Normen
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
EMRK Art3
StGG Art8
EGVG 2008 ArtIX Abs1 Z2
VfGG §88
VStG §35 litc
VStG §36
ZPO §43 Abs1
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
EMRK Art3
StGG Art8
EGVG 2008 ArtIX Abs1 Z2
VfGG §88
VStG §35 litc
VStG §36
ZPO §43 Abs1
Spruch:
1. Der Bf. ist dadurch, daß er am 7. Feber 1982 gegen 21.30 Uhr von Beamten des Gendarmeriepostenkommandos St. Johann in Tirol festgenommen und sodann bis 8. Feber 1982, 13.00 Uhr bei dieser Gendarmeriedienststelle angehalten wurde, sowie durch die Art und Weise seiner Anhaltung weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
In diesem Umfang wird die Beschwerde abgewiesen.
2. Der Bf. ist dadurch, daß ihm gegen seinen Willen am 7. Feber 1982 gegen 22.20 Uhr in den Räumen des Gendarmeriepostenkommandos St. Johann in Tirol Injektionen verabreicht wurden, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unterlassung unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung verletzt worden.
3. Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird folgender Sachverhalt geschildert:
Der Bf. habe am 7. Feber 1982 nach 20.00 Uhr im Gemeindegebiet St. Johann in Tirol einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht. Die einschreitenden Gendarmeriebeamten hätten in der Folge die Lenker beider am Unfall beteiligten Fahrzeuge ersucht, zur Protokollierung des Vorfalls mit zum nahe gelegenen Gendarmeriepostenkommando zu kommen. Dieser Aufforderung habe der Bf. freiwillig Folge geleistet. Am Gendarmerieposten sei er ohne Vorliegen eines Haftgrundes in das Arrestlokal gesperrt worden. Die Arrestzelle habe sich in folgendem Zustand befunden:
"a) Die Zelle wies weder eine natürliche noch eine künstliche Beleuchtung auf.
b) Die Zelle war nicht beheizt.
c) Das gegenüber der Zellentür in der Hausaußenmauer befindliche Fenster war zerbrochen."
Als sich der Bf. mit dem Glassplitter einer zerbrochenen Fensterscheibe verletzt hatte, habe er um Hilfe gerufen. Er sei von Gendarmeriebeamten aus der Zelle gelassen, aber von diesen im Zellenvorraum geschlagen und getreten und schließlich neuerlich in den Arrestraum gesperrt worden. Der von den Gendarmeriebeamten herbeigerufene Sprengelarzt Dr. W habe ihm gegen seinen Willen intramuskuläre Injektionen verabreicht, wobei er von mehreren Gendarmeriebeamten niedergehalten worden sei. Der Arzt sei so unsachgemäß vorgegangen, daß sich in der Folge an den Einstichstellen schmerzhafte Entzündungen und Vereiterungen gebildet hätten.
Zur Behandlung seiner Schnittwunden sei der Bf. sodann ins Bezirkskrankenhaus St. Johann in Tirol gebracht und nach Wundversorgung neuerlich in die oben beschriebene Arrestzelle gesperrt worden. Erst über Intervention seiner Eltern und eines Rechtsanwaltes sei er später in ein anderes Arrestlokal verlegt worden, das folgenden Zustand aufgewiesen habe:
"a) Das Fenster war mit einer Decke zugehängt.
b) Die Zelle war vollständig ausgekühlt. Die Heizung wurde wohl in Betrieb gesetzt, konnte naturgemäß aber keine sofortige Aufwärmung bieten.
c) Die elektrische Beleuchtung der Zelle wurde durch die Beamten des GPK St. Johann abgeschaltet."
Während der Zeit seiner Anhaltung habe er weder etwas zu essen noch zu trinken erhalten. Ungeachtet seiner Verletzung seien ihm - außer den oben geschilderten - keine ärztliche Behandlungen zuteil geworden.
