Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 14. April 1995, zugestellt am 18. April 1995, wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft die für einen ausländischen Arbeitnehmer beantragte Beschäftigungsbewilligung nicht erteilt. Begründend wurde ausgeführt, daß gemäß §4 Abs7 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) Beschäftigungsbewilligungen, soweit eine Höchstzahl für das gesamte Bundesgebiet festgesetzt ist, nur unter der Voraussetzung erteilt werden dürften, daß diese Höchstzahl nicht überschritten wird. Gemäß §12a AuslBG idF BGBl. 501/1993 dürfe die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer den Anteil von 8 % am österreichischen Arbeitskräftepotential (Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Inländer und Ausländer) nicht übersteigen.
Diese Gesamtzahl betrage gemäß der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1995, BGBl. 944/1994, für das Kalenderjahr 1995 262.000. Auf diese Höchstzahl seien alle unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer unter Einrechnung der aufrechten Sicherungsbescheinigungen anzurechnen. Laut Statistik des Bundesministers für Arbeit und Soziales, Stand Ende Februar 1995, habe es zu diesem Stichtag 282.815 Anrechnungsfälle gegeben, sodaß die Bundeshöchstzahl um 20.815 ausländische Arbeitskräfte überschritten sei.
Ab Erreichen der Bundeshöchstzahl dürften Beschäftigungsbewilligungen nur noch für Ausländer erteilt werden, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag bereits der Anrechnung auf die Bundeshöchstzahl unterlägen. Da die beantragte ausländische Arbeitskraft weder aufgrund einer Beschäftigungsbewilligung noch aufgrund einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheins beschäftigt sei, noch Arbeitslosengeldanspruch habe und für sie auch keine Sicherungsbescheinigung ausgestellt worden sei, gehöre sie nicht zu diesem Personenkreis; deshalb sei die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht zulässig, da damit die Bundeshöchstzahl weiter überschritten werde.
2. Dieser Bescheid bildet den Gegenstand der vorliegenden Verfassungsgerichtshofsbeschwerde.
II. Aus Anlaß dieser Beschwerde beschloß der Verfassungsgerichtshof, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §4 Abs7 AuslBG idF BGBl. 257/1995 einzuleiten. Mit Erkenntnis vom 13. Juni 1996, G1395/95 ua., sprach er aus, daß diese Bestimmung bis zum Ablauf des 21. April 1995 verfassungswidrig war.
III. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.
Aus dem Vorgesagten folgt, daß die belangte Behörde bei Erlassung des bekämpften Bescheides eine zum damaligen Zeitpunkt verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet hat. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei nachteilig war.
Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- enthalten.
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