Normen
B-VG Art137 / Allg
Anlegerentschädigungsrichtlinie 97/9/EG
WertpapieraufsichtsG §23b, §23c
WertpapieraufsichtsG 2007 §75 ff
B-VG Art137 / Allg
Anlegerentschädigungsrichtlinie 97/9/EG
WertpapieraufsichtsG §23b, §23c
WertpapieraufsichtsG 2007 §75 ff
Spruch:
Die Klage wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. 1. In ihrer auf Art137 B-VG gestützten gegen den Bund
gerichteten Klage begehrte die Klägerin aus dem Titel der Staatshaftung ursprünglich die Erlassung des nachstehenden Urteils:
"Urteil:
I. a) Es wird mit Wirkung zwischen den Streitteilen
festgestellt, dass die beklagte Partei der klagenden Partei gegenüber für jenen Schaden haftet, den diese daraus erleidet, dass sie nicht binnen 3 Monaten ab rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens 19 C813/06g von der Anlegerentschädigung von WPDLU GmbH einen Betrag von € 6.185,57 erhält.
In eventu
b) Die beklagte Partei ist verpflichtet, der klagenden Partei jenen Schaden zu ersetzen, den dieser daraus entsteht, dass sie aus den Konkursverfahren zu 36 S 42/05x, 36 S 41/05z, aus den Liquidationsverfahren in Luxemburg über die Sicav Top Ten Multifonds, sowie AMIS Fund, sowie seitens der Anlegerentschädigung von WPDLU GmbH weniger erhält als € 6.185,57.
In eventu
c) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei € 6.185,57 samt 4% Zinsen seit klagsabhängigkeit binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
II. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution gemäß §19a RAO die Kosten des Verfahrens zu bezahlen.
Die klagende Partei bewertet die Begehren I.a) und I.b) nach RATG mit jeweils € 6.185,57.
Das Zahlungsbegehren I.c) wird eventualiter aus advokatorischer Vorsicht gestellt."
Ferner begehrte die klagende Partei, eine Vorabentscheidung gemäß Art234 EG beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: EuGH) zu beantragen und dem EuGH Fragen zur Auslegung von Bestimmungen der Richtlinie 97/9/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger, ABl. 1997 L 048, S. 22 (im Folgenden: Anlegerentschädigungs-RL) vorzulegen.
In der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2009 stellte die Klägerin ihr Begehren dahingehend um, dass sie nun als Hauptbegehren die Zahlung von € 6.185,57 samt Anhang fordert und die ursprünglichen Begehren I.a) und I.b) als Eventualbegehren stellt.
2. Der Staatshaftungsanspruch wird darauf gestützt, dass die Anlegerentschädigungs-RL nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden sei. Die Klägerin habe mit der AMIS Asset Management Investment Service AG, deren Wertpapierdienstleistungsbetrieb später auf die AMIS Financial Consulting AG (im Folgenden: AFC) abgespalten worden sei, einen Vertrag geschlossen. Auf Grund dieses Vertrages habe sie einen Betrag von ATS 120.000,00 auf ein Konto der RZB Österreich AG, lautend auf "Verrechnungskonto AMV-Banque Colbert Portfoliomanagement" mit dem Verwendungszweck "AMV Sparplan Neuzeichnung" überwiesen. Nach dem Depotauszug habe der Vermögenssaldo/Anlageguthaben zum 31. Dezember 2004 € 6.185,57 betragen.
3. Das Handelsgericht Wien habe über das Vermögen der AFC zu
Z S 42/05x und über das Vermögen der AMIS Asset Management Service AG zu Z S 41/05z das Konkursverfahren eröffnet. Der Masseverwalter habe "die Masseunzulänglichkeit bekannt gegeben".
Am 2. Mai 2006 habe die Klägerin ihre Forderung bei der Anlegerentschädigung von AeW gemäß §23c des Wertpapieraufsichtsgesetzes (im Folgenden: WAG) angemeldet, jedoch habe diese Gesellschaft "den Eintritt in den Schadensfall oder gar die Erfüllung der Forderungen der klagenden Partei" abgelehnt.
II. Bei der Entscheidung über die Klage ist von folgender Rechtslage auszugehen:
1. In das WAG, ArtI des BGBl. 753/1996, wurden durch die Novelle BGBl. I 63/1999, Bestimmungen über die Anlegerentschädigung eingefügt (Art2, §§23b bis 23e leg.cit.); diese Bestimmungen lauten auszugsweise:
"Anlegerentschädigung
§23b. (1) Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die die Verwaltung von Kundenportefeuilles mit Verfügungsvollmacht im Auftrag des Kunden (§1 Abs1 Z19 litb BWG) durchführen, haben einer Entschädigungseinrichtung anzugehören. Gehört ein solches Wertpapierdienstleistungsunternehmen der Entschädigungseinrichtung nicht an, so erlischt seine Berechtigung (Konzession) zum Betrieb des Finanzdienstleistungsgeschäfts gemäß §1 Abs1 Z19 litb BWG; §7 Abs2 BWG ist anzuwenden.
(2) Die Entschädigungseinrichtung hat alle Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit der Berechtigung zum Betrieb des Vermögensverwaltungsgeschäfts gemäß §1 Abs1 Z19 litb BWG als Mitglieder aufzunehmen. Die Entschädigungseinrichtung ist in der Form einer Haftungsgesellschaft als juristische Person zu betreiben. Die Entschädigungseinrichtung hat zu gewährleisten, daß, falls über ein Mitgliedsinstitut der Konkurs eröffnet wird oder eine Mitteilung der zuständigen Behörde gemäß Anhang II Buchstabe b der Richtlinie 97/9/EG erfolgt, Forderungen eines Anlegers aus Wertpapierdienstleistungen gemäß §93 Abs2a BWG bis zu einem Höchstbetrag von 20 000 Euro oder Gegenwert in fremder Währung pro Anleger auf dessen Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt wurden, ausbezahlt werden. Die Bestimmungen des §93 Abs3 BWG über anhängige Strafverfahren im Sinne des §93 Abs5 Z3 BWG sowie über Unterstützungs- und Informationspflichten gegenüber der Entschädigungseinrichtung sind anzuwenden.
(3) Die Entschädigungseinrichtung hat nach Maßgabe der §§23b bis 23e und der anzuwendenden Bestimmungen des BWG Anleger für Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen zu entschädigen, die dadurch entstanden sind, daß ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht in der Lage war, entsprechend den gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen
1. Gelder zurückzuzahlen, die Anlegern im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen geschuldet werden oder
2. den Anlegern Instrumente zurückzugeben, die diesen gehören und für deren Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften verwaltet werden.
Von der Entschädigung ausgeschlossen sind Forderungen im Sinne von §93 Abs5 Z1a bis 12 BWG sowie Bestandteile des Eigenkapitals des Wertpapierdienstleistungsunternehmens.
(4) Folgende Bestimmungen des BWG sind hinsichtlich der sicherungspflichtigen Wertpapierdienstleistungen anzuwenden: §93 Abs4, 6, 8a und 11; §93a Abs6 hinsichtlich der Möglichkeit, zur Sanierung von Mitgliedsinstituten beizutragen, sowie §93b Abs2 und 4.
(5) Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die nicht gemäß Abs1 einer Entschädigungseinrichtung angehören müssen, haben ihre Kunden auf diesen Umstand spätestens bei Vertragsabschluß schriftlich hinzuweisen sowie gegebenenfalls durch Aushang in den Geschäftsräumen zu informieren.
