OGH Okt11/94

OGHOkt11/9414.3.1995

Das Kartellobergericht beim Obersten Gerichtshof hat durch seinen Vorsitzenden Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser sowie durch die Kommerzialräte Dr.Bauer, Dkfm.Dr.Grünwald, Dkfm.Lamel und Dr.Lettner in der Kartellrechtssache der Einschreiterinnen 1.) M*****, und 2.) J.W*****, beide vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Anzeige von Zusammenschlüsse infolge Rekurses der Einschreiterinnen gegen den Beschluß des Kartellgerichts beim Oberlandesgericht Wien vom 22.Juni 1994, GZ 2 Kt 793/93-13, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Am 22.10.1993 gründeten die beiden Anzeigerinnen drei Gesellschaften, die Alpha Medienprojekt Gesellschaft mbH, die Beta Medienprojekt Gesellschaft mbH und die Gamma Medienprojektgesellschaft mbH jeweils mit dem Sitz in Linz und dem Unternehmensgegenstand der Ausführung von Dienstleistungen für sowie der Abwicklung von Medienprojekten mit Medienunternehmen sowie aller damit verbundenen Tätigkeiten. Die beiden Anzeigerinnen sind am Stammkapital der ersten Gesellschaft zu je 50 %, an der zweiten Gesellschaft zu 60 % bzw 40 % und an der dritten Gesellschaft zu 40 bzw 60 % beteiligt.

Alle Gesellschaften wurden am 31.12.1993 in das Firmenbuch des Landesgerichtes Linz eingetragen.

Die Einschreiterinnen zeigten in ihrer Eingabe vom 28.10.1993 diesen Sachverhalt an und brachten hiezu vor, es liege die Vermutung nahe, daß die relevanten Grenzen des § 41 KartG 1988 mit Rücksicht auf die bedeutende Stellung der Schwestergesellschaft der Zweiteinschreiterin und der Muttergesellschaft der Ersteinschreiterin im österreichischem Medienbereich schlechthin überschritten seien dürften. Ausdrücklich werde festgehalten, daß über den Tätigkeitsbereich der gemeinsam gegründeten Gesellschaften hinaus keinerlei Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens der Gesellschafterinnen vereinbart worden und stattfinden werde.

Die Bundesarbeitskammer beantragte mit Eingabe vom 22.12.1993 unter Berufung auf § 8a KartG 1988 die Feststellung, ob der angezeigte Sachverhalt dem Kartellgesetz 1988 in der Fassung der Kartellgesetznovelle 1993 unterliege, weil die neue Rechtslage anzuwenden sei und ein anmeldebedürftiger Sachverhalt vorliege. Dazu führte diese Kammer im Zuge des Verfahrens noch weiters aus, das Bestehen einer Vorgesellschaft sage noch nichts darüber aus, ob auch ein Unternehmen bestehe, ob also die Vorgesellschaft überhaupt unternehmerisch tätig geworden sei, ein Unternehmen im Sinne einer organisierten Erwerbsgelegenheit besitze oder Unternehmer, also Eigentümer einer solchen Erwerbsgelegenheit, sei. Es liege kein Hinweis darauf vor, daß die in "statu nascendi" befindlichen Gesellschaften am 1.11.1993 irgendeine Geschäftstätigkeit ausgeübt hätten bzw unmittelbar oder wenigstens mittelbar Eigentümer einer organisierten Erwerbsgelegenheit gewesen seien.

Darauf replizierten die Anzeigerinnen, die drei Gesellschaften übten bislang ihren gesellschaftsvertraglich festgelegten Unternehmensgegenstand (Dienstleistungen) nicht aus, sie seien indessen rechts- und handlungsfähig und müßten selbsterhaltende (unternehmerische Tätigkeiten, wie eine minimale Buchhaltung udgl. entfalten, sodaß eine "organisierte Erwerbsgelegenheit" vorhanden sei. Umsatzerlöse gebe es naturgemäß nicht. Der Antrag der Bundesarbeitskammer möge dahin erledigt werden, daß ein dem Kartellgesetz 1988 in der Fassung vor der Kartellgesetznovelle 1993 unterliegender anzeigepflichtiger Zusammenschluß festgestellt werde.

