VfGH B207/79

VfGHB207/791.10.1981

Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit; gesetzmäßige Festnehmung gemäß §35 litc VStG 1950 in Zusammenhalt mit ArtIX Abs1 Z1 und 2 EGVG 1950

MRK; keine Verletzung des Art3

Normen

EMRK Art3
EMRK Art13
StGG Art8
EGVG ArtIX Abs1 Z1, ArtIX Abs1 Z2
VStG §35 litc
VStG §36
EMRK Art3
EMRK Art13
StGG Art8
EGVG ArtIX Abs1 Z1, ArtIX Abs1 Z2
VStG §35 litc
VStG §36

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. In der auf Art144 B-VG gestützten Eingabe wird vom Beschwerdeführer vorgebracht:

Zu den Osterfeiertagen des Jahres 1979 habe er seinen Winterurlaub in Zürs am Arlberg verbracht. Am 12. April 1979 habe er sein Abendessen im Hotel L. eingenommen und sei anschließend um 22 Uhr 30 in Begleitung seiner Gattin mit seinem PKW zum Hotel Z., in dem er gewohnt habe, zurückgefahren. Dort angekommen, habe ihm das Hoteltaxi die Zufahrt zum Hoteleingang versperrt, sodaß er, da seine Gattin ein langes Abendkleid getragen habe und sich auf dem Gelände große Wasserlachen befunden hätten, mehrmals gehupt habe, um zu erreichen, daß jemand das Hoteltaxi wegbringe. Kaum daß er gehupt hätte, hätten ihn drei oder vier Männer - einer von ihnen in Gendarmerieuniform, hinsichtlich der anderen habe sich später herausgestellt, daß es sich auch um Gendarmeriebeamte gehandelt habe - aus seinem Auto herausgezerrt. Während er an den Armen ergriffen worden sei, hätten ihm die Genannten tatsachenwidrig lautstark vorgehalten, daß er total betrunken sei. Sodann seien ihm die Arme verdreht, er zu Boden geworfen und mit Stiefeln ins Gesicht getreten worden. Daraufhin sei er wieder hochgerissen, mit Handschellen gefesselt und bei einer Temperatur von unter 0 Grad durch 40 Minuten im Freien stehengelassen worden.

Als der Hotelbesitzer E.S. gekommen sei und sich über diese Behandlung entrüstet habe, hätten die Beamten erklärt, der Beschwerdeführer habe durch Hupen eine nächtliche Ruhestörung begangen. Da sich der König von Jordanien im Hotel aufhalte, könnte kein wie immer gearteter Lärm geduldet werden. Als von dem die Amtshandlung leitenden Gendarmeriebeamten wegen der nächtlichen Ruhestörung und Lärmerregung eine Strafsicherstellung in Höhe von S 300,- begehrt und vom Beschwerdeführer die Bezahlung dieses Betrages abgelehnt worden sei, habe der Hotelier sich für ihn verbürgt, worauf von einem weiteren Begehren Abstand genommen worden sei.

Am 13. April 1979 habe sich der Beschwerdeführer sodann zur Gendarmerieaußenstelle Zürs begeben, um Strafanzeige gegen die Gendarmeriebeamten zu erstatten. Der diensthabende Beamte habe sich jedoch geweigert, die Anzeige entgegenzunehmen. Am 14. April 1979 habe sich der Beschwerdeführer sodann von einem Arzt untersuchen lassen, laut dessen Attest bei ihm ein Bluterguß von 10,5 mm am linken Oberarm, von 3,2 cm am linken Handgelenk und ein weiterer am lateralen Rand des rechten Auges festgestellt worden sei.

Das geschilderte Vorgehen der Gendarmeriebeamten verstoße gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf persönliche Freiheit und gegen die Art3 und 13 MRK. Der Beschwerdeführer stellt daher das Begehren festzustellen, er sei dadurch, daß er am 12. April 1979 um etwa 22 Uhr 30 von Gendarmeriebeamten aus seinem PKW gezerrt, zu Boden geworfen, getreten, sodann in Handschellen gefesselt und in diesem Zustand anschließend etwa 40 Minuten vor dem Hotel Z. in Zürs angehalten und stehengelassen worden sei, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit und im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, nicht einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt worden.

