VfGH B1115/03

VfGHB1115/039.6.2004

B-VG Art144 Abs3
EMRK Art10
BVG-Rundfunk ArtI Abs2
KommAustria-G §11 Abs3
PrivatradioG §28 Abs2 und Abs4
B-VG Art144 Abs3
EMRK Art10
BVG-Rundfunk ArtI Abs2
KommAustria-G §11 Abs3
PrivatradioG §28 Abs2 und Abs4

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) stellte mit Bescheid vom 15. November 2002 "im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht über Hörfunkveranstalter gemäß §25 Abs1 iVm. §28 Abs1, und 2 Privatradiogesetz (PrR-G), BGBl. I Nr. 20/2001 in der Fassung BGBl. I Nr. 136/2001" unter anderem fest

"dass der Verein 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' & Partner GmbH, FN 168373h (LG Eisenstadt), Neusiedlerstraße 86, A-7000 Eisenstadt, vertreten durch [...] als Hörfunkveranstalter im Versorgungsgebiet 'nördliches und mittleres Burgenland, Bezirk Oberwart und Teile des Bezirks Güssing' ...

den Charakter des von ihr im Antrag auf Zulassung dargestellten und in der Zulassung genehmigten Programms dadurch grundlegend verändert hat, dass sie seit 21. November 2001 kein dem Zulassungsbescheid entsprechendes Vollprogramm mit unterschiedlichen Programmelementen, das sowohl kommerziellen Charakter aufweist, in das aber insbesondere auch das Konzept des mehrsprachigen Radios MORA für das Burgenland einfließt und in dem die Sprachen der im Burgenland angesiedelten Volksgruppen in angemessener Weise berücksichtigt werden, mehr sendet, sondern

a. vom 22. bis zum 26. November 2001 kein Programm gesendet hat,

b. vom 26. November 2001 bis zum 15. April 2002 ein Notprogramm gesendet hat, die auf 13 zum Großteil selbstgebrannten CDs (davon je eine CD mit kroatisch-sprachigen und ungarisch-sprachigen Liedern), gespeichert waren und mittels CD-Wechslers nach dem Zufallsprinzip 24 Stunden am Tag abgespielt wurden,

c. vom 16. April 2002 bis zum 13. September 2002 ein vollständig automatisiertes Programm gesendet hat, das auf einem Rechner in den Betriebsräumen der Radio Eins Privatradio GmbH in Wien erstellt wurde und aus Musiktiteln, davon rund ein Sechstel Volksgruppentitel, und Jingles bzw. Teasern mit '88,6 Der Supermix für das Burgenland' sowie ausschließlich auf Deutsch gehaltenen Beispielen für Nachrichten bestand,

d. seit 13. September 2002 bis zum heutigen Tag ein Programm im Contemporary Hit Format sendet, das nach dem Vorbild und unter der Marke 'Hit FM' in Wien gestaltet wird und vorwiegend ein jugendorientiertes Musikprogramm darstellt, welches in der Nacht von 00.00 Uhr bis 5.00 Uhr unmoderiert und nicht durch Nachrichten unterbrochen ist und in dem tagsüber mehrmals von der Hit FM Radio GmbH produzierte rund einminütige nationale und internationale Nachrichtensendungen sowie siebenmal täglich rund einminütige Lokalnachrichten in deutscher Sprache sowie gelegentlich Schlagzeilen in ungarischer und kroatischer (nicht burgenland-kroatischer) Sprache enthalten sind, und in dem weiters zwischen 20 und 22 Uhr zusätzlich zum Musikprogramm vorproduzierte kurze ungarisch- und kroatischsprachige (ebenfalls nicht burgenland-kroatische) Moderationselemente, Lokalnachrichten, Ansagen der nächsten Songs sowie Veranstaltungstipps, eingespielt werden."

Die KommAustria trug der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß §28 Abs4 PrR-G auf,

"binnen einer Frist von acht Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides den rechtmäßigen Zustand herzustellen, indem sie, wie mit Bescheid der Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde vom 2. Dezember 1997, GZ 611.200/21-RRB/97, bewilligt, ein Vollprogramm mit unterschiedlichen Programmelementen, das sowohl kommerziellen Charakter aufweist, in das aber insbesondere auch das Konzept des mehrsprachigen Radios MORA für das Burgenland einfließt, im Versorgungsgebiet 'Nördliches und Mittleres Burgenland - Bezirk Oberwart und Teile des Bezirks Güssing' ausstrahlt und dabei die Auflage erfüllt, die Sprachen der im Burgenland angesiedelten Volksgruppen in angemessener Weise zu berücksichtigen. Die Verein 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' & Partner GmbH hat der KommAustria über die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes spätestens acht Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides zu berichten und darin auch darzulegen, welche Maßnahmen getroffen wurden, um künftige Rechtsverletzungen zu vermeiden."

