VfGH B1593/00

VfGHB1593/0024.9.2001

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Zurückweisung einer Berufung betreffend eine Betriebsanlagengenehmigung in einem vereinfachten Verfahren mangels Parteistellung der Beschwerdeführerin; keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für ein vereinfachtes Betriebsanlagengenehmigungsverfahren

Normen

B-VG Art83 Abs2
GewO 1994 §359b
B-VG Art83 Abs2
GewO 1994 §359b

 

Spruch:

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit ATS 29.500,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 18. Bezirk, mit dem festgestellt worden war, daß die Betriebsanlage der beteiligten Partei eine solche iSd §359b Abs1 Z2 und Abs8 Gewerbeordnung 1994, BGBl. 194, im folgenden: GewO 1994, sei, als unzulässig zurückgewiesen, weil die Beschwerdeführerin im Verfahren keine Parteistellung besitze und daher auch nicht die Möglichkeit habe, ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid zu erheben. Wörtlich wird hiezu folgendes ausgeführt:

"Im vereinfachten Verfahren nach §359b GewO 1994 - einem solchen wurde der Antrag auf Genehmigung der Betriebsanlage unbestrittener Maßen unterzogen - kommt den Nachbarn lediglich das Recht auf Anhörung zu. Darüber hinaus aber kommt den Nachbarn kein Recht zu, dessen Beeinträchtigung sie in diesem Verfahren als Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten geltend machen können. Sie können daher auch nicht als Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen, Gefährdungen im Sinne des §74 Abs2 Z1 GewO 1994 würden nicht vermieden oder Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des §74 Abs2 Z2 bis 5 leg.cit. würden nicht auf ein zumutbares Maß beschränkt."

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen habe - so der angefochtene Bescheid weiter -, seien die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens von der Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Verantwortung ohne diesbezügliche Parteistellung der Nachbarn zu klären. Den Nachbarn sei somit auch kein Recht eingeräumt, geltend zu machen, die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens seien von der Behörde zu Unrecht als gegeben angenommen worden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

2.1. Zur Begründung wird - nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens - im wesentlichen ausgeführt, daß das Verfahren betreffend die Betriebsanlage der beteiligten Partei, (nunmehr) nur deshalb gemäß §359b GewO 1994 durchgeführt worden sei, um der Beschwerdeführerin die Möglichkeit, als Nachbarin Parteistellung zu erlangen und Einwendungen erheben zu können, zu nehmen. Um diesen "Kunstgriff" bewerkstelligen zu können, hätte die beteiligte Partei eine Betriebsbeschreibung der Gewerbebehörde vorgelegt, in der unvollständig und unrichtig die Gerätschaften bzw. die Anschlußwerte angeführt seien, um unterhalb der Schwelle von 100 kW zu bleiben. Die beteiligte Partei hätte eine - völlig allgemein gehaltene - Betriebsbeschreibung bei der Behörde abgegeben und um "Betriebsstättengenehmigung nach §359b Abs1 GewO angesucht", obwohl der Gesetzgeber ausdrücklich kein Antragsrecht nach dieser Bestimmung vorgesehen habe, sondern die Behörde die Voraussetzung zur allfälligen Anwendung des vereinfachten Verfahrens nach dem Antragsinhalt und den tatsächlichen Gegebenheiten zu prüfen habe. Darüber hinaus hätte es die belangte Behörde unterlassen, darzulegen, ob trotz der gegenteiligen Bedenken der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen des vereinfachten Genehmigungsverfahrens vorlägen.

2.2. Im weiteren wird - mit näherer Begründung - die Verfassungswidrigkeit des §359b GewO 1994 dargelegt.

3.1. Der Landeshauptmann von Wien hat als belangte Behörde innerhalb der ihm gesetzten Frist die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der er den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde begehrt; wörtlich führt er hiezu u.a. folgendes aus:

"Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in einer Reihe von Erkenntnissen, z.B. jenem vom 30.6.1999, Zln. 99/04/0103 bis 0107, zur Frage der Parteistellung von Nachbarn im vereinfachten Verfahren nach §359b GewO 1994 und somit zur Frage der Zulässigkeit der Berufung gegen einen im Grunde dieser Gesetzesbestimmung ergangenen Bescheid festgestellt hat, komme im vereinfachten Verfahren nach §359b GewO 1994 den Nachbarn lediglich das Recht auf Anhörung zu. Darüber hinaus komme ihnen kein Recht zu, dessen Beeinträchtigung sie in diesem Verfahren als Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen könnten. Sie könnten daher auch nicht als Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen, Gefährdungen im Sinne des §74 Abs2 Z1 GewO 1994 wären nicht vermieden worden oder Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des §74 Abs2 Z2 bis 5 GewO 1994 würden nicht auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens von der Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Verantwortung ohne diesbezügliche Parteistellung der Nachbarn zu klären sind. Den Nachbarn sei kein Recht eingeräumt, geltend zu machen, die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens seien von der Behörde zu Unrecht als gegeben angenommen worden. Unter Beachtung dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher die Berufungsbehörde zu der Auffassung gelangt, dass auch im gegenständlichen, nach §359b Abs1 GewO 1994 durchgeführten Verwaltungsverfahren betreffend die gewerbebehördliche Genehmigung der Betriebsanlage, den Nachbarn Parteistellung nicht zukomme und somit deren Berufung, ohne die Richtigkeit ihres Vorbringens sachlich beurteilen zu dürfen, mangels Parteistellung in diesem Verfahren als unzulässig zurückgewiesen werden müsse. Wie der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls wiederholt ausgesprochen hat, sind die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens von der Behörde (dies kann wohl immer nur die erste Instanz sein, zumal sie durch ihr Prüfergebnis die Richtung des Verfahrens und damit die Parteistellung respektive das Anhörungsrecht der Nachbarn bestimmt) im Rahmen ihrer gesetzlichen Verantwortung ohne diesbezügliche Parteistellung der Nachbarn zu klären."

Den Nachbarn - so die belangte Behörde weiter - sei somit auch kein Recht eingeräumt, geltend zu machen, die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens seien von der Behörde zu Unrecht als gegeben angenommen worden. Demnach könne von einem willkürlichen Verhalten der belangten Behörde, insbesondere in Verbindung mit dem Ignorieren des Parteivorbringens, keine Rede sein; die behauptete Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes sei daher nicht erfolgt.

3.2. Sodann wird - mit ausführlicher Begründung - die Verfassungsmäßigkeit des §359b GewO 1994 dargelegt.

3.3. Die belangte Behörde vertritt überdies die Auffassung, daß die Annahme der Beschwerdeführerin, wonach bei gebotener verfassungskonformer Auslegung §359b Abs1 GewO 1994 den Nachbarn insoweit beschränkte Parteistellung einräume, als diese die Möglichkeiten haben müßten, überprüfen zu lassen, ob die Behörde zu Recht davon ausgegangen sei, daß die Voraussetzungen für diese Verfahrensvariante vorliegen, verfehlt sei. Dieses rechtsstaatliche Prinzip könne nämlich nur dann zum Tragen kommen, wenn §359b Abs1 GewO 1994 tatsächlich Zweifel an der Parteistellung der Nachbarn aufwerfen würde. Davon könne jedoch keine Rede sein, sei doch hier ausdrücklich nicht nur normiert, "dass die Nachbarn ... von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können", sondern es wird auch die "Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn" vorgesehen, während in den übrigen anlagenrechtlichen Bestimmungen jeweils ausdrücklich die Parteistellung angesprochen werde. Auch die Erläuterungen zu §359b GewO 1994 (RV 575 BlgNR XX. GP) sprächen von der Anhörung der Nachbarn.

Würde man eine eingeschränkte Parteistellung der Nachbarn annehmen wollen, werde das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Verfahrensbeschleunigung mit Sicherheit nicht erreicht und sogar in das Gegenteil verkehrt.

