European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:000OKT00006.93.1214.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Mit Vertrag vom 18. 12. 1991 veräußerte die Viertantragstellerin der Erstantragstellerin ihre "Produktion von Transportbeton". Zu diesem Zweck vereinbarten die Vertragsteile folgendes:
"I.
Der Verkäufer veräußert an den Käufer nachstehende Fahrzeuge, und zwar:
......(in der Folge werden 10 genau beschriebene Fahrzeuge angeführt......
II.
Der Käufer übernimmt die Dienstnehmer des Verkäufers, welche in der einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages bildenden Anlageliste ./1 verzeichnet sind, mit allen Rechten und Pflichten, soweit die betreffenden Dienstnehmer unter entsprechender Änderung des Dienstortes auf die zusammengelegte Produktionsstätte einer Übernahme einverstanden sind.
III.
Der Verkäufer räumt dem Käufer das Recht ein, entgeltlich im Werk Göllersdorf Transportbeton zu produzieren bzw abzufüllen.
IV.
Allen Verpflichtungen des Verkäufers aus diesem Vertrage treten die in der Liste Anlage ./2 - die gleichfalls einen integrierenden Bestandteil des Vertrages bildet - genannten Personen einerseits und.....(die Komplementärgesellschaft der Viertantragsstellerin)..... solidarisch bei. Diese physischen und juristischen Personen werden im folgenden auch als "Gesellschafter" bezeichnet.
V.
Der Verkäufer und jeder einzelne Gesellschafter verpflichten sich auf 30 Jahre, weder selbst noch durch Dritte auf dem Staatsgebiete der Republik Österreich ein Betonwerk (insbesondere Transportbetonwerk) zu errichten und/oder zu betreiben und/oder sich an der Errichtung oder an dem Betriebe eines solchen Werkes an welcher Form auch immer, direkt oder indirekt, sei es auch nur als stiller Gesellschafter oder Handelsagent oder über Treuhandschaften, zu beteiligen oder daran mitzuwirken oder einen Handel mit Beton selbst zu betreiben oder auf die geschilderte Art betreiben zu lassen oder zu unterstützen. Ausgenommen sind Genehmigungen durch den Käufer.
Ausgenommen von diesem Verbote ist die Produktion von Betonziegeln und Fertigteilen; weiters Betonverbrauch auf dem derzeitigen eigenen Werksgelände in....., dies aber nicht zum Verkauf.
Ausgenommen ist ferner die Lieferung von Transportbeton bis zu maximal 500 m3 im Jahr der Güterklasse 0 für eigene Baustellen des Baumeisterbetriebes des Verkäufers, und ferner pro Jahr maximal 500 m3 Liapor für derartige eigene Baustellen des Baumeisterbetriebes des Verkäufers.
Der Verkäufer und die Gesellschafter übernehmen diese Verpflichtungen sowohl gegenüber dem Käufer, als auch gegenüber der (Alleingesellschafterin der Erstantragsgegnerin und deren Alleingesellschafterin), denen somit durch diesen Vertrag unmittelbare Rechte entstehen.
VI.
Der Verkäufer und die Gesellschafter räumen dem Käufer, ......(der Alleingesellschafterin der Erstantragstellerin und deren Alleingesellschafterin)..... und allen deren Konzern- und/oder Tochterunternehmungen das Recht ein, in sämtliche Offerte, die an den Verkäufer oder auch nur einen der Gesellschafter herangetragen werden, bezüglich Beton (insbesondere Transportbeton), Kies, Sand und Splitt derart einzutreten, daß diese Lieferungen anstelle des Anbieters durch die Käuferin oder eine andere durch diesen Punkt berechtigte Firma zu denselben Bedingungen, jedoch unter Abzug von 3 %, also um 97 %, ausgeführt werden. Ferner Meistbegünstigung ab Werk......bezüglich aller Dritter, ausgenommen natürlich alle direkt oder indirekt zur ..... gehörige Werke.
Der Verkäufer und die Gesellschafter sind verpflichtet, den Käufer - oder über Wunsch des Käufers eine andere wie oben genannte berechtigte Firma - sofort von allen derartigen Offerten oder einlangenden Offertmöglichkeiten vollständige Nachricht mit allen Unterlagen zu geben.
VII.
Der Verkäufer und die Gesellschafter verpflichten sich, allfällige Nachfragewünsche nach Sand, Kies, Splitt und Beton (insbesondere Transportbeton) an den Käufer - oder über dessen Wunsch an.....(die Alleingesellschafterin der Erstantragstellerin oder deren Alleingesellschafterin)....weiterzugeben. Die Rechnungen sind vom jeweiligen Lieferanten zu dessen von ihm festgelegten Preisen direkt an den Kunden zu richten.