1.2. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Bundeskommunikationssenat (BKS) abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt. Der BKS ging dabei von folgendem, bereits von der KommAustria festgestelltem Sachverhalt aus:

"Mit Bescheid der Regional- und Kabelrundfunkbehörde vom 2. Dezember 1997, GZ 611.200/21-RRB/97, wurde auf Grund einer Auswahlentscheidung unter mehreren Antragstellern in einem Mehrparteienverfahren die Zulassung an die Verein 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' & Partner OEG (in Gründung) erteilt; dies für die Veranstaltung eines Vollprogramms mit unterschiedlichen Programmelementen, das sowohl kommerziellen Charakter aufweist, in das aber insbesondere auch das Konzept des mehrsprachigen Radios MORA für das Burgenland einfließt. Zur Sicherstellung des festgelegten Programms enthielt der Zulassungsbescheid folgende Auflage: 'Im Programm sind die Sprachen der im Burgenland angesiedelten Volksgruppen in angemessener Weise zu berücksichtigen.'

Als wesentliche Begründung für die Auswahlentscheidung führte die Behörde an, dass die Verein 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' & Partner OEG die bessere Gewähr für eine größere Meinungsvielfalt im Programm biete und von dieser in besonderer Weise ein auf die lokalen Interessen Bedacht nehmendes Programmangebot zu erwarten sei, nämlich das Angebot eines meinungsvielfältigen und breit angelegten Programms, das auf das in Aussicht genommene Verbreitungsgebiet zugeschnitten sei und die Anliegen der wesentlichen im Verbreitungsgebiet ansässigen gesellschaftlichen Gruppen betone. Diesbezüglich ging die Behörde im Hinblick auf die plurale Zusammensetzung der Gesellschaft von einem für die Zuhörerschaft vorteilhaften Interessensausgleich zwischen einer die Anliegen der Minderheiten betonenden Ausrichtung und einer eher kommerziell orientierten Programmgestaltung aus.

Von wesentlicher Bedeutung für die Auswahlentscheidung war auch, dass durch die Beteiligung des Vereins 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' an der Verein 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' & Partner OEG den Anliegen der burgenländischen Volksgruppen entsprechend Rechnung getragen würde und Gewähr für eine mehrsprachige Programmveranstaltung tatsächlich gegeben wäre.

Das ursprüngliche - seinem Antrag zu Grunde liegende - Programmkonzept des Vereins 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' hatte die Spiegelung der besonderen sprachlichen und kulturellen Vielfalt des pannonischen Raumes und den interregionalen Kultur- und Informationsaustausch zum Ziel. Den Volksgruppen der Kroaten, Ungarn und Roma sollte 'ein gleichberechtigter Zugang zu einem Medium gewährt werden, das für das Überleben und die weitere Entwicklung von Minderheitensprachen von ausschlaggebender Bedeutung ist. Sendungen in kroatischer, ungarischer und romanes Sprache haben daher alle Lebensbereiche abzudecken. Das Programm soll sich jedoch nicht exklusiv an die jeweilige Minderheit richten, sondern bewusst Brücken zwischen den Sprachgruppen bauen.' Das Programmkonzept war im Wesentlichen wie folgt charakterisiert: Es handelte sich um die Verbreitung von Lokalradio mit durchgehendem volksgruppenrelevantem Bezug. Vorgesehen waren tägliche Journalsendungen mit Lokal-, Regional- und internationalem Bezug, mit Presseschau, telefonischen Korrespondentenberichten, Kommentaren und Studiogästen; samstägliche Wochenjournale, sonntags ein dreisprachiges 'Pannonisches Magazin' namens 'Triangel' (Gemeinschaftsproduktion der Minderheitenredaktionen der benachbarten Länder), 'Europas Minderheiten' (Vorstellungen und Berichte), sowie die Übernahme von Nachrichtenbulletins verschiedener europäischer Rundfunkanstalten. Daneben waren Sendungen zur Darstellung des regionalen und lokalen Lebens mit dem Schwerpunkt: 'Entwicklung in Randgebieten; Das Radio geht ins Dorf' sowie regelmäßige offene Diskussionsrunden und kontroverse Stellungnahmen zu aktuellen Themen, z.T. mit aktiver Beteiligung von Hörern, geplant. Weiters vorgesehen waren z.B. Sendungen für Kulturschaffende, Kinder- und Jugendsendungen, eigengestaltete Sendungen von Schulklassen, Erwachsenenbildungskurse. Die einzelnen Sendebeiträge sollten ein- oder mehrsprachig gestaltet sein, die moderierten Programmteile durchgehend zweisprachige Moderation (deutsch/ungarisch, deutsch/ kroatisch; deutsch/kroatisch Verhältnis 70/30%) enthalten. Das geplante Musikformat umfasste verschiedene Stilrichtungen (eher abseits der Hitparaden) und sollte sich an ein gemischtes Publikum richten.