§23c. (1) Die Entschädigungseinrichtung hat ihre Mitgliedsinstitute zu verpflichten, für den Fall einer Auszahlung von Entschädigungen unverzüglich anteilsmäßige Beiträge zu leisten. Die Entschädigungseinrichtung hat jene organisatorischen Vorkehrungen zu treffen, die die unverzügliche Bemessung und Auszahlung der gesicherten Forderungen ermöglichen.
(2) Forderungsberechtigte aus Wertpapierdienstleistungen können während eines Zeitraums von einem Jahr ab der Eröffnung des Konkurses oder der Mitteilung der zuständigen Behörde gemäß Anhang II Buchstabe b der Richtlinie 97/9/EG ihre Ansprüche bei der Entschädigungseinrichtung anmelden. §93 Abs3c letzter Satz BWG ist anzuwenden.
(3) Die Entschädigungseinrichtung hat unverzüglich nach Ablauf des Anmeldungszeitraums Beiträge der Mitgliedsinstitute zur Deckung der Entschädigungsansprüche einzuheben. Die nach §93b Abs4 BWG zu bemessenden Beiträge sind für das einzelne Mitgliedsinstitut dadurch begrenzt, daß es im Geschäftsjahr höchstens zu Beitragsleistungen im Ausmaß von 10 vH des Eigenkapitals (§22 Abs3) verpflichtet ist.
(4) Die Entschädigungseinrichtung hat zu gewährleisten, daß Forderungen eines Anlegers aus Wertpapierdienstleistungen gemäß §23b Abs3 bis zu einem Höchstbetrag von 20 000 Euro oder Gegenwert in fremder Währung pro Anleger auf dessen Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt wurden, ausbezahlt werden. Die Entschädigungseinrichtung ist berechtigt, Entschädigungsforderungen mit Forderungen des Mitgliedsinstituts aufzurechnen. §19 Abs2 KO ist anzuwenden.
(5) Stehen der Feststellung der Forderungen oder der Aufbringung der Entschädigungswerte außergewöhnliche Hindernisse entgegen und kann auf Grund dessen die Frist gemäß Abs4 nicht eingehalten werden, so verlängert sich diese Frist um weitere drei Monate. Die BWA ist weiters auf Antrag der Entschädigungseinrichtung berechtigt, die Verlängerung der Frist um weitere drei Monate zu bewilligen, wenn dies auf Grund besonderer Umstände zur Abwehr eines volkswirtschaftlichen Schadens, insbesondere durch die Gefährdung der Stabilität des Finanzsystems, erforderlich ist."
2. Der Begriff "Wertpapierdienstleistungsunternehmen" ist in §19 Abs1 WAG wie folgt definiert:
"(1) Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist, wer
1. eine oder mehrere der Dienstleistungen gemäß §1 Abs1 Z19 BWG gewerblich erbringt,
2. kein Kreditinstitut gemäß §1 Abs1 BWG ist und
3. seine Berechtigung zur Erbringung von Dienstleistungen gemäß §1 Abs1 Z19 nicht auf die §§9 ff BWG gründet."
3. Das WAG wurde durch das am 1. November 2007 in Kraft getretene Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (im Folgenden: WAG 2007), Art2 des BGBl. I 60/2007, abgelöst, das hinsichtlich der bereits zu diesem Zeitpunkt angemeldet gewesenen Ansprüche auf Entschädigung keine Übergangsregelung enthält, wobei anzumerken ist, dass die Regelung der Anlegerentschädigung des WAG jener des WAG 2007 in den §§75 ff. leg.cit. im Wesentlichen entspricht.
4. Die §§75 bis 78 WAG 2007 idF BGBl. I 60/2007 lauten auszugsweise:
"Anlegerentschädigung
§75. (1) Wertpapierfirmen, die eine oder beide der in §3 Abs2 Z2 und 3 genannten Dienstleistungen betreiben, haben einer Entschädigungseinrichtung anzugehören. Gehört eine solche Wertpapierfirma der Entschädigungseinrichtung nicht an, so erlischt die Berechtigung (Konzession) zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen gemäß §3 Abs2; §7 Abs2 BWG ist anzuwenden.
(2) Die Entschädigungseinrichtung hat alle Wertpapierfirmen mit der Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen gemäß §3 Abs2 Z2 oder 3 als Mitglieder aufzunehmen. Die Entschädigungseinrichtung ist in der Form einer Treuhand-Haftungsgesellschaft als juristische Person zu betreiben. Die Entschädigungseinrichtung hat zu gewährleisten, dass, falls über ein Mitgliedsinstitut der Konkurs eröffnet wird oder eine Mitteilung der zuständigen Behörde gemäß Anhang II Buchstabe b der Richtlinie 97/9/EG erfolgt, Forderungen eines Anlegers aus Wertpapierdienstleistungen gemäß §93 Abs2a BWG bis zu einem Höchstbetrag von 20 000 Euro oder Gegenwert in fremder Währung pro Anleger auf dessen Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt wurden, ausbezahlt werden. Die Bestimmungen des §93 Abs3 BWG über anhängige Strafverfahren im Sinne des §93 Abs5 Z3 BWG sowie über Unterstützungs- und Informationspflichten gegenüber der Entschädigungseinrichtung sind anzuwenden.
(3) Die Entschädigungseinrichtung hat nach Maßgabe der §§75 bis 78 und der anzuwendenden Bestimmungen des BWG Anleger für Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen zu entschädigen, die dadurch entstanden sind, dass eine Wertpapierfirma nicht in der Lage war, entsprechend den gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen
1. Gelder zurückzuzahlen, die Anlegern im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen geschuldet werden oder
2. den Anlegern Instrumente zurückzugeben, die diesen gehören und für deren Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften verwaltet werden.
Von der Entschädigung ausgeschlossen sind Forderungen im Sinne von §93 Abs5 Z1a bis 12 BWG sowie Bestandteile des Eigenkapitals der Wertpapierfirma.
(4) Folgende Bestimmungen des BWG sind hinsichtlich der sicherungspflichtigen Wertpapierdienstleistungen anzuwenden: §93 Abs4, 6, 8a und 11; §93a Abs6 hinsichtlich der Möglichkeit, zur Sanierung von Mitgliedsinstituten beizutragen, sowie §93b Abs2 und 4.
(5) Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die nicht einer Entschädigungseinrichtung angehören müssen, haben ihre Kunden auf diesen Umstand spätestens bei Vertragsabschluß schriftlich hinzuweisen sowie gegebenenfalls durch Aushang in den Geschäftsräumen zu informieren.
§76. (1) Die Entschädigungseinrichtung hat ihre Mitgliedsinstitute zu verpflichten, für den Fall einer Auszahlung von Entschädigungen unverzüglich anteilsmäßige Beiträge zu leisten. Die Entschädigungseinrichtung hat jene organisatorischen Vorkehrungen zu treffen, die die unverzügliche Bemessung und Auszahlung der gesicherten Forderungen ermöglichen.
(2) Forderungsberechtigte aus Wertpapierdienstleistungen können während eines Zeitraums von einem Jahr ab der Eröffnung des Konkurses oder der Mitteilung der zuständigen Behörde gemäß Anhang II Buchstabe b der Richtlinie 97/9/EG ihre Ansprüche bei der Entschädigungseinrichtung anmelden. §93 Abs3c letzter Satz BWG ist anzuwenden.
