Spruch:
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die vom Antragsteller zu entrichtende Rahmengebühr mit S 50.000 festgesetzt wird.
Text
Begründung
Der Antragsteller - ein Verein, dessen Zweck die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, insbesondere aber von geschäftsschädigenden Praktiken im Wirtschaftsleben ist und zu dessen Mitgliedern unter anderem auch der Fachverband der Nahrungs- und Genußmittelindustrie sowie das Bundesgremium des Lebensmittelhandels gehören - begehrte den Ausspruch, die Antragsgegnerin habe es zu unterlassen, 1. unangemessene Einkaufs- bzw Verkaufspreise bzw Bedingungen von Verarbeitungsbetrieben unter Einsatz von Marktmacht, insbesondere Preiserhöhungen bzw die Aufrechterhaltung überhöhter Preise durch Boykottandrohung durchzusetzen, hilfsweise, solche Preise oder sonstige Geschäftsbedingungen zu erzwingen und 2. mit Mitgliedsbetrieben "Partnerschaftsvereinbarungen" abzuschließen und für diese dann die Vertragsverhandlungen mit den Verarbeitungsbetrieben zu führen, insbesondere unter Einsatz von Marktmacht Preiserhöhungen bzw die Aufrechterhaltung überhöhter Preise bei Verarbeitungsbetrieben durchzusetzen; der Antragsteller begehrte ferner die Ermächtigung, den stattgebenden Teil des erwirkten Beschlusses in einer Reihe von näher genannten Zeitschriften veröffentlichen zu lassen. Mit diesem Antrag verband der Antragsteller zur Sicherung des Unterlassungsbegehrens auch die Erlassung einer - soweit - inhaltsgleichen einstweiligen Verfügung.
Nach Abführung eines umfangreichen Verfahrens wies das Kartellgericht sowohl den Sicherungs- wie auch den Antrag in der Sache selbst ab.
Dieser Beschluß erwuchs mangels Anfechtung in Rechtskraft.
Mit Beschluß vom 9.9.1994 setzte die Stellvertreterin des Vorsitzenden des Kartellgerichts die vom Antragsteller zu entrichtende Rahmengebühr mit S 100.000 fest. Sie führte dazu aus, dem Verfahren sei große wirtschaftspolitische Bedeutung beizumessen, habe es sich doch auf den gesamten Markt der Geflügelproduzenten bezogen und hätten sich die Partnerschaftsverträge der Antragsgegnerin, deren Gestaltung und Durchsetzung Gegenstand des Antrags gewesen sei, über das gesamte Bundesgebiet erstreckt. Auch der Verfahrensaufwand sei exorbitant hoch gewesen; so habe der Paritätische Ausschuß neun Sitzungen abgehalten und das Kartellgericht habe gerade auch aus Anlaß des umfangreichen Vorbringens des Antragstellers Auskunftspersonen vernommen. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, daß der Antragsteller die Durchführung des Verfahrens veranlaßt habe.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß vom Antragsteller erhobene Rekurs ist teilweise berechtigt.
Die Zahlungspflicht für die für Verfahren nach den §§ 35 und 36 KartG 1988 von S 10.000 bis S 400.000 festzusetzende Rahmengebühr (§ 80 Z 9 KartG 1988) ist, da es sich bei dem vom Kartellgericht abgeführten Mißbrauchaufsichtsverfahren um kein in § 82 Z 1 oder 2 KartG 1988 angeführtes kartellgerichtliches Verfahren handelt und der Antrag nicht von einer Amtspartei gestellt wurde, je nach dem Verfahrenserfolg entweder dem Antragsteller oder dem Antragsgegner oder beiden verhältnismäßig aufzuerlegen (§ 82 Z 3 KartG 1988). Da das Kartellgericht den Antrag einschließlich des Sicherungsantrags abgewiessen hatte, wurde die Zahlungspflicht zutreffend dem Antragsteller auferlegt.
Dagegen wendet sich der Rekurswerber auch nicht, er zeiht die Stellvertreterin des Vorsitzenden des Kartellgerichts vielmehr eines Ermessensfehlers bei der Festsetzung der Rahmengebühr; sie habe auf die in § 84 KartG 1988 vorgezeichneten Bemessungskriterien nicht ausreichend Bedacht genommen.
Nach dieser Gesetzesstelle wird die Höhe der Rahmengebühr vom Vorsitzenden des Kartellgerichts nach Abschluß des Verfahrens nach freiem Ermessen festgesetzt; dabei sind insbesondere die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens, der mit der Amtshandlung verbundene Aufwand, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen und die Tatsache zu berücksichtigen, inwieweit der Zahlungspflichtige Anlaß für die Amtshandlung gegeben hat.
Der Ausmessung der Rahmengebühr im Ausmaß eines Viertels der Obergrenze des gesetzlich festgelegten Rahmens begegnet der Antragsteller zunächst mit dem Argument, das dem Vorsitzenden des Kartellgerichts dabei eingeräumte Ermessen dürfe nicht derart geübt werden, daß den nach dem Gesetz antragsberechtigten Personen der Zugang zu den Gerichtsinstanzen durch überhöhte und damit prohibitive Gebühren überhaupt verwehrt bleibe. In der Tat soll der gerade für Verfahren, die aufgrund von Anträgen nach den §§ 35 und 36 KartG 1988 eingeleitet werden, besonders weit gesteckte Rahmen den mit der Erweiterung der Antragslegitimation durch die Kartellgesetznovelle 1993 angestrebten Effekt nicht beeinträchtigen (Gugerbauer, Kartellgesetz2 § 84 Rz 1), es darf aber nicht übersehen werden, daß diesem Gebot durch das nach § 84 KartG 1988 maßgebliche Bemessungskriterium der "wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen" zumindest teilweise Rechnung getragen wird.