Mit Vertrag vom 17. März 1999 beauftragte die Verein 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' & Partner GmbH - das ist die Rechtsnachfolgerin der Zulassungsinhaberin - die Antenne 4 Lokalradio Betriebsges.m.b.H. & Co. KG mit dem operativen Betrieb des Lokalradios. Nach diesem Vertrag nahm die Verein 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' & Partner GmbH keinen Einfluss auf die geschäftlichen Belange der Antenne 4 Lokalradio Betriebsges.m.b.H. & Co. KG, behielt sich allerdings die Wahrnehmung der Programmhoheit und Programmgestaltung vor. Das vereinbarte Programmformat sah von 6.00 bis 18.00 Uhr ein automatisiertes, 'durchformatiertes Musikradio im 'Antenne-Musik-Format' (Musik ca. 5 Jahre jünger als das derzeitige Format von Antenne Steiermark)' vor. Gemeint war Musikradio, nur unterbrochen durch Werbung, lokales Service, lokales Wetter, lokalen Verkehr, internationale, nationale und lokale Nachrichten sowie professionell gestaltete Verpackungselemente', wobei hier 'Mehrsprachigkeit ein wichtiger Bestandteil' war. Die Programmierung erfolgte durch den Musikchef der 'Antenne Steiermark' und/oder durch die Musikredaktion.

Den Lokal- und Regionalnachrichten waren laut Beauftragungsvertrag mehrsprachige Nachrichten nachgeschaltet, die von den Redaktionen der Verein 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' & Partner GmbH zu gestalten waren. Die 'Moderierten und gestalteten Sendeflächen' sollten den 'multikulturellen Charakter des Burgenlandes mit Schwerpunkt auf die Präsenz der burgenländischen Volksgruppen in integrativer Form (mehrsprachig) im Gesamtprogramm widerspiegeln'. Grundsätzlich sollte auch 'die Hälfte des Wortanteils in den Volksgruppensprachen' gesprochen werden. Die 'Ausweitung dieses Anteiles' werde 'angestrebt'.

Seit dem Abschluss des Beauftragungsvertrages bis zum Sommer 2001 produzierte die Antenne 4 Lokalradio Betriebsges.m.b.H. & Co. KG im Auftrag der Verein 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' & Partner GmbH ein lokales Hörfunkprogramm, das - mit Lücken im Sommer 2000 - im Wesentlichen dem Beauftragungsvertrag vom 17. März 1999 entsprach. Dabei war das Programm ab 15.00 Uhr zweisprachig moderiert, zwischen 18.00 und 22.00 Uhr wurde ausschließlich volksgruppensprachliches Programm gesendet. Zwischen 6.30 und 18.00 Uhr wurden grundsätzlich stündlich Lokalnachrichten in Kroatisch, Ungarisch und Romanes gesendet sowie zusätzlich vier bis fünf Volksgruppentitel pro Stunde.

In der Folge wurde der Beauftragungsvertrag mit der Antenne 4 Lokalradio Betriebsges.m.b.H. & Co. KG seitens der Verein 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' & Partner GmbH aufgelöst; über diese Auflösung war ein Rechtsstreit anhängig, der in zweiter Instanz entschieden wurde, wobei die ordentliche Revision nicht zugelassen wurde. In zweiter Instanz wurde dabei rechtskräftig entschieden, dass die Kündigung des Beauftragungsvertrages wirksam war.