Das Erstgericht sprach aus, daß 1.) die Gründungen der drei Gesellschaften (für sich allein noch) keinen Zusammenschluß nach den V.Abschnitt des Kartellgesetzes 1988 begründeten und 2.) die Anzeigen daher nicht in das Kartellregister einzutragen seien.

Es führte aus, gemäß Art.V KartG Nov 1993 sei dieses Gesetz auf Zusammenschlüsse, die vor dessen Inkrafttreten zustandegekommen sind, nicht anzuwenden. Nach der Übergangsbestimmung bestehe weiterhin die Anzeigepflicht nach § 42 KartG 1988 für jene Zusammenschlüsse, die noch vor dem Inkrafttreten dieser Novelle zustandegekommen sind, soweit sie dem Kartellgericht noch nicht angezeigt sind. Die Kartellgesetznovelle 1993 sei ihrem Artikel III Abs 1 zufolge mit 1. November 1993 in Kraft getreten. Ein Zusammenschluß gelte gemäß § 42 Abs 1 KartG 1988 (bzw nach § 42 Abs 1a KartG 1988 idF der Kartellgesetznovelle 1993) dann als zustandegekommen, wenn die wirtschaftliche Einflußmöglichkeit gegeben sei. Die Anzeigerinnen hätten sich auf die Gründung von Gemeinschaftsunternehmen berufen. Nach deren Vorbringen sei jedoch davon auszugehen, daß die Gesellschaften - bis auf die behaupteten "selbsterhaltenden Tätigkeiten" - keinerlei unternehmerische Tätigkeit entfaltet und keine Umsatzerlöse erzielt hätten. Angesichts der nicht unterscheidbaren abstrakten Formulierung des Unternehmensgegenstandes seien nicht einmal konkrete Unternehmenskonzepte erkennbar, die Gesellschaften seien nur gegründet worden, um sich die Gründung von Gemeinschaftsunternehmen vorzubehalten. Gemäß § 41 Abs 2 KartG 1988 idF der Kartellgesetznovelle 1993 gelte die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens als Zusammenschluß, wenn das Unternehmen auf Dauer alle Funktionen einer selbständigen wirtschaftlichen Einheit erfülle und keine Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens der Gründerunternehmen im Verhältnis zueinander oder im Verhältnis zu den Gemeinschaftsunternehmen mit sich bringe. Dieser Tatbestand sei Art.3 Abs 2 zweiter Satz der Verordnung (EWG) Nr.4064/89 des Rates vom 21.12.1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen nachgebildet. Ein Gemeinschaftsunternehmen müsse gemäß § 41 Abs 2 Z 1 KartG 1988 auf Dauer angelegt, also dazu bestimmt und in der Lage sein, seine Tätigkeit zeitlich unbegrenzt, zumindest aber langfristig auszuüben. Als Indiz dafür würden die Ausstattung mit den erforderlichen persönlichen und sachlichen, insbesondere finanziellen Mitteln, die Übertragung bereits bestehender Unternehmen oder Betriebe und die Einbringung von wesentlichem technischen und kommerziellen Know-How angesehen, ein Unternehmen liege somit nicht vor, wenn es sich wirtschaftlich betätige. Außerdem könne ein Gemeinschaftsunternehmen nur dann als Zusammenschluß im Sinne des § 41 Abs 2 KartG 1988 idF der Kartellgesetznovelle 1993 beurteilt werden, wenn es alle Funktionen einer selbständigen wirtschaftlichen Einheit erfülle. Gemeinschaftsunternehmen, die von den Gründern nur bestimmte Teilfunktionen übernommen hätten, seien keine Zusammenschlüsse, wenn sie lediglich als Hilfsinstrumente für die wirtschaftliche Tätigkeit der Gründer dienten. Ein Gemeinschaftsunternehmen mit Teilfunktionen, also ein kooperatives Gemeinschaftsunternehmen, könne nur auf Grund einer Genehmigung als Kartell gebildet werden und sei in seiner Genehmigungsdauer beschränkt. Überdies liege ein Zusammenschluß nur dann vor, wenn das Unternehmen bei der Festlegung seiner