Erst am 8. Feber 1982 mittags sei er aus der Haft entlassen worden.
b) Der Bf. erachtet sich durch dieses Verhalten der Beamten des Gendarmeriepostenkommandos (GPK) St. Johann in Tirol und des Sprengelarztes Dr. W in folgenden verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt:
aa) Im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit durch die am 7. Feber 1982 erfolgte Festnahme und die darauf folgende weitere Anhaltung durch Organe des GPK St. Johann in Tir. sowie dadurch, daß ihm am 7. Feber 1982 gegen 22.20 Uhr beim GPK St. Johann in Tir. gegen seinen Willen durch den Sprengelarzt Dr. W drei bis vier Spritzen mit den Medikamenten Valium und Largactil injiziert wurden;
bb) in dem durch Art3 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, nicht einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, dadurch, "daß er am 7. 2. 1982 beim GPK St. Johann in einer Zelle festgehalten worden ist, die nicht beheizt war, deren einziges Fenster zerschlagen war, dadurch nicht über einen Schutz gegen Eindringen von Kälte verfügte, und weder natürlich, noch elektrisch beleuchtet war, sowie dadurch, daß er nach einer Krankenbehandlung (Versorgung von Schnittwunden durch Nähte) im Bezirkskrankenhaus St. Johann zuerst wieder in der vorbeschriebenen Zelle und danach in einer notdürftig beheizten, aber verdunkelten Zelle und ohne jede ärztliche Kontrolle oder Betreuung bis 8. 2. 1982, ca. 12.00 Uhr, festgehalten worden ist, vom 7. 2. 1982, 20.50 Uhr bis 8. 2. 1982, 12.00 Uhr nichts zu essen und trinken bekam und weiters dadurch, daß er von Beamten des GPK St. Johann im Zuge der Festhaltung geschlagen und mit Füßen getreten worden ist"
Der Bf. qualifiziert das bekämpfte Verhalten als in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergangene Akte, die dem Landeshauptmann von Tir. zuzurechnen seien.
Der Bf. begehrt, die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte kostenpflichtig festzustellen.
2. Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel hat eine Gegenschrift erstattet, in der der Sachverhalt wesentlich anders als vom Bf. dargestellt wird:
Die nach dem Verkehrsunfall einschreitenden Beamten des GPK St. Johann in Tirol hätten den Eindruck gehabt, daß der Bf. alkoholisiert sei. Er habe sich geweigert, sich einem Alkotest zu unterziehen. Er habe sich ungeachtet vorausgegangener Abmahnung gegenüber den Beamten ungestüm benommen; schließlich sei gegen 21.30 Uhr seine Festnahme ausgesprochen worden. Er habe weiterhin gebrüllt und seiner Festnahme tätlichen Widerstand entgegengesetzt. Er habe einen Beamten schwer verletzt. Im Arrestlokal habe er getobt und gebrüllt und schließlich ein Fenster zertrümmert. Der von den Gendarmen herbeigerufene Sprengelarzt Dr. W habe einen "akut reaktiv entstandenen psychotischen Zustand" angenommen, weshalb er dem Bf. Beruhigungsinjektionen verabreicht habe.
Am 8. Feber 1982 um 13.00 Uhr sei der Bf. - er sei damals Präsenzdiener gewesen - der Militärpolizei übergeben worden.
Die Festnahme und Anhaltung des Bf. sei durch §35 litc VStG 1950 gedeckt gewesen.
Die Arrestlokale hätten sich zunächst in einwandfreiem Zustand befunden, die in der Beschwerde angeführten Zustände seien erst durch das Verhalten des Bf. in den Arresträumen herbeigeführt worden und könnten daher nicht die Behörde belasten; der Bf. sei daher auch nicht in dem durch Art3 MRK geschützten Recht verletzt worden.
Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. 1. Der VfGH hat Beweis erhoben durch die im Rechtshilfeweg erfolgte Einvernahme des Sprengelarztes Dr. G W und der Gendarmeribeamten BezI A R, RevI W Sch., Insp. H-P L und Insp. J G als Zeugen sowie des Bf. als Partei; ferner durch Einsichtnahme in den den Bf. betreffenden Akt des Landesgerichtes Innsbruck 36 Vr 3195/82 (wegen §§269, 84, 125 StGB) sowie in die den Bf. betreffenden, mit den in Rede stehenden Vorfällen in Zusammenhang stehenden Akte der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel Z III-250 (Verwaltungsstrafverfahren nach §99 Abs1 litb StVO - Verweigerung des Alkotests, Geldstrafe von 8000 S), Z III-258 (Verwaltungsverfahren nach §74 Abs1 KFG - vorläufige Entziehung des Führerscheines) und Z St 2778/82 (Verwaltungsstrafverfahren wegen ArtIX Abs1 Z2 EGVG - ungestümes Benehmen, Geldstrafe von 2000 S).
2. Aufgrund dieser Beweismittel steht folgender - hier maßgeblicher - Sachverhalt fest:
Der Bf. verursachte am 7. Feber 1982 kurz vor 21.00 Uhr in St. Johann in Tirol einen Verkehrsunfall mit Sachschaden. Über Ersuchen des einschreitenden Gendarmeriebeamten L folgten ihm alle Unfallsbeteiligten zum nahegelegenen Gendarmerieposten. Insp. L stellte beim Bf. Alkoholgeruch fest und forderte ihn daher auf, sich einem Alkotest zu unterziehen. Der Bf. lehnte dies erbost ab und gebärdete sich in der Folge immer aufgebrachter. Er schrie, schimpfte und gestikulierte wild. Trotz mehrfacher Abmahnungen setzte er dieses Verhalten fort und weigerte sich, Angaben zum Verkehrsunfall zu machen. Er brüllte trotz neuerlicher Abmahnung weiter auf die Beamten ein, sodaß ihn schließlich BezI R gegen 21.30 Uhr für festgenommen erklärte. Der Bf. konnte nur unter Gewaltanwendung in einen Arrestraum (Zelle 3) gebracht werden. Dort tobte und brüllte er verstärkt und zertrümmerte die Arrestfenster, wobei er sich Schnittverletzungen zuzog.
Der von den Gendarmeriebeamten herbeigerufene Sprengelarzt Dr. W befürchtete eine weitere Selbstgefährdung des Bf. und wollte ihm daher Beruhigungsmittel injizieren. Da der Bf. dagegen Widerstand leistete und weiterhin tobte, hielten ihn vier Gendarmeriebeamte mit voller Kraft fest. Erst nun gelang es dem Arzt um etwa 22.20 Uhr, dem Bf. zwei intramuskuläre Injektionen mit Valium und Largactil in den linken Arm zu verabreichen; dabei verletzte er den Bf., da dieser den Arm nicht ruhig hielt.
Wegen seiner Schnittverletzungen wurde der Bf. sodann ins Krankenhaus St. Johann in Tir. transportiert, dort ambulant behandelt und sodann wiederum zum Gendarmerieposten zurückgebracht. Dort wurde er in eine andere Arrestzelle (Nummer 1) gesperrt. In dieser schlief er schließlich ein und wurde am 8. Feber 1982 um 13.00 Uhr aus der Haft entlassen.
Beide Zellen, in denen der Bf. verwahrt wurde, befanden sich zunächst in zumindest einigermaßen gereinigtem Zustand. Die Zelle 3 wurde vom Bf. selbst demoliert. In beiden Zellen befand sich eine Pritsche mit Decken. Die Zelle 3 war stets beleuchtet; in der Zelle 1 wurde das Licht abgeschaltet, als der Bf. schlief. Bei der Zelle 1 wurde eine Metallklappe vor das Fenster gelassen, damit er nicht auch hier die Fensterscheibe zertrümmere. Die Temperatur betrug in beiden Zellen zwischen 16 und 20 Grad Celsius.