Der Verkäufer oder der vermittelnde Gesellschafter erhält jedoch vom Rechnungsbetrag eine Provision von 3 % des Rechnungsbetrages. Diese Provision ist bei vollständigem Eingang des Rechnungsbetrages bei dem Verkäufer bzw Lieferanten zur Bezahlung fällig.
VIII.
Es wird ein Kaufpreis von S 20,000.000.....vereinbart. Zu diesem kommt die Umsatzsteuer aufgrund einer vom Verkäufer ordnungsgemäß auszustellenden Rechnung.
IX.
Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr gehen am 2.Jänner 1992 auf den Käufer über. An diesem Tage ist auch der Kaufpreis fällig.
.........."
Am 3. 1. 1992 begehrte die Erstantragstellerin "vorsorglich" die Eintragung dieses Vertrages in das Kartellregister. Sie brachte vor, sie und ihre Alleingesellschafterin befaßten sich unter anderem mit der Erzeugung und dem Vertrieb von Beton und Betonzusätzen sowie mit dem Handel mit diesen Produkten. Sie verfüge über einen Anteil am gesamten inländischen Markt von zumindest 5 %. Mit dem vorgelegten Vertrag habe ihr die Viertantragstellerin ihre Produktion von Transportbeton verkauft. Sie sei zwar davon überzeugt, daß es sich dabei um keine Kartellvereinbarung handle, weil sich nur die Verkäuferin gebunden habe und Zweck des Vertrages der Erwerb einer Produktion sei, für den Fall, daß diese Rechtsansicht aber unrichtig sein sollte, wolle sich die Antragstellerin keiner Gesetzesverletzung "schuldig machen".
Über Aufforderung durch das Erstgericht äußerte sich die Erstantragstellerin noch dahin, mit dem Verkauf der Produktion habe ihr die Verkäuferin vor allem das Recht eingeräumt, in deren Werk entgeltlich selbst Transportbeton zu produzieren und abzufüllen. Eine Vereinbarung über die Höhe des Entgelts hiefür sei noch nicht getroffen worden; im Zweifel sei daher ein angemessenes Entgelt anzunehmen. Der Verkäuferin sei an Sachgütern die Beton-Mischanlage in deren Werk verblieben. Der Verkehrswert der zehn Lastkraftwagen bei Abschluß des Vertrages sei mit 2 Mio S anzunehmen. Ihre Alleingesellschafterin, die Drittantragstellerin, sei ihrerseits wieder zu 100 % Tochter einer Aktiengesellschaft, der Zweitantragstellerin.
Die übrigen Antragsteller traten im erstinstanzlichen Verfahren dem Antrag und dem Vorbringen der Erstantragstellerin bei und genehmigten auch deren Erklärungen; als Kartellbevollmächtigte machten sie ihren Vertreter im Verfahren namhaft.
Der Paritätische Ausschuß für Kartellangelegenheiten äußerte sich dahin, die Erstantragstellerin gehöre einem Konzern an, der über einen Marktanteil von mehr als 20 % verfüge. Langfristige Konkurrenzverbote zugunsten marktbeherrschender Unternehmen könnten den Wettbewerb auf dem davon betroffenen Markt erheblich beeinträchtigen. Die Vertragspartner strebten im gemeinsamen Interesse eine Beschränkung der Viertantragstellerin beim Absatz von Beton an. Der Kartellvertrag sei nur bei entsprechender Verkürzung der Dauer auf fünf Jahre volkswirtschaftlich gerechtfertigt.
Das Erstgericht wies den Antrag ab.