2. Die belangte Behörde führt in der von ihr erstatteten Gegenschrift aus, daß auf Grund der Verhaltensweisen des Beschwerdeführers die Annahme von Übertretungen nach §5 StVO 1960 und §34 Abs1 litb des Vbg. Sicherheitsgesetzes sowie die Verwirklichung von Tatbeständen nach ArtIX Abs1 Z1 und 2 EGVG 1950 sowie nach §22 StVO 1960 gerechtfertigt gewesen sei. Da der Beschwerdeführer trotz wiederholter Abmahnung und Androhung seiner Festnahme in der Fortsetzung des strafbaren Verhaltens verharrt habe, sei er zum Zwecke der Vorführung vor die Behörde zu Recht festgenommen worden. Als sich der Beschwerdeführer der Festnahme und anschließenden Anhaltung dadurch zu entziehen versuchte, daß er auf die Beamten eingeschlagen und sich loszureißen versucht habe, sei die Anwendung von Körperkraft und die Anlegung von Handfesseln das notwendige gelindeste Mittel zur Herstellung des gesetzlichen Zustandes gewesen. Nach Anlegung der Handfesseln habe sich der Beschwerdeführer beruhigt und gesprächsbereit gezeigt, so daß die gegen ihn gesetzten Maßnahmen der Festnehmung und Anhaltung in Handfesseln nach höchstens fünf Minuten wieder hätten aufgehoben werden können. Die Behauptung, daß der Beschwerdeführer durch einen Zeitraum von 40 Minuten gefesselt im Freien stehen gelassen worden sei, entspreche nicht dem tatsächlichen Geschehen.

Ebenso werde vom Beschwerdeführer der Vorwurf, einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung unterworfen worden zu sein, zu Unrecht erhoben.

Auch eine Verletzung des Art13 MRK, nach welcher Bestimmung jedermann das Recht zustehe, gegen eine Verletzung der ihm nach der Konvention zustehenden Rechte eine wirksame Beschwerde bei einer nationalen Instanz einzulegen, liege keineswegs vor. Als der Beschwerdeführer beim Kommandanten der Gendarmerieaußenstelle Zürs Beschwerde gegen die eingeschrittenen Gendarmeriebeamten wegen des in Frage stehenden Vorfalles führen habe wollen, sei er begründet "an die übergeordnete Gendarmeriedienststelle, das Bezirksgendarmeriekommando Bludenz, oder die Dienstbehörde, die Bezirkshauptmannschaft Bludenz", verwiesen worden, da zwei der betroffenen Beamten dem aus Anlaß der Anwesenheit des jordanischen Königs im Z. eingerichteten Sonderkommando zur Dienstverrichtung unterstanden hätten. Der Beschwerdeführer hätte bei den ihm genannten Stellen jedoch in der Folge eine Beschwerde gar nicht versucht.

Die belangte Behörde stellt daher den Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II. Im Hinblick auf die widersprechenden Prozeßbehauptungen hat der VfGH im Rechtshilfeweg die Gendarmeriebeamten W.K., H.L., G.K., A.P., J.L., den Arzt Dr. J.M., sowie den Besitzer des Hotels Z. E.S. als Zeugen und den Beschwerdeführer als Partei vernommen. Der VfGH hat weiters Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten über die gegen den Beschwerdeführer abgeführten Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des §5 Abs2 StVO 1960 und des §34 Abs1 litb des Sicherheitsgesetzes, LGBl. f. Vbg. 49/1975, beide der Bezirkshauptmannschaft Bludenz, Z X 1737/79.

