt haben, kann daher dahingestellt bleiben.

Gem. §6 Abs5 des Gesamtvertrages ergeben sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Einzelvertrages aus dem Gesamtvertrag, dem Einzelvertrag und den zwischen den Parteien des Gesamtvertrages abgeschlossenen Zusatzvereinbarungen.

Nach Teil I Abs1 der Zusatzvereinbarung 1993/94 vom 9.6.1994 beträgt die Honorarsumme der sog. §2-Krankenkassen für Niederösterreich für 1993 S 2,23 Mrd. Mit dieser Honorarsumme sind die Auswirkungen der Honorarautomatik für 1993 abgegolten. Nach Teil II Abs1 der Vereinbarung vom 17.5.1995 zur Zusatzvereinbarung vom 9.6.1994 beträgt diese Honorarsumme für 1994 S 2,3415 Mrd.

Nach Teil II Abs6 der Zusatzvereinbarung 1993/94 vom 9.6.1994 werden aus der für die allgemeinen Fachärzte und die Fachärzte für Radiologie zur Verfügung stehenden Honorarsumme sieben Millionen Schilling den praktischen Ärzten zugeteilt. Die Aufteilung dieses Betrages erfolgt nach den Frequenzen der Positionen 1, 9 und 12 des Jahres 1993. Die Anweisung erfolgt am 15.7.1994.

Mit Vereinbarung vom 17.5.1995 zur Zusatzvereinbarung vom 9.6.1994 wurde diese Bestimmung in Punkt I Abs5 umgewandelt und hinzugefügt: '(Der Betrag) wird von den Fachärzten anteilsmäßig bei den Abrechnungen der Quartale II bis IV/1994 einbehalten.'

Nach Teil I Abs3 der Zusatzvereinbarung 1993/94 wurde festgelegt, daß für die Honorarerhöhung 1994 vom Fallwert 1993, erhöht um 5 % (Teil II Abs1), auszugehen ist, wie dies bei der Honorarerhöhung 1993 mit einem um 6,23 % erhöhten Fallwert 1992 geschehen ist. Die Gesamtsteigerung des Honoraraufwandes für 1994 gegenüber 1993 darf jedoch 7 % nicht übersteigen (Teil II Abs3), ansonsten es zu anteilsmäßigen Kürzungen in den Quartalsabrechnungen 1994 kommen werde (Abs4).

Diese Zusatzvereinbarungen sind daher gem §341 Abs3 ASVG, §6 Gesamtvertrag Bestandteil der jeweiligen Einzelverträge.

Der Gesamtvertrag (samt Zusatzvereinbarungen) soll eine Begrenzung der Ausgaben des Krankenversicherungsträgers für die vertragsärztliche Tätigkeit enthalten. Einzelleistungsvergütung und Gesamtausgabenbegrenzung stehen in einem untrennbaren Zusammenhang und auch Widerspruch. Ein Gesamtvertrag, der in der Vergütung (für die ärztliche Leistung) ein Mischsystem aus Einzelleistungsvereinbarung und Pauschalierungskomponenten vorsieht, ist grundsätzlich (§342 Abs2 ASVG) zulässig (Mosler in Strasser (Hrsg), Arzt und gesetzliche Krankenversicherung 189f).

Da bei Einzelleistungsvereinbarungen der Gesamtaufwand des Krankenversicherungsträgers immer erst im Nachhinein (für das vergangene Quartal bzw. Jahr) feststeht, können Pauschalierungskomponenten denknotwendig nur für die Vergangenheit (oder für die Zukunft mit nachträglichem Ausgleich) wirksam werden.

Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liegt daher nicht vor. Die von den Antragstellern zitierten Grundsätze der Ausübung des Gestaltungsrechtes wurden wegen dieses untrennbaren Zusammenhanges von Einzelleistungsvergütung und Gesamtausgabenbegrenzung im gegenständlichen Fall nicht verletzt."

