Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war bei der Firma T***, Technische Anlagen Import-Export Gesellschaft mbH beschäftigt, über deren Vermögen mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21.Mai 1987 der Konkurs eröffnet wurde. Mit Beschluß der außerordentlichen Generalversammlung vom 2.Juni 1986 wurde der Kläger zum Geschäftsführer bestellt. Neben dem Kläger war Andrej B*** als Geschäftsführer tätig; beide waren einzelvertretungsbefugt. In der Funktionsperiode des Klägers war Andrej B*** überdies Mehrheitsgesellschafter. Während der Abwesenheit von Andrej B***, der in Laibach wohnte und nur zweimal monatlich nach Kärnten kam, leitete der Kläger die T*** Gesellschaft mbH kommerziell; er erledigte aber nur die täglich anfallenden Geschäfte und hatte keine Entscheidungsbefugnis in wesentlichen Fragen. Am 8. Jänner 1987, dem ersten Tag nach den Weihnachtsferien, kam Andrej B*** ins Büro und sagte dem Kläger, er sei entlassen; Andrej B*** wollte, daß der Kläger überhaupt nicht mehr für die Gesellschaft arbeite. Nachdem der Kläger bei dem für die Gesellschaft mbH tätigen Steuerberater Dr.Manfred K*** Rechtsauskünfte eingeholt und diese Andrej B*** mitgeteilt hatte, erklärte dieser, der Kläger könne bis 31.März 1987 nach seinen Anweisungen weiterarbeiten. Dies wurde vom Kläger akzeptiert. Auch nach dem 8.Jänner 1987 führte der Kläger seine bisherige Tätigkeit für die Gesellschaft mbH weiter. Mit Beschluß der außerordentlichen Generalversammlung vom 30.März 1987 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen und Zdeljko P***, der schon am 8.Jänner 1987 als Mitarbeiter aufgenommen worden war, zum Geschäftsführer (neben Andrej B***) bestellt. Die vom Kläger im Konkurs angemeldete Gehaltsforderung für den Zeitraum vom 1.Jänner 1987 bis 31.März 1987 samt Zinsen in der Gesamthöhe von 116.002,15 S wurde von der Masseverwalterin bestritten. Im Prüfungsprozeß wurde diese Forderung mit 115.345 S als berechtigt festgestellt und die Masseverwalterin zum Ersatz der Prozeßkosten in Höhe von 6.039 S verpflichtet. Mit Bescheid vom 20.August 1987 wies die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld ab.
Der Kläger begehrte die Zuerkennung eines Betrages von 105.864,45 S samt 4 % Zinsen vom 1.April bis 21.September 1987. Er habe seine Funktion als Geschäftsführer lediglich bis zu seiner Enthebung am 8.Jänner 1987 ausgeübt; danach sei er als kaufmännischer Angestellter im Betrieb der Gemeinschuldnerin tätig gewesen. Die Tatsache, daß der Kläger weiterhin als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen gewesen sei, sei ohne Bedeutung; maßgeblich sei die tatsächliche Ausübung dieser Funktion. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die tatsächliche Ausübung der Geschäftsführungsbefugnis habe auf die rechtliche Qualifikation keinen Einfluß. Maßgebend sei das Datum der Abberufung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger sei bis zu seiner Abberufung am 30.März 1987 Geschäftsführer gewesen und habe daher gemäß § 1 Abs 6 Z 2 IESG keinen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, daß die Klage hinsichtlich eines Betrages von 6.039 S - an Kosten, die nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens gewesen seien - zurückgewiesen wurde. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß eine Beschränkung der Geschäftsführung im Innenverhältnis für die Organstellung des Klägers bedeutungslos gewesen sei. Die Geschäftsführung durch den Kläger habe erst mit dem Abberufungsbeschluß vom 30.März 1987 geendet. Die Vorgänge vom 8. Jänner 1987 könnten nicht als Rücklegung der Geschäftsführungsbefugnis durch den Kläger angesehen werden, zumal der Kläger seine bisherige Tätigkeit fortgesetzt habe. Als Mitglied des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen sei, habe der Kläger daher keinen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens hinsichtlich eines Betrages von 99.825,45 S sA abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die behauptete Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Soweit der Revisionswerber ausführt, auf Grund der schriftlichen Erklärung des Andrej B*** vom 3.Februar 1989, Beilage C, wäre festzustellen gewesen, daß dem Kläger am 8.Jänner 1987 von Andrej B*** im Einvernehmen mit den anderen Gesellschaftern die Geschäftsführung entzogen worden sei, bekämpft er unzulässigerweise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen. Zu Unrecht wendet sich der Revisionswerber auch gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes.
