VfGH B1270/06

VfGHB1270/0627.6.2007

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Festlegungen in einem raumordnungsrechtlichen Baulandumlegungsverfahren hinsichtlich der erforderlichen Grundaufbringung für öffentliche Verkehrsflächen und einer Geldabfindung; keine verfassungswidrige Zusammensetzung der Umlegungsoberbehörde

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
Tir RaumOG 2006 §72, §77, §78
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
Tir RaumOG 2006 §72, §77, §78

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Das Amt der Tiroler Landesregierung leitete als Umlegungsbehörde mit Verordnung vom 16. September 1999, kundgemacht im Amtsblatt "Bote für Tirol" am 29. September 1999, das Baulandumlegungsverfahren "Stoanach" in der Gemeinde Thaur ein, in das auch die Grundstücke Nr. 1161, 1162, 1169 und 1170, in EZ 90040, einbezogen wurden. Die Umlegungsbehörde stellte gemäß §75 TROG 2001 mit rechtskräftigem Bescheid vom 8. März 2002 die Grenzen der umzulegenden Grundstücke (ua. Grundstücke Nr. 1161, 1162, 1169 und 1170) fest. Mit dem auf §84 TROG 2001 gestützten Umlegungsbescheid vom 28. August 2003, kundgemacht durch Auflegung zur allgemeinen Einsicht im Gemeindeamt der Gemeinde Thaur vom 10. September bis 25. September 2003, wurde die Neuregelung der Grundstücksordnung vorgenommen: Hinsichtlich der im Zuge des Baulandumlegungsverfahrens aufzubringenden Wegfläche zur Erschließung des Umlegungsgebietes ist eine Fläche von 3.220,80 m² aufzubringen. Der Beschwerdeführer hat neben anderen Grundstückseigentümern gemäß §77 Abs1 TROG 2001 eine Fläche von 317,60 m² entschädigungslos an die Gemeinde abzutreten. Als Geldabfindung zum Ausgleich für Abweichungen zwischen eingebrachten und zugewiesenen Grundstücken wurden dem Beschwerdeführer gemäß §78 iVm §84 Abs1 lite TROG 2001 2.107,49 €

zugesprochen. Es wurden mit dem Umlegungsbescheid gemäß §84 ua. folgende, den Beschwerdeführer betreffende Grundbuchshandlungen im GB 81015 Thaur gesetzt: in EZ 90040 die Löschung der Grundstücke Nr. 1161, 1162, 1169 und 1170 und die Ersichtlichmachung des neu gebildeten Grundstücks Nr. 4171.

2. Die Umlegungsoberbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung wies die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid vom 16. August 2004 als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer bekämpfte diesen Bescheid vor dem Verfassungsgerichtshof, der den Bescheid mit dem Erkenntnis VfSlg. 17.525/2005 aufhob. Dies mit auszugsweise folgender Begründung:

"Der Umstand, dass zwei sachkundige stimmführende Mitglieder der Umlegungsoberbehörde im Verfahren ein Gutachten in ihrer Eigenschaft als Sachverständige (im Sinne des §52 AVG) erstattet haben, ist jedenfalls geeignet, einerseits an der Neutralität dieser Mitglieder als Sachverständige (vgl. VfSlg. 10.701/1985, 16.029/2000), andererseits an ihrer Unbefangenheit als Entscheidungsträger - zu deren Aufgaben es unter anderem gehört, die Schlüssigkeit der eingeholten Sachverständigengutachten zu beurteilen - Zweifel aufkommen zu lassen, aber auch an der Unbefangenheit der übrigen Mitglieder der Umlegungsoberbehörde, die ihre Entscheidung auf das Gutachten zweier Mitglieder gestützt haben (s. VfSlg. 16.827/2003, VfGH vom 11. Oktober 2003, B279/03).

Angesichts dessen konnten zumindest dem äußeren Anschein nach Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Umlegungsoberbehörde als Tribunal im Sinne des Art6 EMRK entstehen. Bereits der äußere Anschein reicht aus, um eine Verletzung des Art6 EMRK zu bewirken."

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 12. Juni 2006 wies die belangte Behörde - nach Einholung des Gutachtens des Amtssachverständigen DI R und Gewährung des Parteiengehörs und in geänderter Besetzung - erneut die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.

