Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts in der Hauptsache mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass es zu lauten hat:
„1.) Das Klagehauptbegehren auf Feststellung, dass das Dienstverhältnis der Klägerin zur Beklagten als Musikschullehrerin für Klavier (Unterstufe) und Gesang im Beschäftigungsausmaß von 27 Wochenstunden wegen einer unwirksamen Entlassung über den 3. 10. 2003 hinaus aufrecht ist, wird abgewiesen.
2.) Hingegen wird zwischen den Streitteilen festgestellt, dass das Dienstverhältnis der Klägerin am 31. 1. 2004 durch Dienstgeberkündigung endete."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei EUR 47,20 an anteilig bestimmten Barauslagen des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Im Übrigen werden die Kosten der Streitteile aus dem Verfahren erster Instanz und aus dem Rechtsmittelverfahren gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist seit 11. 9. 1995 bei der Beklagten als Musikschullehrerin an der Landesmusikschule St. Johann in Tirol für Klavier (Unterstufe) und Gesang beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis kommt laut Punkt 25 des Dienstvertrags vom 31. 10. 1995 das VBG in der jeweils geltenden Fassung zur Anwendung. Vorerst wurde das Dienstverhältnis zwischen den Streitteilen für 20 Wochenstunden (= 74,07 % der Vollbeschäftigung) und auf bestimmte Zeit - nämlich bis 31. 8. 1996 abgeschlossen. Unstrittig ist, dass das Dienstverhältnis zuletzt ein solches von unbestimmter Dauer war. Da im Jahr 1995 Mangel an Musikschullehrern in Tirol bestand, war die Beklagte trotz des weit entfernten Wohnsitzes der Klägerin an deren Anstellung interessiert. Die Klägerin erklärte dem Musikschulleiter, auf Grund ihres weit entfernten Wohnsitzes nur an drei aufeinander folgenden Wochentagen unterrichten zu wollen. Der Musikschulleiter sagte ihr eine solche Arbeitszeitverteilung und innerhalb derer die freie Einteilung der Unterrichtsstunden zu. Die Klägerin unterrichtete in der Folge auch 20 Wochenstunden an drei Wochentagen. Während des gesamten Dienstverhältnisses behielt die Klägerin ihren Hauptwohnsitz in Wien bei. Ab Sommersemester 1997 wurde mit Nachtrag zum Dienstvertrag eine Anhebung des Beschäftigungsausmaßes auf 23,5 Wochenstunden vereinbart, ab diesem Zeitpunkt unterrichtete die Klägerin an vier Wochentagen. Aufgrund von Unstimmigkeiten zwischen den Streitteilen versuchte die Beklagte zunächst im August 1998, das Dienstverhältnis dadurch zu beenden, dass sie der Klägerin mit Schreiben vom 3. 8. 1998 erklärte, dass dieses ohnehin per 10. 9. 1998 durch Zeitablauf ende. Die Klägerin obsiegte in der Folge mit ihrem Begehren auf Feststellung eines aufrechten Dienstverhältnisses auf unbestimmte Dauer. Mit Nachtrag zum Dienstvertrag vom 13. 9. 1999, von der Klägerin unterfertigt am 15. 11. 1999, wurde eine Anhebung des Beschäftigungsausmaßes auf 27 Wochenstunden (= Vollbeschäftigung) vereinbart. Im Zusammenhang mit dem Abschluss dieser Vereinbarung kam es zu keiner gesonderten Besprechung zwischen den Streitteilen, insbesondere auch nicht zur Frage der Arbeitszeitgestaltung. Am 11. 10. 1999 forderte die Beklagte die Klägerin auf, auch Korrepetitionsstunden zu halten, was diese im Hinblick auf ihre diesbezüglich mangelnde Ausbildung und das Fehlen einer solchen Verpflichtung im Dienstvertrag ablehnte. Daraufhin wurde sie am 14. 10. 1999 entlassen. Mit ihrer deswegen erhobenen Klage auf Feststellung eines über den Entlassungstermin hinausgehenden aufrechten Dienstverhältnisses blieb die Klägerin siegreich. Nach Beendigung dieses Verfahrens wurde die Klägerin aufgefordert, am 30. 3. 2001 ihren Dienst in S*****. ***** und diversen Exposituren, aber lediglich als Hospitantin aufzunehmen. Dies verweigerte sie. Sie wurde daher mit Schreiben vom 3. 7. 2001 zum 31. 10. 