VfGH B1021/2011

VfGHB1021/201111.6.2013

Aufhebung des angefochtenen Bescheides im Anlassfall

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall

 

Spruch:

I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes sowie wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen in seinen Rechten verletzt worden.

II. Der Bescheid wird aufgehoben.

III. Die Rechtsanwaltskammer Wien ist schuldig, dem Be­schwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.620,– bestimmten Prozess­kosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe

1. Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung Rechtsanwaltsanwärter in Wien. Mit Bescheid des Ausschusses der Rechtsan­waltskammer Wien vom 22. März 2011 wurde dem Beschwerdeführer die Umlage zur Versorgungseinrichtung Teil A gemäß der Umlagenordnung 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien, beschlossen in der Plenarversammlung am 29. April 2010, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 30. Juni 2010 (im Folgenden: Umlagenordnung 2011), der Kammerbeitrag und der Beitrag zur Prämie für die Unfallversicherung, beides gemäß der Beitragsordnung 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien, beschlossen in der Plenarversammlung am 29. April 2010, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 30. Juni 2010 (im Folgenden: Beitragsordnung 2011), für das 1. Quartal 2011 vorgeschrieben.

2. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) wies die dagegen gerichteten Vorstellungen mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. Juni 2011 ab.

3. In der auf Art144 B‑VG gestützten Beschwerde bringt der Beschwerdeführer mit näherer Begründung im Wesentlichen vor, durch die angefochtenen Bescheide in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein, weil diese Bescheide auf die als verfassungswidrig erachteten Bestimmungen der §49 Abs2 iVm §51 sowie §24 Abs3 RAO, RGBl. 96/1868, in der Fassung BGBl I 141/2009, iVm als gesetzwidrig erachteten Bestimmungen der Umlagenordnung 2011 und der Beitragsordnung 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien gestützt würden.

4. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 B‑VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung" in §24 Abs3 RAO und gemäß Art139 Abs1 B‑VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Abschnittes "A. II. RECHTSANWALTSANWÄRTER" der Umlagenordnung 2011, des Abschnittes "B. RECHTSANWALTSANWÄRTER" in §1, des §3 Z2 und der Wortfolge "und der Beitrag für Rechtsanwaltsanwärter gemäß §1 B. P. 1 lita)" in §4 Z2 der Beitragsordnung 2011 sowie des §5 Abs3 und §9 Abs1 zweiter Satz der Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer Wien und deren Ausschuss 2008, beschlossen in der Plenarversammlung am 24. April 2008, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 16. Mai 2008 (im Folgenden: GO-RAK 2008), ein.

Mit Erkenntnis vom 11. Juni 2013, G31-33/2013, V20-28/2013, hob er die Wortfolge "; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung" in §24 Abs3 RAO als verfassungswidrig auf und stellte weiters fest, dass der Abschnitt "A. II. RECHTSANWALTSANWÄRTER" der Umlagenordnung 2011 und der Abschnitt "B. RECHTSANWALTSANWÄRTER" in §1 sowie §3 Z2 und die Wortfolge "und der Beitrag für Rechtsanwaltsanwärter gemäß §1 B. P. 1 lita)" in §4 Z2 der Beitragsordnung 2011 gesetzwidrig waren.

5. Die Beschwerde ist begründet.

Die belangte Behörde hat ein verfassungswidriges Gesetz und gesetzwidrige Verordnungen angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und gesetzwidriger Verordnungen in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985).

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 220,– enthalten.

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