3. Dagegen richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG), auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) behauptet wird.

3.1. Die behauptete "Eigentumsverletzung und Gleichheitswidrigkeit" begründet der Beschwerdeführer wie folgt:

3.1.1. Zur Befreiung von der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages

Gemäß §77 Abs1 iVm Abs4 TROG sei ein Grundeigentümer im Umlegungsgebiet quasi als Ausgleich für seine Verpflichtung, Flächen für öffentliche Verkehrsflächen zur Verfügung zu stellen, von der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages teilweise zu befreien. Der Beschwerdeführer habe bereits im Zusammenhang mit der Errichtung einer landwirtschaftlichen Geräte- und Lagerhalle auf seinen von der Baulandumlegung betroffenen Grundstücken aufgrund einer Vorschreibung aus dem Jahr 1987 ATS 128.160,00 an Erschließungskosten bezahlt. Die belangte Behörde habe sich im bekämpften Bescheid mit dem Vorbringen, (ein Teil) dieser Erschließungskosten müsse zurückerstattet werden, in keiner Weise auseinandergesetzt, sondern verweise nur darauf, dass die damalige Vorschreibung keine Auswirkung auf das Baulandumlegungsverfahren habe.

3.1.2. Zur behaupteten Willkür bei der Grundaufbringung

Es sei in keiner Weise sachlich nachzuvollziehen, warum der Beschwerdeführer bei der Aufbringung von Grundflächen gemäß §77 Abs1 TROG gleich wie die anderen Beteiligten am Baulandumlegungsverfahren in Anspruch genommen werde, sogar eine größere Grundfläche abtreten müsse, obwohl er bis dato als einziger bereits beim Bau seiner Lagerhalle den Erschließungsbeitrag bezahlt habe.

3.1.3. Zur Erschließungsfunktion der Verkehrsflächen

Die belangte Behörde habe §77 Abs2 TROG in denkunmöglicher Weise ausgelegt. Für den Fall, dass Grundflächen aufgebracht würden, die nicht nur für die innere Erschließung des Umlegungsgebietes benötigt werden, sei gemäß dieser Bestimmung eine höhere Vergütung zu leisten. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass die Straßen, für welche die Abtretungen erfolgten, nur der inneren Erschließung dienen würden. Betrachte man jedoch die Lage und Linienführung der neuen Wege, werde deutlich, dass diese ganz offensichtlich auch der Haupterschließung dienen sollten. "Haupterschließung" bedeute insb. die Herstellung der wichtigsten Verbindungen innerhalb des Baulandes. Die Anordnung der Parzellen lasse nur den Rückschluss zu, dass die Straßen lediglich dazu dienen sollten, für eine künftige Verbauung des nördlich der Liegenschaft des Beschwerdeführers gelegenen Areals "bereits im Vorfeld eine entsprechende Erschließung herzustellen". Außerdem würden die neu geschaffenen Wege auch der überörtlichen Erschließung des Sportplatzareals dienen.

3.1.4. Zur Problematik des "heranrückenden Wohnbaus"

Die vorgenommene Baulandumlegung provoziere eine Problematik des "heranrückenden Wohnbaus". Denn im örtlichen Entwicklungskonzept sei eine Widmung der im Norden der Liegenschaften des Beschwerdeführers gelegenen Grundstücke als Wohngebiet vorgesehen, die gemäß §108 TROG binnen zwei Jahren zwingend in den Flächenwidmungsplan aufzunehmen sei. Der Beschwerdeführer gibt zu, dass diese Problematik im vorliegenden Baulandumlegungsverfahren noch nicht die entsprechende Brisanz aufweise.

3.1.5. Zur Frage des Vorteils für den Beschwerdeführer

Die belangte Behörde habe §77 Abs4 TROG in einer das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzenden Weise ausgelegt. Nach dieser Bestimmung sei ein Grundstückseigentümer von der Verpflichtung zur Grundaufbringung zu befreien, wenn durch das Umlegungsverfahren kein Vorteil hinsichtlich der Bebaubarkeit bzw. der verkehrsmäßigen Erschließung des betreffenden Grundstücks eintrete.

Dadurch, dass die belangte Behörde bei der Bewertung eines Vorteiles bzw. Nachteiles lediglich auf objektive Gesichtspunkte abstelle, nicht aber die subjektiven Auswirkungen auf den Beschwerdeführer miteinbeziehe, habe sie diese Bestimmung denkunmöglich ausgelegt.

