VfGH A7/88

VfGHA7/883.10.1988

Zuständigkeit des VfGH zur Entscheidung über ein Begehren auf Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches; die im vorliegenden Fall strittig gewordene Frage der Gebührlichkeit einer Pflegedienstzulage ist durch Bescheid der zuständigen Dienstbehörde zu entscheiden

Normen

B-VG Art137 / Bescheid
GehG 1956 §3 Abs2
GehG 1956 §78 Abs4
GehG 1956 §30b Abs2 Z3 lita
GehG 1956 §85d Abs2
B-VG Art137 / Bescheid
GehG 1956 §3 Abs2
GehG 1956 §78 Abs4
GehG 1956 §30b Abs2 Z3 lita
GehG 1956 §85d Abs2

 

Spruch:

Die Klage wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. Mit der auf Art137 B-VG gestützten Klage begehrt der Kläger, die Republik Österreich (gemeint wohl: den Bund) zu verhalten, ihm den Betrag von S 3.402,-- samt 4 % Zinsen aus je S 1.134,-- ab 2. 1., 2. 2. und 2. 3. 1988 sowie die Kosten dieses Verfahrens zu bezahlen.

2. In der Klage wird im wesentlichen vorgebracht:

Der Kläger stehe als Vizeleutnant in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Republik Österreich (gemeint wohl: zum Bund). Er versehe in der Heeressanitätsanstalt St. Pölten Krankenpflegedienst (allgemeine Krankenpflege, Hilfeleistung bei ärztlichen Verrichtungen, Ausführung ärztlicher Anordnungen bei der Heilbehandlung). Bis zum Ende des Jahres 1987 habe er die Pflegedienstzulage nach §30b Abs2 Z3 lita Gehaltsgesetz 1956 (im folgenden: GG 1956) bezogen. Obwohl sich die Verwendung des Klägers nicht geändert habe, sei die Pflegedienstzulage mit Beginn des Jahres 1988 eingestellt worden. Dies lediglich deshalb, weil die beklagte Partei aus einem (einen anderen Beamten betreffenden) Erkenntnis des VwGH geschlossen habe, daß der Kläger die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf die Pflegedienstzulage nicht erfülle.

3. Der beklagte Bund, vertreten durch den Bundesminister für Landesverteidigung, hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der er den Anspruch des Klägers auf Pflegedienstzulage bestreitet, im übrigen aber die Zurückweisung der Klage mit der Begründung beantragt, daß dem VfGH die Zuständigkeit zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch fehle.

II. Der VfGH hat über die Zulässigkeit der Klage erwogen:

1. Nach Art137 B-VG erkennt der VfGH über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

2. Mit der Klage wird ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen den Bund geltend gemacht. Der Anspruch gründet sich auf das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zu dieser Gebietskörperschaft. Da es sich somit um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, also nicht um eine bürgerliche Rechtssache im Sinne des §1 JN handelt, ist eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung hierüber nicht gegeben (vgl. etwa VfSlg. 10266/1984). Es ist aber zu prüfen, ob über den mit der Klage geltend gemachten Anspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist.

3. a) Besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten werden in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht. Die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ist ein technischer Vorgang, der nur der Verwirklichung der vorangegangenen Bescheide dient, also selbst nicht durch Bescheid zu erledigen ist, sodaß für die Entscheidung über ein solches Liquidierungsbegehren die Zuständigkeit des VfGH gemäß Art137 B-VG gegeben ist (so die ständige, mit VfSlg. 3259/1957 eingeleitete Rechtsprechung des VfGH; vgl. etwa VfSlg. 7846/1976, 8371/1978; ebenso etwa VwGH Zl. 46/68 vom 30. 5. 1968; Zl. 82/09/0138 vom 4. 5. 1983). Geht es nicht bloß um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches, nämlich den technischen Vorgang der Auszahlung, sondern um die Rechtsfrage seiner Gebührlichkeit, so ist darüber im Streitfall mit Bescheid der zuständigen (Dienst-)Behörde zu entscheiden (vgl. die mit VfSlg. 7172/1973 und 7173/1973 beginnende Rechtsprechung des VfGH, neuerdings etwa VfSlg. 11395/1987).