Es führte aus, gemäß § 2 Z 2 KartG 1988 gälten in der in § 41 KartG 1988 beschriebenen Form miteinander verbundene Unternehmen bei der Berechnung von Marktanteilen als ein einziges Unternehmen. Bei der Ermittlung der prozentuellen Grenzen des Bagatellkartells seien somit nicht nur die Marktanteile der unmittelbar Beteiligten, sondern auch der mit ihnen im Konzern verbundenen Unternehmen zu berücksichtigen. Ein Bagatellkartell liege daher nicht vor. Die Antragsteller hätten vorgebracht, bei Herabsetzung der Dauer des Konkurrenzverbots auf fünf (oder auch etwas mehr) Jahre wäre der Vertragszweck nicht erfüllt. Der Zweck des Konkurrenzverbots sollte es daher sein, dem Verkäufer für eine ökonomisch relevante Zeit die sonst leicht mögliche Konkurrenzierung zu untersagen. Vertragsgegenstand seien die Veräußerung von zehn Fahrzeugen sowie die Einräumung des Rechts gewesen, im Werk der Verkäuferin Transportbeton zu angemessenem Entgelt herzustellen bzw abzufüllen. Gleichzeitig hätten sich die Verkäuferin und jeder einzelne ihrer Gesellschafter für die Dauer von 30 Jahren verpflichtet, weder selbst noch durch Dritte im Inland ein Betonwerk zu errichten noch zu betreiben noch an der Errichtung oder am Betrieb eines solchen Werks zu beteiligen noch daran mitzuwirken noch einen Handel mit Beton selbst zu betreiben, auf die geschilderte Art betreiben zu lassen oder zu unterstützen. Da der Wert der verkauften Fahrzeuge nur etwa ein Zehntel des Gesamtkaufpreises erreiche und für die allfällige Produktion bzw Abfüllung von Transportbeton im Werk der Verkäuferin ein angemessenes Entgelt vorgesehen sei, entfalle der "Kaufpreis" im wesentlichen auf die Übertragung des Kundenstocks und das 30-jährige Wettbewerbsverbot. Zur Sicherung des Erwerbers bedürfe es bei Veräußerungen vor allem dann einer Beschränkung des Verkäufers durch ein Wettbewerbsverbot, wenn ein wesentlicher Teil des veräußerten Vermögens aus Kundenbeziehungen bestehe. Beschränke sich die Dauer eines solchen Wettbewerbsverbots auf den vom Erwerber benötigten Zeitraum, um sich in den Besitz des erworbenen Potentials zu setzen, diene es als unselbständige Nebenabrede der Äquivalenzsicherung eines legitimen Zwecken dienenden Austauschvertrags. Eine kartellrechtswidrige Wettbewerbsbeschränkung liege dann nicht vor. Die Erstantragstellerin habe kein Unternehmen, sondern lediglich zehn Fahrzeuge gekauft. Da vor allem die Produktionsmittel nicht Gegenstand des Kaufvertrages seien, liege kein Unternehmenskauf vor. Da das eingeräumte Recht, die Produktionsmittel zu benützen, nur gegen ein angemessenes Entgelt ausgeübt werden könne, sei der Kaufpreis kein Äquivalent für die Produktionsstätte. Im Vordergrund stünden vielmehr das Wettbewerbsverbot und die Übertragung des Kundenstocks. Sei dessen Übertragung Hauptinhalt des Vertrags und diene das Wettbewerbsverbot nur zu dessen Sicherung, liege keine kartellrechtswidrige Wettbewerbsbeschränkung vor, sofern deren Dauer zur Sicherung der Übertragung des Kundenstocks das "funktionsnotwendige" Ausmaß nicht übersteige. Das treffe bei Wettbewerbsbeschränkungen in der Dauer von 30 Jahren indessen nicht zu. Es verbleibe somit die Beschränkung eines zumindest potentiellen Wettbewerbs durch die Verkäuferin, die zur Sicherung der erworbenen Rechte nicht erforderlich sei. Die Verkäuferin verliere auch ihre wirtschaftliche Selbständigkeit nicht, zumal ihr in den im Punkt V. des Vertrags genannten Bereichen Produktionsmöglichkeit zu selbständiger Verwertung verblieben. Schon das Kartellgesetz 1972 habe das Merkmal "Zusammenschlüsse" durch den Begriff des "gemeinsamen Interesses" ersetzt, mit welchem der dem Zusammenschlußbegriff in § 1 dGWB (in der Folge kurz GWB) inputierte "gemeinsame Zweck" zugunsten eines bloß gemeinsamen Interesses habe abgeschwächt werden sollen. Bei der Auslegung des österreichischen Kartellrechts sei auch auf das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (BGBl 1972/466) Bedacht zu nehmen, dessen Art 23 sich eng an Formulierungen des Art 85 Abs 1 und Art 86 EWGV anlehne, die Eignung der in Frage stehenden Wettbewerbsbeschränkungen zur Beeinträchtigung des Warenverkehrs zwischen Österreich und der Gemeinschaft voraussetze und den Inhalt des österreichischen Kartellrechts für jene Tatbestände, in welchen diese Voraussetzungen vorliegen, zwingend determiniere. Solle daher für das österreichische