Dass möglicherweise eine rechteckige Grundstücksform gegenüber einer unregelmäßigen Grundstücksform einen Vorteil bildet, möge aus objektiver Sicht durchaus sein. Der Beschwerdeführer habe jedoch im Verfahren mehrfach darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Grundstückseinteilung für ihn bessere Möglichkeiten zur Nutzung eröffnet habe als die nunmehrige. Durch die Neuanordnung des Grundstückes Nr. 4171 werde ihm die Möglichkeit, im westlichen bzw. östlichen Bereich der Lagerhalle zuzubauen, genommen; er könne nur noch nach Norden und damit gleichzeitig in die Richtung des im örtlichen Raumordnungskonzeptes vorgesehenen Wohngebietes zubauen. Weiters habe der Beschwerdeführer im östlichen Bereich des ursprünglichen Gst Nr. 1169 diverse Arbeitsgeräte wie Anhänger für Bewässerungsrohre, Tieflader, Erntewägen etc. abstellen können, ohne damit die Zufahrt zur Lagerhalle zu gefährden. Außerdem habe der Beschwerdeführer bis dato faktisch zwei Zufahrtswege zur Lagerhalle nutzen können. Unterstützt durch einen Sachverständigen habe der Beschwerdeführer dartun können, dass die Rangiermöglichkeiten auf eigenem Grund nur beim alten Stand möglich gewesen wären. Die direkte Zufahrt auf eigenem Grundstück mit frei wählbarer Breite bis 10 m werde auf einen Weg mit einer Breite von 4,70 m reduziert. Eine Einfahrt vom E.Weg sei ohne Überfahrung von Grundstücken, die nicht im Eigentum des Beschwerdeführers stünden, nicht mehr möglich. Auch eine Zufahrt der Feuerwehr sei entsprechend den Richtlinien des Österreichischen Feuerwehrverbandes nicht mehr möglich.

Auch in dem ergänzend eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen DI R nehme dieser auf Möglichkeiten Bezug - etwa die Bebauung mit Hauptgebäuden -, die der Beschwerdeführer nicht in Erwägung ziehe. Außerdem werde diesem Gutachten auch durch ein vom Beschwerdeführer vorgelegtes Ergänzungsgutachten widersprochen, welches allerdings die belangte Behörde nicht noch einmal durch einen Sachverständigen untersuchen habe lassen.

3.2. Die behauptete Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter begründet der Beschwerdeführer wie folgt:

Am nunmehr bekämpften Bescheid hätten zwar anstatt der beiden Mitglieder, die im ersten Rechtsgang gleichzeitig Sachverständigengutachten (gemeinsame "fachtechnische Stellungnahme" vom 1. Juni 2004) erstattet hätten, andere Personen mitgewirkt, und es sei ein weiteres Gutachten, nämlich ein vom Amtssachverständigen DI R erstelltes, eingeholt worden.

Allerdings bediene sich die belangte Behörde teilweise wörtlich der Argumentation des aufgehobenen Bescheides und stütze sich auf die ursprüngliche fachtechnische Stellungnahme vom "11."

[gemeint wohl: 1.] Juni 2004. Sowohl der Vorsitzende als auch zwei weitere Mitglieder seien dieselben wie beim aufgehobenen Bescheid. Die zusätzlich vom Beschwerdeführer vorgelegten Privatgutachten seien nicht gewertet worden. Dadurch entstünden dem äußeren Anschein nach Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Umlegungsoberbehörde als Tribunal iSd Art6 EMRK.

4. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte, dies mit auszugsweise folgender Begründung:

4.1. Zur behaupteten Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter

Der Mangel, der zur Aufhebung des früheren Bescheides geführt habe, sei dadurch saniert worden, dass anstelle jener Mitglieder, die die "fachtechnische Stellungnahme" vom 1. Juni 2004 erstattet hatten, deren Ersatzmitglieder mitgewirkt hätten. Überdies sei ein Gutachten des Amtssachverständigen DI R eingeholt worden. Durch dieses habe die erwähnte fachtechnische Stellungnahme ihre Bedeutung als Entscheidungsgrundlage verloren, und zwar auch deshalb, weil erst im neuen Gutachten die durch die Novelle LGBl. Nr. 35/2005 - geringfügig - geänderte Rechtslage berücksichtigt werden habe können. Dass bei der neuerlichen Entscheidung alle Mitglieder der Umlegungsoberbehörde durch ihre Ersatzmitglieder vertreten werden hätten müssen, lasse sich dem Erkenntnis VfSlg. 17.525/2005 nicht entnehmen.