(3) Die Entschädigungseinrichtung hat unverzüglich nach Ablauf des Anmeldungszeitraums Beiträge der Mitgliedsinstitute zur Deckung der Entschädigungsansprüche einzuheben. Die nach §93b Abs4 BWG zu bemessenden Beiträge sind für das einzelne Mitgliedsinstitut dadurch begrenzt, dass es im Geschäftsjahr höchstens zu Beitragsleistungen im Ausmaß von 10 vH des Eigenkapitals (§9 Abs3) verpflichtet ist.
(4) Die Entschädigungseinrichtung hat zu gewährleisten, dass Forderungen eines Anlegers aus Wertpapierdienstleistungen gemäß §75 Abs3 bis zu einem Höchstbetrag von 20 000 Euro oder Gegenwert in fremder Währung pro Anleger auf dessen Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt wurden, ausbezahlt werden. Die Entschädigungseinrichtung ist berechtigt, Entschädigungsforderungen mit Forderungen des Mitgliedsinstituts aufzurechnen. §19 Abs2 KO ist anzuwenden.
(5) Stehen der Feststellung der Forderungen oder der Aufbringung der Entschädigungswerte außergewöhnliche Hindernisse entgegen und kann auf Grund dessen die Frist gemäß Abs4 nicht eingehalten werden, so verlängert sich diese Frist um weitere drei Monate. Die FMA ist weiters auf Antrag der Entschädigungseinrichtung berechtigt, die Verlängerung der Frist um weitere drei Monate zu bewilligen, wenn dies auf Grund besonderer Umstände zur Abwehr eines volkswirtschaftlichen Schadens, insbesondere durch die Gefährdung der Stabilität des Finanzsystems, erforderlich ist.
§77. (1) Die Entschädigungseinrichtung hat
1. ihre Jahresabschlüsse längstens innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres der FMA vorzulegen und
2. der FMA das Ausscheiden eines Institutes aus der Sicherungseinrichtung unverzüglich zu melden.
(2) Kreditinstitute, die im Rahmen von Bankgeschäften mit der Anschaffung, Veräußerung, Verwahrung oder Verwaltung von Geldern oder Instrumenten des Mitgliedsinstituts oder von dessen Kunden betraut sind, haben der Entschädigungseinrichtung die zur Feststellung der Forderungen erforderlichen Informationen zu erteilen.
§78. (1) Wertpapierfirmen gemäß §12, die in Österreich Wertpapierdienstleistungen gemäß §3 Abs2 Z2 und 3 erbringen und diese Dienstleistungen das Halten von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Instrumenten nicht umfassen, so dass der Erbringer der Dienstleistungen diesbezüglich zu keiner Zeit Schuldner seiner Kunden werden kann, sind, sofern sie in ihrem Heimatland einem Anlegerentschädigungssystem im Sinne der Richtlinie 97/9/EG angehören, berechtigt, sich der Entschädigungseinrichtung ergänzend zum Anlegerentschädigungssystem ihres Herkunftsmitgliedstaates anzuschließen; als Sicherungsfall gilt diesfalls die Mitteilung der zuständigen Behörde gemäß Anhang II Buchstabe b der Richtlinie 97/9/EG . Der ergänzende Anschluss gilt nur bezüglich der in Österreich erbrachten sicherungspflichtigen Wertpapierdienstleistungen und nur insoweit, als die §§75 und 76 eine höhere oder weitergehende Sicherung von Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen gewährleisten als das Anlegerentschädigungssystem des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma. Die Sicherungseinrichtung hat die freiwillig ergänzend angeschlossenen Wertpapierfirmen zu verpflichten, für den Fall einer Auszahlung gesicherter Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen unverzüglich anteilsmäßige Beiträge zu leisten. Bei der Festsetzung der anteilsmäßigen Beiträge ist §93b Abs2 und 4 BWG sinngemäß anzuwenden. Hierbei darf die freiwillig ergänzend angeschlossene Wertpapierfirma nicht schlechter gestellt werden als ein nach Institutstyp und Geschäftsgegenstand vergleichbares österreichisches Kreditinstitut. Hat eine freiwillig ergänzend angeschlossene Wertpapierfirma mehrere Zweigstellen in Österreich, so sind diese bei der Berechnung der Forderungen und bei der Berechnung der Beitragsleistung gemäß §93b BWG als eine Zweigstelle zu betrachten.
(2) Kommt die freiwillig ergänzend angeschlossene Wertpapierfirma ihren Verpflichtungen nicht nach, so hat die Entschädigungseinrichtung hievon die FMA unverzüglich zu verständigen. Diese hat die freiwillig ergänzend angeschlossene Wertpapierfirma unter gleichzeitiger Benachrichtigung der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma aufzufordern, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Kommt die freiwillig ergänzend angeschlossene Wertpapierfirma trotz dieser Maßnahmen ihren Verpflichtungen nicht nach, so kann sie von der Entschädigungseinrichtung unter Setzung einer Kündigungsfrist von zwölf Monaten mit Zustimmung der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates ausgeschlossen werden. Vor dem Zeitpunkt des Ausschlusses erbrachte Wertpapierdienstleistungen verbleiben nach diesem Zeitpunkt in der Deckung der ergänzenden Anlegerentschädigung. Die Anleger sind von der Sicherungseinrichtung vom Wegfall der ergänzenden Deckung durch Verlautbarung im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' sowie in zumindest einer weiteren bundesweit erscheinenden Tageszeitung zu benachrichtigen. Die ausgeschlossene Wertpapierfirma hat den Umstand des Wegfalls der ergänzenden Deckung in den Geschäftsräumen auszuhängen sowie in ihrer Werbung und in den Vertragsurkunden deutlich erkennbar anzumerken.
(3) ...
(4) ..."
5. Die in den §§75 bis 78 WAG 2007 genannten Begriffe "Wertpapierfirma" und "Wertpapierdienstleistungen" sind in §1 Z1 und 2 des WAG 2007 wie folgt definiert:
"1. Wertpapierfirma: eine Wertpapierfirma gemäß §3 sowie natürliche und juristische Personen, die in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten als Wertpapierfirma im Sinne von Art4 Abs1 Z1 der Richtlinie 2004/39/EG zugelassen sind.
2. Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten:
a) Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben;
b) Ausführung von Aufträgen für Rechnung von Kunden: die Tätigkeit zum Abschluss von Vereinbarungen, Finanzinstrumente auf Rechnung von Kunden zu kaufen oder verkaufen; hinsichtlich der Abschnitte 5 bis 11 des 2. Hauptstücks erfasst dies sowohl die Ausführung von Aufträgen gemäß §1 Abs1 Z7 Bankwesengesetz - BWG, BGBl. Nr. 532/1993, als auch die Dienstleistung nach lita;
c) Handel für eigene Rechnung: Handel unter Einsatz des eigenen Kapitals zum Abschluss von Geschäften mit Finanzinstrumenten, sofern der Handel nicht für das Privatvermögen erfolgt;
d) Portfolioverwaltung: die Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis mit einem Ermessensspielraum im Rahmen einer Vollmacht des Kunden, sofern das Kundenportfolio ein oder mehrere Finanzinstrumente enthält;
e) Anlageberatung: die Abgabe persönlicher Empfehlungen gemäß Z27 über Geschäfte mit Finanzinstrumenten an einen Kunden, sei es auf dessen Aufforderung oder auf Initiative des Erbringers der Dienstleistung;
f) Übernahme der Emission von Finanzinstrumenten oder Platzierung von Finanzinstrumenten mit fester Übernahmeverpflichtung;
g) Platzierung von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung;
h) Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF).
Werden diese Tätigkeiten für Dritte erbracht, so sind es Dienstleistungen, ansonsten Anlagetätigkeiten."
