VfGH A3/92

VfGHA3/927.10.1992

Abweisung einer Klage auf Rückerstattung einer Geldstrafe mangels Passivlegitimation der beklagten Stadtgemeinde; Verhängung der rückgeforderten Geldstrafe durch den Bürgermeister in mittelbarer Bundesverwaltung

Normen

B-VG Art137 / Allg
B-VG Art137 / sonstige Klagen
B-VG Art137 / Allg
B-VG Art137 / sonstige Klagen

 

Spruch:

Das Klagebegehren wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. In der unter Berufung auf Art137 B-VG erhobenen Klage bringt der Kläger im wesentlichen vor, daß er mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck (als Bezirksverwaltungsbehörde) vom 11. Oktober 1990, Z I-6.247/1989, wegen Ausübung einer dem Stukkateurgewerbe zugehörenden Tätigkeit ohne die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung begangenen Verwaltungsübertretung nach §366 Abs1 Z1 iVm §94 Z76 Gewerbeordnung 1973 zur Zahlung einer Geldstrafe von S 10.000,-- sowie eines Kostenbeitrages von S 1.000,-- verurteilt worden sei.

Mit Berufungserkenntnis des Landeshauptmannes von Tirol vom 16. Jänner 1991, Z IIa-90.162/2-90, sei die vom Kläger gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen und dem Kläger die Zahlung eines Betrages von S 1.000,-- zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt worden.

Da der Kläger vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck mit Schreiben vom 13. Februar 1991 unter Androhung der Zwangsvollstreckung zur Entrichtung der über ihn verhängten Geldstrafe samt den ihm auferlegten Kostenbeiträgen zum erst- und zweitinstanzlichen Strafverfahren binnen 14 Tagen aufgefordert worden sei, habe er die Zahlung des Geldbetrages von S 12.000,-- innerhalb der Frist aufforderungsgemäß an die Stadthauptkasse Innsbruck geleistet.

Obwohl jedoch der Verwaltungsgerichshof mit Erkenntnis vom 10. September 1991, Z 91/04/0098, den Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 16. Jänner 1991, Z IIa-90.162/2-90, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben habe, sei die nach Eintritt der Strafbarkeitsverjährung mit Schriftsatz des Klägers vom 23. April 1992 zur Rückzahlung des Betrages von S 12.000,-- aufgeforderte beklagte Partei ihrer Rückzahlungsverpflichtung nicht nachgekommen, weshalb der Kläger sich zur Klagsführung genötigt sehe. Er begehre daher den Zuspruch eines Betrages von S 12.000,-- samt 4 vH Zinsen aus diesem Betrag seit 10. Mai 1992 sowie den Ersatz der mit S 3.199,20 verzeichneten Prozeßkosten.

2. Die beklagte Stadtgemeinde Innsbruck hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet; in dieser wird die Sachverhaltsdarstellung des Klägers bestätigt und darüber hinaus ausgeführt, daß die behauptete Strafbarkeitsverjährung nicht eingetreten sei, da in den Fristenlauf die Zeit des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht einzurechnen sei. Außerdem habe der Landeshauptmann von Tirol mit (Ersatz-)Bescheid vom 14. Mai 1992, Z IIa-90.162/5-90, der Berufung der klagenden Partei neuerlich keine Folge gegeben und das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck als Bezirksverwaltungsbehörde vom 11. Oktober 1990, Z I-6247/1989, bestätigt. Dem Rückerstattungsanspruch der klagenden Partei stehe daher das Faktum entgegen, daß der von ihr bezahlten Geldstrafe ein rechtskräftiges Straferkenntnis zugrundeliege. Deshalb werde die kostenpflichtige Abweisung der Klage begehrt.

3. Mit Schriftsatz vom 29. Juni 1992 schränkte der Kläger sein Klagebegehren auf die Kosten dieses Rechtsstreites ein. Durch die Erlassung des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 14. Mai 1992, Z IIa-90.162/5-90, sei der bereicherungsrechtliche Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des bereits entrichteten Straf- und Kostenbeitrages von S 12.000,-- weggefallen. Das Kostenbegehren sei jedoch gerechtfertigt, da der ursprüngliche Anspruch bei Klagseinbringung aufrecht bestanden habe.

4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Klage erwogen:

4.1. Sie ist zulässig (vgl. VfSlg. 8812/1980, 8954/1980, 9498/1982, 10496/1985, 10506/1985, 10795/1986). Ihr kommt jedoch keine Berechtigung zu. Die Verpflichtung zur Rückerstattung einer geleisteten Geldstrafe nach Aufhebung des ihr zugrundeliegenden Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof trifft nämlich, wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 5079/1969, 10006/1984, 10497/1985, 12199/1989) ausgesprochen hat, jene Gebietskörperschaft, in deren Vollzugsbereich die Behörde tätig gewesen ist. Das Verwaltungstraferkenntnis, mit dem die nunmehr rückgeforderte Geldstrafe über den Kläger verhängt wurde, erging wegen eines Verstoßes gegen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973, dessen Ahndung dem Kompetenzbereich "Angelegenheiten des Gewerbes" zuzuordnen ist, der in die Vollziehung des Bundes fällt. Der Bürgermeister hat daher den Bescheid erster Instanz gemäß §1 Abs2 iVm §31 Abs4 des Stadtrechtes der Landeshauptstadt Innsbruck 1975, LGBl. für Tirol Nr. 53/1975, in mittelbarer Bundesverwaltung erlassen. Da folglich der Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Bund entstand, wurde er gegenüber der Stadtgemeinde Innsbruck zu Unrecht geltend gemacht. Der beklagten Partei fehlt es somit, wie schon die Beurteilung des Klagevorbringens ergibt, an der Passivlegitimation. Dieser Mangel ist zwar nicht eingewendet worden. Er erhellt jedoch aus den vorgebrachten Tatsachen und ist deshalb wahrzunehmen (Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, II, 1962, S. 128; SZ 34/186; MietSlg. 35.742). Die Klage war daher schon aus diesem Grund abzuweisen.

4.2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.

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