Da § 1 Abs 6 Z 2 IESG nur auf die Organmitgliedschaft und - anders als § 1 Abs 6 Z 3 dieser Bestimmung - nicht auf die rechtliche und faktische Einflußmöglichkeit der als Organe bestellten Personen abstellt (vgl. VwSlg. 11.000 A; VwSlg. 11.602 A), sind die vom Revisionswerber vermißten Feststellungen über den fehlenden maßgeblichen Einfluß des als Geschäftsführer mit Einzelvertretungsbefugnis bestellten Klägers auf die von ihm vertretene Gesellschaft mbH nicht entscheidungswesentlich. Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 9.935 ausgesprochen hat, ist der pauschale Ausschluß dieser Personengruppe aus dem Anwendungsbereich des IESG sachlich gerechtfertigt. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens könnten diese Personen nämlich auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens typischerweise verstärkt und unmittelbar Einfluß nehmen und sich auch rechtzeitig persönlich einen umfassenden Einblick in die maßgeblichen Verhältnisse verschaffen. Gerade in bezug auf die Insolvenz des Unternehmens sei daher die Lage der Mitglieder vertretungsbefugter Organe einer juristischen Person in wesentlichen Punkten eine andere als die der übrigen Arbeitnehmer. Es sei ungeachtet möglicher Härtefälle nicht unsachlich, daß der Gesetzgeber die im Einzelfall sehr schwierig zu beantwortende Frage nach dem konkreten Ausmaß dieser Möglichkeiten nicht stelle und einen pauschalen Ausschluß vornehme.
Der Kläger war daher bis zur Beendigung seiner organschaftlichen Funktion als Geschäftsführer vom Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld ausgeschlossen. Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, wurde der Kläger als Geschäftsführer erst mit Beschluß der außerordentlichen Generalversammlung vom 30.März 1987 abberufen, wobei der Abberufungsbeschluß sofort mit der Beschlußfassung wirksam wurde (siehe Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, 154). Erst bei dieser Generalversammlung wurde anstelle des Klägers Zdeljko P*** organschaftlich zum Geschäftsführer der Gesellschaft mbH bestellt, auch wenn mit ihm bereits vorher ein die beiderseitigen Rechte und Pflichten regelnder Anstellungsvertrag geschlossen worden sein sollte (vgl. Reich-Rohrwig aaO 96 und 103 ff).
Dem Revisionswerber ist nun zwar zuzubilligen, daß die Organstellung als Geschäftsführer auch durch Zurücklegung der Geschäftsführungsbefugnis beendet werden kann (siehe Reich-Rohrwig aaO, 166; Kostner, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung3, 65; Torggler, Die Rechtsstellung des GesmbH-Geschäftsführers, GesRZ 1974, 8); es handelt sich dabei jedoch um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die nach herrschender Ansicht gegenüber demjenigen Organ der Gesellschaft abzugeben ist, das für die Bestellung zuständig ist. Sie ist daher gegenüber allen Gesellschaftern oder in einer ordnungsgemäß einberufenen Generalversammlung gegenüber den in ihr anwesenden Gesellschaftern abzugeben (siehe Scholz Kommentar zum GesmbH-Gesetz7, 1126; Schmidt, GesmbH-Handbuch I12, 254; Reich-Rohrwig aaO 166; GesRZ 1980, 90; 5 Ob 304/83; JBl 1986, 242 = SZ 58/181). Da der Kläger mit dem bloßen Akzeptieren der vom zweiten Geschäftsführer Andrej B*** abgegeben Erklärung, der Kläger könne bis 31.März 1987 nach seinen Anweisungen weiterarbeiten, aber nicht mehr als Geschäftsführer, nicht einseitig seinen Willen zur Zurücklegung der Geschäftsführung zum Ausdruck brachte, kann dieses Verhalten nicht gemäß § 863 ABGB als schlüssige Zurücklegung der Geschäftsführung gewertet werden. Darüber hinaus war Andrej B*** nicht Alleingesellschafter der Gesellschaft mbH und wurde weder behauptet noch erwiesen, daß der Kläger eine ähnliche Erklärung auch gegenüber den übrigen Gesellschaftern abgegeben hätte.
Da demnach der Kläger während seiner gesamten Tätigkeit für die Gemeinschuldnerin als Geschäftsführer bestellt und damit zu ihrer gesetzlichen Vertretung berufen war, hat er, wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, gemäß § 1 Abs 6 Z 2 IESG keinen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Gründe, die einen Kostenersatzanspruch des Klägers gemäß § 177 Abs 1 Z 2 lit b ASGG trotz Unterliegens rechtfertigen würden, liegen nicht vor.
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