Marktstrategie nicht die Interessen der Gründergesellschafter, sonder nur eigene Interessen wahrnehme. Die Gründung dreier Gesellschaften, die es den Anzeigerinnen ermöglichten, gegebenenfalls konzentrative Gemeinschaftsunternehmen im Sinne des § 41 Abs 2 KartG 1988 (nF) zu betreiben, bedeute noch nicht die Gründung solcher Gemeinschaftsunternehmen. Die Anzeigerinnen hätten sich indessen auf Vorgänge vor dem 1.11.1993 berufen, sodaß sich die Beurteilung des angezeigten Sachverhalts auch nicht an dem durch die Kartellgesetznovelle 1993 geschaffenen Tatbestand des § 41 Abs 2 KartG 1988 orientieren könne. Gemäß § 41 Z 5 KartG 1988 (aF) habe als Zusammenschluß, sofern die beteiligten Unternehmen zusammen einen Anteil am gesamten inländischen Markt von 5 % haben, jede sonstige Verbindung von Unternehmen gegolten, auf Grund deren ein Unternehmer unmittelbar oder mittelbar ein beherrschenden Einfluß auf ein anderes Unternehmen ausüben könne. Unabhängig von der Frage, ob die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens nach der Rechtslage vor der Kartellgesetznovelle 1993 bereits als Zusammenschluß gemäß § 41 Z 5 KartG 1988 angesehen werden kann, könne hier von einer bereits erkennbar erfolgten Gründung solcher Gemeinschaftsunternehmen vor dem 1.11.1993 nicht gesprochen werden. Kartellrechtlich als Zusammenschlüsse zu beurteilende Gemeinschaftsunternehmen seien bereits vor der Kartellgesetznovelle 1993 nur Vollgemeinschaften, also nicht bloße Funktionsgemeinschaften gewesen, die von Konkurrenten gegründet würden, um ausgegliederte betriebliche Teilfunktionen auszuüben. Die Gründung von Gesellschaften ohne erkennbare Festlegung der einer Vollgemeinschaft entsprechend zu entfaltenden unternehmerischen Tätigkeiten sei daher noch nicht als Gründung von Gemeinschaftsunternehmen zu beurteilen. Ein Zusammenschluß liege daher erst dann vor, wenn die Gesellschaftsorgane Dispositionen getroffen hätten, die in absehbarer Zeit zur konkreten Aufnahme einer echten unternehmerischen Tätigkeit führten, die über die Ausübung bloßer Teilfunktionen hinausgehe. Diesbezüglich hätten die Anzeigerinnen aber nichts vorgebracht. Außerdem liege ein Zusammenschluß im Sinne des § 41 KartG 1988 (aF) nur dann vor, wenn die beteiligten Unternehmen zusammen einen Anteil am gesamten inländischen Markt von mindestens 5 % hätten. Bei der Berechnung von Marktanteilen sei auf eine bestimmte Ware oder Leistung abzustellen. Als bestimmte Leistung gälten alle Leistungen, die unter den gegebenen Marktverhältnissen der Deckung desselben Bedarfs dienten. Allein die undifferenzierte Festlegung des Unternehmensgegenstandes auch die Ausführung von Dienstleistungen von Medienunternehmen sowie alle damit verbundenen Tätigkeiten lasse die Feststellung des von der Eigenart der jeweiligen Leistung abhängigen Markts nicht zu. Die von den Anzeigerinnen mitgeteilte Gründung dreier Trägergesellschaften sei somit auch nach der Rechtslage vor der Kartellgesetznovelle 1993 kein Zusammenschluß im Sinne des § 41 KartG 1988 gewesen. Die Anzeigerinnen würden daher bei Vorliegen konkreter differenzierter Unternehmenskonzepte, deren Verwirklichung bereits ernstlich beabsichtigt werde, neuerlich zu prüfen haben, ob es sich um Gemeinschaftsunternehmen im Sinne des § 41 Abs 2 KartG 1988 (nF) handle und sich daraus Anzeigepflichten nach § 42 KartG 1988 oder - auch im Hinblick auf § 42c KartG 1988 - Anmeldebedürftigkeiten nach § 42a KartG 1988 ergäben.