Die belangte Behörde sei in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die Gegenäußerung des Beschwerdeführers vom 13. Jänner 2006 und das damit vorgelegte Gutachten eingegangen und habe dieses widerlegt. Der Umlegungsoberbehörde würden auch sachkundige Mitglieder angehören, deren besonderer Sachverstand das Kollegium in die Lage versetze, ein Gutachten ohne Zuziehung eines Sachverständigen zu werten und zu würdigen.

4.2. Zur Befreiung von der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages

§77 Abs1 dritter Satz TROG (Entfall des Bauplatzanteils beim Erschließungsbeitrag) richte sich nicht an die Umlegungsbehörden, sondern an die Behörden, die in den Angelegenheiten der Gemeindeabgaben zu entscheiden haben, wozu auch die Vorschreibung des Erschließungsbeitrages nach dem Tir.

Verkehrsaufschließungsabgabengesetz zähle. §77 Abs1 TROG könne nur eine zukünftige Bauführung betreffen. Dass auf einem in die Baulandumlegung einbezogenen Grundstück bereits ein Gebäude besteht, schließe nicht aus, dass in Zukunft auf dem im Umlegungsverfahren neu geformten Grundstück eine Bauführung stattfindet, die die Pflicht zur Entrichtung eines Erschließungsbeitrages zur Folge hat. Dabei sei die Befreiungsbestimmung des §77 Abs1 dritter Satz TROG zu berücksichtigen. Die (teilweise) Befreiung vom Bauplatzanteil bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages könne immer nur die Folge der Grundaufbringung in der Baulandumlegung sein. Der für ein bestehendes Gebäude in der Vergangenheit entrichtete Erschließungsbeitrag habe jedoch keinen Einfluss auf die Grundaufbringung nach §77 Abs4 TROG.

4.3. Zur Frage des Vorteils für den Beschwerdeführer

Nach dem in §72 TROG 2006 definierten Zweck einer Baulandumlegung sei der "Vorteil", von dem im §77 Abs4 TROG 2006 gesprochen wird, nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Wollte man auf subjektive Gesichtspunkte abstellen, hätte dies in einem Mehrparteienverfahren, in dem sich Parteien mit konträren Standpunkten gegenüberstehen, zur Folge, dass eine objektive Lösung nicht möglich wäre.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die hier maßgebliche Rechtslage im Tiroler Raumordnungsgesetz 2006 - TROG 2006, LGBl. Nr. 27 (Wiederverlautbarung), lautet:

"III. Teil

Baulandumlegung

§72

Zweck

Die Baulandumlegung dient der Neuregelung der Grundstücksordnung in einem bestimmten Gebiet, das aufgrund der bestehenden Grundstücksordnung einer geordneten und Boden sparenden Bebauung und einer zweckmäßigen verkehrsmäßigen Erschließung insgesamt nicht zugänglich ist, in der Weise, dass

a) für eine solche Bebauung nach Lage, Größe und Form zweckmäßig gestaltete Grundstücke geschaffen werden sowie

b) die für die verkehrsmäßige Erschließung und für infrastrukturelle Einrichtungen erforderlichen Grundflächen aufgebracht werden.

[...]

§77

Verkehrsflächen und sonstige Anlagen

(1) Die Grundflächen, die nach den im Bebauungsplan (§82) festgelegten Straßenfluchtlinien für den Neubau, den Ausbau oder die Verlegung von Gemeindestraßen, die nur der inneren Erschließung des Umlegungsgebietes dienen, benötigt werden, sind von den Eigentümern der umzulegenden Grundstücke oder Grundstücksteile im Verhältnis der Fläche dieser Grundstücke bzw. Grundstücksteile zugunsten der Gemeinde aufzubringen, soweit hierfür nicht bestehende öffentliche Verkehrsflächen der Gemeinde zur Verfügung stehen. Abweichungen, die sich aufgrund des §78 Abs1 litd zugunsten bebauter Grundstücke ergeben, sind durch Geldabfindungen auszugleichen. Im Ausmaß der nach dem ersten Satz aufgebrachten Grundflächen entfällt bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages der Bauplatzanteil. Im Ausmaß der nach dem zweiten Satz geleisteten Geldabfindungen ist der Bauplatzanteil rückzuerstatten.