§75 WAG 2007 weicht von §23b WAG ab. Während nach §23b WAG "Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die die Verwaltung von Kundenportefeuilles mit Verfügungsvollmacht im Auftrag des Kunden ... durchführen", einer Entschädigungseinrichtung anzugehören haben, sind es nach dem WAG 2007 "Wertpapierfirmen, die eine oder beide der in §3 Abs2 Z2 und 3 leg.cit. genannten Dienstleistungen betreiben".
Die §§76 bis 78 WAG 2007 entsprechen den §§23c bis 23e des bisherigen WAG.
6. Das WAG 2007 diente der Umsetzung mehrerer Richtlinien (Art1 des BGBl. I 60/2007).
Die Anlegerentschädigungs-RL ist bereits durch die WAG-Novelle BGBl. I 63/1999 umgesetzt worden. Die Klägerin gründet ihr Begehren ausschließlich auf die Anlegerentschädigungs-RL.
7. Durch das Finanzmarktaufsichtsgesetz-FMAG, BGBl. I 97/2001 (vgl. ArtIII Z2) wurde die Bundes-Wertpapieraufsicht (im Folgenden: BWA) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Finanzmarktaufsicht (im Folgenden: FMA) übertragen und demgemäß in den §§23b bis 23e die Bezeichnung "BWA" durch "FMA" ersetzt.
8. Jene Bestimmungen der Anlegerentschädigungs-RL, die nach Auffassung der Klägerin nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden seien, lauten:
"Artikel 2
(1) Jeder Mitgliedstaat sorgt dafür, dass in seinem Hoheitsgebiet mindestens ein System für die Entschädigung der Anleger eingerichtet und amtlich anerkannt wird. Außer in den im nachstehenden Unterabsatz sowie in Artikel 5 Absatz 3 genannten Fällen darf eine in dem Mitgliedstaat zugelassene Wertpapierfirma Wertpapiergeschäfte nur tätigen, wenn sie einem solchen System angeschlossen ist.
Die Mitgliedstaaten können jedoch ein Kreditinstitut, auf das diese Richtlinie Anwendung findet, von der Pflichtmitgliedschaft in einem Anlegerentschädigungssystem befreien, wenn das betreffende Institut bereits gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 94/19/EG von der Pflichtmitgliedschaft in einem Einlagensicherungssystem ausgenommen ist, mit der Maßgabe, daß der Schutz und die Unterrichtung, die für die Einleger vorgesehen sind, unter den gleichen Bedingungen auch für die Anleger gelten und daß diesen somit ein Schutz gewährt wird, der dem von einem Anlegerentschädigungssystem gebotenen Schutz zumindest gleichwertig ist.
Die Mitgliedstaaten, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, teilen dies der Kommission mit; sie unterrichten sie vor allem über die Beschaffenheit dieser Schutzsysteme und die gemäß der vorliegenden Richtlinie davon erfassten Kreditinstitute sowie über spätere Änderungen gegenüber den zunächst übermittelten Informationen. Die Kommission setzt den Rat davon in Kenntnis.
(2) Das System gewährt Anlegern gemäß Artikel 4 Deckung, wenn
- die zuständigen Behörden festgestellt haben, dass ihrer Auffassung nach die Wertpapierfirma aus Gründen, die mit ihrer Finanzlage unmittelbar zusammenhängen, vorerst nicht in der Lage ist, ihren Verpflichtungen aus den Forderungen der Anleger nachzukommen und gegenwärtig keine Aussicht auf eine spätere Erfüllung dieser Verpflichtungen besteht, oder
- ein Gericht aus Gründen, die mit der Finanzlage der Wertpapierfirma unmittelbar zusammenhängen, eine Entscheidung getroffen hat, die ein Ruhen der Forderungen der Anleger gegen diese Firma bewirkt;
maßgebend ist dabei, welches dieser Ereignisse zuerst eingetreten ist.
Es muss eine Deckung für die Forderungen gewährt werden, die dadurch entstanden sind, dass eine Wertpapierfirma nicht in der Lage war, entsprechend den einschlägigen Rechtsvorschriften und Vertragsbedingungen
- Gelder zurückzuzahlen, die Anlegern geschuldet werden oder gehören und für deren Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften gehalten werden, oder
- den Anlegern Instrumente zurückzugeben, die diesen gehören und für deren Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften gehalten, verwahrt oder verwaltet werden.
(3) Forderungen gemäß Absatz 2 an ein Kreditinstitut, welche in einem Mitgliedstaat sowohl unter diese Richtlinie als auch die Richtlinie 94/19/EG fallen, werden nach dem Ermessen dieses Staates gemäß der einen oder der anderen Richtlinie einem System zugeordnet. Keine Forderung darf aufgrund der beiden Richtlinien doppelt entschädigt werden.
(4) Die Höhe einer Anlegerforderung wird nach den Rechtsvorschriften und Vertragsbedingungen, insbesondere derjenigen für Aufrechnungen und Gegenforderungen, berechnet, nach denen der Betrag der Gelder oder der Wert, nach Möglichkeit unter Zugrundelegung des Marktwerts, der Instrumente, die dem Anleger gehören und die die Wertpapierfirma nicht zurückzahlen oder zurückgeben kann, zum Zeitpunkt der in Absatz 2 genannten Feststellung bzw. Entscheidung zu ermitteln ist.
...
Art 9
(1) Das Entschädigungssystem trifft geeignete Maßnahmen, um die Anleger über die in Artikel 2 Absatz 2 genannte Feststellung bzw. Entscheidung zu unterrichten und sie im Entschädigungsfalle so rasch wie möglich zu entschädigen. Es kann eine Frist festlegen, innerhalb deren die Anleger ihre Anträge stellen müssen. Diese Frist beträgt mindestens fünf Monate ab dem Zeitpunkt der genannten Feststellung bzw. Entscheidung oder ab dem Zeitpunkt, zu dem diese Feststellung bzw. Entscheidung veröffentlicht wird.
Das Entschädigungssystem kann jedoch einem Anleger nicht unter Berufung auf den Ablauf einer solchen Frist die Entschädigung verweigern, wenn dieser nicht in der Lage war, seine Forderung rechtzeitig geltend zu machen.
(2) Das System muss in der Lage sein, die Forderungen der Anleger möglichst bald, spätestens aber drei Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem die Berechtigung und die Höhe der Forderung festgestellt wurden, zu erfuellen.
Bei in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Umständen und in besonderen Fällen kann ein Entschädigungssystem bei den zuständigen Behörden eine Fristverlängerung beantragen. Diese Verlängerung darf drei Monate nicht überschreiten.
(3)...
...
Artikel 13
Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Anleger hinsichtlich seines Entschädigungsanspruchs gegenüber dem Entschädigungssystem über einen Rechtsbehelf verfügt."
Ferner bezieht sich die Klägerin auf die Erwägungsgründe 2, 3, 8, 11 und 19, welche lauten:
"(2) Die Richtlinie 93/22/EWG enthält Aufsichtsvorschriften, die Wertpapierfirmen jederzeit beachten müssen; zu diesen zählen auch die Vorschriften, die dazu dienen, die Rechte der Anleger in bezug auf ihnen gehörende Gelder oder Instrumente möglichst weitgehend zu schützen.
(3) Kein Aufsichtssystem kann jedoch einen vollständigen Schutz bieten, vor allem in Fällen, in denen Betrügereien begangen werden.