Rechtliche Beurteilung

Der von den Anzeigerinnen gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs ist - zumindest im Ergebnis - nicht berechtigt.

Die Ausführungen im Rechtsmittel lassen sich dahin zusammenfassen, die Einschreiterinnen hätten lediglich die vor dem 1.11.1993 vorgenommene Gründung dreier Gesellschaften mit beschränkter Haftung angezeigt, sodaß sich die kartellgerichtliche Prüfung darauf zu beschränken habe, ob damit einer nach der Zusammenschlußtatbestände des § 41 KartG 1988 in der Fassung vor der Kartellgesetznovelle 1993 erfüllt sei. Verfehlt sei jedenfalls die Auffassung des Kartellgerichts, die neugegründeten Gesellschaften betrieben kein Unternehmen im Sinne einer "organisierten Erwerbsgelegenheit"; maßgeblich seien auch nicht die erzielten Umsatzerlöse, sondern die Anteile der beteiligten Unternehmen am inländischen Markt. Auch dem vom Kartellgericht zum Anlaß für die Ablehnung der Registrierung genommenen Mangel eines konkreten Unternehmenskonzepts komme keinerlei Bedeutung zu. Dem Kartellgericht bleibe auch der Rückzug auf die Argumentation, mangels eines differenzierten Unternehmensgegenstandes könnten Marktanteile nicht festgestellt werden, verwehrt, gehe es doch dabei um von jedem Medienunternehmen benötigte Dienstleistungen, sodaß soweit auch ein abgrenzbarer und überschauberer Markt vorliege. Die angefochtene Entscheidung könnte bloß dann hingenommen werden, wenn sie mit einem fehlenden Marktanteil von mindestens 5 % begründet werde. Keinem dieser Argumente kann indessen beigepflichtet werden.

Verfehlt ist schon die Behauptung, der angezeigte Vorgang sei noch nach der vor Inkrafttreten der Kartellgesetznovelle 1993 in Geltung gestandenen Rechtslage zu beurteilen: Nach ihrem Art.V ist die Kartellgesetznovelle 1993 auf Zusammenschlüsse nicht anzuwenden, die vor dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens zustandegekommen sind. Der Zusammenschluß gilt - gleichermaßen nach der alten (§ 42 Abs 1 zweiter Satz KartG 1988) wie nach der neuen Rechtslage (§ 42 Abs 1a KartG 1988 idF der Kartellgesetznovelle 1993) - dann als zustandegekommen, wenn die wirtschaftliche Einflußmöglichkeit gegeben ist. Das ist für die einzelnen Zusammenschlußtatbestände zwar gesondert festzustellen, maßgeblich ist aber stets die jeweilige privatrechtliche Wirksamkeit (Gugerbauer, Kartellgesetz2 § 42 Rz 2 mwN). In Fällen, in denen es zur Wirksamkeit des Vorgangs der Eintragung in das Firmenbuch bedarf, ist die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Einflußnahme erst mit der Eintragung vollständig verwirklicht (Mestmäcker in Immenga/Mestmäcker, GWB2 § 23 Rz 273; Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2 § 23 Rz 17; Paschke in FK GWB § 23 Tz 121). Das gilt auch für die von den Einschreiterinnen angezeigte Neugründung dreier Gesellschaften mit beschränkter Haftung, besteht doch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche vor der Eintragung in das Firmenbuch nicht (§ 2 Abs 1 und 2 GmbHG).

Nach den von den Anzeigerinnen vorgelegten Urkunden waren wohl die Gesellschaftsverträge noch vor dem 1.11.1993 - am 22.10.1993 - abgeschlossen worden, sie wurden aber danach noch geändert (Vorbringen der Anzeigerinnen, ON 6), und vor allem wurden die drei Gesellschaften erst am 31.12.1993 in das Firmenbuch eingetragen: Der als "Zusammenschluß" angezeigte rechtliche Vorgang ist daher bei allen drei Gesellschaften erst nach dem Inkrafttreten der (hier maßgeblichen Bestimmungen der) Kartellgesetznovelle 1993 zustandegekommen, sodaß dieser Sachverhalt - entgegen der Auffassung des Kartellgerichts - schon nach der neuen Rechtslage zu beurteilen ist. Am Ergebnis des kartellgerichtlichen Verfahrens ändert dies indes nichts.

Die Einschreiterinnen haben sich im verfahrenseinleitenden Schriftsatz zwar auf die Anzeige der Neugründung dreier Gesellschaft mit beschränkter Haftung beschränkt, sie haben jedoch im Zuge des Verfahrens (ON 12, S.3) ergänzend vorgebracht, "tatsächlich" seien Gemeinschaftsunternehmen gegründet worden; auf diesen Vorgang sei § 41 Abs 2 KartG 1988 idF der Kartelllgesetznovelle 1993 allerdings nicht anzuwenden.