(2) Für die Aufbringung von Grundflächen, die nach den im Bebauungsplan festgelegten Straßenfluchtlinien für den Neubau, den Ausbau oder die Verlegung von Gemeindestraßen, die nicht nur der inneren Erschließung des Umlegungsgebietes dienen, benötigt werden, gilt Abs1 sinngemäß mit der Maßgabe, dass den Eigentümern gegenüber der Gemeinde ein Anspruch auf Vergütung für die Aufbringung jener Grundflächen zukommt, die im Hinblick auf die höhere Verkehrsbedeutung der Straße zusätzlich benötigt werden. Die Umlegungsbehörde hat die Vergütungen in sinngemäßer Anwendung der §§65 und 66 Abs1 des Tiroler Straßengesetzes festzusetzen. Die aufgebrachten Grundflächen sind als nicht bebaubar zu bewerten.

(3) [...]

(4) Ergibt sich durch das Umlegungsverfahren hinsichtlich eines Grundstückes oder Grundstücksteiles kein Vorteil im Hinblick auf die bauliche Nutzbarkeit oder die verkehrsmäßige Erschließung, so ist der Eigentümer des betreffenden Grundstückes oder Grundstücksteiles von der Verpflichtung zur Grundaufbringung nach Abs1 befreit. Ist dies nur hinsichtlich einer Teilfläche des betreffenden Grundstückes oder Grundstücksteiles der Fall, so besteht die Befreiung im Ausmaß dieser Teilfläche.

§78

Grundsätze für die Neuregelung der Grundstücksordnung

(1) Für die Neuregelung der Grundstücksordnung gelten folgende Grundsätze:

[...]

d) Eine Änderung der Eigentumsverhältnisse an bebauten Grundstücken oder an Grundstücken, für die eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt, darf nur insoweit erfolgen, als das Eigentum an jenen Grundstücksteilen, auf denen die betreffende bauliche Anlage besteht bzw. errichtet werden soll, sowie an jenen weiteren Grundstücksteilen, ohne die diese nach den baurechtlichen Vorschriften nicht mehr errichtet werden dürfte, unverändert bleiben müssen. Dies gilt nicht für Feldstädel, Schuppen, Mauern, Zäune, Abstellplätze, Lagerplätze und dergleichen.

[...]"

2. Zur behaupteten Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) und zum Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteilichen Tribunal (Art6 EMRK):

Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird insbesondere dann verletzt, wenn eine an sich zuständige, aber nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzte Kollegialbehörde entschieden hat (zB VfSlg. 10.022/1984, 14.731/1997, 15.588/1999, 15.668/1999, 15.731/2000 und 16.572/2002).

Eine nicht dem Gesetz entsprechende Zusammensetzung der Umlegungsoberbehörde ist für den Verfassungsgerichtshof jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere teilt der Verfassungsgerichtshof nicht die vom Beschwerdeführer vertretene Ansicht, sämtliche Personen, die an der durch das Erkenntnis VfSlg. 17.525/2005 aufgehobenen Entscheidung der Umlegungsoberbehörde mitgewirkt hatten, hätten vor dem Hintergrund des Art6 EMRK bei der neuerlichen Entscheidung nicht mehr mitwirken dürfen. Im Zusammenhang mit der Tatsache, dass einerseits die in der ersten Entscheidung in der Doppelfunktion Behördenmitglied/Gutachter aufgetretenen Personen nunmehr als Behördenmitglieder durch andere ersetzt wurden und andererseits zum selben Beweisthema ein weiteres Gutachten eines Amtssachverständigen eingeholt wurde, führt die neuerliche Mitwirkung der übrigen Mitglieder - auch dem äußeren Anschein nach - nicht zu einem Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Umlegungsoberbehörde als Tribunal im Sinne des Art6 EMRK.