2001 gekündigt. Auch diesbezüglich hatte eine Klage auf Feststellung des über den Kündigungszeitpunkt hinaus aufrechten Dienstverhältnisses Erfolg. Nach Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im August 2003 nahm sie mit Beginn des Wintersemesters 2003/2004 wieder ihren Dienst als Musikschullehrerin auf. Nach Bekanntgabe der ihr zugeteilten Musikschüler, deren Anzahl einer solchen für vollbeschäftigte Musiklehrer entsprach, entwarf sie nach Rücksprache mit den betroffenen Musikschülern mehrere provisorische Stundenpläne. Diese fanden jeweils nicht die Zustimmung des Musikschulleiters, weil die Verteilung der Unterrichtsstunden nur auf 4 Wochentage, nämlich Dienstag bis Freitag, vorgeschlagen war. In der Folge kam es zu einem Vermittlungsgespräch mit Vertretern der zuständigen Personalabteilung des Amtes der Tiroler Landesregierung, des Direktors des Landesrechnungshofes, Vertretern der Musikschule und der Klägerin. Dieses blieb erfolglos, weil die Beklagte darauf beharrte, bei einer 27-Stundenwoche die Unterrichtsstunden auf fünf Arbeitstage aufzuteilen. Dies erfolgte im Hinblick auf die zuletzt konsequent befolgte, schon seit 1995 existierende Weisung der Kulturabteilung der Tiroler Landesregierung, Musikschullehrer aus Qualitätssicherungsgründen an einzelnen Tagen maximal sechs Unterrichtsstunden abhalten zu lassen. Letztlich bot die Beklagte eine Vertragsänderung in der Form an, die Lehrverpflichtung der Klägerin auf 25 Wochenstunden zu reduzieren und sie dann an vier Wochentagen unterrichten zu lassen. Dies lehnte die Klägerin, welche eine Reduktion ihrer Unterrichtsstunden nicht wünschte, ab. Am 3. 10. 2003 überreichte schließlich der Musikschulleiter der Klägerin die schriftliche Weisung eines Vertreters der Landesregierung, den von ihm entworfenen Stundenplan mit 27 Wochenstunden an fünf Wochentagen (Montag bis Freitag) zu befolgen. Dies verweigerte die Klägerin unter Hinweis darauf, zur Abhaltung von Unterricht an fünf Wochentagen nicht verpflichtet zu sein. Daraufhin wurde sie am 3. 10. 2003 aus dem Grund des § 34 Abs 2 lit d VBG entlassen.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr Dienstverhältnis zur Beklagten als Musikschullehrerin für Klavier (Unterstufe) und Gesang im Beschäftigungsausmaß von 27 Wochenstunden über den 3. 10. 2003 hinaus aufrecht ist; in eventu, dass die von der Beklagten am 3. 10. 2003 ausgesprochene Entlassung als Kündigung gilt.
Das Erstgericht wies das Klagehauptbegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass mit der Klägerin keine Vereinbarung derart zustande gekommen sei, dass sie nur an vier Wochentagen unterrichten müsse, ihre Weigerung sei daher unberechtigt gewesen. Allerdings sei aufgrund ihrer zunächst vertretbaren Rechtsansicht ihr Verschulden nur als gering zu bewerten, sodass eine Entlassung nicht berechtigt sei. Diese sei sohin gemäß § 30 Abs 3 VBG im Sinn des Eventualbegehrens in eine Kündigung umzudeuten, sodass dem Eventualbegehren stattzugeben sei.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es dem Klagehauptbegehren stattgab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass mit der Klägerin zunächst wirksam eine Arbeitszeitgestaltung in der Form zustande gekommen sei, dass diese nur verpflichtet gewesen sei, an drei Wochentagen zu unterrichten. Durch die Erhöhung der Unterrichtsstunden sei diese Vereinbarung so zu interpretieren, dass nunmehr eine Aufteilung auf vier Wochentage zu erfolgen habe. Weder die Entlassung noch die Kündigung der Klägerin seien daher berechtigt. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil zu Fragen der Handhabung von Arbeitszeitveränderungen im Bereich des Vertragsbedienstetengesetzes eine höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten. Sie ist zulässig und berechtigt.
Wesentliches Argument des Berufungsgerichts ist es, dass zunächst eine Drei- und dann Viertagewoche vereinbart worden sei, wovon die Beklagte nicht einseitig abweichen könne.