Der Novellengesetzgeber wollte durch die Anfügung dieser Bestimmung, nach der als Zusammenschluß auch die Gründung eines - dort näher umschriebenen - Gemeinschaftsunternehmens gilt, nach den Materialien (RV, 1096 BlgNR 18.GP, 20) lediglich "klarstellen", daß - ebenso wie nach Art.3 Abs 2 zweiter Satz der Verordnung Nr.4064/89 des Rates vom 21.12.1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl EWG Nr. L395/12 vom 13.12.1989 (in der Folge kurz FKV) - nur die Gründung eines solchen (konzentrativen) Gemeinschaftsunternehmens, das auf Dauer alle Funktionen einer selbständigen wirtschaftlichen Einheit erfüllt (Z.1) und keine Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens der Gründerunternehmen im Verhältnis zueinander oder im Verhältnis zu den Gemeinschaftsunternehmen mit sich bringt (Z.2), als Zusammenschluß gilt. Was unter einer solchen selbständigen wirtschaftlichen Einheit zu verstehen ist, kann - bei soweit vergleichbarer Rechtslage - dem in BGHZ 96/69 = WuW/E 2169 "Mischwerke" veröffentlichter Beschluß des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs vom 1.10.1985 entnommen werden, mit dem dieser die Doppelkontrolle der Gründung von Gemeinschaftsunternehmen in Richtung des Kartellverbots (§ 1 GWB) und der Zusammenschlußkontrolle (§ 23 GWB) und damit die "Zweischranken-Theorie" (vgl Immenga in Imminga/Mestmäcker aaO § 1 Rz 503) anerkannte. Den Anforderungen eines konzentrativen Gemeinschaftsunternehmens als einer "neuen selbständigen Planungseinheit" wird nur das funktionsfähige Unternehmen gerecht, das mit allen wesentlichen Unternehmensfunktionen ausgestattet ist, marktbezogen Leistungen erbringt und nicht ausschließlich oder überwiegend auf einer vorbzw nachgelagerten Stufe für die Muttergesellschaften tätig ist; die damit angesprochene Autonomie des Gemeinschaftsunternehmens (Immenga aaO Rz 521) liegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nur dann vor, wenn es selbständig plant, entscheidet und handelt, also als "selbständige Wirtschaftseinheit" in Erscheinung tritt, sodaß deren Gesellschafter auf die bloße Wahrnehmung ihrer Kapitalbeteiligungen beschränkt sind.

Wollte der Gesetzgeber - wie ausgeführt - durch die ausdrückliche Anführung der Gründung von Gemeinschaftsunternehmen lediglich festschreiben, daß nur die Gründung konzentrativer Gemeinschaftsunternehmen als Zusammenschluß zu gelten habe, so darf ihm zwanglos die Auffassung unterstellt werden, daß solche - aber nur solche - Vorgänge auch schon nach der früheren Rechtslage einen der schon bisher ausgeformten Zusammenschlußtatbestände erfüllen konnten, was im übrigen auch von der Rechtsprechung (vgl etwa KOG in SchöDi 115 und in ÖBl 1975, 95) und im Schrifttum (etwa Koppensteiner in ÖZW 1976, 1, 3; derselbe in Wettbewerbsrecht I2 284; Braumann-Nowotny in RdW 1984, 194, 197 f) stets anerkannt wurde. Es zeitigte deshalb das gleiche Ergebnis, wollte man - wie das Kartellgericht in Übereinstimmung mit der Ansicht der Anzeigerinnen - verfehltermaßen noch die alte Rechtslage anwenden.

Wie die Vorinstanz indessen im Ergebnis mit Recht argumentierte, ist es jedenfalls bei der Gründung eines nicht als Vereinbarungskartell (§ 10 KartG 1988), sondern als "Unternehmenszusammenschluß" (§ 41 KartG 1988) zu beurteilenden (konzentrativen) Gemeinschaftsunternehmens mit der bloßen Eintragung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in das Firmenbuch noch nicht getan, wäre doch sonst der - in Betracht kommende - Zusammenschlußtatbestand (§ 41 KartG 1988 idgF bzw - vgl dazu Koppensteiner, Wettbewerbsrecht aaO - § 41 Z 3 bzw 5 KartG 1988 aF) selbst dann verwirklicht, wenn die beteiligten Unternehmer die Gesellschaft mit beschränkter Haftung lediglich "auf Vorrat" (also als "Mantel") errichteten, ohne die Absicht zu hegen, durch diese Gesellschaft in nächster oder sogar absehbarer Zeit ein Unternehmen zu betreiben. Hat der Gesetzgeber durch die ausdrückliche Regelung über die Gemeinschaftsunternehmen klargestellt, daß nur die Gründung eines darin näher umschriebenen Gemeinschaftsunternehmens als Unternehmenszusammenschluß gilt, so war auch schon nach der früheren Rechtslage - wie das nun ausdrücklich gesetzlich festgeschrieben ist - nur die Gründung einer solchen selbständigen wirtschaftlichen Einheit - als mit den wesentlichen Unternehmensfunktionen ausgestatteten, marktbezogen Leistungen erbringenden und nicht ausschließlich oder überwiegend auf einer vor- oder nachgelagerten Stufe für die Muttergesellschaften tätigen Unternehmens, das selbständig plant, entscheidet und handelt, - als ein solcher Sachverhalt zu beurteilen.

Bezeichnenderweise setzten auch die beiden Tatbestände des § 41 KartG 1988 (aF), deren Anwendbarkeit auf die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch zwei oder mehrere Unternehmen in Frage kam (vgl nur Koppensteiner aaO), voraus, daß die Gesellschaft, deren Anteile von einem anderen Unternehmer erworben werden, selbst Unternehmer ist (Z.3) bzw - soweit der Auffangtatbestand der Z.5 (vgl Koppensteiner Wettbewerbsrecht aaO 283) in Betracht gezogen wird - die Verbindung so gestaltet ist, daß dadurch ein Unternehmer einen beherrschenden Einfluß auf ein anderes, also von dem von ihm betriebenen Unternehmen verschiedenes Unternehmen ausüben kann.

Knüpft das Gesetz die Verwirklichung des Zusammenschlußtatbetandes ausdrücklich auf den Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft, "die Unternehmer ist", demnach ein Unternehmen betreibt, so scheidet folgerichtig der Anteilserwerb aus dem Kreis der von § 41 Z 3 KartG 1988 (in der alten wie in der neuen Fassung) getroffenen Sachverhalte aus, sofern die Gesellschaft ein Unternehmen noch nicht oder nicht mehr betreibt. Diese Auslegung wird auch dem der § 41 Abs 2 KartG 1988 (nF) vorbildlichen FKV zugrundeliegenden funktionalen Unternehmensbegriff gerecht, nach dem ein Unternehmen - als organisatorische Zusammenfassung persönlicher und sachlicher Mittel, mit denen auf Dauer ein bestimmter wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird, - eine wirtschaftliche Einheit ist, der eine bestimmte unternehmerische Tätigkeit zugerechnet wird; demgemäß kann von einem Unternehmen erst dann gesprochen werden, wenn es sich wirtschaftlich bestätigt (Gleiss/Hirsch, EG-Kartellrecht I4 Rz 544). Daher ist etwa der Gesellschaft mit beschränkter Haftung trotz Stillegung ihres Betriebes Unternehmereigenschaft dann zuzubilligen, wenn sie fortbesteht und über eine Herstellungs- und Vertriebsgemeinschaft weiterhin am Wirtschaftsverkehr teilnimmt, über die zur Produktion erforderlichen Maschinen, über im Warenvertrieb laufend benutzte Warenzeichen und über beträchtliche Geldmittel verfügt und die spätere Wiederaufnahme der Produktion nicht ausgeschlossen ist (vgl WuW/E BGH 361 - "Gasglühkörper"), es kann aber in einem solchen Fall der Betriebsstillegung nicht zweifelhaft sein, daß sich die Gesellschaft - im Sinne des oben dargelegten Unternehmensbegriffs - nach wie vor wirtschaftlich betätigt.

Nichts davon trifft indes auf die von den Anzeigerinnen gegründeten Gesellschaften zu. Die Einschreiterinnen brachten selbst vor, die Gesellschaften übten "bis heute" ihren im Gesellschaftsvertrag festgelegten Unternehmensgegenstand nicht aus und erzielten auch keinerlei Umsatzerlöse. Diese führten aber jedenfalls selbsterhaltende (unternehmerische) Tätigkeiten wie die Führung einer "minimalen Buchhaltung, Bilanzerstellung etc." durch, ohne daß die Einschreiterinnen jedoch dargelegt hätten, weshalb solche Aufgaben zur Selbsterhaltung der Gesellschaften, die sonst keine unternehmerische Tätigkeit entfalten, überhaupt wahrgenommen werden müßten. Von mit allen wesentlichen Unternehmensfunktionen ausgestatteten, am Wirtschaftsverkehr teilnehmenden selbständigen neuen Planungseinheiten kann selbst nach dem Vorbringen der Einschreiterinnen somit keine Rede sein. Die drei Gesellschaften betreiben - jedenfalls derzeit - noch kein Unternehmen, sie sind deshalb auch (noch) nicht als Unternehmerinnen im Sinne des § 41 KartG 1988 anzusehen. Die Einschreiterinnen argumentieren im Rekurs, ihre - weder nach Notwendigkeit noch nach Umfang näher dargelegten - "selbsterhaltenden Tätigkeiten" seien schon jene unternehmerischen Aktivitäten, die eine "organisierte Erwerbsgelegenheit" ausmachten:

Es ist ihnen zwar darin beizupflichten, daß der Unternehmensbegriff - jedenfalls in seiner kartellrechtlichen Dimension - bisher mitunter so umschrieben wurde (vgl etwa KOG in ÖBl 1974, 69 - "Tankstellenkauf"), diese - letztlich wenig aussagekräftige - Kurzdefinition weicht aber bei richtigem Verständnis inhaltlich von dem aktuellen, weiter oben erörterten funktionalen Unternehmensbegriff in Wahrheit gar nicht ab: Eine Gesellschaft ist für sich - also ohne Ausstattung mit jenen personellen und sachlichen Resourcen, die es ihr ermöglicht, sich wirtschaftlich zu betätigen, also am Wirtschaftsverkehr teilzunehmen und demnach als selbständige wirtschaftliche Einheit aufzutreten, noch keine solche organisierte Erwerbsgelegenheit, sondern besitzt so lediglich die Eignung, als Rechtsträger einer solchen, erst zu schaffenden Erwerbsgelegenheit aufzutreten.

All diesen Erwägungen zufolge hat das Kartellgericht den Einschreiterinnen die Registrierung ihrer Anzeige (§ 71 Z 7 KartG 1988) somit im Ergebnis zu Recht verweigert. Es erübrigt sich deshalb auch, auf die im Rekurs aufgestellte Behauptung, die Marktanteile der "zusammengeschlossenen" Gesellschaften ließen sich - trotz des diffusen Unternehmensgegenstandes bzw dessen fehlenden Ausübung - bestimmen, einzugehen.

Soweit sich die Einschreiterinnen über den Hinweis des Kartellgerichts beschweren, die Anzeigerinnen würden sich bei "Vorliegen konkreter, differenzierter Unternehmenskonzepte, deren Verwirklichung bereits ernstlich beabsichtigt wird, neuerlich zu prüfen haben, ob es sich um Gemeinschaftsunternehmen" im Sinne des § 41 Abs 2 KartG 1988 (nF) handle "und sich daraus Anzeigepflichten nach § 42 KartG 1988 oder - auch im Hinblick auf § 42c KartG 1988 - Anmeldebedürftigkeiten nach § 42a KartG 1988" ergäben, genügt der Hinweis, daß es sich dabei lediglich um eine Belehrung über die Rechtsfolgen eines bestimmten, hier aber noch nicht zu beurteilenden Sachverhalts handelt, durch die die Einschreiterinnen nicht beschwert sind.

Im übrigen trifft die darin manifestierte Auffassung der Vorinstanz auch insoweit zu, als die Anzeigerinnen bei Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit durch einzelne oder alle der Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der Tat zu prüfen haben werden, ob damit ein kartellrechtlich bedeutsamer Tatbestand - eben die Gründung eines kooperativen oder konzentrativen Gemeinschaftsunternehmens - verwirklicht wird; für das Ergebnis dieser Prüfung werden sie auch nach kartellgesetzlichen Grundsätzen einzustehen haben.

Dem Rekurs ist deshalb - wenigstens im Ergebnis - ein Erfolg zu versagen.

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