Spruch:
Das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28.3.1977, GZ. 20 E Vr 2784/76-6, verletzt insoweit, als ein Schuldspruch wegen Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB auch in Ansehung des Deliktszeitraumes vom 4.6.1975 bis Mitte Oktober 1975 sowie vom 13.1. 1977 bis 8.2.1977 ergangen ist, das Gesetz in der Bestimmung des § 198 Abs. 1 StGB Das genannte Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird sohin in dem wegen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB in Ansehung des oben angeführten Zeitraumes erfolgten Schuldspruch und demnach auch im Strafausspruch aufgehoben und es wird gemäß § 292, 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Elfriede (Frieda) A (B, auch C) wird von der Anklage, sie habe auch in der Zeit vom 4.6.1975
bis Mitte Oktober 1975 sowie vom 13.1.1977 bis 8.2.1977 (im Rückfall) in Salzburg ihre im Gesetz begründete Unterhaltspflicht gegenüber ihrem am 25.11.1967 geborenen Kind Regine Stefanie D insofern gröblich verletzt und dadurch bewirkt, daß dessen Unterhalt ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre, als sie es unterließ, einem geregelten Erwerb nachzugehen, sie habe auch hiedurch das Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 (und 2) StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für das ihr nach dem aufrecht bleibenden Schuldspruch zur Last fallende Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB mit einem Deliktszeitraum von Mitte Oktober 1975 bis 12.1.1977 wird sie nach dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe von 3 (drei) Monaten, und gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, bedingt nachgesehen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
Text
Gründe:
I. Aus den Akten 20 E Vr 2784/76, Hv 26/77 und 20 E Vr 1013/75, Hv 54/75 des Landesgerichtes Salzburg ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Die am 21.1.1945 geborene Elfriede (Frieda) A (auch C und B) wurde mit Urteil eines Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg vom 3.6.1975, GZ. 20 E Vr 1013/75-8 (bestätigt mit dem Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 19.9.1975, AZ. 7 Bs 412/75), des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 und 2 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Sie trat diese Freiheitsstrafe, wie sich aus dem vom landesgerichtlichen Gefangenenhaus erstatteten Strafvollzugsbericht (ONr. 31 des Aktes 20 E Vr 1013/75, Hv 54/75) ergibt, am 13.1.1977 um 14,45 Uhr an, nachdem ihr vom Landesgericht Salzburg mit Beschluß vom 20.12.1975 (S. 44 dieser Akten) im Hinblick auf die am 15. (14.)8.1975 (S. 43 des Aktes; siehe auch S. 55 des Aktes) erfolgte Geburt eines weiteren Kindes gemäß § 5 Abs. 2 StVG ein Strafaufschub bis 14.8. 1976 und in der Folge über ihren Antrag vom 23.8.1976 auf Grund einer gegen den abweislichen Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 15.11.1976 (ONr. 23 dieses Aktes) erhobenen Beschwerde vom Oberlandesgericht Linz mit Beschluß vom 22.12.1976, AZ. 7 Bs 615/76, gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 lit. a StVG (nochmals) ein Aufschub bis 5.2.1977 bewilligt worden war.
Mit dem Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg vom 28.3.1977, GZ. 20 E Vr 2784/76-6, das nach dem Akteninhalt (S. 73 dieses Aktes) sofort nach seiner Verkündung in Rechtskraft erwuchs, wurde Elfriede (Frieda) A (C oder B) neuerlich des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 (nicht auch Abs. 2) StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt. Inhaltlich des Protokolls- und Urteilsvermerkes, in dem das Gericht gemäß § 488 Z 7 StPO bezüglich des (als erwiesen angenommenen) Sachverhaltes auf den von der Staatsanwaltschaft Salzburg gestellten Strafantrag verwies, lag ihr in diesem Verfahren zur Last, ihre im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber ihrer aus erster Ehe stammenden Tochter Regine (Stefanie) D (geboren am 25.11.1967) in der Zeit vom 4.6.1975
bis zum 8.2.1977 (Datum des in der Hauptverhandlung nicht ausgedehnten Strafantrages ONr. 5) in Salzburg im Rückfall (§ 39 StGB) insoferne gröblich verletzt und dadurch bewirkt zu haben, daß deren Unterhalt ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre, als sie es unterließ, einem geregelten Erwerb nachzugehen (der ihr die Erfüllung dieser Pflicht ermöglichen würde).