b) Der geltend gemachte Anspruch auf Pflegedienstzulage wird aus dem Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Klägers zur beklagten Partei und aus §30b Abs2 Z3 lita im Zusammenhalt mit §85d Abs2 und §78 Abs4 erster Satz GG 1956 abgeleitet. Es handelt sich mithin um einen Anspruch besoldungsrechtlicher und damit dienstrechtlicher Natur. Die Pflegedienstzulage ist nach §3 Abs2 GG 1956 ein Bestandteil des Monatsbezuges. Der Anspruch auf Monatsbezüge ist unmittelbar durch das Gesetz (§3 Abs1 GG 1956) eingeräumt. Er bedarf also nicht der Begründung durch einen Bescheid. Die Erlassung eines Bescheides ist vielmehr nur erforderlich, wenn die Frage, ob oder in welcher Höhe eine Pflegedienstzulage gebührt, strittig ist (s. dazu etwa VfSlg. 7172/1973, 7173/1973, 7260/1974, 7471/1975, 8371/1978, 8976/1980). Angesichts der dienstrechtlichen Natur des Anspruches auf Pflegedienstzulage ist ein solcher Bescheid von der zuständigen Dienstbehörde zu erlassen.

c) Der Kläger ist der Auffassung, er begehre, weil die Dienstbehörde bescheidmäßig festgestellt habe, daß ihm für die Dauer seiner Verwendung im Krankenpflegefachdienst die Pflegedienstzulage nach §30b Abs2 Z3 lita GG 1956 gebühre, mit seiner Klage lediglich die Liquidierung der Pflegedienstzulage.

4.) Mit dieser Ansicht ist der Kläger nicht im Recht.

Das Korpskommando I hatte zwar mit der ausdrücklich als Bescheid bezeichneten und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Erledigung vom 17. September 1986 festgestellt, daß dem Kläger "mit Wirksamkeit 1. Oktober 1983 die Pflegedienstzulage gemäß §30 b Abs3 Z3 a des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. 54, in der derzeit geltenden Fassung für die Dauer" seiner "Verwendung im Krankenpflegefachdienst gebührt". In der Folge gelangte es jedoch nach einer von ihm veranlaßten Erhebung darüber, in welchem Ausmaß die eine Pflegedienstzulage beziehenden Bediensteten zur Ausübung von Tätigkeiten im Sinne des Krankenpflegegesetzes, BGBl. 102/1961, verwendet werden, zur Auffassung, daß bei bestimmten Bediensteten - so auch beim Kläger - kein Anspruch auf Pflegedienstzulage gegeben sei. Das Korpskommando I wies daraufhin mit Schreiben vom 23. November 1987 das Militärkommando Niederösterreich an, die Pflegedienstzulage - unter anderem - beim Kläger "mittels ZVA mit Ablauf des 31 12 87 einzustellen" und (auch) den Kläger "hievon in geeigneter Form in Kenntnis zu setzen".

Das Militärkommando Niederösterreich kam dem Auftrag zur Verständigung der betroffenen Bediensteten in der Weise nach, daß es den vollständigen Wortlaut des Schreibens des Korpskommandos I der Heeressanitätsanstalt St. Pölten übermittelte, wo er (ua.) dem Kläger durch Gewährung von Einsichtnahme zur Kenntnis gebracht wurde, was dieser dadurch bestätigte, daß er auf das betreffende Schriftstück neben seinen dort aufscheinenden Namen unter Beifügung des Datums seine Unterschrift setzte.

5. Damit ist die Frage der Gebührlichkeit der Pflegedienstzulage - für den Kläger erkennbar - strittig geworden. Über die Frage der Gebührlichkeit der Pflegedienstzulage aber ist im Streitfall durch Bescheid der zuständigen Dienstbehörde zu entscheiden, zumal ein rechtliches Interesse des Klägers an der Feststellung gegeben ist, ob ihm der Anspruch auf Pflegedienstzulage zusteht. Ein Antrag auf eine solche Feststellung durch Bescheid wäre ein taugliches Mittel der Rechtsverfolgung, weshalb der Kläger Anspruch auf Erlassung eines solchen Feststellungsbescheides hat (vgl. VfSlg. 7172/1973, 8976/1980).

Da somit über den vom Kläger geltend gemachten besoldungsrechtlichen Anspruch mit Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist, sind die Prozeßvoraussetzungen des Art137 B-VG nicht gegeben. Der VfGH ist daher nicht zuständig, über das Klagebegehren zu entscheiden.

Die Klage war daher wegen Nichtzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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