Recht kein gespaltener Kartellbegriff angenommen werden, habe sich dieser Begriff auch am europäischen Recht zu orientieren. In Art 23 des genannten Vertrags sei jedoch von einem gemeinsamen Zweck oder gemeinsamen Interesse keine Rede. Widersprüche dieser Art ließen sich nur vermeiden, wenn das gemeinsame Interesse in einem allgemeinen und weiten Sinn verstanden werde, was auch damit im Einklang stehe, daß der historische Gesetzgeber das "gemeinsame Interesse" als Abschwächung des "gemeinsamen Zwecks" verstanden habe. Das "gemeinsame Interesse" sei auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Beteiligten durch individuelle, ja selbst durch entgegengesetzte Interessen motiviert würden. Das treffe auch hier zu, weil die Verkäuferin aus der vereinbarten Wettbewerbsbeschränkung profitiere. Diese Auslegung stehe mit der jüngsten deutschen Lehre und Rechtsprechung in Einklang: Sei ein Vertrag dazu bestimmt und auch geeignet, zumindest den potentiellen Wettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmen unmittelbar oder mittelbar zu regeln, so daß er in diesem Sinn "horizontalen" Charakter trage, dürfe der gemeinsame Zweck nicht verneint werden. Der vorgelegte Vertrag beinhalte daher ein Kartell. Nach dem Gutachten des Paritätischen Ausschusses für Kartellangelegenheiten reiche zur Sicherung der Übertragung des Kundenstocks und der sonstigen Unternehmenselemente ein fünfjähriges Konkurrenzverbot aus. Das Kartell sei daher volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigt und dessen Genehmigung gemäß § 23 Z 3 KartG 1988 zu versagen. Die Genehmigung sei aber auch gemäß § 23 Z 2 KartG zu verwehren, weil die Vereinbarung wegen der langen Bindung gegen die guten Sitten (§ 879 Abs 1 ABGB) verstoße; das treffe dann zu, wenn zwischen dem durch das Verbot zu schützenden Interessen des einen Vertragsteils und der dem anderen Teil auferlegten Beschränkung ein auffallendes Mißverhältnis bestehe. Die Wettbewerbsbeschränkung sei deshalb als übermäßig anzusehen. Den Äußerungen der Antragsteller sei zu entnehmen, daß sie den Vertrag bei einer Geltungsdauer der Wettbewerbsbeschränkung von nur fünf (oder etwas mehr) Jahren nicht geschlossen hätten. Die Eintragung des Vertrags für die Dauer von nur fünf Jahren sei daher ausgeschlossen, zumal eine Kartellvereinbarung auch bei Teilnichtigkeit wegen § 23 Z 2 KartG 1988 nicht genehmigt werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Antragstellerin ist nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerber beharren auf ihrem Standpunkt, das in Punkt V. des Vertrags der Verkäuferin und deren Gesellschaftern für das gesamte Bundesgebiet und für die Dauer von 30 Jahren auferlegte Wettbewerbsverbot sei lediglich ein kartellrechtsneutrales "ancillary restraint", demnach eine Verträgen über den Verkauf oder die Verpachtung von Unternehmen immanente (vgl hiezu Immenga/Mestmäcker, KommGWB § 1 Rz 368) wettbewerbsbeschränkende Nebenabrede, die dem Erwerber (oder Pächter) den Erwerb des wirtschaftlichen Potentials - allem voran den Kundenstock - sichern soll (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 I 125; ähnlich auch Bechtold, KommGWB § 1 Rz 7; Immenga aaO). Der Vertrag sei demnach kein Kartellvertrag, der zu seiner Wirksamkeit der kartellgerichtlichen Genehmigung bedürfe (§ 22 KartG 1988). Diese Auffassung hat indessen schon das Erstgericht zu Recht abgelehnt:
Gegen die Art der Berechnung der Marktanteile der am Vertrag beteiligten Unternehmen durch das Erstgericht haben die Antragsteller im Rekurs übrigens keine Einwände erhoben: Da Unternehmen, die in der in § 41 KartG 1988 umschriebenen Form miteinander verbunden sind, gemäß § 2 Z 2 KartG 1988 bei dieser Berechnung als einziges Unternehmen gelten, die Zweitantragstellerin Alleingesellschafterin der Drittantragstellerin und diese wiederum Alleingesellschafterin der Erstantragstellerin (der Käuferin) ist, so daß diese drei Antragstellerinnen in der in § 41 Z 3 KartG 1988 umschriebenen Form miteinander verbunden sind, und diese drei Gesellschaften nach dem Befund des Paritätischen Ausschusses für Kartellangelegenheiten über einen Marktanteil von zumindest 20 % verfügen, hat das Erstgericht das Vorliegen eines Bagatellkartells (§ 16 Z 1 KartG 1988) zutreffend verneint und den Antrag der im § 23 KartG 1988 vorgeschriebenen Prüfung unterzogen (vgl hiezu Koppensteiner aaO 146 f).