Das weitere Argument im Rekurs, dem Mißbrauchsaufsichtsverfahren sei angesichts des Tatbestandserfordernisses der marktbeherrschenden Stellung des Antragsgegners die wirtschaftspolitische Bedeutung begriffsimmanent, mag zwar richtig sein, kann aber nichts daran ändern, daß dieses Kriterium nach dem klaren Auftrag des Gesetzgebers in die Ausmessung der Gebühr einzufließen hat; für die Bemessung der Rahmengebühr in solchen Verfahren kommt diesem Umstand dann eben regelmäßig ein - mehr oder minder bedeutsamer - Stellenwert zu.
Es trifft - wie im Rekurs ferner ins Treffen geführt wird - zwar zu, daß im Verfahren eine "kontradiktorische" - also unter Einbeziehung der Parteien abgeführte mündliche - Verhandlung nicht stattgefunden hat, der mit der Amtshandlung verbundene Aufwand kann sich aber auch in anderen Verfahrensschritten, wie etwa in der umfangreichen Befassung des Paritätischen Ausschusses für Kartellangelegenheiten bzw in der Bearbeitung einer Reihe von Anträgen und Ergänzungen (vgl etwa ÖBl 1988, 139) niederschlagen. Die Stellvertreterin des Vorsitzenden des Kartellgerichts hat auch darauf hingewiesen, daß der Paritätische Ausschuß zur Begutachtung des behaupteten Mißbrauchs der marktbeherrschenden Stellung insgesamt neun Sitzungen abgehalten und das Kartellgericht über das umfangreiche Vorbringen gerade des Antragstellers Auskunftspersonen vernommen hat. Daß eine solche Anzahl an Sitzungen des Paritätischen Ausschusses nicht erforderlich gewesen sei, hat der Rekurswerber zwar behauptet, aber nicht näher begründet. Dabei ist noch gar nicht in Rechnung gestellt, daß der Verlauf und das Ergebnis der Sitzung eines solchen vielgliedrigen und in seiner Zusammensetzung auch durchaus vielschichtigen Kollegiums auch nur schwerlich vorausbestimmt werden kann, zumal wenn es um die Begutachtung derart komplizierter volkswirtschaftlicher Sachverhalte geht. Richtig ist allerdings, daß die Anzahl der Sitzungen des Paritätischen Ausschusses bei der Ausmessung der Rahmengebühr nur sehr maßvoll in Anschlag gebracht werden darf, weil die zahlungspflichtige Partei gemäß § 85 KartG 1988 die nach der Anzahl der Sitzungen bemessene Vergütung für die Mitglieder des Ausschusses ohnedies noch nebenbei zu entrichten hat.
Der Vergleich mit den Gebühren im Sicherungsverfahren nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist schon deshalb nicht angebracht, weil das kartellgerichtliche Verfahren gänzlich abweichenden Gebührenvorschriften unterliegt.
Dennoch kann den Rekursausführungen insgesamt teilweise Berechtigung nicht abgesprochen werden. Dem Kriterium der dort regelmäßig vorhandenen wirtschaftspolitischen Bedeutung darf bei der Gebührenbemessung in Mißbrauchsaufsichtsverfahren keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden, weil die erweiterte Antragslegitimation bei zu hohem Kostenrisiko ohne jede praktische Bedeutung bliebe; überdies verfolgt der Antragsteller dabei nicht bloß eigene Interessen (oder solche von Mitgliedern), sondern letzten Endes auch die Interessen der Verbraucher schlechthin, indem er den mit dem Mißbrauch verbundenen Beschränkungen des diese Interessen fördernden freien Wettbewerbs entgegentritt.
Auch dem Umstand, daß der Antragsteller Anlaß für die Amtshandlung gab, wäre doch ohne seine Antragstellung der Verfahrensaufwand überhaupt nicht entstanden, darf gerade bei der Veranlassung des Mißbrauchaufsichtsverfahrens nicht allzu großes Gewicht beigelegt werden: Soll selbst der betroffene Unternehmer zur Antragstellung legitimiert (§ 37 Z 3 KartG 1988) und so berechtigt sein, dem wettberwerbsabträglichen Mißbrauch der marktbeherrschenden Stellung entgegenzutreten, darf diese Befugnis - um ihre Effektivität nicht zu beeinträchtigen - nicht mit zu großem Kostenrisiko belastet werden; im übrigen wäre dann gerade der marktbeherrschende Unternehmer als Antragsgegner über Gebühr begünstigt, weil er jedenfalls die Einleitung des Verfahrens nicht veranlaßt hat.
Da somit bei der Gebührenbemessung weder der zweifellos gegebene wirtschaftspolitischen Bedeutung noch - mit Rücksicht auf § 85 KartG 1988 - dem Verfahrensaufwand noch der durch den Antragsteller bewirkten Veranlassung der Amtshandlung in dem hier zur Beurteilung anstehenden Fall allzu großer Stellenwert beigemessen werden darf und, da der Antragsteller den ihm überbürdeten Verfahrensaufwand über die Mitgliedsbeiträge nur unzulänglich zu finanzieren imstande ist (vgl § 9 seines Statuts), erscheint dem Kartellobergericht eine Rahmengebühr in Höhe von S 50.000 als das Fünffache der vorgesehenen Mindestgebühr den in § 84 KartG 1988 verankerten Bemessungskriterien bei deren richtigem Verständnis angemessen zu sein.
In diesem Sinn ist dem Rekurs Folge zu geben und die von der Stellvertreterin des Vorsitzenden des Kartellgerichts festgesetzte Rahmengebühr auf die Hälfte herabzusetzen.
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