3. Diese Feststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen Aussagen der vier Gendarmeriebeamten und des Sprengelarztes Dr. W.
Der Bf. bestreitet nicht, sich den Beamten gegenüber ungestüm benommen zu haben; er versucht lediglich, sein Verhalten abzuschwächen und darzutun, daß es durch das unfreundliche Benehmen der Beamten ausgelöst worden sei. Daß er die Temperatur in den Zellen möglicherweise als kalt empfand, ist durch die vorangegangene Erregung und den Blutverlust erklärbar.
III. Der VfGH hat über die Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:
1. a) Die bekämpfte Festnahme und folgende Anhaltung stellen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar, die nach Art144 Abs1 zweiter Satz B-VG beim VfGH mit Beschwerde bekämpft werden können.
Aber auch die Umstände, unter denen die Anhaltung erfolgte, sind einer (gesonderten) Anfechtung nach dieser Verfassungsbestimmung zugänglich (zB VfSlg. 8627/1979).
b) Die Festnahme und die Anhaltung des Bf. wurde von Beamten des GPK St. Johann in Tirol iZm. der Verwaltungsübertretung des ungestümen Benehmens (ArtIX Abs1 Z2 EGVG 1950) durchgeführt. Die Beamten schritten daher als Hilfsorgane der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde (der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel) ein (ArtIX Abs2 EGVG 1950). Die Festnahme und die folgende Anhaltung sind daher der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel und nicht - wie der Bf. meint - dem Landeshauptmann von Tir. zuzurechnen.
2. Auch das weiters in Beschwerde gezogene Verabreichen von Injektionen durch den Arzt Dr. W ist unter den gegebenen Umständen als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren, das die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel als jene Behörde zu verantworten hat, als deren Hilfsorgane die Gendarmeriebeamten und der Arzt handelten:
Dr. W ist nicht etwa in seiner Eigenschaft als Sprengelarzt iS der §§5 ff. des Tir. Landesgesetzes vom 8. Oktober 1952, LGBl. 33, über die Regelung des Gemeindesanitätsdienstes, des Leichen- und Bestattungswesens und des Rettungswesens, idF der Nov. LGBl. 15/1980, eingeschritten. Daher ist daraus, daß er Sprengelarzt ist, hier nichts abzuleiten: Der Arzt hat - wie sich schon daraus ergibt, daß vier Gendarmeriebeamte ausschließlich zu dem Zweck den Bf. festhielten, um es dem Arzt zu ermöglichen, dem widerstrebenden Bf. die Medikamente zu injizieren - im (stillschweigenden) Auftrag der Gendarmeriebeamten gehandelt, deren Verhalten - wie oben dargetan - der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel zuzurechnen ist.
3. Die Beschwerde ist sohin - da auch alle anderen Prozeßvoraussetzungen vorliegen - zur Gänze zulässig.
IV. In der Sache hat der VfGH erwogen:
1. Der VfGH beurteilt die Festnahme des Bf. und seine Anhaltung sowie die Umstände, unter denen sie erfolgten, rechtlich wie folgt:
a) Nach §4 des Gesetzes vom 27. Oktober 1862, RGBl. 87, zum Schutze der persönlichen Freiheit, dürfen die zur Anhaltung berechtigten Organe der öffentlichen Gewalt (dazu zählen die Organe der Bundesgendarmerie) in den vom Gesetz bestimmten Fällen eine Person in Verwahrung nehmen. Hiezu zählt auch die Bestimmung des §35 VStG 1950, auf die sich die bel. Beh. beruft. Der Bf. wäre sohin durch die Festnahme im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit nur verletzt worden, wenn die Festnahme nicht in dieser Gesetzesvorschrift begründet wäre (vgl. zB VfSlg. 9208/1981).