Diese Berechnungsart bezweifeln die Antragsteller - wie gesagt - auch gar nicht, sie wenden sich vielmehr vor allem gegen die Beurteilung des Vertrags als Kartell im Sinne des § 10 Abs 1 KartG 1988, somit als Vereinbarung zwischen selbständig bleibenden Unternehmern, durch die im gemeinsamen Interesse eine Beschränkung des Wettbewerbs, insbesondere bei der Erzeugung, dem Absatz, der Nachfrage oder den Preisen bewirkt wird (Absichtskartell) oder, ohne daß dies beabsichtigt werden soll, tatsächlich bewirkt wird (Wirkungskartell). Die Rechtsmittelwerber vertreten nun die Ansicht, der Vertrag könne dem so umschriebenen Kartellbegriff schon deshalb nicht unterstellt werden, weil - bei richtigem Verständnis - nur einem der beiden am Vertrag beteiligten Unternehmern die wirtschaftliche Selbständigkeit erhalten geblieben sei: Nach der Präambel des Vertrags sei dessen Gegenstand der Verkauf der Produktion von Transportbeton; in diesem Umfang habe die Verkäuferin ihr Unternehmen an die Käuferin übertragen und daher in diesem "Sektor" ihre wirtschaftliche Selbständigkeit verloren.
Diese Auffassung ist jedoch nicht stichhältig. Sie kann vor allem nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Verkäuferin ihr Unternehmen, sondern lediglich einen Zweig davon, also nicht einmal einen "Teilbetrieb" als organisatorisch in sich geschlossenen, selbständig lebensfähigen Teil (vgl Gabler, Wirtschaftslexikon12, 1903) veräußert hat und das ihr verbliebene Unternehmen, vor allem das darin integrierte Baugewerbe, als wirtschaftlich selbständige Unternehmerin weiterführt. Außerdem hat sich die Verkäuferin sogar im Bereich der Vertragsregelung einen - wenn auch gewiß nur geringen - Teil der veräußerten "Produktion" - die Lieferung einer begrenzten Menge von Transportbeton - vorbehalten. Nun mag es sich dabei, wie die Antragsteller meinen, auch nur um eine bloße "Nebentätigkeit" in dem der Verkäuferin verbliebenen Unternehmen handeln, doch ändert diese Wertung nichts am Wesen des Vertrags als einer im Sinne des § 10 Abs 1 KartG 1988 wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung, wird doch der Wettbewerb zwischen den beiden trotz des Vertrags wirtschaftlich selbständig bleibenden, einander bis dahin uneingeschränkt konkurrierenden Unternehmern in der Weise beschränkt, daß die Tätigkeit der Verkäuferin im vertraglichen Regelungsbereich zugunsten der Käuferin auf diese für die Bedürfnisse ihres verbliebenen Unternehmens unerläßliche Nebentätigkeit eingeengt wird. Die Behauptung der Antragstellerin im Rekurs, die im Vertrag genannten Fahrzeuge umfaßten alle von der Verkäuferin deren Produktion von Transportbeton gewidmeten Produktionsmittel, steht schon mit ihrem eigenen Vorbringen in erster Instanz (ON 6) in auffallendem Widerspruch, hat sie doch dort vorgebracht, der Verkäuferin verbleibe die Betonmischanlage in deren Betriebsstätte und Punkt III. des Vertrags, mit welchem der Käuferin das Recht eingeräumt wird, im Werk der Verkäuferin Transportbeton gegen Entgelt zu erzeugen bzw abzufüllen, beziehe sich darauf. Im übrigen bedürfte es der von den Rechtsmittelwerbern in diesem Zusammenhang begehrten Begutachtung durch einen Sachverständigen auch schon deshalb nicht, weil die Verkäuferin im Rahmen der ihr verbliebenen Unternehmenstätigkeit selbst mit Hilfe erst wieder zu beschaffender Produktionsmittel den Wettbewerb mit der Antragstellerin ohne weiteres wieder aufnehmen könnte, wäre ihr diese Tätigkeit nicht infolge der bestehenden rechtlichen Bindungen verwehrt. Es müßte ihr schon angesichts des in Punkt VIII. des Vertrags festgelegten Entgelts von 20 Mio S ein leichtes sein, die veräußerten Produktionsmittel, deren Verkehrswert selbst nach den Angaben der Antragsteller (ON 6) bloß ein Zehntel dieses Betrags erreicht, zu diesem Zweck (wieder-)anzuschaffen.
