Normen
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
ÄrzteG §36
ÄrzteG §46
Beitrags- und UmlagenO der Ärztekammer für Steiermark §2
Beitrags- und UmlagenO der Ärztekammer für Steiermark §3
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
ÄrzteG §36
ÄrzteG §46
Beitrags- und UmlagenO der Ärztekammer für Steiermark §2
Beitrags- und UmlagenO der Ärztekammer für Steiermark §3
Spruch:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und als solcher ordentlicher Kammerangehöriger der Ärztekammer für Stmk.
Nachdem an ihn vorerst eine "vorläufige Vorschreibung 1977" am 7. März 1977 ergangen war, die durch eine "endgültige Vorschreibung" für 1977 im Jänner 1978 ersetzt worden war, wurde ihm mit "Korrekturvorschreibung" vom 6. Juli 1978 die Kammerumlage und der Kammerbeitrag vom Kammeramt der Ärztekammer für Stmk. für das Jahr 1977 vorgeschrieben. In dieser "Korrekturvorschreibung" wurde von einer Bemessungsgrundlage im Betrage von 583107 S laut Einkommensteuerbescheid des Beschwerdeführers ausgegangen.
Gegen diese Vorschreibung wandte sich der Beschwerdeführer mit einer als "Berufung" bezeichneten Eingabe an die Ärztekammer für Stmk. mit dem Antrag, die "Korrekturvorschreibung der Kammerumlagen und Kammerbeiträge vom 6. Juni 1978 aufzuheben", in eventu ihm eine Gutschrift über einen Unterschiedsbetrag von 3494 S, sofern dieser bereits vom Kassenhonorar in Abzug gebracht worden wäre, zu übermitteln. In dieser Eingabe wurde insb. geltend gemacht, daß die vorausgehend an ihn ergangene "endgültige Vorschreibung 1977", mit welcher die ursprünglich ergangene vorläufige Vorschreibung 1977 "ersetzt worden war", innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht bekämpft worden sei. Es liege demnach ein rechtskräftiger Bescheid vor, der nur nach Maßgabe der Bestimmungen des AVG abgeändert oder aufgehoben hätte werden dürfen. Die "Korrekturvorschreibung" entbehre auch der nach §15 Abs5 der - gem. den Vorschriften des Ärztegesetzes - von der Vollversammlung der Ärztekammer für Stmk. beschlossenen Satzung über die Einrichtung und den Betrieb einer Wohlfahrtseinrichtung (künftig: Satzung) erforderlichen Unterschriften.
Mit dieser Eingabe, soweit sie sich gegen die Vorschreibung von Kammerbeiträgen richtete, befaßte sich der Verwaltungsausschuß in seiner Sitzung am 20. September 1978; er betrachtete die Eingabe als "Ansuchen um Aufhebung der Korrekturvorschreibung des Kammerbeitrages für das Kalenderjahr 1977, sowie Gutschrift des in der Zwischenzeit vom Kassenhonorar einbehaltenen Kammerbeitrages von 3494 S" und gab diesem Begehren mit Bescheid vom 19. Oktober 1978 nicht statt. Der Bescheid führt aus, es handle sich bei Vorschreibungen iS der §§2 und 3 der von der Vollversammlung gem. §33 lite Ärztegesetz beschlossenen Beitrags- und Umlagenordnung (künftig: BUO) um keine anfechtbaren Bescheide. Die am 7. März 1977 an den Beschwerdeführer ergangene "vorläufige Vorschreibung" sei aufgrund der Bemessungsgrundlage des Vorjahres gem. §2 BUO ergangen und aufgrund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Einkommensteuererklärung 1975 im Jänner 1978 durch eine geänderte Vorschreibung gem. §5 Abs2 BUO ersetzt worden, nach welcher Bestimmung als Bemessungsgrundlage das jährliche Einkommen des zweitvorangegangenen Kalenderjahres, soweit es aus Einkünften aus ärztlicher Tätigkeit stammt, heranzuziehen ist. Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides durch den Beschwerdeführer sei schließlich die als "Korrektur" bezeichnete Vorschreibung vorgenommen worden. Dies stehe im Einklang mit der Satzung (§6) und der BUO (§5), sodaß der Antrag des Beschwerdeführers abzuweisen gewesen sei.