(8) Alle Mitgliedstaaten sollten daher verpflichtet sein, ein Anlegerentschädigungssystem oder -systeme zu haben, denen alle diese Wertpapierfirmen angehören. Das System sollte Gelder oder Instrumente abdecken, die von einer Wertpapierfirma im Rahmen der Wertpapiergeschäfte eines Anlegers gehalten werden und die in dem Fall, daß eine Wertpapierfirma nicht in der Lage ist, ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Anleger-Kunden nachzukommen, nicht an den Anleger zurückgegeben werden können. Die in den Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften und Verfahren für Entscheidungen im Falle der Insolvenz oder der Liquidation einer Wertpapierfirma bleiben hiervon unberührt.
(11) Eine harmonisierte Mindestentschädigung in Höhe von 20 000 ECU je Anleger dürfte ausreichend sein, um die Interessen der Kleinanleger in dem Falle zu schützen, daß eine Wertpapierfirma nicht in der Lage ist, ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Anlegerkunden nachzukommen. Es erscheint daher zweckmäßig, den harmonisierten Mindestbetrag auf 20 000 ECU festzusetzen. Wie in der Richtlinie 94/19/EG könnten begrenzte Übergangsbestimmungen notwendig sein, um den Entschädigungssystemen die Einhaltung dieses Werts zu ermöglichen. Dies gilt auch für die Mitgliedstaaten, die zum Zeitpunkt der Annahme der vorliegenden Richtlinie nicht über ein derartiges System verfügen.
(19) Der Anleger ist ohne ungebührliche Verzögerung zu entschädigen, nachdem die Gültigkeit seiner Forderung festgestellt worden ist. Das Entschädigungssystem selbst sollte das Recht haben, einen angemessenen Zeitraum für die Vorlage der Forderungen festzusetzen. Die Tatsache, daß diese Frist abgelaufen ist, sollte jedoch nicht gegen einen Anleger geltend gemacht werden, der aus gutem Grund nicht in der Lage gewesen ist, seine Forderung rechtzeitig geltend zu machen."
9. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten ergibt sich u.a. aus Art4 der Anlegerentschädigungs-RL. Diese Bestimmung lautet:
"(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass das System eine Deckung von mindestens 20 000 ECU je Anleger für die in Artikel 2 Absatz 2 bezeichneten Forderungen gewährt.
Bis zum 31. Dezember 1999 können die Mitgliedstaaten, in denen die Deckung zum Zeitpunkt der Annahme der Richtlinie weniger als 20 000 ECU beträgt, diese niedrigere Deckung beibehalten, die jedoch 15 0000 ECU nicht unterschreiten darf. Diese Möglichkeit haben auch die Mitgliedstaaten, für die die Übergangsbestimmungen des Artikels 7 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 94/19/EG gelten.
(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass bestimmte Anleger von der Deckung durch das System ausgeschlossen sind oder dass ihnen eine weniger umfangreiche Deckung gewährt wird. Die ausgeschlossenen Anleger sind in Anhang I aufgeführt.
(3) Dieser Artikel schließt nicht aus, dass Regelungen beibehalten oder verabschiedet werden, die den Anlegern eine höhere oder weitgehende Deckung bieten.
(4) Die Mitgliedstaaten können die in Absatz 1 vorgesehene oder in Absatz 3 bezeichnete Deckung auf einen bestimmten Prozentsatz der Forderung des Anlegers begrenzen. Die Deckungsquote muss jedoch mindestens 90 % der Forderung entsprechen, solange der im Rahmen des Systems zu zahlende Betrag nicht 20 000 ECU erreicht."
10. Als Entschädigungseinrichtung im Sinne des WAG, BGBl. 753/1996, als auch im Sinne des WAG 2007 dient die mit Gesellschaftsvertrag vom 27. September 1999 gegründete und am 16. Oktober 1999 eingetragene "Anlegersicherung und Entschädigungseinrichtung der österreichischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit Konzession zur Vermögensverwaltung (§1 Abs1 Z19 BWG) GmbH", FN 187473x des Handelsgerichtes Wien. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 27. September 2000 wurde die Firma in "Anlegerentschädigung von AeW" umbenannt. Eine weitere Änderung des Firmenwortlautes in "Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen GmbH" (im Folgenden: AeW) erfolgte durch den Generalversammlungsbeschluss vom 28. November 2007, eingetragen am 21. Dezember 2007. Das Stammkapital dieser Gesellschaft beträgt nunmehr € 70.000,00. Gesellschafter sind etwa 175 Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die je über eine Stammeinlage von € 400 verfügen. Der beklagte Bund ist nicht Gesellschafter.
III. 1.1. Die Klägerin führt ihren Vorwurf der Unterlassung der ordnungsgemäßen Umsetzung der Anlegerentschädigungsrichtlinie näher wie folgt aus:
"Die AeW wird alleine durch Beiträge ihrer Mitgliedsunternehmen, es handelt sich dabei um sämtliche österreichischen WPDLU's, finanziert und muss auch aus diesen Beiträgen allfällige Entschädigungen leisten.
Gemäß §23c Abs3 WAG alt bzw. §76 Abs3 WAG 2007 sind allerdings die Beiträge der Mitgliedsinstitute dadurch begrenzt, dass diese im Geschäftsjahr höchstens zu Beitragsleistungen im Ausmaß von 10% des Eigenkapitals verpflichtet sind.
Der 'Haftungsfonds' der AeW beschränkt sich sohin auf 10% des Eigenkapitals sämtlicher Mitglieder der AeW, sämtliche österr. WPDLU's (nach WAG 2007 nunmehr 'Wertpapierfirmen') sohin auf etwa € 5,5 Mio.
Dem gegenüber stehen Ansprüche von Forderungen von 16.000 AMIS Anlegern von insgesamt ca. € 140 Mio. und einen vom LG für Strafsachen Wien zu HV 124 Hv 108/07x festgestellten Schadensbetrag von € 62.171.009,06.
Mit der derzeitigen gesetzgeberischen Konstruktion der AeW ist jedoch sicherlich - wie weiter unten noch dargestellt wird - nicht gewährleistet, wie es die RL 97/9/EG vorsieht, die Ansprüche sämtlicher 16.000 Amis-Anleger zu erfüllen:
Geht man davon aus, dass jeder der 16.000 Amis-Anleger durchschnittlich € 5.000,-- veranlagt hat, so hätte das österr. Entschädigungssystem - binnen 3 Monaten ab Feststellung der Entschädigungspflicht - € 80 Millionen (!) bereit zu stellen; dazu ist es jedoch auf Grund der unzureichenden Umsetzung der RL nicht in der Lage.
Insbesondere hat es der Österreichische Gesetzgeber verabsäumt für die Finanzierung des 'Entschädigungstopfes' einen Versicherungslösung vorzusehen; wie dies in anderen Mitgliedstaaten erfolgt ist und auch - aus dem Kreis der WPDLU's heraus - vorgeschlagen wurde.
Für die klagende Partei und die anderen Amis-Kleinanleger bedeutet dies, dass selbst - auch nach gerichtlicher Feststellung der Zahlungsverpflichtung - die AeW nicht in der Lage sein wird, Entschädigung iS der RL 97/9/EG (bis zu einen Höchstbetrag von bis zu € 20.000,--) zu leisten."
1.2. Auf Grund der Weigerung der AeW den Entschädigungsfall anzuerkennen, habe die Klägerin Feststellungsklage gegen die AeW beim Bezirksgericht für Handelssachen Wien erhoben. Das zu Z19 C813/06g anhängige Verfahren sei bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines beim Handelsgericht Wien anhängigen Verfahrens (HG Wien, 11 Cg 92/06a, Feststellungsklage des Sammelklagevereins AMIS gegen die AeW) unterbrochen worden.