II. Gegen dieses Urteil bzw. wegen der Verfassung eines Protokolls- und Urteilsvermerkes hat die Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes erhoben, in der sie (wörtlich) ausführt:
Rechtliche Beurteilung
'Das (in Form eines Protokolls- und Urteilsvermerkes ergangene) Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28.3. 1977, GZ. 20 E Vr 2784/76-6, steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. Gemäß § 458 Abs. 2, 488 Z 7 StPO können das Protokoll über die Hauptverhandlung und die Ausfertigung des Urteiles (u.a.) im Falle eines unangefochten bleibenden Schuldspruches nur dann durch einen Vermerk ersetzt werden, wenn die Verurteilung auf Grund eines durch die übrigen Ergebnisse der Verhandlung unterstützten Geständnisses erfolgt.
Davon, daß ein allfälliges Geständnis der Elfriede A in der Hauptverhandlung durch die übrigen Ergebnisse der Verhandlung unterstützt worden wäre, kann jedoch im vorliegenden Fall im Hinblick auf die oben erwähnte Tatsache, daß die Genannte am 14.8.1975 ein Kind gebar und den Umstand, daß sie sich seit dem 13.1.1977
in Haft befand, keine Rede sein. Nach der Aktenlage hätte sie mangels eines Vermögens oder eines anderen Einkommens Unterhaltsleistungen für ihr Kind Regine ausschließlich auf Grund eines Arbeitsverhältnisses erbringen können. Ein solches einzugehen war sie jedoch (infolge des Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz) zumindest innerhalb von acht Wochen vor und nach der Entbindung (vgl. 11 Os 58, 59/77) und während der Haftzeit nicht in der Lage. Insoweit mangelt es daher schon am objektiven Tatbestand des § 198 StGB (vgl. Kienapfel, Die Verletzung der Unterhaltspflicht, RZ. 1976, 47, 48).
Aus dem Umstand, daß sich der Schuldspruch jedenfalls nicht auf die erwähnten Zeiträume erstrecken durfte, folgt weiters, daß das Erstgericht auch verpflichtet gewesen wäre, die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Angeklagten für die restliche Tatzeit - insbesondere auch in der Richtung, ob sie in dieser in der Lage gewesen wäre (ungeachtet der Notwendigkeit einer Beaufsichtigung ihres neugeborenen Kindes), einem Erwerb nachzugehen - zu prüfen und sich damit auseinanderzusetzen, ob allfällige verbleibende Unterhaltspflichtverletzungen das Tatbestandsmerkmal der Gröblichkeit erfüllten.
Die beschriebene Vorgangsweise des Landesgerichtes Salzburg verletzt mithin das Gesetz zum Nachteil der Angeklagten einerseits in den Bestimmungen der § 458 Abs. 2, 488 Z 7 StPO und andererseits in der Bestimmung des § 198 Abs. 1 StGB Da es dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist, die (im Protokolls- und Urteilsvermerk des Landesgerichtes Salzburg naturgemäß nicht enthaltenen) notwendigen Feststellungen selbst zu treffen, wäre das Urteil dieses Gerichtes vom 28.3.1977, GZ. 20 E Vr 2784/76-6, (zur Gänze) aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.' III. Die Beschwerde ist nur teilweise berechtigt.