In der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer an den Beschwerdeausschuß gem. §14 Abs4 BUO erhobenen Beschwerde vertrat der Beschwerdeführer neuerlich die Ansicht, daß es sich bei den Vorschreibungen um Bescheide gehandelt habe. Da es sich bei der Vorschreibung sowohl von Kammerumlagen als auch von Kammerbeiträgen um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem statutarischen Maßstab handle, stelle sich die Vorschreibung als Bescheid dar, der gem. §57 AVG ergangen, aber mangels Einleitung eines Ermittlungsverfahrens binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung (gemeint ist die als "Berufung" bezeichnete Eingabe) außer Kraft getreten sei.
Mit Bescheid des Beschwerdeausschusses bei der Ärztekammer für Stmk. vom 7. Feber 1979 wurde die Beschwerde in Ansehung der Vorschreibung des Kammerbeitrages für das Jahr 1977 als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid wurde im wesentlichen damit begründet, daß aus dem vom Beschwerdeführer als Beweismittel vorgelegten Prüfungsbericht des Finanzamtes Graz-Stadt vom 29. Dezember 1979 unzweideutig hervorgehe, daß er aus ärztlicher Tätigkeit einen Gewinn von 583100 S erzielt habe, was der in der "Korrekturvorschreibung" angewendeten Bemessungsgrundlage entspreche.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Für den Fall der Abweisung wird die Abtretung der Beschwerde an den VwGH begehrt.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, Art83 Abs2 B-VG ordne an, daß niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden dürfe und daß nach der ständigen Judikatur des VfGH dieses Recht auch dann verletzt werde, wenn über Ansprüche von einer an sich zuständigen, jedoch unrichtig zusammengesetzten Kollegialbehörde entschieden werde.
Der Beschwerdeausschuß der Ärztekammer für Stmk. sei im Jahre 1977 von der Vollversammlung dermaßen zusammengesetzt bestellt worden, daß ein Mitglied der Kollegialbehörde gleichzeitig auch als Stellvertreter des Vorsitzenden gewählt worden sei. Die Bestellung ein und derselben Person zum Mitglied einer Kollegialbehörde und gleichzeitig zu einem Stellvertreter widerspreche dem Gesetz. Die Mitwirkung eines Stellvertreters in einer Kollegialbehörde sei nur zulässig, wenn das Mitglied, für welches der Stellvertreter gewählt sei, verhindert ist, an der Willensbildung der Behörde teilzunehmen. Die gleichzeitige Anwesenheit des Vorsitzenden und seines Stellvertreters bewirke eine unrichtige Zusammensetzung der Behörde. Die Bestellung eines Mitgliedes des Beschwerdeausschusses zum Stellvertreter des Vorsitzenden desselben bewirke, daß nicht mehr erkannt werden könne, in welcher Eigenschaft der Genannte an den Beschlüssen dieser Kollegialbehörde mitwirke. Damit fehle es an der vom Gesetz geforderten Eindeutigkeit der Zusammensetzung einer Behörde.
Der unmißverständliche Wortlaut des §46 Abs5 Ärztegesetz schließe die gleichzeitige Zugehörigkeit zum Beschwerdeausschuß als Mitglied und als Stellvertreter desselben aus.
2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird ua. dann verletzt, wenn zwar eine an sich zuständige, aber nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzte Kollegialbehörde entschieden hat (vgl. VfSlg. 5522/1967).
Gem. §46 Abs5 Ärztegesetz besteht der Beschwerdeausschuß aus einem Vorsitzenden und vier weiteren Mitgliedern. Für den Vorsitzenden und die Mitglieder sind Stellvertreter zu bestellen. Die Mitglieder des Beschwerdeausschusses dürfen dem Kammervorstand, dem Verwaltungsausschuß und dem Überprüfungsausschuß nicht angehören. Gem. §48 leg. cit. sind in der Satzung nähere Vorschriften über die Zusammensetzung des Beschwerdeausschusses zu treffen. §13 Abs5 und 6 der Satzung wiederholen den Wortlaut des §46 Abs5 Ärztegesetz.