1.3. Die Klägerin zitiert sodann die bereits unter II. wiedergegebenen Bestimmungen des WAG 2007 und der Anlegerentschädigungs-RL. Die "missglückte" Umsetzung des österreichischen Gesetzgebers sei durch §23b WAG (§75 WAG 2007) erfolgt. Im Einzelnen führt die Klägerin hiezu aus, dass die Anlegerentschädigungs-RL nicht nur Entschädigungen für den Fall des konzessionierten Haltens von Anlegergeldern vorsehen wollte.
1.4. Weiters bringt die Klägerin vor, dass die Anlegerentschädigungsrichtlinie verlange, dass Entschädigungen binnen drei Monaten nach der "Anspruchsfriststellung" durch die AeW geleistet werden.
Es sei daher geboten, "alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die volle Wirksamkeit der Vorschriften der Richtlinie zu gewährleisten und damit die Verwirklichung des von ihr vorgegeben Zieles zu sichern (EuGH vom 8.10.1996 Dillenkoffer u.a., RSC-178/94 )."
Die Klägerin werde aber entgegen diesen Grundsätzen jahrelang in Unsicherheit gelassen.
1.5. Da der Gesetzgeber es verabsäumt habe, ein Entschädigungssystem zu schaffen, das die Auszahlung der Entschädigung binnen drei Monaten gewährleistet, komme eine "Lückenfüllung durch unmittelbare Wirkung der nicht ordnungsgemäß umgesetzten Richtlinie" nicht in Frage.
1.6. Schließlich beantragte die Klägerin, eine Reihe von Fragen dem EuGH gemäß Art234 EG vorzulegen.
1.7. Zum Feststellungsinteresse führt die Klägerin aus:
"Die klagende Partei hat sohin ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der beklagten Partei für jenen Schaden, den der klagenden Partei dadurch erleidet, dass die Richtlinie 97/9/EG über Systeme für die Entschädigung der Anleger vom österr. Gesetzgeber nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurde.
Durch die vorliegende Feststellungsklage in Form einen Staatshaftungsanspruches kann auch eine allfällige Amtshaftungsklage - die sich auf einen Schadenersatzanspruch auf Grund der Verfehlungen der Aufsichtsbehörden über AMIS bezieht (jüngst LG f. ZRS Wien 30 Cg 19/06v) - sowie allenfalls auch eine Weiterführung des Verfahrens gegen die AeW vermieden werden, sodass das Feststellungsbegehren geeignet ist, über die Rechtsbeziehung der Parteien Klarheit zu schaffen und ein künftiger (weiterer) Leistungsprozess abzuschneiden (vgl. E 407 zu §228 ZPO in Klauser-Kodek).
Überdies ist die klagende Partei auch aus Verjährungsgründen gezwungen, den Staatshaftungsanspruch gegenüber der beklagten Partei durch die vorliegende Feststellungsklage geltend zu machen, da die klagende Partei bereits durch die Konkurse der AMIS Gesellschaften, die Ablehnung der AeW, sowie der bislang angefallenen Vertretungskosten einen Primärschaden erlitten hat, der die Verjährungsfrist wohl bereits ins Laufen gesetzt hat.
Da allerdings noch unklar ist, ob nun die klagende Partei seitens der AeW nichts, oder aber nur einen Teil (aus der Konkursquote der AeW) ihrer berechtigten Ansprüche erhalten wird, ist eine Feststellungsklage, nicht aber eine Leistungsklage, zulässig, da zwar der Grund, nicht aber die Höhe des Schadenersatzanspruches bekannt ist.
Aber auch für den Fall, dass die klagende Partei mit Ihrer Forderung im Verfahren 19 C813/06g des BGHS Wien nicht durchdringt, besteht eine Schadenersatzanspruch der klagenden Partei gegen die beklagte Partei, da es Ziel der AnlegerentschädigungsRL ist, den Anleger dafür zu entschädigen, dass sein Vertragspartner, das WPDLU, nicht in der Lage ist, seine Forderungen dem Anleger gegenüber zu erfüllen; dies gilt gemäß der RL auch für Schäden aus kriminellen Handlungen (vgl Erwägungsgrund 3).
Die vorliegende Klage ist daher gemäß §38 VfGG zulässig, da das Feststellungsurteil für die klagende Partei von rechtlich-praktischer Bedeutung ist. Auch führt die vorliegende Klage zur präventiven Klärung eines strittigen Rechtsverhältnisses und macht so zur Hintanhaltung einer tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage der klagenden Partei eine alsbaldige gerichtliche Entscheidung notwendig (vgl. E 222 zu §228 ZPO in Klauser-Kodek)."
2. Die beklagte Partei bestreitet nicht die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs, beantragt jedoch aus folgenden Gründen die Abweisung der Klage:
Das Klagebegehren würde dem Grunde und der Höhe nach zur Gänze bestritten.
Es handle sich beim möglicherweise anzuwendenden System um jenes der Anlegerentschädigung nach dem WAG, beziehungsweise nach dem WAG 2007, jedoch keinesfalls um eine Einlagensicherung und Anlegerentschädigung nach den §§93 ff. BWG, dessen Schutzbestimmungen Anlegern konzessionierter Wertpapierfirmen und Banken, welche zum Halten von Kundengeldern und Kundeninstrumenten berechtigt sind, vorbehalten sei. Sobald ein Unternehmen über eine Konzession nach §3 Abs5 Z4 WAG 2007 (früher: §1 Abs1 Z19 BWG in Verbindung mit §20 Abs1 Z4 WAG) verfüge, könne auch nur das dafür vorgesehene Anlegerentschädigungssystem der §§75 bis 78 WAG 2007 (früher: §§23b bis 23e WAG) zur Anwendung kommen, welches von jenem des BWG völlig unabhängig und getrennt sei.
Es müsse zudem klar gestellt werden, dass es sich beim "AMIS-Komplex" nur um ein luxemburgisches Anlegerentschädigungssystem handeln könne, zumal der Schaden primär durch die widmungswidrige Verwendung und auch Entnahme von Kundengeldern aus den SICAV-Fonds (SICAV: Societe d'Investissement a Capital Variable) in Luxemburg, somit außerhalb des österreichischen Staatsgebietes und der österreichischen Jurisdiktion, entstanden sei.
Weiters sei im Hinblick auf das Konzept der Staatshaftung im Gemeinschaftsrecht keine der drei Voraussetzungen, nämlich Verleihung von Rechten an den Einzelnen, hinreichend qualifizierter Zusammenhang und unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem entstandenen Schaden und dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung, gegeben. Hingegen seien alle gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben ordnungsgemäß und gemeinschaftsrechtskonform umgesetzt worden, so insbesondere die Anlegerentschädigungs-RL. Diese mache im Erwägungsgrund 23 klar, dass der Anlegerschutz nur im Zusammenhang mit dem Funktionsschutz des Marktes und dem Bestandschutz der Marktteilnehmer gesehen werden könne. Keine Norm der Anlegerentschädigungs-RL lasse die Annahme eines individuellen, subjektiven, von der Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer unabhängigen Rechts zu. Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens Nr. 2006/4215 mit Beschluss der Europäischen Kommission vom 21. März 2007 zeuge weiters davon, dass kein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht vorliege. Schließlich liege auch kein unmittelbarer Kausalzusammenhang vor, seien doch alle Anlegergelder nach Luxemburg geflossen, ein Anknüpfungspunkt für Österreich fehle, weshalb die Leistungsfähigkeit eines österreichischen Anlegerentschädigungssystems auch nicht gegenständlich sein könne.