Aber auch das Vorliegen des vom Gesetzgeber dem Kartellbegriff imputierten "gemeinsamen Interesses" der beteiligten Unternehmer hat das Erstgericht zutreffend bejaht. Wie das Kartellobergericht in seiner Entscheidung vom 9. 11. 1992, Okt 5/92 (= ÖBl 1993, 32) ausgesprochen hat, muß das gemeinsame Interesse im Sinne des § 10 Abs 1 KartG 1988 nicht im Erreichen eines den gemeinsamen Wettbewerb beschränkenden Zwecks liegen (Gugerbauer, Kartellgesetz 31; KOG ÖBl 1978, 78-Coca Cola; auch ÖBl 1978, 32-Grundig; vgl auch KOG Okt 2/93). Das folgt schon daraus, daß der Gesetzgeber auch für das Vorliegen eines Wirkungskartells ein gemeinsames Interesse der Beteiligten fordert, ein Wirkungskartell, bei dem die Beschränkung des Wettbewerbs Vertragszweck ist, aber kaum denkbar wäre (Koppensteiner aaO 135 f), wird doch das Wirkungskartell vor allem deshalb privilegiert, weil den Mitgliedern eines solchen Kartells die Tatsache, daß ein Kartell vorliegt, nicht bewußt ist oder jedenfalls nicht bewußt sein muß (Koppensteiner aaO 139, 214; Guggerbauer aaO 60; Braumann-Novotny in ÖBl 1984, 57, 61; Hanreich in ÖZW 1988, 108, 117; Okt 4/90 = ÖBl 1990, 234; Okt 35/90 = ÖBl 1991, 178).
Bei horizontalen Bindungen bezieht sich das gemeinsame Interesse zumeist auf die Verfälschung des Wettbewerbs, selbst wenn die beteiligten Unternehmer dabei verschiedenartige Bindungen eingehen. Verspricht etwa ein Unternehmer, gegen ein bestimmtes Entgelt nicht ins Absatzgebiet des anderen Unternehmers zu liefern, so liegt nach Koppensteiner (aaO 136 f) die sich daraus ergebende Wettbewerbsbeschränkung im gemeinsamen Interesse der Beteiligten, weil auch der erstgenannte Unternehmer daraus Vorteile ziehe. Das muß dann aber ebenso auch für Fälle wie den vorliegenden gelten, in welchen der eine Unternehmer die wettbewerbsrelevante Tätigkeit gegen Entgelt auf Bedürfnisse des verbleibenden Unternehmens beschränkt. Da sich der Verkehrswert der veräußerten Fahrzeuge - wie schon das Erstgericht zutreffend bemerkt - bloß auf ein Zehntel des vereinbarten Entgelts beläuft und für die allfällige Produktion bzw Abfüllung von Transportbeton in der Betriebsstätte der Verkäuferin ein angemessenes - zusätzliches - Entgelt zu entrichten ist (ON 6), entfällt der Kaufpreis ganz überwiegend auf die Überlassung des Kundenkreises und auf das gleichzeitig zu Lasten der Verkäuferin und deren Gesellschafter vereinbarte umfassende Wettbewerbsverbot. Im übrigen ist die Bejahung eines - solchen weitverstandenen (vgl RV 473 BlgNR 13, GP 27) - gemeinsamen Interesses auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Beteiligten sonst durch ganz individuelle, ja sogar einander entgegengesetzte Interessen zu der Vereinbarung bestimmt wurden (Aicher in ÖBl 1973, 79; vgl Okt 2/93).
Im übrigen wird selbst der in § 1 GWB dem Kartelltatbestand eingefügte "gemeinsame Zweck" von der jüngeren deutschen Kartellrechtsjudikatur (vgl etwa BGH in LM § 1 GWB Nr.36 = MJW-RR 1986, 1468 mit Glosse von Emmerich) zumindest dann bejaht, wenn ein Vertrag dazu bestimmt und auch geeignet ist, den aktuellen oder wenigstens potentiellen Wettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmern unmittelbar oder mittelbar zu regeln, so daß er in diesem Sinn horizontalen Charakter trägt. Deshalb sei das in § 1 GWB verankerte Kartellverbot an sich im allgemeinen auf Austauschverträge, wie etwa Verträge über die Veräußerung von Unternehmen, anzuwenden. Solche Nebenabreden seien nicht etwa deshalb der Reichweite des Kartellverbots entrückt, weil es sich dabei um "normale" Austauschverträge handle, entscheidend sei allein, ob die Parteien mit der fraglichen wettbewerbsbeschränkenden Vertragsbestimmung gemeinsame Zwecke verfolgen. Diese Annahme liege besonders dann nahe, wenn der Vertrag entweder unmittelbar oder doch mittelbar einen zumindest potentiellen Wettbewerb zwischen den Parteien regeln soll, insbesondere wenn er der Abgrenzung oder Aufteilung der Kundenkreise zwischen den Vertragspartnern diene (Emmerich, Kartellrecht6, 57 f; Immenga aaO Rz 152 ff; Huber/Baums in FrankfurterKommGWB § 1 Tz 477).