Weder §46 Abs5 Ärztegesetz noch §13 Abs5 und 6 der Satzung lassen den Schluß zu, daß die Funktion eines Stellvertreters des Vorsitzenden mit der Funktion eines sonstigen Mitgliedes unvereinbar wäre. Inkompatibel mit der Mitgliedschaft im Beschwerdeausschuß ist nach den zitierten Bestimmungen lediglich die gleichzeitige Zugehörigkeit zum Kammervorstand, zum Verwaltungsausschuß und zum Überprüfungsausschuß.
Es findet sich auch keine Verfassungsbestimmung, welche verbieten würde, daß ein Mitglied einer Kollegialbehörde gleichzeitig Stellvertreter des Vorsitzenden derselben ist.
Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter infolge einer unrichtigen Zusammensetzung des Beschwerdeausschusses liegt somit nicht vor.
Der VfGH hat auch geprüft, ob eine Verletzung des genannten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes in sonstiger Weise stattgefunden hat. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn sich die belangte Behörde eine ihr nicht zukommende Zuständigkeit angemaßt hätte (vgl. VfSlg. 7108/1973). Daß der Beschwerdeausschuß sachlich zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zuständig war, erscheint nicht zweifelhaft, da er sich nur mit der Belastung des Beschwerdeführers mit Kammerbeiträgen befaßte.
Da nach der Rechtsprechung des VfGH der administrative Instanzenzug als Einheit aufzufassen ist, wird das Recht auf den gesetzlichen Richter auch dann verletzt, wenn die sachliche Zuständigkeit auch nur in unterer Instanz gesetzwidrig in Anspruch genommen wird (vgl. VfSlg. 7605/1975).
Im Hinblick auf den vom Beschwerdeführer im Administrativverfahren wiederholt vertretenen Standpunkt, daß den an ihn ergangenen Vorschreibungen und insbesondere der "Korrekturvorschreibung" Bescheidqualität zugekommen wäre, hat sich der VfGH auch mit diesem Vorbringen befaßt. Da die in Frage stehenden "Vorschreibungen" nicht vom zuständigen Organ der Ärztekammer erlassen wurden, würde die behauptete Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter dann vorliegen, wenn es sich bei diesen Vorschreibungen um Bescheide handeln würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Wie aus §§2 und 3 BUO hervorgeht, handelt es sich bei der Vorschreibung von Kammerbeiträgen und der Kammerumlagen nur um administrative Mitteilungen des Kammeramtes (vgl. §36 ÄrzteG), welche den Adressaten über den Stand seiner Beitrags- und Umlagenverpflichtung informieren sollen. Eine andere Deutung der Vorschreibungen wird schon durch §3 Abs2 BUO ausgeschlossen, wonach die Unrichtigkeit einer Vorschreibung jederzeit vor Fälligkeit geltend gemacht werden kann und in diesem Falle die Richtigkeit der vorgeschriebenen Kammerumlage durch den Präsidenten der Ärztekammer, die Richtigkeit der vorgeschriebenen Kammerbeiträge durch den Verwaltungsausschuß zu überprüfen ist. Hiemit steht auch im Einklang, daß gem. §13 BUO trotz Fälligkeit nicht bezahlte Beträge vorerst zweimal einzumahnen sind und daß erst nachfolgend ein Rückstandsausweis zu erlassen ist, der sodann im Rechtsmittelweg bekämpft werden kann.
Darauf, daß es sich bei der Korrekturvorschreibung vom 6. Juli 1978 um keinen Bescheid gehandelt hat, weist auch der Umstand hin, daß - wie der Beschwerdeführer bereits selbst im Administrativverfahren vorgebracht hat - die Vorschreibung einer für Bescheide erforderlichen Unterschrift entbehrt.
Der Verwaltungsausschuß hat die "Berufung" des Beschwerdeführers somit zu Recht als Antrag behandelt und war, da er sich nur mit der Belastung des Beschwerdeführers mit Kammerbeiträgen befaßte, für die bescheidmäßige Erledigung gem. §3 Abs3 BUO iVm §46 Ärztegesetz auch zuständig.
Auch insofern liegt somit eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht vor.
3. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter hat somit nicht stattgefunden. Im Verfahren ist auch nicht hervorgekommen, daß der Beschwerdeführer in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden wäre.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
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