VfGH B1029/01

VfGHB1029/0130.6.2004

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 2.143,68 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund (im Dienststand des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten) und übt seit 28. November 2000 an der österreichischen Botschaft in Agram die Funktion eines Botschafters aus. Mit Dienstrechtsmandat vom 4. Dezember 2000, Z WZ.1678/0007e-VI.2a/2000 wurde ihm eine Auslandsverwendungszulage in Höhe von S 44.660,- zuerkannt. Der Beschwerdeführer beantragte am 14. Dezember 2000 die Zuerkennung eines "Ehegattenzuschlags" und somit eine Erhöhung der zugesprochenen Auslandsverwendungszulage. Mit Dienstrechtsmandat vom 10. Jänner 2001, Z WZ.1678/0008e-VI.2a/2000, wurde dem Beschwerdeführer "irrtümlicherweise" eine Auslandsverwendungszulage in Höhe von

S 54.884,- zuerkannt, welche aufgrund eines Dienstrechtsmandats vom 22. Jänner 2001, Z WZ.1678/001e-VI.2a/2001 auf das ursprüngliche Ausmaß in Höhe von S 44.660,- herabgesetzt wurde. Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten wies mit dem bekämpften Bescheid vom 22. Mai 2001 die Anträge vom 14. Dezember 2001 und vom 20. April 2001 auf Zuerkennung einer zusätzlichen monatlichen Auslandsverwendungszulage in Höhe von S 10.284,- für die pauschale Abdeckung der Kosten des Aufenthaltes der Ehegattin des Beschwerdeführers am Dienstort Agram "trotz [deren] eigener Berufstätigkeit [...] an der Universität Straßburg/Frankreich [...] gemäß §21 Abs3 Z3 iVm Abs9" ab.

Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten "hält" in der Begründung "zunächst fest", dass den "Auslandsbesoldungsrichtlinien" des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport mangels gehöriger Kundmachung im Bundesgesetzblatt kein normativer Charakter zukomme und verweist dabei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 29. September 1999, Z98/12/0140, vom 17. Februar 1999, Z98/12/0424, vom 26. Februar 1997, Z95/12/0097). Die rechtliche Beurteilung habe daher nicht auf Grundlage dieser Richtlinien zu erfolgen. Es bedürfe auch keiner näheren Auseinandersetzung mit dem Wesen des "Ehegattenzuschlags" [welcher den "Auslandsbesoldungsrichtlinien" zu entnehmen ist], weil es eine solche selbstständige Teilkomponente in rechtlicher Hinsicht [nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes] gar nicht gebe. Aus §21 Gehaltsgesetz 1956 ergebe sich vielmehr, dass dieses Gesetz nur eine Auslandsverwendungszulage und nicht mehrere derartige Zulagen nebeneinander vorsehe "(wie man diesen Richtlinien allenfalls entnehmen könnte)". Nach dem Gesetz handle es sich um eine Zulage unter Berücksichtigung der einzelnen für die Bemessung maßgebenden Komponenten (vgl. VwGH vom 17. Februar 1999, Z98/12/0424).

Der die Pauschale überschießende Teil der Aufwendungen müsse vom Einschreiter entsprechend nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden. Aus diesem Grund habe die Dienstbehörde mittels Erlass vom 18. März 2001 einen diesbezüglichen Kostennachweis verlangt, welcher nicht vorgelegt worden sei. Der Einschreiter habe in seiner Eingabe vom 20. April 2001 lediglich allgemeine Angaben gemacht. Die Dienstbehörde gehe daher davon aus, dass die behaupteten Mehrkosten aus der pauschalierten Auslandsverwendungszulage in Höhe von S 44.660,- pro Monat bestritten werden könnten.

Dem Vorbringen der finanziellen Mehrbelastung durch den Aufenthalt der Ehegattin am Dienstort Agram während eines Zeitraums von neun Monaten pro Jahr sei entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer bereits eine monatliche Auslandsverwendungszulage in Höhe von S 44.660,- beziehe und seiner Gattin Einkünfte aus eigener Berufstätigkeit zufließen, welche nach seinen Angaben das Gehalt eines Beamten in der Verwendungsgruppe C, Dienstklasse III, Gehaltsstufe 1 (§118 Abs3 GG 1956) zuzüglich allfälliger Teuerungszulagen (§157 GG 1956) erreichten und somit das insgesamt verfügbare Familieneinkommen entsprechend erhöhten. Der behauptete finanzielle Mehraufwand sei somit weder durch Vorlage entsprechender Nachweise objektiv nachgewiesen noch sonst glaubhaft gemacht worden.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

3. Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen gemäß Art139 Abs1 B-VG mit Beschluss vom 10. Dezember 2003 ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Richtlinien des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport für die Bemessung der Auslandsverwendungszulage gemäß §21 Abs1 Z2 und Abs3 GG 1956 idF Jänner 2001 (gültig ab 1. Jänner 2001) samt Anhang (Anlage B des Durchführungsrundschreibens ["generelle Zustimmungen und Richtlinien"] zur "Besoldung der im Ausland verwendeten Beamten gemäß §21 GG 1956") vom 25. September 2000, Z924.470/11-II/B/4/2000, eingeleitet.

Mit Erkenntnis vom 23. Juni 2004, protokolliert zu V8/04, hat der Verfassungsgerichtshof das "Durchführungsrundschreiben" ("generelle Zustimmungen und Richtlinien") des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport vom 25. September 2000, Z924.470/11-II/B/4/2000, "Besoldung der im Ausland verwendeten Beamten gemäß §21 GG 1956", als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf die gesetzwidrige Verordnung. Es ist nach der Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsposition des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (vgl. VfSlg. 10.404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,- und eine Eingabegebühr in der Höhe von € 181,68 enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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