Diese Erwägungen können zweifellos auch für das österreichische Kartellrecht fruchtbar gemacht werden. Ist die durch den Vertrag begründete Wettbewerbsbeschränkung selbst schon zu einem gemeinsamen Zweck (§ 1 GWB) bestimmt, wenn sich die Vertragspartner als (aktuelle oder zumindest potentielle) Wettbewerber gegenüberstehen und diesen Wettbewerb durch die Vereinbarung untereinander auf horizontaler Ebene beschränken (vgl BGHZ 68, 6, 9 = NJW 1977, 804; NJW 1982, 2000 = WuW/E BGH 1898-Holzpanele und LM GWB § 1 Nr 36 = NJW-RR 1986, 1486 = BB 1986, 2010), so muß das umso mehr für Verträge gelten, durch die die Vertragspartner den Wettbewerb im gemeinsamen Interesse beschränken (§ 10 Abs 1 KartG 1988), sollte doch nach den Materialien zum Kartellgesetz 1972 (473 BlgNR 13.GP , 27) der gemeinsame Zweck zugunsten eines auch objektiv gegebenen gemeinsamen Interesses abgeschwächt werden.
Zu Recht hat das Erstgericht daher die Abrede der vertragsbeteiligten Antragstellerinnen über das der Verkäuferin und deren Gesellschaftern auferlegte Wettbewerbsverbot als eine an sich den Wettbewerb im gemeinsamen Interesse beschränkende Vereinbarung im Sinne des § 10 Abs 1 KartG 1988 beurteilt.
Nach herrschender Auffassung (JBl 1968, 477 ua; Gugerbauer, Kartellgesetz, 33; Koppensteiner aaO 125 f; für den deutschen Rechtsbereich BGH in LM GWB § 1 Nr.36 uva; Bechtold aaO; Emmerich aaO 76 f; Huber/Baums aaO Tz 477; Immenga aaO Rz 370) können jedoch auch solche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen dem Anwendungsbereich des Kartellrechts entzogen sein, wenn sie lediglich die einwandfreie Abwicklung eines sonst kartellrechtsneutralen Rechtsverhältnisses zu sichern bestimmt sind. Das gilt - neben gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverboten - vor allem auch für solche dem Verkäufer auferlegte Konkurrenzverbote in Unternehmensveräußerungsverträgen, wenn das Unternehmenspotential - wie zumeist - zum wesentlichen Teil in Kundenbeziehungen oder Know-how ("goodwill") besteht; der Käufer kann sich dieses Potential vielfach nur dann zunutze machen, wenn sich der auf dem Markt eingeführte Verkäufer eine Zeitlang jeder werbenden Tätigkeit in diesem Wirtschaftszweig enthält. Mittel, den Zweck des Austauschvertrags - die Überlassung des Unternehmens gegen Zahlung des Kaufpreises - zu erreichen, ist in erster Linie die Verpflichtung des Verkäufers, alles zu tun, um den Übergang des vom Vertrag umfaßten Vermögens auf den Erwerber zu bewirken. Das im Austauschvertrag festgelegte Wettbewerbsverbot ist dann zwar gleichfalls Vertragsgegenstand, aber nur als unselbständige Nebenpflicht des Verkäufers, durch deren Einhaltung die Erfüllung seiner kartellrechtsneutralen Hauptleistungspflicht - dem Käufer das Unternehmen als solches zu verschaffen - gesichert werden soll. Soweit das Wettbewerbsverbot über das Wesen einer die Äquivalenz der beiderseitigen kartellrechtlich unbedenklichen Hauptleistungspflichten der Vertragspartner sichernden Nebenabrede nicht hinausgeht, entspricht es keinem in § 10 KartG 1988 umschriebenen Tatbestand und ist sodann nicht als Kartell zu beurteilen (Koppensteiner aaO 125 mwN).