Die Festnahme einer Person durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß §35 VStG 1950 setzt voraus, daß die Person "auf frischer Tat betreten" wird. Das Sicherheitsorgan muß ein Verhalten unmittelbar selbst wahrnehmen, das es zumindest vertretbarerweise als eine als Verwaltungsübertretung strafbare Tat qualifizieren kann (vgl. auch hiezu zB VfSlg. 9208/1981).
Die Gendarmeriebeamten haben die Tat, deren sie den Bf. beschuldigten, selbst wahrgenommen. Sie konnten vertretbarerweise annehmen, daß er sich ungeachtet vorausgegangener Abmahnung ihnen gegenüber, während sie sich in rechtmäßiger Ausübung ihres Amtes befanden, ungestüm benommen hatte (ArtIX Abs1 Z2 EGVG 1950).
Bei dieser Sachlage war - da der Bf. trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrte - der Festnehmungsgrund der litc des §35 VStG 1950 gegeben.
Die im Anschluß an die - im Gesetz gedeckte - Festnahme des Bf. erfolgte Anhaltung war ebenfalls rechtmäßig:
Der Bf. randalierte nach seiner Festnahme weiter. Bei seinem oben geschilderten Verhalten wäre eine Einvernahme ausgeschlossen gewesen. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, daß die Freilassung des Bf. unnötig verzögert worden sei (vgl. VfSlg. 9208/1981).
Der Bf. wurde sohin durch die Festnahme und die nachfolgende Anhaltung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
b) Die Behandlung, die dem Bf. widerfuhr, ist weitgehend auf sein eigenes Verhalten zurückzuführen. Keinesfalls können das Vorgehen der einschreitenden Beamten und die Zustände in den Arrestlokalen (die er zum Teil selbst verschuldet hatte) als derart bezeichnet werden, daß sie nach allgemeinem Empfinden von erniedrigender Wirkung gewesen wären, daß ihnen also eine die Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Mißachtung des Beschwerdeführers als Person zu eigen gewesen wäre (vgl. VfSlg. 8627/1979 und die dort zitierte weitere Vorjudikatur).
Der Bf. ist sohin durch die Art und Weise seiner Verwahrung nicht in dem durch Art3 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden.
c) Der VfGH hat nicht das Bedenken, daß der Bf. wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden wäre.
Die Beschwerde war daher insoweit abzuweisen.
2. Hingegen ist der Bf. mit seinem Vorwurf, dadurch in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein, daß ihm gegen seinen Willen Injektionen verabreicht wurden, unter den vorliegenden Umständen im Recht:
Art3 MRK gewährleistet verfassungsgesetzlichen Schutz ua. vor unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung. Wie der VfGH wiederholt dargetan hat (zB VfSlg. 8145/1977, 8146/1977, 9231/1981) ist ein Verhalten dann als erniedrigend zu qualifizieren, wenn ihm eine die Menschenwürde beeinträchtigende, gröbliche Mißachtung des Betroffenen als Person zu eigen ist.
Wenngleich es erforderlich gewesen sein mag, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gefahr einer (weiteren) Selbstbeschädigung des Bf. hintanzuhalten, so war es doch nicht unbedingt geboten, ihm gegen seinen Willen Beruhigungsinjektionen - noch dazu auf die oben (II. 2.) geschilderte Weise - zu verabreichen. So wäre etwa daran zu denken gewesen, den Bf. in eine Krankenanstalt einzuliefern. Wenn der Bf., um die tatsächlich stattgefundene - vermeidbare - ärztliche Behandlung gegen seine entschiedene Ablehnung zu erzwingen, von vier Gendarmeriebeamten mit voller Kraft niedergehalten wurde, ist darin eine Verletzung des durch Art3 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes, nicht einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, zu erblicken.
3. Da jede Partei teils obsiegt hat, teils unterlegen ist, waren die Kosten gegenseitig aufzuheben (§43 Abs1 ZPO iVm §§35 und 88 VerfGG).
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