Wörtlich führt sie hiezu folgendes aus:

"In diesem Fall hätte nämlich dem eigentlichen 'Genehmigungsverfahren' stets ein Feststellungsverfahren voranzugehen, in dem die Nachbarn Parteistellung hätten und von der Möglichkeit der Ergreifung ordentlicher und außerordentlicher Rechtsmittel ungehindert Gebrauch machen könnten. Bezogen auf den verfahrensgegenständlichen Fall wäre damit zu rechnen, dass sich die Gewerbebehörden jahrelang zunächst nur allein mit der Frage zu beschäftigen hätten, ob die Betriebsanlage einem Verfahren nach §359b Abs1 GewO 1994 zu unterziehen ist. Im Falle dieser Voraussetzungen kann von einem 'vereinfachten Verfahren' dann aber mit Sicherheit nicht mehr gesprochen werden."

4. Die beteiligte Partei erstattete innerhalb der ihr gesetzten Frist ebenfalls eine Äußerung, in der sie mit ins Einzelne gehender Begründung den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und den Antrag stellt, die Beschwerde abzuweisen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Zur Rechtslage:

1.1. §359b Abs1 GewO 1994, in der Fassung BGBl. I 63/1997, hat folgenden Wortlaut:

"(1) Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§353), daß

1. jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß §76 Abs1 oder Bescheiden gemäß §76 Abs2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

2. das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 1 000 m² beträgt und die elektrische Anschlußleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 100 kW nicht übersteigt,

so hat die Behörde (§§333, 334, 335) das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekanntzugeben, daß die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und daß die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; nach Ablauf der im Anschlag angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß §74 Abs2 sowie der gemäß §77 Abs3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat diesen Bescheid binnen drei Monaten nach Einlagen des Genehmigungsansuchens und der erforderlichen Unterlagen zum Genehmigungsansuchen (§353) zu erlassen. §356b gilt sinngemäß."

1.2. Aufgrund des am 10. August 2000 ausgegebenen Bundesgesetzes, BGBl. I 88/2000, mit dem die GewO 1994 geändert wird, wurde dem Abs1 des §359b GewO 1994 folgender Satz angefügt:

"Nachbarn (§75 Abs2) haben keine Parteistellung."

2. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.

Die Beschwerdeführerin wurde durch den angefochtenen Bescheid aus folgenden Erwägungen im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

2.1. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (z.B. VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (z.B. VfSlg. 10.374/1985, 11.405/1987, 13.280/1992).

2.2. Die belangte Behörde hat die Zurückweisung der Berufung damit begründet, daß der Beschwerdeführerin im Verfahren betreffend die Betriebsanlage der beteiligten Partei gemäß §359b Abs1 GewO 1994 keine Parteistellung zukäme.

2.3. Im Erkenntnis vom 3. März 2001, G87/00, betreffend §359b Abs4 GewO 1994, in der Fassung BGBl. I 63/1997, führte der Verfassungsgerichtshof zur Frage der Parteistellung der Nachbarn gemäß §359b Abs1 GewO 1994 wörtlich folgendes aus:

"Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung ... die Auffassung, daß grundsätzlich keine Verfassungsnorm besteht, die Parteirechte in einem Verfahren überhaupt oder in einem bestimmten Umfang garantiert. Den Umfang der Parteirechte in einem Verwaltungsverfahren bestimmt der einfache Gesetzgeber. Das die Parteirechte bestimmende Gesetz könnte allerdings aus dem Grunde mangelnder Determinierung oder wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot verfassungswidrig sein.

Der Gerichtshof bezweifelt nicht, daß nach dem Konzept des §359b Abs1 GewO 1994 bei Vorliegen der Voraussetzungen für ein vereinfachtes Betriebsanlagengenehmigungsverfahren den Nachbarn keine Parteistellung, sondern prinzipiell nur Anhörungsrechte zukommen sollen (die erwähnte Ergänzung des Abs1 durch die Novelle BGBl. I 88/2000 hat dies nunmehr ausdrücklich klargestellt). Andernfalls wäre in der Tat die mit dieser Variante des Genehmigungsverfahrens intendierte Verfahrensbeschleunigung von vornherein nicht zu erreichen. Der Gerichtshof ist jedoch in seinem Prüfungsbeschluß - mit ausführlicher, oben bereits wiedergegebener Begründung - (vorläufig) davon ausgegangen, daß es verfassungsrechtlich bedenklich sei, den Nachbarn Parteistellung auch bei Beurteilung der Frage zu versagen, ob die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren überhaupt vorliegen, und diese Beurteilung allein der Behörde zu überlassen. Diese Bedenken, die sich letztlich gegen eine unsachliche Ungleichbehandlung gleicher Fälle richten (nämlich jener Nachbarn, die im Rahmen eines ordentlichen Genehmigungsverfahrens Parteistellung besitzen, einerseits und jener, die diese Parteistellung nur deswegen nicht besitzen, weil die Behörde zu Unrecht die Voraussetzungen eines vereinfachten Verfahrens angenommen oder behauptet hat, andererseits) sind im Verfahren nicht zerstreut worden; die Bundesregierung hat ihnen nichts entgegengehalten."