Am 5. November 2001 kam es zur vertraglichen Vereinbarung des Verkaufs der Lokalradio Burgenland GmbH an die MOIRA Media Service GmbH. Der Geschäftsführer der Verein 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' & Partner GmbH, Dr. M F, plante in der Folge - in Abstimmung mit dem Geschäftsführer der MOIRA Media Service GmbH - eine grundsätzliche Zusammenarbeit mit der MOIRA-Tochter Radio Eins Privatradio GmbH in der Form der Mantelprogrammübernahme des Formats '88,6', weil er der Ansicht war, dass die Sendung von volksgruppensprachlichen Programmteilen einen wirtschaftlichen Betrieb des Hörfunkveranstalters nicht ermöglichte.

Da die Pläne der Geschäftsführung mit den auf die Aufrechterhaltung des volksgruppensprachlichen Programms gerichteten Programmkonzepten des Vereins 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' nicht vereint werden konnten, veranlasste der Verein 'Mehrsprachiges Offenes Radio - MORA', deren Vereinsvorstand Mag. J V bereits im Juli 2001 wegen der programmlichen Differenzen als Geschäftsführer der Antenne 4 Lokalradio Betriebsges.m.b.H. ausgeschieden war, die Einstellung des Sendebetriebs im Studio der Antenne 4 Lokalradio Betriebsges.m.b.H. & Co. KG in Pinkafeld am 21. November 2001. Vom

22. bis 26. November 2001 fand kein Sendebetrieb statt.

Vom 26. November 2001 bis 15. April 2002 bestand das ausgestrahlte Hörfunkprogramm aus Musiktiteln, die auf 13 - großteils selbstgebrannten - CDs, davon je eine CD mit kroatisch-sprachigen und ungarisch-sprachigen Liedern, gespeichert waren und mittels CD-Wechslers nach dem Zufallsprinzip 24 Stunden am Tag abgespielt wurden ('Notbetrieb').

Im Anschluss an den dargestellten 'Notbetrieb' sendete die Verein 'Mehrsprachiges offenes Radio - MORA' & Partner GmbH seit 16. April 2002 ein in Kooperation mit der Radio Eins Privatradio GmbH erstelltes Hörfunkprogramm.

In programminhaltlicher Hinsicht sind dabei zwei Zeiträume zu unterscheiden: zunächst vom 16. April bis zum 13. September 2002:

Übernahme zumindest des Musikformats der Radio Eins Privatradio GmbH '88,6 Der Supermix für Wien', und sodann ab 13. September 2002:

Übernahme des Musikformats der Teleport Waldviertel Information und Kommunikation GmbH - 'Hit FM' - in Phase 1 des neuen Hit FM Burgenland-Konzepts, wie dies im angefochtenen Bescheid auf S. 23f. im Einzelnen beschrieben ist."

2. Gegen diesen Bescheid des BKS richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

A. Zur Zulässigkeit:

Entscheidungen des BKS unterliegen nach §11 Abs3 des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Kommunikationsbehörde Austria ("KommAustria") und eines Bundeskommunikationssenates (KommAustria-Gesetz - KOG), BGBl. I Nr. 32/2001, nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Der administrative Instanzenzug iS des Art144 Abs1 zweiter Satz B-VG ist also ausgeschöpft.

Da auch sonst alle Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.

B. In der Sache:

1.1. Die beschwerdeführende Gesellschaft erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im durch Art13 StGG, Art10 EMRK und Art1 Abs2 BVG Rundfunk gewährleisteten "Recht auf Rundfunkfreiheit" verletzt. Sie bringt vor, daß dieses Grundrecht eine Unabhängigkeitsgarantie beinhalte, die es "in erster Linie ausschließe", daß der Staat selbst unmittelbar auf die programmgestaltende Tätigkeit einwirke. Dem Rundfunk sei daher "Staatsfreiheit" zu garantieren. Eine solchermaßen verbotene staatliche Einflußnahme liege aber in der Auflage, die der beschwerdeführenden Gesellschaft mit dem angefochtenen Bescheid rechtskräftig erteilt worden sei, einen volksgruppensprachlichen Inhalt im Ausmaß von bis zu 50 % zu senden. Dem Minderheitenschutz sei vor allem durch die Programme des ORF Rechnung zu tragen, der diesem Auftrag durch Sendung von Volksgruppenprogramm in kroatischer und ungarischer Sprache auch nachkomme. Dieser Auftrag sei ein öffentlich-rechtlicher, der nicht auf private Hörfunkveranstalter überwälzt werden könne. Darüber hinaus dürfe der Zugang der privaten Veranstalter im Lichte der individuellen Rundfunkfreiheit auch nicht von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die eine Veranstaltung von Rundfunk in hohem Maße erschweren oder sogar ausschließen. Durch einen vom angefochtenen Bescheid geforderten Volksgruppenanteil von 33 % bis zu 50 % liege der Volksgruppenanteil weit über jenem des ORF. Die beschwerdeführende Gesellschaft verliere aufgrund der mangelnden Massenattraktivität des Programms erheblich an Reichweite. Das führe zu einem damit einhergehenden Verlust von Werbeeinnahmen. Diese Ausführungen seien auch vor dem Hintergrund des der ursprünglichen Zulassung zugrundegelegten Programmkonzepts maßgeblich, da auf Basis dieses Programmkonzepts kein "Volksgruppenradio" iS des angefochtenen Bescheides genehmigt worden sei. Weiters lag dem damaligen Programmkonzept eine direkte (zunächst durch das Bundeskanzleramt und danach durch das Land Burgenland) und indirekte (über den Verein MORA) öffentliche Förderung zugrunde, die 95 % des Umsatzes ausgemacht habe. Diese Förderungen seien mittlerweile weggefallen.