3. Zur behaupteten Verletzung des Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG):

Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 13.587/1993 mwN, 15.364/1998, 15.768/2000, 16.113/2001, 16.430/2002) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

Eine Verfassungswidrigkeit der zugrunde liegenden Rechtsgrundlagen im TROG 2006 behauptet der Beschwerdeführer nicht und ist auch für den Verfassungsgerichtshof nicht ersichtlich.

Auch die behauptete denkunmögliche Auslegung dieser Rechtsgrundlagen liegt nicht vor:

3.1. Zur Frage der Rückerstattung eines bereits entrichteten Erschließungsbeitrages

Gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Auslegung des §77 Abs1 TROG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die dort enthaltene Anordnung, dass im Ausmaß der für Verkehrsflächen aufgebrachten Grundflächen "bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages" der Bauplatzanteil entfalle, richtet sich schon dem eindeutigen Wortlaut nach an jene Behörden, die zur Vorschreibung der Erschließungsbeiträge als Gemeindeabgaben zuständig sind.

3.2. Zur Frage, ob die Verkehrsflächen nur der inneren Erschließung des Umlegungsgebietes dienen

Die belangte Behörde legt im bekämpften Bescheid mit Bezugnahme auf das Gutachten des Amtssachverständigen R vom 5. Dezember 2005 überzeugend dar, dass die öffentlichen Verkehrsflächen, für die Grund aufzubringen ist, für die innere Erschließung des Umlegungsgebietes erforderlich sind. Dies ergebe sich allein schon aus den Wegbreiten, die gerade noch für die innere Erschließung ausreichend seien. Auch der Weg, der für das außerhalb des Umlegungsgebiets liegende Sportzentrum von Bedeutung sei, sei nur 5,5 m breit, und es würden daher keine zusätzlichen, nach §77 Abs2 TROG 2006 zu entschädigenden Flächen aufgebracht. Eine solche Auslegung dieser Bestimmung ist denkmöglich.

3.3. Zur Problematik des "heranrückenden Wohnbaus"

Der Beschwerdeführer gibt selbst zu, dass diese Problematik im vorliegenden Baulandumlegungsverfahren "noch nicht die entsprechende Brisanz" aufweise. Sollten tatsächlich in einem Flächenwidmungsplan dem Beschwerdeführer benachbarte Flächen als Wohngebiete ausgewiesen werden, wären entsprechende Bedenken gegen einen solchen Flächenwidmungsplan zu richten. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang die anzuwendenden Bestimmungen nicht denkunmöglich ausgelegt.

3.4. Frage des Vorteils des Beschwerdeführers durch die Baulandumlegung

Das Abstellen der belangten Behörde auf eine "objektive" Sichtweise bei Beurteilung der Frage, ob sich durch das Umlegungsverfahren hinsichtlich des Grundstücks des Beschwerdeführers ein Vorteil im Hinblick auf die bauliche Nutzbarkeit oder die verkehrsmäßige Erschließung ergibt (vgl. §77 Abs4 TROG), entspricht dem in §72 TROG definierten Zweck einer Baulandumlegung. Eine denkunmögliche Auslegung dieser Bestimmungen ist der belangten Behörde jedenfalls nicht vorzuwerfen.

Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums liegt somit nicht vor.

4. Zur behaupteten Gleichheitswidrigkeit des angefochtenen Bescheides:

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Weder das Vorbringen des Beschwerdeführers noch die dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten enthalten jedoch Indizien für ein solches Vorgehen der belangten Behörde. Keine Willkür liegt insbesondere darin, dass die belangte Behörde mit ihrem besonderen, institutionalisierten Sachverstand das vom Beschwerdeführer im Zuge des fortgesetzten Verfahrens nach Aufhebung der Erstentscheidung durch das Erkenntnis VfSlg. 17.525/2005 vorgelegte Privatgutachten selbst gewürdigt hat, ohne dieses einem weiteren externen Gutachter vorzulegen.

Die behauptete Gleichheitswidrigkeit liegt somit nicht vor.

5. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

6. Die beantragte Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof kommt nicht in Frage, da die Umlegungsoberbehörde als Kollegialbehörde gemäß Art133 Z4 B-VG eingerichtet und die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes im Gesetz nicht vorgesehen ist. Der Abtretungsantrag war daher abzuweisen (vgl. zB VfSlg. 11.954/1989, 16.769/2002).

7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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