Selbst wenn man unterstellt, dass durch die mündliche Zusage des Musikschulleiters (- weder § 10 des Tiroler Musikschulgesetzes noch § 9 des gemäß § 11 Tiroler Musikschulgesetz erlassenen Statuts, wo jeweils die Befugnisse des Musikschulleiters geregelt werden, lassen eine solche Vertragskompetenz ohne weiteres erschließen -) bei Eingehen des Dienstverhältnisses tatsächlich eine wirksame Ergänzung des schriftlichen Dienstvertrages in der Form zustande gekommen ist, dass die Klägerin die damals vereinbarten 20 Wochenstunden auf Dauer an nur drei Tagen absolvieren musste, lässt sich daraus die weitergehende Rechtsmeinung des Berufungsgerichts nicht ableiten. Die Klägerin vermeint zwar, dass eine Diensteinteilung an fünf Wochentagen „der vereinbarten Arbeitszeit widerspreche" (AS 23f in ON 38); ein konkretes Vorbringen, wann und wodurch eine solche Vereinbarung zustande gekommen sei, ist dem Akt indes nicht zu entnehmen. So entsprach bereits die auf die Vertragsänderung des Jahres 1997 (Ausdehnung auf 23 Wochenstunden) folgende Verteilung auf vier Wochentage den Vorgaben des Dienstgebers, nicht mehr als 6 Unterrichtsstunden pro Tag abzuhalten. Durch die Vertragsänderung wurde einvernehmlich von der ursprünglichen Arbeitszeitverteilung abgegangen, ohne dass das Zustandekommen einer neuen Vereinbarung auch nur behauptet wurde. Auch die Ausdehnung auf 27 Wochenstunden im Jahr 1999 wurde nicht von einer bestimmten Tagesaufteilung abhängig gemacht. So kann der vorbehaltslosen Unterfertigung der Vertragsänderungsofferte des Dienstgebers nur der Erklärungswert einer Unterwerfung unter die im Musikschulbetrieb auch für andere vollbeschäftigte Musikschullehrer übliche und bekannte 5-Tage-Woche beigemessen werden.
War aber die Klägerin nicht willens oder in der Lage, einen vertragskonformen Unterrichtsplan zu erstellen, war der Musikschulleiter als administrativer Leiter (§ 10 Abs 2 Tiroler Musikschulgesetz) zur Erstellung eines eigenen Stundenplans mit einer 5-Tage-Woche befugt, ohne dass von Vertragsbruch oder Schikane die Rede sein könnte.
Schon das Erstgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Dienstpflichtverletzung der Klägerin, die die Einhaltung des vom Musikschulleiter erstellten Stundenplans ablehnte, den Entlassungstatbestand des § 34 Abs 2 lit d VBG noch nicht erfüllte:
Sie verweigerte nicht die Erfüllung der ihr obliegenden Stundenzahl, sondern beharrte, vor allem in Hinblick auf ihren entfernten Wohnsitz, auf ihrem Standpunkt, den Unterricht auch an vier Tagen abhalten zu können. Unter Anwendung des § 30 Abs 3 VBG ist daher die ausgesprochene Entlassung in eine Kündigung, und zwar aus dem Grund der gröblichen Dienstpflichtverletzung nach § 32 Abs 2 Z 1 VBG umzudeuten, weil die Klägerin trotz Ermahnung an ihrer ablehnenden Haltung festhielt. Es war daher die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen. Dabei war dem im Rahmen des Eventualbegehrens begehrten Spruch allerdings eine dem materiellen Begehren entsprechende, klarere und deutlichere Fassung zu geben (RIS-Justiz RS0039357; RS0041254): Im Hinblick auf die mehr als fünf, jedoch weniger als zehn Jahre währende Dienstzeit der Klägerin betrug die Kündigungsfrist gemäß § 33 VBG drei Monate, der entsprechende Kündigungstermin (Monatsletzte) war daher der 31. 1. 2004.
Zur Kostenentscheidung:
Unterliegt ein Kläger mit seinem Hauptbegehren, obsiegt aber mit dem Eventualbegehren, ist nach der neueren Judikatur § 43 ZPO anzuwenden (3 Ob 84/97t, 9 ObA 193/00y). Ein auf § 43 Abs 2 ZPO gegründeter Kostenzuspruch an den Kläger hat aber unter anderem zur Voraussetzung, dass mit dem Eventualbegehren annähernd der gleiche wirtschaftliche Erfolg wie bei Stattgebung des Hauptbegehrens erreicht wurde (3 Ob 84/97t, 9 ObA 193/00y). Davon kann aber hier nicht die Rede sein, zumal das Hauptbegehren auf den Bestand des Dienstverhältnisses gerichtet war, mit dem Eventualbegehren hingegen nur die Feststellung der Beendigung desselben mit einer gegenüber der Entlassung milderen Endigungsart zu einem späteren Endigungszeitpunkt erreicht wurde. Daher ist von einem gleichteiligen Obsiegen bzw Unterliegen beider Streitteile auszugehen, sodass gemäß § 43 Abs 1 ZPO die Kosten gegeneinander aufzuheben sind. Lediglich hinsichtlich der Barauslagen haben beide Streitteile gemäß § 43 Abs 1 3. Satz ZPO Anspruch auf anteiligen Ersatz. Dabei ist die von der Beklagten für die Berufung im zweiten Rechtsgang geleistete Pauschalgebühr nicht zu berücksichtigen. Der nach § 16 Abs 1 Z 1 lit a GGG maßgebliche Streitwert betrug im Zeitpunkt der Einbringung der Berufung EUR 630. Gemäß Anm 5 zu TP 2 GGG war daher keine Pauschalgebühr zu entrichten. Die Klägerin wendete im Verfahren erster Instanz an Barauslagen EUR 166 auf, die Beklagte EUR 260,40. Aus der Differenz der Hälftebeträge folgt ein Anspruch der Beklagten auf Zahlung von EUR 47,20.
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