Überdies sei der Antrag auf Vorabentscheidung gemäß Art234 EG unzulässig, da ein solches Vorgehen allenfalls angeregt werden könne. Zudem bestünde keine Pflicht für das Gericht eine Vorabentscheidung einzuholen, wenn kein vernünftiger Zweifel an der richtigen Anwendung bestünde. Für diese Tatsache würde sprechen, dass das gegen die Republik Österreich wegen nicht ordnungsgemäßer Umsetzung der Anlegerentschädigungs-RL eingeleitete Beschwerdeverfahren Nr. 2006/4215 mit Beschluss der Europäischen Kommission vom 21. März 2007 eingestellt worden sei. Selbst wenn lediglich eine Anregung vorliegen würde, genügten die gestellten Fragen nicht den Voraussetzungen der Vorlagefähigkeit, würden sie doch in den Punkten 3. bis 5. Fakten betreffen und insgesamt die Vereinbarkeit von innerstaatlichem Recht mit Gemeinschaftsrecht zum Gegenstand haben, somit unzulässig sein.
3. Die klagende Partei erstattete eine Replik und bestritt nahezu jegliches Vorbringen der beklagten Partei.
Unter anderem wiederholt sie, dass die BWA und die FMA sich der mangelnden Deckung der AeW bewusst gewesen seien. Eine Versicherungsdeckung sei von ihnen unterstützt worden, das Finanzministerium habe dies jedoch nicht erkannt. Es sei vorhersehbar gewesen, dass die Umsetzung unzureichend war, ein qualifizierter Verstoß im Sinne des europarechtlichen Staatshaftungsanspruchs liege vor. Die beklagte Partei habe sich über die Vorgaben bei der Umsetzung, dass mindestens € 20.000,-- pro Anleger pro Schadensfall als Entschädigungssumme gewährleistet sein mussten sowie dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der Finanzierungskapazität der Systeme und ihrer Verbindlichkeiten notwendig ist, trotz der offenkundigen Mängel bei der Umsetzung hinweggesetzt. Die beklagte Partei habe wissen müssen, dass die Verpflichtungen nicht erfüllt werden könnten und dass damit ein Konkursszenario für die AeW mehr als realistisch sei. Der Klagevertreter habe die beklagte Partei bereits 1999 darauf aufmerksam gemacht, dass es notwendig sei, ein Frühwarnsystem zu errichten, eine Versicherungsdeckung zu gewährleisten und die Volumina der von den einzelnen Vermögensverwaltern verwalteten Vermögenswerte zur Abschätzung des Risikopotentials verfügbar zu machen. Der Verstoß der beklagten Partei sei somit hinreichend qualifiziert.
Gemäß der im vorliegenden Fall anzuwendenden, weiten Adäquanztheorie des Art288 EG läge Kausalität zwischen dem Schaden der klagenden Partei und dem Pflichtverstoß der beklagten Partei vor. Hätte diese ihren Pflichten gemäß gehandelt und damit der klagenden Partei eine Entschädigungszahlung in der Mindesthöhe ermöglicht, hätte die klagende Partei in der Zwischenzeit ihre Entschädigungszahlung in Höhe von € 6.185,87 bereits erhalten.
Zum eingestellten Beschwerdeverfahren der Europäischen Kommission zu Nr. 2006/4215 sei anzumerken, dass dieses nicht präjudiziell sei und zudem zu unrecht eingestellt worden sei, da die Europäische Kommission falsch informiert gewesen sei.
4. Der Verfassungsgerichtshof ersuchte die Parteien unter Hinweis auf die vor den ordentlichen Gerichten anhängigen Verfahren, die im Zusammenhang mit den obgenannten Konkursverfahren geführt werden, Kopien der in diesen Verfahren bereits gefällten Urteile, bei denen die Klägerin oder der Bund Verfahrenspartei sind, vorzulegen. Ferner ersuchte der Verfassungsgerichtshof um eine ergänzende Stellungnahme zu einer Reihe von Fragen. Die Parteien kamen dem Ersuchen nach.
5. In der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2009 wurde das Klagebegehren dahingehend umgestellt, dass die Zahlung von € 6.185,57 nun als Hauptbegehren gefordert und die ursprünglichen Feststellungsbegehren I.a) und I.b) als Eventualbegehren gestellt werden.
Nach Erörterung der im Verfahren des Amis Sammelklage-Vereins ergangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 20. April 2007, 4 R 9/07h, mit dem das dortige Verfahren an die erste Instanz zurückverwiesen und dem Erstgericht unter anderem aufgetragen wurde, auch auf die Behauptung einzugehen, dass Gelder von den AMIS Gesellschaften mittelbar gehalten wurden, erklärte der Vertreter der klagenden Partei, dass die Staatshaftung sich ausschließlich darauf gründe, dass der österreichische Gesetzgeber es unterlassen habe, eine ausreichende Dotierung des Haftungsfonds für die Anlegerentschädigung vorzusehen.
IV. Der Verfassungsgerichtshof geht in seiner Entscheidung von folgendem, im Wesentlichen unbestrittenen Sachverhalt aus:
1. Die Klägerin hat mit der AMIS Asset Management Investment Service AG, deren Betrieb später auf die AFC abgespalten wurde, einen Vertrag geschlossen. Auf Grund dieses Vertrages hat sie am 4. Mai 2001 einen Betrag von ATS 120.000,-- auf ein Konto der RZB Österreich AG, lautend auf "Verrechnungskonto AMV-Banque Colbert Portfoliomanagement" mit dem Verwendungszweck "AMV Sparplan Neuzeichnung" überwiesen.
2. Über das Vermögen der AMIS Asset Management Investment Services AG, FN 179449x, wurde am 2. November 2005 der Konkurs zu Z36 S41/05z eröffnet und über das Vermögen der AFC, FN 208624a, am 7. November 2005 zu Z S 42/05x.
3. Am 2. Mai 2006 meldeten die Klagevertreter für mehrere ihrer Klienten, darunter auch für die Klägerin bei der Anlegerentschädigung von AeW gemäß §23c WAG Forderungen an, deren Berichtigung die Anlegerentschädigung von AeW mit Schreiben vom 19. Juni 2006 ablehnte. Die Ablehnung wird im Wesentlichen damit begründet, dass nach dem Wissensstand der Anlegerentschädigung von AeW "keine Antragsteller Gelder in die AFC oder eine
Gesamtrechtsvorgängerin ... eingezahlt [haben], sodass solche Gelder
auch nicht 'zurückgezahlt' werden müssen." Auch aus den Vermögensmanagement Verträgen ergäbe sich, dass die AFC keine Vermögenswerte der Kunden hält. Die AFC habe auch nie Wertpapiere für Kunden verwahrt, sodass "die Kunden auch nicht einen im WAG im Umfang der Bestimmungen dieses Gesetzes gesicherten Anspruch auf Rückgabe dieser Wertpapiere (siehe §23b Abs3 Z2 WAG: '...Instrumente zurückzugeben...') haben können."
Das Schreiben schließt mit den Worten:
"Wir müssen daher nach dem derzeitigen Stand der Dinge im Hinblick auf unsere Sorgfaltsverpflichtung Ansprüche aufgrund der genannten Bestimmungen des WAG zurückweisen, sofern uns nicht Unterlagen vorgelegt werden, die ihre Forderungen dem Grunde und der Höhe nach nachweisen."