III. Der VfGH hat erwogen:

1. Zur Feststellung des Sachverhaltes:

a) Aufgrund der durchgeführten Beweise wurde folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Beschwerdeführer, der seinen Winterurlaub in Zürs am Arlberg verbrachte, fuhr am 12. April 1979, nachdem er mit seiner Gattin im Hotel L. gegessen hatte, mit seinem Wagen zwischen 22 Uhr 30 und 23 Uhr zum Hotel Z., in dem er wohnte. Dort angekommen, konnte er vor dem Hoteleingang nicht vorfahren, da das Hoteltaxi dort abgestellt war. Da der Hotelvorplatz viele Wasserlachen aufwies und der Beschwerdeführer seiner Gattin, die ein Abendkleid trug, ersparen wollte, bei so ungünstigen Bodenverhältnissen zu Fuß mehrere Meter im Freien zum Hotel gehen zu müssen, gab er vorerst Hupsignale ab und begab sich anschließend zum Hotelhaupteingang, wo er vom Portier verlangte, daß die Zufahrt vom Haustaxi freigemacht werde. Anschließend setzte sich der Beschwerdeführer wieder in seinen PKW und begann nach kurzem Zuwarten neuerlich, Hupsignale zu geben. Nachdem er durch mehrere Minuten seine Hupe in kurzen Abständen wiederholt betätigt hatte, kamen die im Hinblick auf die Anwesenheit des Königs von Jordanien vor dem Hotel dienstversehenden Gendarmeriebeamten L. und K. zu seinem PKW und forderten ihn auf, das Hupen einzustellen. Da gerade um diese Zeit der jordanische König in einem Speisesaal, dessen Fenster zum Hotelvorplatz gingen, ein Abendessen gab und das laute Hupen des Beschwerdeführers störend wirkte, schickte gleichzeitig der im Speisesaal anwesende Kommandant des Gendarmeriesonderkommandos, welches zum Schutz des Königs eingerichtet worden war, die Gendarmeriebeamten K. und L. vor das Hotel, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Inzwischen hatte der Gendarmeriebeamte K., der sich als Gendarmeriebeamter vorgestellt und sich mit seinem Dienstausweis ausgewiesen hatte, dem Beschwerdeführer zu verstehen gegeben, daß er festgenommen werden würde, falls er mit dem Hupen nicht aufhöre. Während der Beschwerdeführer dennoch die Hupe weiter betätigte, kam auch noch Inspektor K. zu dessen Wagen, wies sich ebenfalls mit seiner Dienstmarke als Gendarmeriebeamter aus und forderte den Beschwerdeführer auf, das Hupen sofort einzustellen, widrigenfalls er aus dem Auto herausgeholt werden würde. Hierauf versperrte der Beschwerdeführer die Autotüre und verschloß gleichzeitig das Seitenfenster, während das Hupen von ihm fortgesetzt wurde. K. versuchte hierauf, den Kontakt der Hupe zu unterbrechen und kniete zu diesem Zweck neben dem PKW des Beschwerdeführers nieder, ohne jedoch das Anschlußstück zu finden. Hierauf gab er dem Beschwerdeführer nochmals zu verstehen, daß er festgenommen würde, falls er sich weigere, mit dem Hupen aufzuhören, worauf er jedoch vom Beschwerdeführer beschimpft und ihm vom Beschwerdeführer erklärt wurde, daß ihn dies nichts anginge. Hierauf öffnete K. die Wagentür hinter dem Beifahrersitz, setzte sich in den Fond und versuchte von dort aus, den Verriegelungsknopf der Türe hinter dem Fahrersitz zu öffnen; dies wurde jedoch vom Beschwerdeführer dadurch verhindert, daß er mit einer Hand auf den Verriegelungsknopf drückte, während er mit der anderen nach wie vor dauernd die Hupe betätigte. Nachdem K. schließlich den Beschwerdeführer am rechten Oberarm erfaßt hatte, gelang es ihm, den Verriegelungsknopf der Tür hinter dem Fahrersitz zu öffnen, worauf L. die Fahrertür öffnete, während der Beschwerdeführer noch immer hupte. Trotz heftiger Gegenwehr des Beschwerdeführers wurde dieser in der Folge aus dem PKW herausgezogen, wobei er von den Beamten an den Armen festgehalten wurde. Der Beschwerdeführer wurde sodann von den Gendarmeriebeamten L. und K. von seinem PKW in Richtung eines am Vorplatz abgestellten Gendarmerie-Vw-Busses fortgezogen. Als in der Folge auf Grund der heftigen Gegenwehr der Beschwerdeführer und ein Beamter auf dem teils nassen, teils eisigen Boden zu Sturz kamen, schlug der Gendarmeriebeamte K. vor, nunmehr dem Beschwerdeführer Handschellen anzulegen. K. löste hierauf L. beim Festhalten des Beschwerdeführers ab und L. zog aus der Rücktasche Handschellen hervor, die er dem Beschwerdeführer, der sich weiter heftig zur Wehr setzte, dermaßen anlegte, daß dessen Hände am Rücken geschlossen wurden. Als dies gelungen war, halfen die Gendarmeriebeamten dem Beschwerdeführer wieder auf die Beine, worauf sich dieser plötzlich beruhigte und sachlich angesprochen werden konnte. Nachdem er auf Fragen, wieviel Alkohol er konsumiert habe, normal und ruhig antwortete und sich darüber beklagte, daß ihn eine der Handschellen drücke, bot ihm Inspektor L. an, die Handschellen wieder abzunehmen, wenn er sich ruhig verhalte. Als der Beschwerdeführer sich hierauf tatsächlich ruhig verhielt, wurden ihm die Handschellen wieder abgenommen, sodaß er insgesamt nicht mehr als 5 Minuten gefesselt war.