Geht dagegen ein solches vertragliches Verbot über diesen Zweck hinaus und ist es damit schon für sich als selbständiger Vertragsgegenstand anzusehen, der durch das Leistungsäquivalent des anderen Vertragspartners gesondert abgegolten wird, kann von einer kartellrechtlich neutralen Nebenpflicht des Verkäufers keine Rede mehr sein. Naturgemäß kann die zeitliche Grenze zwischen kartellrechtsneutraler Nebenabrede und kartellrechtsrelevanter Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des § 10 KartG 1988 nur im Einzelfall unter Bedachtnahme auf die Besonderheiten des betroffenen Wirtschaftszweigs gezogen werden, doch wird in aller Regel ein fünf Jahre übersteigendes Wettbewerbsverbot bereits dem Anwendungsbereich des Kartellrechts unterworfen werden müssen (vgl etwa für den deutschen Rechtsbereich Emmerich aaO 77 mwN in FN 167; ebenso Bechtold aaO). Bezeichnenderweise hat auch der Paritätische Ausschuß für Kartellangelegenheiten, dessen Gutachten das Erstgericht in seine Feststellungen übernommen hat, - allerdings unter dem Gesichtspunkt der volkswirtschaftlichen Rechtfertigung - die Dauer von fünf Jahren als Höchstgrenze angesehen. Beachtenswerte Gründe für die Vereinbarung des exorbitant ausgedehnten Wettbewerbsverbots haben die Antragsteller nicht angeführt; ihrer Stellungnahme läßt sich bloß entnehmen, daß sie den Vertrag sonst nicht geschlossen hätten.
Das Erstgericht hat daher zu Recht das Vorliegen einer kartellrechtsneutralen unselbständigen Nebenabrede verneint, den Vertrag als Kartell im Sinne des § 10 KartG 1988 beurteilt und den Genehmigungsantrag abgewiesen:
Mangels volkswirtschaftlicher Rechtfertigung des überlangen Wettbewerbsverbots ist die Genehmigung schon gemäß § 23 Z 3 KartG 1988 zu versagen, mit Recht hat das Erstgericht in der 30-jährigen Bindung der Verkäuferin und deren Gesellschafter aber auch deren Knebelung und damit einen Verstoß gegen die guten Sitten gemäß § 879 ABGB erblickt. Wie der Oberste Gerichtshof vor allem bei Beurteilung von lang dauernden Bierbezugsverträgen ausgesprochen hat (SZ 56/144 mwN; EvBl 1983/12 ua), kann ein solcher Verstoß vor allem darin liegen, daß die Bindung und deren besondere Ausgestaltung im Einzelfall die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit sowie die Selbständigkeit des Vertragspartners übermäßig einengt oder gar überhaupt beseitigt (vgl auch Krejci in Rummel, ABGB2 § 879 Rz 86). Der im Rahmen des Sittenwidrigkeitsurteils zu fordernde billige Interessenausgleich zwischen den Vertragspartnern wird durch die übermäßige Bindung der Verkäuferin und deren Gesellschafter umso empfindlicher gestört, also ein derart ausgedehntes Wettbewerbsverbot zur Sicherung der Hauptleistungspflicht der Verkäuferin überhaupt nicht erforderlich ist (vgl hiezu auch Koppensteiner aaO 126 und FN 187 unter Berufung auf P.Ulmer in NJW 1979, 1585). Das Erstgericht hat daher die Genehmigung auch aus dem Grunde des § 23 Z 2 KartG 1988 zu Recht versagt, ohne das im § 68 KartG 1988 angeordnete Verfahren zur Verbesserung von Kartellen einzuleiten, weil dieses nur für die Anträge auf Verlängerung der Genehmigung eines Kartells (§ 24 Abs 2 KartG 1988) und auf Genehmigung der Verlängerung der Geltungsdauer (§ 24 Abs 4 KartG 1988), nicht aber auf Genehmigung von Kartellen gemäß § 23 KartG 1988) vorgesehen ist.
Die Antragsteller haben sich dahin geäußert, daß sie den Vertrag nicht geschlossen hätten, wäre nur ein etwa fünf Jahre dauerndes Wettbewerbsverbot der Verkäuferin und deren Gesellschafter in Betracht gekommen. Eine geltungserhaltende Reduktion des Vertrages auf eine unbedenkliche Wirksamkeitsdauer wäre daher schon deshalb ausgeschlossen (Krejci aaO Rz 256). Die Vereinbarung darf auch bei Teilnichtigkeit nicht genehmigt und in das Kartellregister eingetragen werden; wohl käme der Eintragung an sich keine heilende Wirkung zu, doch ist sie jedenfalls geeignet, auch dem nichtigen Teil der Vereinbarung den Anschein des Zulässigen und Verbindlichen zu verleihen (KOG in ÖBl 1975, 70 und 94; Heil aaO 102 f; Koppensteiner aaO 175).
Da das Erstgericht den Antrag zu Recht abgewiesen hat, ist dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.
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