Für diese behauptete Verletzung der Meinungsäußerungsfreiheit ist festzuhalten, daß der im Verfassungsrang stehende Art10 EMRK nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (s. VfSlg. 12035/1989; vgl. auch VfSlg. 9909/1983, 10948/1986, 11572/1987, 12822/1991, 13338/1993, 15135/1998) als Bestandteil des Anspruchs auf freie Meinungsäußerung ua. ein Recht auf Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen verbürgt. Der verfassungsgesetzliche Schutzbereich erstreckt sich dabei auch auf die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen mit Hilfe von Fernseh-Rundfunkanlagen (sogenannte "Rundfunkfreiheit").

Diese grundrechtlichen Freiheitsverbürgungen sind jedoch in zweifacher Weise eingeschränkt. Zum einen ermächtigt Art10 Abs1 letzter Satz EMRK den Staat, Rundfunk- und Fernsehbetriebe einem Genehmigungsverfahren zu unterziehen, zum anderen kann gemäß Art10 Abs2 EMRK die Ausübung der Rundfunkfreiheit bestimmten gesetzlichen Beschränkungen unterworfen werden (VfSlg. 9909/1983, 11572/1987, 12035/1989).

Der Bescheid einer Verwaltungsbehörde, so auch des BKS, kann dieses unter Gesetzesvorbehalt stehende verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Rundfunkfreiheit gemäß Art10 EMRK nach ständiger Rechtsprechung nur dann verletzen, wenn er ohne jede gesetzliche Grundlage erging oder auf einer verfassungswidrigen Norm beruht oder wenn bei seiner Erlassung eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage denkunmöglich angewendet, so etwa dem Gesetz ein der Bundesverfassung widersprechender Inhalt fälschlicherweise unterstellt wurde (vgl. zB VfSlg. 9909/1983).

Der angefochtene Bescheid stützt sich inhaltlich auf §28 Abs2 und 4 PrR-G, deren Verfassungsmäßigkeit die beschwerdeführende Gesellschaft selbst nicht ausdrücklich in Zweifel zieht. Auch der Verfassungsgerichtshof hegt aus der Sicht des Beschwerdefalles keine Bedenken gegen diese Vorschriften: Im Erkenntnis VfSlg. 16625/2002 erachtete der Verfassungsgerichtshof die in §6 PrR-G normierten "Auswahlgrundsätze" im Verfahren um die Zulassung von Privatradiolizenzen als verfassungskonform. Vor diesem Hintergrund vermag der Verfassungsgerichtshof für die hier präjudiziellen Bestimmungen, die bei einem grundlegenden Abweichen vom ursprünglichen - der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden - Programmkonzept bloß einen behördlichen Auftrag auf (Wieder-)Herstellung des - der Auswahlentscheidung entsprechenden - rechtmäßigen Zustandes vorsehen, keine Verfassungswidrigkeit zu erkennen. Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen bleibt demgemäß zu prüfen, ob der belangten Behörde eine denkunmögliche Gesetzeshandhabung zur Last fällt.