Inzwischen war auch der Besitzer des Hotels Z. E.S. vom Vorfall verständigt worden und am Vorplatz erschienen, wo er gegenüber den Gendarmeriebeamten den Beschwerdeführer als einen langjährigen Gast identifizierte, für den er sich verbürge. Da sich der Beschwerdeführer mit seinen Personalpapieren zusätzlich ausgewiesen hatte, war die Amtshandlung damit beendet. Vom Eintreffen des Beschwerdeführers bis zu diesem Zeitpunkte waren insgesamt ca. 20 Minuten vergangen.

Der Beschwerdeführer beschaffte sich in der Folge ein ärztliches Attest und beauftragte seinen Rechtsvertreter mit den weiteren Schritten.

b) Zur Beweiswürdigung wird bemerkt:

Soweit die Angaben des Beschwerdeführers von den vorstehenden Feststellungen abweichen, vermochte der VfGH ihnen nicht zu folgen. Insbesondere hat der dem Beschwerdeführer offensichtlich wohlgesinnte Hotelbesitzer S. bestätigt, daß der Beschwerdeführer nur wenige Minuten gefesselt war. Der Beschwerdeführer hat bei seiner Einvernahme in mehrfacher Hinsicht selbst zugeben müssen, daß er sich an Details nicht erinnern könne; so erklärte er, sich heute nicht mehr zu erinnern, ob er die Beamten beschimpft habe, dies aber nicht ausschließen zu können. Angesichts des weiteren Umstandes, daß der Beschwerdeführer selbst deponierte, sich gegen die Beamten so gut gewehrt zu haben, wie es eben ging, nimmt der Gerichtshof an, daß der Beschwerdeführer sich während des Vorfalles in eine Haltung hineingesteigert hatte, die bewirkte, daß er keinerlei Kontrolle über sein Verhalten besaß. Bei der übersteigerten Reaktion des Beschwerdeführers muß auch angenommen werden, daß die Zeitdauer der Fesselung von ihm subjektiv übersteigert empfunden und übertrieben dargestellt wurde. Gleiche Erwägungen sprechen gegen die Behauptung des Beschwerdeführers, daß die Gendarmeriebeamten physische Gewalt nicht nur maßvoll gegen ihn eingesetzt, sondern ihn absichtlich durch Schläge und Tritte in einen qualvollen Zustand versetzt hätten. Demgegenüber stimmen die Angaben sowohl der Gendarmeriebeamten als auch des Zeugen S. und der im Verwaltungsverfahren vernommenen weiteren Zeugen in allen wesentlichen Punkten überein, sodaß sie zur Grundlage der getroffenen Feststellungen zu nehmen waren.

c) Was die vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner Vorsprache in der Gendarmeriedienststelle Zürs behaupteten Vorfälle betrifft, konnte das Vorbringen auf sich beruhen, da es sich hiebei keinesfalls um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handelte.

2. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Die Festnahme, Anhaltung und Fesselung des Beschwerdeführers sind in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen ihn gesetzte Verwaltungsakte, die nach Art144 Abs1 zweiter Satz B-VG beim VfGH bekämpfbar sind. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.

3. In der Sache selbst:

a) Nach §4 des Gesetzes vom 27. Oktober 1862, RGBl. 87, zum Schutze der persönlichen Freiheit dürfen die zur Anhaltung berechtigten Organe der öffentlichen Gewalt in den vom Gesetz bestimmten Fällen eine Person in Verwahrung nehmen. Zu diesen Fällen zählt auch die Bestimmung des §35 VStG 1950, auf die sich die belangte Behörde beruft. Der Beschwerdeführer wäre sohin durch die Festnehmung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit nur verletzt worden, wenn die Festnehmung nicht in dieser Gesetzesvorschrift begründet wäre (vgl. VfSlg. 8044/1977).

Die Festnehmung einer Person durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß §35 VStG 1950 setzt voraus, daß die Person "auf frischer Tat betreten wird", dh. daß die Begehung der Tat vom Sicherheitsorgan selbst unmittelbar wahrgenommen und von ihm vertretbarerweise angenommen werden konnte, daß hiedurch eine als Verwaltungsübertretung strafbare Tat begangen wurde. Gemäß litc leg. cit. kann eine Festnahme erfolgen, wenn der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt.