4. In dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof erörterten Urteil des OLG Wien vom 20. April 2007, Z4 R 9/07h, schließt das OLG Wien unter Hinweis auf die Literatur, dass die Anlegerentschädigung nach §23b WAG nur für Fälle in Frage komme, bei denen Geld oder Finanzierungsinstrumente in konzessionswidriger Weise vom Vermögensverwalter gehalten werden, während andere Gründe der Haftung des Vermögensverwalters gegenüber seinen Kunden nicht von der Anlegerentschädigung umfasst seien. Das OLG beruft sich hiezu auch auf die Anlegerentschädigungs-RL, insbesondere auf den bereits oben wiedergegebenen Erwägungsgrund 8. Das OLG Wien legt jedoch den Begriff des "Haltens" weit aus. Es führt dazu aus:
"Im fortgesetzten Verfahren wird daher nach Überprüfung der Aktivlegitimation festzustellen sein, inwieweit und in welcher Höhe Gelder von der AFC gehalten wurden. Dabei ist auch auf die Behauptung, Gelder seien mittelbar gehalten worden, einzugehen. Wenn die Anlegerentschädigung im Sinne des Wertpapieraufsichtsgesetzes im Rahmen eines WPDLU als Vermögensverwalter gerade konzessionswidrig gehaltenes Geld schützen will, weil durch die Vermögensverwaltung des Portfolios eine größere Zugriffsmöglichkeit geschaffen wird und dieses Unterschlagungsrisiko vom Gesetzgeber im Falle der Insolvenz abgedeckt sein will, dann kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass dieser Schutz bereits dann entfallen soll, wenn schon einfache Konstruktionen der wirtschaftlichen Beherrschung oder Personenidentität der leitenden Organe verbundener Unternehmen dazu führen, dass genau das gleiche Riskio durch mittelbares Halten besteht, wie wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen konzessionswidrig die Gelder hält."
5. Infolge der Weigerung der AeW, den Entschädigungsfall anzuerkennen oder Zahlung zu leisten erhob die Klägerin eine Feststellungsklage gegen die AeW (BGHS, Z19 C813/06g).
In der dazu durchgeführten Streitverhandlung vom 17. Jänner 2007 unterbrach das BGHS das Verfahren Z19 C813/06g bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens Z11 Cg 92/06a des HG Wien (AMIS Sammelklageverein gegen AeW). Dieses Verfahren ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.
Ferner brachte die Klägerin auch eine Klage gegen den Masseverwalter im Konkurs der AMIS Asset Management Investment Services AG ein, die beim HG Wien zu Z32 Cg 142/06h anhängig ist.
Die Klägerin hat nach ihrer eigenen Behauptung bisher keine Amtshaftungsklage eingebracht, wohl aber sind zahlreiche Amtshaftungsverfahren anderer Anleger anhängig.
V. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit der Klage
erwogen:
1. Die Klägerin begründet ihre Klage - auf das Wesentliche zusammengefasst - damit, dass der österreichische Gesetzgeber so genanntes "legislatives Unrecht" begangen habe, durch das sie geschädigt worden sei:
Der Gesetzgeber habe die Anlegerentschädigungs-RL nicht ordnungsgemäß umgesetzt, indem er den Haftungsfonds für die Anleger begrenzt und nicht dafür gesorgt habe, dass die Anleger innerhalb angemessener Zeit entschädigt werden. Der Gesetzgeber habe es also verabsäumt, "ein Entschädigungssystem durch gesetzliche Maßnahmen zu konstruieren, das gewährleistet, dass 100% der berechtigten Ansprüche von Geschädigten binnen einer Frist von 3 Monaten ab Feststellen des Anspruches erfüllt werden".
2. Voraussetzung einer Staatshaftung ist es, dass es durch das Verhalten von Organen eines Mitgliedstaats zur Verletzung einer gemeinschaftsrechtlichen Norm gekommen ist, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, und dass ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen diesem Verstoß und dem Schaden besteht, der dem Einzelnen entstanden ist [vgl. EuGH 5.3.1996, Rs. C-46/93 und C-48/93 , Brasserie du Pecheur, Slg. 1996, I-1029 (Rz 51); 23.5.1996, Rs. C-5/94 , Hedley Lomas, Slg. 1996, I-2553 (Rz 32); 30.9.2003, Rs. C-224/01 , Köbler (Rz 51)]. Ferner kann ein Anspruch aus dem Titel der Staatshaftung nur geltend gemacht werden, wenn die Klägerin von allen ihr nach innerstaatlichem Recht zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch gemacht hat (EuGH, Brasserie du Pecheur, Rz 84).
3. Nach Vorhalt der Entscheidung des OLG Wien vom 20. April 2007, 4 R 9/07h, räumte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ein, dass sich das von ihr behauptete legislative Unrecht nur darauf beziehe, dass der Gesetzgeber es unterlassen habe, dafür zu sorgen, dass ein ausreichender Haftungsfonds zur Verfügung steht, wenn der Anleger im Rechtsstreit gegen die Entschädigungseinrichtung obsiegt.
4. Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof stand jedoch keineswegs fest, dass im Falle des Obsiegens der Anleger gegen die AeW als Haftungsfonds nur das angesammelte Eigenkapital zur Verfügung stehen werde, zumal die AeW und ihre Gesellschafter - selbst wenn die zur Verfügung stehenden Eigenmittel unzureichend sein sollten - in der Lage und gewillt sein könnten, durch Darlehen oder sonstige Finanzierungsmittel einen ausreichenden Haftungsfonds zu schaffen. Das WAG schließt dies jedenfalls nicht von vornherein aus.
Dabei darf nicht übersehen werden, dass eine Reihe von Gesellschaftern der AeW zu Unternehmensgruppen von finanziell potenten Unternehmen des Finanzsektors, wie Banken und Versicherungsunternehmen gehören, deren Ansehen und Bonität bedeutenden Schaden erlitte, würden sie nicht dafür sorgen, dass die gesetzlich vorgesehene Anlegerentschädigung auch tatsächlich ausbezahlt wird.
Ob also in Zukunft tatsächlich ein Schaden für die Klägerin als Anlegerin entstehen wird, der nicht auf Grund der innerstaatlichen Rechtsschutzmöglichkeiten zugesprochen und auch abgegolten wird, ist derzeit völlig offen. Die Geltendmachung der Staatshaftung ist daher - zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt - schon deshalb unzulässig.
5. Die Feststellung des Bestehens eines Staatshaftungsanspruches setzt voraus, dass zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung alle Anspruchsvoraussetzungen feststehen. Anspruchsvoraussetzung auch für das Feststellungsbegehren ist die Feststellung, dass die AeW aufgrund unzureichender Kapitalausstattung nicht in der Lage sei, die Ansprüche von geschädigten Anlegern zu erfüllen. Diese Feststellung konnte - wie oben dargelegt - nicht getroffen werden. Daraus ergibt sich - selbst wenn man dem Prozessstandpunkt der Klägerin folgt - nicht bloß die mangelnde Fälligkeit eines allfälligen Staatshaftungsanspruchs, die keine Voraussetzung für die Berechtigung eines Feststellungsbegehrens bildet (OGH 6 Ob 537/88), sondern es steht nicht fest, ob der Anspruch der Klägerin dem Grunde nach berechtigt ist.
6. Die Klage ist daher hinsichtlich des Haupt- und des Eventualbegehrens schon aus diesem Grund zurückzuweisen.
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