2.2. Die vorliegende Beschwerde rügt eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Die belangte Behörde habe gegenüber den beschwerdeführenden Parteien dadurch Willkür geübt, daß sie jegliches Ermittlungsverfahren unterlassen habe. So habe die belangte Behörde trotz entsprechenden Parteienvorbringens nicht erhoben, welchen Berechnungsmethoden und -grundlagen oder welchem Verteilungsschlüssel bei der Verschiebung der Ärztehonorare gefolgt wurde, wie sich die jeweiligen Abzüge bei den einzelnen Beschwerdeführern errechneten und ob die bei jedem einzelnen Beschwerdeführer vorgenommenen Abzüge nach Maßgabe der anzuwendenden Berechnungsweise korrekt waren bzw. inwieweit sie davon abwichen. Dadurch habe die belangte Behörde das Parteienvorbringen ignoriert und den konkreten Sachverhalt außer acht gelassen.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides erschöpfe sich weiters in der formelhaften Anführung des Nichtvorliegens eines Verstoßes gegen Treu und Glauben, ohne dieses Prinzip näher zu erläutern bzw. zu erörtern oder auch nur im Ansatz die Untersuchung anzustellen, inwieweit die getroffene Berechnung der bei den einzelnen Beschwerdeführern zur Anwendung gekommenen Honorarabzüge mit diesen Grundsätzen und insbesondere mit dem Prinzip der Einzelleistungsvergütung im Einklang stehe. Die belangte Behörde sei daher insgesamt eine Auseinandersetzung mit Gründen und Gegengründen schuldig geblieben, wie sie nach der Rechtsprechung für eine dem Willkürverbot entsprechende Entscheidung jedenfalls Voraussetzung sei.

3. Im Ergebnis ist die Beschwerde bereits mit diesen Vorwürfen im Recht:

3.1. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt u.a. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).

3.2. Die Zuständigkeit zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, geht bei Stimmengleichheit in der gemäß §344 ASVG zunächst zuständigen paritätischen Schiedskommission von dieser auf die Landesberufungskommission über (§344 Abs3 iVm §345 Abs2 Z2 ASVG).

3.2.1. Die im Verfahren allein strittige "Zusatzvereinbarung" zum Gesamtvertrag gestaltet als Teil des Gesamtvertrages auch die Rechten und Pflichten der Parteien des Einzelvertrages (§341 Abs3 ASVG). Die Zuständigkeit für Streitigkeiten, die in "rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang" mit dem Einzelvertrag stehen, umfaßt daher grundsätzlich auch Honorarforderungen, wie sie im beschwerdegegenständlichen Fall geltend gemacht wurden und in diesem Zusammenhang auch die vorfrageweise Beurteilung der Gültigkeit einen Bestandteil auch des Einzelvertrages bildenden gesamtvertraglichen Regelungen.

3.3. Die belangte Behörde ist jedoch auf den der Sache nach erhobenen Einwand der Beschwerdeführer, die "Zusatzvereinbarung" sei nichtig und daher nicht Gegenstand ihrer Einzelverträge geworden, in der Begründung ihres Bescheides überhaupt nicht eingegangen. Die belangte Behörde stützt ihre Entscheidung andererseits inhaltlich ausschließlich auf die Zusatzvereinbarung für 1993 und 1994, so als ob deren Gültigkeit völlig unbestritten wäre. Die Zusatzvereinbarung (und damit auch die Frage von deren Gültigkeit) ist daher für den angefochtenen Bescheid von tragender Bedeutung. Die belangte Behörde hätte somit die von den beschwerdeführenden Parteien in ihrem Antrag behauptete Nichtigkeit dieser Vereinbarung zu prüfen und das Ergebnis dieser Beurteilung in der Begründung des angefochtenen nachvollziehbar darzustellen gehabt. Dadurch, daß die belangte Behörde dies unterlassen hat, ist sie in einem entscheidungswesentlichen Punkt jede nachvollziehbare Begründung schuldig geblieben.

4. Die belangte Behörde hat aus allen diesen Gründen gegenüber den beschwerdeführenden Parteien Willkür geübt.

Der Bescheid war daher schon aus diesen Gründen aufzuheben, ohne daß auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen war.

5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. In den Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von S 4.500,-- enthalten.

6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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