Zutreffend wendet nämlich die Beschwerdeführerin dem Sinne nach ein, daß der Verurteilten die Unterlassung einer (in unselbständiger Arbeit bestehenden) Erwerbstätigkeit innerhalb eines Zeitraumes von je acht Wochen vor und nach ihrer Entbindung und die Nichtbezahlung von Unterhaltsbeträgen während ihrer Anhaltung in Strafhaft nicht als gröbliche Verletzung ihrer Unterhaltspflicht zum Vorwurf gemacht werden kann; denn sie würde im Falle der übernahme unselbständiger Arbeit gegen das während dieser Zeit für sie geltende Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1
und 5 Abs. 1 Mutterschutzgesetz verstoßen und war während der Strafhaft über die von ihr als Arbeitsvergütung erhaltenen Beträge, die im Hinblick auf die gesetzlich festgelegte Höhe der Strafgefangenen für die von ihnen in der Strafzeit geleistete Arbeit zu gewährende Entlohnung derzeit zur Zahlung von ins Gewicht fallenden Unterhaltsbeträgen nicht reichen, nicht frei verfügungsberechtigt (§ 51 ff StVG). Insoweit vorliegend das Erstgericht diese für die Annahme der Gröblichkeit der Unterhaltspflichtverletzung maßgeblichen (sich aus ihm bekannt gewordenen Tatsachen ergebenden) rechtlichen Grenzen der Leistungspflicht (§ 3 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Mutterschutzgesetz) bzw. Leistungsfähigkeit (§ 51 ff StVG) der Angeklagten in Ansehung der oben angeführten Tatzeiträume nicht beachtete, ist der Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 198 Abs. 1 StGB aus dem Grunde des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO nichtig, weshalb in diesem Umfang ein Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO zu fällen war. Dabei mußte auch der kurze Deliktszeitraum, der sich nach der Ausschaltung der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz zwischen der letzten Verurteilung (3.6.1975) und dem Beginn der Schutzfrist (Mitte Juni 1975) ergibt, aus dem Schuldspruch ausgeschieden werden, weil der auf ihn entfallenden Pflichtverletzung bei der nach Lage des Falles gebotenen isolierten Betrachtung das Merkmal der Gröblichkeit mangelt.
Hinsichtlich des sohin verbleibenden Tatzeitraumes von Mitte Oktober 1975 bis 12.1.1977 vermochte der Oberste Gerichtshof allerdings nicht der Beschwerde zu folgen.
Diesbezüglich sind dem gemäß § 458 Abs. 2, 488 Z 7 StPO verfaßten Protokolls- und Urteilsvermerk (naturgemäß) weder die (geständige) Verantwortung der Beschuldigten und das (dieses stützende) Ergebnis der Beweisaufnahme noch die Erwägungen zu entnehmen, von denen sich das Gericht bei der Entscheidung der sich aus dem ihm vorliegenden Sachverhalt ergebenden Rechtsfragen leiten ließ. Demzufolge läßt sich auch nicht beurteilen, ob sich das Erstgericht nicht ohnedies mit der in der Beschwerde aufgeworfenen Frage (der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Angeklagten für die restliche Tatzeit) auseinandersetzte und sie (auf Grund eines durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens gestützten Geständnisses der Angeklagten) zutreffend bejahte. In diesem Belang, der ausschließlich die Tatfrage betrifft, ist das erstgerichtliche Urteil für den Obersten Gerichtshof sohin nicht überprüfbar. Dies kann aber keineswegs zur Aufhebung des Urteiles im aufgezeigten Umfang führen, da der Gesetzgeber mit der Erlassung der den Protokolls- und Urteilsvermerk ermöglichenden Anordnungen (§ 458 Abs. 2, 488 Z 7 StPO, 595 Abs. 1 Geo) eine solche Unüberprüfbarkeit in Form eines Urteilsvermerkes ergehender rechtskräftiger Urteile bewußt in Kauf genommen hat. In diesem Umfang war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen. Bei der sohin erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe wurden die einschlägigen Vorstrafen der Angeklagten als erschwerend und das Geständnis als mildernd gewertet. Bei diesen Strafzumessungsgründen erschien dem Obersten Gerichtshof eine Freiheitsstrafe von drei Monaten als dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat angemessen. Die bedingte Strafnachsicht konnte gewährt werden, weil die Angeklagte nunmehr durch einen längeren Zeitraum für die mj.Regine Stefanie D Unterhalt geleistet hat (wie sich aus dem vom Obersten Gerichtshof eingeholten Bericht der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 5.2.1979
ergibt) und derzeit zwei eheliche Kinder versorgt, weswegen trotz der einschlägigen Vorstrafen mit Grund angenommen werden kann, daß es der Vollziehung der verhängten Freiheitsstrafe nicht bedarf, um sie von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten.
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