1.2. Ein derartiger Vorwurf kann der belangten Behörde aus folgenden Gründen nicht gemacht werden:

Nach §28 Abs2 PrR-G ist ein Verfahren zum Entzug der Zulassung einzuleiten, wenn ein Veranstalter von Hörfunk den Charakter des von ihm im Antrag auf Zulassung dargestellten und in der Zulassung genehmigten Programms wie insbesondere durch eine Änderung der Programmgattung oder eine wesentliche Änderung der Programmdauer grundlegend verändert hat. Bei Vorliegen einer solchen Rechtsverletzung nach §28 Abs2 PrR-G ist nach §28 Abs4 PrR-G dem Hörfunkveranstalter mit Bescheid aufzutragen, den rechtmäßigen Zustand herzustellen und geeignete Vorkehrungen zu treffen, um künftige Rechtsverletzungen zu vermeiden. Der Hörfunkveranstalter hat diesem Bescheid binnen der von der Regulierungsbehörde festgesetzten, längstens achtwöchigen Frist zu entsprechen und darüber der Regulierungsbehörde zu berichten.

Im vorliegenden Fall hat der BKS einerseits festgestellt, daß sich der Charakter des von der beschwerdeführenden Gesellschaft selbst beantragten und in der Zulassung genehmigten Programms grundlegend geändert hat. Diese Feststellung wird von der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht bestritten. Als Folge dieser Feststellung hat nach §28 Abs4 PrR-G ein Auftrag an den betreffenden Rundfunkveranstalter zu ergehen, den rechtmäßigen Zustand (wieder) herzustellen. Der Gesetzgeber räumt der Behörde für die Anordnung dieses Auftrages weder einen Ermessenspielraum ein, noch sieht er Gründe vor, die die Behörde ermächtigen würden, von einem solchen Auftrag abzusehen. Den Ausführungen der beschwerdeführenden Gesellschaft, die darauf abzielen, das ursprünglich beantragte Programmkonzept nicht mehr befolgen zu müssen, weil dieses Konzept aufgrund geänderter Umstände wirtschaftlich nicht mehr aufrechtzuhalten sei, steht daher bereits der - klare - Wortlaut des §28 Abs4 PrR-G entgegen.

Insoweit die beschwerdeführende Gesellschaft im konkreten Wiederherstellungsauftrag durch die belangte Behörde nach §28 Abs4 PrR-G einen Eingriff in die verfassungsgesetzlich verbürgte Rundfunkfreiheit erblickt, ist ihr entgegenzuhalten, daß die beschwerdeführende Gesellschaft selbst dieses Programmkonzept, von dem sie - aus welchen Gründen auch immer - nunmehr abweicht und deren Befolgung ihr gemäß §28 Abs4 PrR-G wieder aufgetragen wird, in ihrem ursprünglichen Antrag auf Zulassung vorgelegt hat. Es kann daher von einer behaupteten Überwälzung der von der beschwerdeführenden Gesellschaft bezeichneten öffentlich-rechtlichen Aufgabe, Minderheitenprogramm zu senden, auf private Hörfunkveranstalter bereits von vornherein nicht die Rede sein.

Auch der Inhalt des erteilten Auftrages ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, stellt er doch auf das ursprünglich mit Bescheid von der Regional- und Kabelrundfunkbehörde genehmigte Programmkonzept der beschwerdeführenden Gesellschaft ab (vgl. Seite 14 des angefochtenen Bescheides des BKS). Soweit die beschwerdeführende Gesellschaft vermeint, daß die Auflage zu unbestimmt sei (was den Bescheid mit einer "inhaltlichen Rechtswidrigkeit" belaste), ja im einzelnen inhaltlich über das ursprüngliche Programmkonzept hinausgehe, verkennt sie den Prüfungsmaßstab des Verfassungsgerichtshofs: Ob die Auflage inhaltlich in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, hat nicht der Verfassungsgerichtshof, sondern der Verwaltungsgerichtshof zu prüfen (Art144 Abs3 B-VG iVm. §87 Abs3 VfGG iVm. §11 Abs3 KOG).

1.3. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung verletzt worden.

2. Soweit sich die beschwerdeführende Gesellschaft auf ArtI des BVG Rundfunk beruft, ist ihr zu entgegnen, daß ArtI Abs2 BVG Rundfunk nur eine Verpflichtung für den Bundesgesetzgeber zur näheren Ausgestaltung rundfunkrechtlicher Vorschriften trifft, jedoch kein spezifisches Grundrecht schafft (VfSlg. 11213/1987, 12344/1990).

3. Bei diesem Ergebnis ist es auszuschließen, daß die beschwerdeführende Gesellschaft in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.

4. Das Beschwerdevorbringen erweist sich daher insgesamt als unbegründet. Die Beschwerde war daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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