Der Verfassungsgerichtshof vertrat in diesem Erkenntnis sodann die Auffassung, daß es der Text des §359b Abs1 GewO 1994 durchaus zulasse, den Nachbarn eine beschränkte Parteistellung hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren überhaupt vorliegen, zuzugestehen. Wenn nämlich in §359b GewO 1994 angeordnet werde, daß die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen habe, so werde damit eine bescheidmäßige Reaktion der Behörde auf das Vorbringen der Nachbarn angeordnet, die unverständlich wäre, wenn sie einer weiteren Überprüfung im Rechtswege nicht zugänglich wäre. Eine solche Anordnung könne daher jedenfalls auch so verstanden werden, daß damit den Nachbarn ein rechtliches Interesse an einer Überprüfung der Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens - und damit eine auf diese Frage beschränkte Parteistellung - zugebilligt werde (der Ausschluß der Parteistellung sich somit auf die Durchführung des vereinfachten Verfahrens selbst beziehe). Da eine gegenteilige Auslegung des §359b Abs1 GewO 1994 ein verfassungswidriges Ergebnis zur Folge hätte, weil dann die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für das vereinfachte Bewilligungsverfahren in unsachlicher Weise allein der Behörde obläge, sei - so der Verfassungsgerichtshof zusammenfassend - eine verfassungskonforme Interpretation im dargelegten Sinn nicht nur zulässig, sondern geboten.

3. Der Gerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Die belangte Behörde wäre also - nach dem eben Dargelegten - verpflichtet gewesen, sich inhaltlich mit dem Vorbringen der nunmehrigen Beschwerdeführerin auseinanderzusetzen, die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens seien von der erstinstanzlichen Behörde zu Unrecht als gegeben angenommen worden, und darüber bescheidmäßig abzusprechen. Da sie dies unterlassen hat, hat sie der Beschwerdeführerin zu Unrecht eine Sachentscheidung vorenthalten und sie somit im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

4. Dem Vorbringen der belangten Behörde, durch eine eingeschränkte Parteistellung der Nachbarn im vereinfachten Genehmigungsverfahren werde das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Verfahrensbeschleunigung mit Sicherheit nicht erreicht und sogar in das Gegenteil verkehrt, ist noch folgendes zu entgegnen:

Wie der Verfassungsgerichtshof im bereits zitierten Erkenntnis vom 3. März 2001 ausgesprochen hat, kann durch die Einräumung der Parteistellung im erwähnten Umfang das Ziel der Verfahrensbeschleunigung beeinträchtigt werden; auch bestehe die Gefahr mißbräuchlicher Inanspruchnahme von umfassend ausgestalteten Nachbarrechten. Es sei jedoch zu bedenken - so der Verfassungsgerichtshof weiter -, "daß einerseits die Frage, ob die Voraussetzungen für das vereinfachte Bewilligungsverfahren vorliegen, in der Regel ohne aufwendige Ermittlungen beantwortet werden kann und daß andererseits im Fall einer vereinfachten Betriebsanlagengenehmigung, deren Voraussetzungen von der Behörde zu Unrecht angenommen wurden, den Nachbarn Parteirechte vollkommen entzogen werden".

5. Der Bescheid ist daher wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr gemäß §17a VerfGG in Höhe von ATS 2.500,-- und Umsatzsteuer in Höhe von ATS 4.500,-- enthalten.

IV. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen.

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