Gemäß ArtIX Abs1 Z1 EGVG 1950 idF BGBl. 232/1977 setzt eine Verwaltungsübertretung, wer durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an einem öffentlichen Ort stört, gemäß Z2, wer ungeachtet vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während sich diese Person in rechtmäßiger Ausübung des Dienstes befindet, sich ungestüm benimmt.

b) Der Beschwerdeführer hat am 12. April 1979 zur Nachtzeit minutenlang am Vorplatz eines Hotels seine Autohupe betätigt, die Gendarmeriebeamten haben die Tat selbst wahrgenommen. Der Beschwerdeführer hat das dauernde Hupen auch fortgesetzt, nachdem er von den Gendarmeriebeamten mehrfach abgemahnt und ihm seine Festnahme angedroht wurde, und sich gegenüber den hiebei ihren Dienst versehenden Organen der öffentlichen Aufsicht trotz Abmahnung ungestüm benommen. Bei der gegebenen Sachlage konnten die Gendarmeriebeamten vertretbarerweise annehmen, daß vom Beschwerdeführer Verwaltungsübertretungen gemäß ArtIX Abs1 Z1 und 2 EGVG 1950 gesetzt worden seien. Da der Beschwerdeführer trotz Abmahnung in der Fortsetzung dieser strafbaren Handlungen verharrte, war der Festnehmungsgrund der litc des §35 VStG 1950 gegeben, ohne daß es einer Untersuchung bedarf, ob seitens der Gendarmeriebeamten vertretbarerweise angenommen werden konnte, daß der Beschwerdeführer weitere Verwaltungsübertretungen begangen habe und auch deshalb seine Festnahme berechtigt erfolgen durfte.

c) Auch die im Anschluß an die Festnahme des Beschwerdeführers erfolgte Anhaltung war rechtmäßig. Gemäß §36 Abs1 VStG 1950 ist jeder Festgenommene unverzüglich der nächsten sachlich zuständigen Behörde zu übergeben, oder aber, wenn der Grund der Festnehmung schon vorher entfällt, freizulassen. Wie sich aus den getroffenen Feststellungen ergibt, wurde der Beschwerdeführer nur so lange angehalten, als er der Amtshandlung Widerstand entgegensetzte und wurde, als er sich beruhigt hatte, schon wenige Minuten nach seiner Festnahme wieder freigelassen. Der Beschwerdeführer ist somit auch durch seine Anhaltung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit nicht verletzt worden.

d) Der Beschwerdeführer macht aber zusätzlich geltend, daß er durch die Art und Weise der gegen ihn gesetzten Zwangsakte in dem nach Art3 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, nicht einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt worden zu sein.

Nach den getroffenen Feststellungen waren die gegen den Beschwerdeführer gesetzten physischen Zwangsakte der Gendarmeriebeamten notwendig, um den Beschwerdeführer an der Fortsetzung seines strafbaren Verhaltens zu hindern, auch die Fesselung des Beschwerdeführers mit Handschellen erfolgte im Rahmen einer notwendigen maßhaltenden Ausübung physischen Zwanges. Das Beweisverfahren hat auch keine Umstände ergeben, die das Verhalten der Gendarmeriebeamten als eine gröbliche Mißachtung der Person des Beschwerdeführers erscheinen ließen. Daß eine notwendige Fesselung an sich keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung iS des Art3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten darstellt, wurde bereits mit Erk. VfSlg. 7081/1973 ausgesprochen (vgl. auch VfSlg. 8580/1979 und die dort zitierte Vorjudikatur sowie VfSlg. 8654/1979).

Auch die behauptete Verletzung des Art3 MRK liegt somit nicht vor.

e) Was die behauptete Verletzung des Art13 MRK betrifft, wird, wie der VfGH bereits ausgesprochen hat, dem aus dieser Konventionsbestimmung erfließenden Erfordernis der Möglichkeit einer wirksamen Beschwerde bei einer nationalen Instanz gegen eine Verletzung des Art3 MRK durch die Zulässigkeit einer Beschwerde an den VfGH entsprochen (VfSlg. 8126/1977).

4. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben somit nicht stattgefunden.

Da das Verfahren auch nicht ergeben hat, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde abzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte