Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14. Juni 1943 geborene Kaufmann Herbert A des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. a bis c PornG schuldig erkannt. Dem Angeklagten, der in Wien mehrere Sex-Shops betreibt, wird das Einführen, Vorrätighalten zum Zwecke der Verbreitung und Anbieten unzüchtiger Schriften, Abbildungen und Laufbilder in gewinnsüchtiger Absicht, und zwar der im Urteilsspruch bezeichneten Magazine, sowie eines Schmalfilms 'Rubber Love' in der Zeit von September 1978 bis 19. Oktober 1978 angelastet. Der Angeklagte bekämpft das Urteil mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Als nicht oder offenbar nur unzureichend begründet im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes bezeichnet der Beschwerdeführer die Feststellung des Erstgerichtes, sämtliche in Rede stehenden Tatgegenstände hätten werbenden Charakter, weil in ihnen lesbische Beziehungen begrüßt und gutgeheißen, anderen nahegelegt und zur Nachahmung empfohlen würden, sowie die weitere Annahme, daß mit den Magazinen ein größerer Personenkreis angesprochen werden sollte. In diesem Zusammenhang vermißt er - damit der Sache nach einen Feststellungsmangel im Sinne der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO geltend machend - Konstatierungen darüber, daß die - in der Regel von Männern bezogenen -
Magazine zum größten Teil heterosexuelle und nur zum geringen Teil lesbische Handlungen, jedoch keine gleichgeschlechtlichen Unzuchtsakte zwischen Männern zeigen, sodaß diesen Druckwerken jede Werbewirksamkeit mangle. Mit seiner Rechtsrüge wendet sich der Beschwerdeführer - unter Berufung auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 10 Os 63/79 - gegen die Beurteilung der inkriminierten Gegenstände als unzüchtig und gegen die Unterstellung des festgestellten Tatverhaltens unter den Tatbestand des § 1 Abs. 1 lit. a bis c PornG.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde muß ein Erfolg versagt bleiben.
Auszugehen ist davon, daß nach der Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes vom 6. Juni 1977, 13 Os 39/77 (EvBl. 1977/186 = RZ 1977/95), von der abzugehen kein Anlaß besteht (vgl. auch die aus § 8 Abs. 1 Z 1 OGH-Gesetz folgende Bindungswirkung) als unzüchtig im Sinne des § 1 PornG unter anderem solche Abbildungen und Laufbilder anzusehen sind, die den hic et nunc vorhandenen Wertvorstellungen der Gesellschaft in geschlechtlicher Hinsicht widersprechen und solcherart das Zusammenleben grob stören. Handelt es sich hiebei - wie im vorliegenden Fall - um die Wiedergabe von Unzuchtsakten mit Personen des gleichen Geschlechts, ist eine derartige Störung - gemäß dem in der erwähnten OGH-Entscheidung geprägten, aus der Einheit der Rechtsordnung abgeleiteten absoluten Unzüchtigkeitsbegriff - generell und anders als in Fällen, die nicht zur sogenannten 'harten' Pornographie gehören - ohne Rücksicht auf den angesprochenen Personenkreis anzunehmen (a.M. 10 Os 61/79 = LSK 1980/33, 10 Os 63/79, 10 Os 180/79; siehe ferner 13 Os 27/79 und die darin zitierten Entscheidungen). Denn gleichgeschlechtliche Unzucht - die, begangen von den im § 209 StGB genannten Personen mit Jugendlichen sowie im Falle gewerbsmäßiger Begehung stets strafbar ist, und im übrigen auch nicht propagiert werden darf (§ 220 StGB) - widerspricht der heterosexuellen Orientierung der rechtlich geordneten Gesellschaft und steht zu dieser - auch bei Fehlen einer Strafsanktion - jedenfalls in einem Spannungsverhältnis (vgl. dazu die Regierungsvorlage zum Strafrechtsänderungsgesetz 1970, 39 der Beilagen zu den sten. Prot. des Nationalrates XII. GP, S 18). Aus dem Gesagten folgt, daß diejenigen Beschwerdeausführungen, die dem angefochtenen Urteil in bezug auf die propagandistische Wirkung der urteilsgegenständlichen Darstellungen Begründungs- und Feststellungsmängel zum Vorwurf machen, grundsätzlich ins Leere gehen. Solche Eigenschaften und Zielsetzungen sind nämlich - anders als beim Vergehen nach § 220 StGB, wo sie im Falle der Begehung durch 'Gutheißen' zum Tatbestand gehören - zur Erfüllung des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. a bis e PornG nicht erforderlich. Unter anderem dadurch unterscheiden sich die im § 1 PornG und die im § 220 StGB pönalisierten Handlungen, sodaß von einer materiellen Derogation des § 1
PornG durch § 220 StGB keine Rede sein kann, zumal die letztgenannte Bestimmung aus dem § 517 StG idF des Art. I Z 25 des Strafrechtsänderungsgesetzes 1971, BGBl. Nr. 273 (tatbestandmäßig unverändert) in das geltende Strafgesetzbuch überstellt wurde. Wohl aber ist der § 220 StGB insoweit für die Auslegung des normativen Begriffs der Unzucht bedeutsam, als der Gesetzgeber in ihm - damit gleichgeschlechtliche Handlungen wertend und für sie das Merkmal der Unzucht prägend - nicht von gleichgeschlechtlichem Verkehr, sondern ausdrücklich (und generell) von gleichgeschlechtlicher Unzucht spricht (siehe 9 Os 89/80 und 9 Os 100/80).
Im übrigen aber könnte ein von derartigen Darstellungen (erfahrungsgemäß) ausgehender Anreiz zu gleichartigem Verhalten - sohin die im erstgerichtlichen Urteil (mängelfrei und ausdrücklich) festgestellte propagandistische (werbende) Wirkung - insbesondere auf labile Personen bei im Massenvervielfältigungsverfahren hergestellten, zur Verbreitung bestimmten Druckwerken und beliebig reproduzierbaren Filmen keineswegs angezweifelt werden, sodaß Feststellungen in dieser Richtung in der Regel entbehrlich sein werden. Daß andererseits ein Täter, der eine solche propagandistische Wirkung in seinen (auch nur bedingten) Vorsatz aufnimmt, (zusätzlich) den Tatbestand nach § 220
StGB verwirklicht, bedarf im gegenständlichen Fall angesichts dessen, daß ein derartiger Schuldspruch nicht erfolgte und die Staatsanwaltschaft sein Unterbleiben nicht bekämpft, keiner Erörterung.
Zu den übrigen, nicht die propagandistische Wirkung der Darstellung betreffenden Beschwerdeausführungen ist folgendes zu sagen:
Dem vom Angeklagten ins Treffen geführten Umstand, daß die Magazine nur zu einem geringeren Teil lesbische Unzuchtsakte, vorwiegend aber heterosexuelle Handlungen darstellen, kommt keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, weil die gleichgeschlechtlichen Handlungen einen zureichenden Auffälligkeitswert haben (siehe EvBl. 1979/231
= LSK 1979/284). Unbegründet ist aber auch der - sachlich aus den Nichtigkeitsgründen der Z 9 lit. a und lit. b des § 281 Abs. 1 StPO erhobene - Beschwerdeeinwand, dem Angeklagten seien bei Durchsicht der Magazine der harten Pornographie zuzuordnende Darstellungen gleichgeschlechtlicher Unzucht nicht aufgefallen und er habe sich in einem Irrtum über den Begriff der Unzüchtigkeit befunden. Denn einerseits läßt er dabei die mängelfrei begründete Konstatierung des Schöffengerichtes außer acht, wonach er selbst die von ihm feilgehaltenen Tatgegenstände kontrolliert und schon auf Grund deren flüchtiger Durchsicht erkannt hatte, daß sich in den beanstandeten Druckwerken als absolut unzüchtig zu qualifizierende lesbische Szenen abgebildet sind (S 263) und daß bei einzelnen Magazinen überdies schon die auf den Umschlägen ersichtlichen Abbildungen (vgl. 'Climax in Live' Nr. 3, 'Teenage-Sex' Nr. 5 und 6, 'Titten', 'Sex bizarre' Nr. 23) oder Texte (vgl. 'Climbim' Nr. 2; 'Hemmungslos lesbisch') sowie beim Schmalfilm 'Rubber Love' die Abbildung und der Text auf der Verpackung eindeutig auf einen derartigen Inhalt hindeuten. Andererseits nahm das Erstgericht mit mängelfreier Begründung als erwiesen an, daß der Angeklagte zur Tatzeit den Unterschied zwischen 'harter' und 'weicher' Pornographie kannte und sohin weder in einem Irrtum über das normative Tatbildmerkmal der Unzüchtigkeit (LSK 1979/286 = RZ 1980/6) noch auch in einem Rechtsirrtum befangen war.
Da mithin die reklamierten Begründungs- und Feststellungsmängel keine rechtlich relevanten Umstände betreffen und im übrigen sämtliche vom Schuldspruch umfaßten Darstellungen der sogenannten 'harten' Pornographie zuzuordnen sind und demnach die Tathandlungen des - in gewinnsüchtiger Absicht handelnden - Angeklagten vom Erstgericht rechtsrichtig dem Tatbestand des § 1 Abs. 1 lit. a bis c PornG unterstellt wurden, war die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Die Berufung des Angeklagten war zurückzuweisen, weil eine Schuldberufung (die er ausführt) gegen ein schöffengerichtliches Urteil als im Gesetz nicht vorgesehen unzulässig ist und im übrigen weder bei der Anmeldung der Berufung noch in deren Ausführung deutlich und bestimmt bezeichnet wurde, durch welche Punkte des Strafausspruches sich der Berufungswerber für beschwert erachtet. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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