OGH 9ObA92/05b

OGH9ObA92/05b29.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der antragstellenden Partei Sozialhilfeverband R*****, *****, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die Antragsgegner 1. Arbeiterkammer Oberösterreich, Volksgartenstraße 40, 4020 Linz, 2. Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Weingartshofstraße 2/5, 4020 Linz, beide vertreten durch Dr. Klaus Mayr, Referent der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, Volksgartenstraße 40, 4020 Linz, wegen Feststellung nach § 54 Abs 2 ASGG, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

I. Die Äußerung des Antragstellers (ON 6) zur Stellungnahme der Antragsgegner vom 11. 2. 2003 (ON 5) wird, soweit sie über die Ausführungen zur formellen Antragslegitimation hinausgeht, zurückgewiesen.

II. Der Antrag, der Oberste Gerichtshof möge mit Beschluss feststellen, dass a) durch die Ausgliederung der Betriebe durch den Sozialhilfeverband R***** und die Übertragung der diesbezüglichen Verfügungsrechte auf die A***** Werkstätten gemeinnützige GmbH bzw Al***** Werkstätten gemeinnützige GmbH die Arbeitsverhältnisse der bislang vom Sozialhilfeverband R***** beschäftigten Arbeitnehmer auf die A***** Werkstätten gemeinnützige GmbH bzw Al***** Werkstätten gemeinnützige GmbH übergehen,

b) durch diesen Übergang die einzelvertraglichen Ansprüche der Arbeitnehmer, soweit sie bisher Vertragsbedienstete waren, dadurch gewahrt bleiben, dass das Vertragsbedienstetenrecht Funktion einer Vertragsschablone, statisch bezogen auf den Übertragungszeitpunkt der Unternehmen auf die A***** Werkstätten gemeinnützige GmbH bzw Al***** Werkstätten gemeinnützige GmbH, einnimmt, die gleichsam den Inhalt des Einzelvertrages beschreibt und dass durch die Praxis der Gewährung von Begünstigungen, die ansonsten nur den Landesbediensteten zustehen (Sonderurlaub udgl), keine Ergänzung der Einzeldienstverträge im Sinne eines dadurch erworbenen Rechtsanspruches auf derartige Zusatzleistungen eingetreten ist,

c) ein Widerspruchsrecht für Arbeitnehmer bezüglich des Überganges der Arbeitsverhältnisse nicht besteht,

d) für den Fall, dass das Bestehen eines Widerspruches angenommen werde, dass das Widerspruchsrecht nichts am Übergang der Arbeitsverhältnisse im Zuge des Betriebsüberganges ändere, sondern ausschließlich zur vorzeitigen Auflösung aus wichtigem Grund berechtige,

e) soferne die Richtlinie 77/187/EWG und das AVRAG nicht zur Anwendung kommen, dass kein Kündigungsverbot des Antragstellers aus Anlass der Ausgliederung zugunsten der Arbeitnehmer bestehe, das Dienstverhältnis zu den Arbeitnehmern gemäß Vertragsbedienstetengesetz bzw Angestelltengesetz daher gelöst werden könne,

wird abgewiesen.

Text

Begründung

Zur Aktivlegitimation des antragstellenden Gemeinderverbandes und zur Passivlegitimation der Antragsgegner kann auf den den Parteien bekannten Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 4. Juni 2003, 9 ObA 260/02d-7, verwiesen werden.

Zu I. Nach § 54 Abs 3 ASGG ist nur ein Auftrag zur Stellungnahme durch den Antragsgegner vorgesehen. Ergänzungen des Antrags, die weitere Aufträge an den Antragsgegner zur Stellungnahme im Sinn des § 54 Abs 3 ASGG erfordern würden, sind nicht zulässig (8 ObA 99/04y, 8 ObA 52/03k; Aubauer/Kaszanits, Kollektives Klagerecht als Testprozess [§ 54 ASGG] in FS Bauer/Maier/Petrag 303 f). Mit Ausnahme des schon im Vorabanfrageverfahren berücksichtigten Vorbringens zur formalen Legitimation enthält der Schriftsatz des Antragstellers vom 2. 6. 2003 (Datum der Postaufgabe), ON 6, keine Ergänzungen oder Berichtigungen des ursprünglichen Antrages, die für seine Zulässigkeit (Schlüssigkeit) erforderlich wären. Die weiteren über den ursprünglichen Antrag hinausgehenden Ausführungen und die Modifikationen des Antrages sind daher nicht zulässig.

Zu II.:

Der Antragsteller beschäftigt in seinen beiden Betrieben etwa 100 Arbeitnehmer, von denen ein Teil als körperlich oder geistig beeinträchtigte Personen im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes zu qualifizieren ist. Aus wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen will der Antragsteller beide Unternehmen ausgliedern und die Betriebe auf neu gebildete Gesellschaften mit beschränkter Haftung übertragen. In Ausführung dieses Planes wurde am 28. 12. 2002 die Al***** Werkstätten gemeinnützige Gesellschaft mbH im Firmenbuch mit dem Geschäftszweig „Betrieb von Behinderten-Werkstätten" eingetragen. Einziger Gesellschafter ist der Antragsteller. Mit gleichem Tage wurde die A***** Werkstätten gemeinnützige Gesellschaft GmbH mit dem Geschäftszweig „Gärtnerei und Wäscherei" im Firmenbuch eingetragen; einziger Gesellschafter ist ebenfalls der Antragsteller. Mittels Einbringungsvertrag zwischen diesem und den genannten Gesellschaften mit beschränkter Haftung wurden die jeweiligen Unternehmen in diese Gesellschaft als Sacheinlage eingebracht. Dabei wurden die Verfügungsrechte über die von der Ausgliederung betroffenen Einrichtungen vom Antragsteller an die jeweiligen Gesellschaften übertragen. Aufgrund der Einbringungsverträge sollen die neuen Gesellschaften anstelle des Antragstellers in alle Rechtsverhältnisse eintreten, die hinsichtlich der jeweils eingebrachten Unternehmen zwischen diesem und Dritten bestehen. Der antragstellende Sozialhilfeverband steht im Rahmen eines echten Vertrages zugunsten Dritter dafür ein, dass die Ansprüche der übernommenen Arbeitnehmer von den übernehmenden Gesellschaften auch in Zukunft erfüllt werden. In weiterer Folge ist geplant, dass die Geschäftsanteile des Antragstellers an beiden Gesellschaften auf die A***** Sozialnetzwerk gemeinnützige Gesellschaft mbH übertragen werden, deren einziger Gesellschafter ein privater Verein ist. Sowohl diese Vereine als auch die A***** Sozialnetzwerk gemeinnützige GmbH sind in der Behindertenversorgung tätig. Die Vereinsmitglieder sind private Personen und private Körperschaften. Diese Übertragung der Gesellschaftsanteile ist derzeit noch nicht durchgeführt, weil sie einer besonderen Beschlussfassung des Vorstandes des Antragstellers, welche noch nicht erfolgt ist, vorbehalten wurde. Die A***** Sozialnetzwerk gemeinnützige Gesellschaft mbH soll nach dem mit dem antragstellenden Sozialhilfeverband abgeschlossenen Abtretungsvertrag ihre Geschäftsanteile an den beiden neu gebildeten Gesellschaften nur mit dessen Zustimmung veräußern und belasten können. Überdies enthält der Vertrag besondere Bestimmungen über den Rückfall der Geschäftsanteile bei Verstoß gegen vertragliche Verpflichtungen, bei Wegfall des Zweckes oder im Falle der geplanten Auflösung. Durch die Übertragung der Geschäftsanteile an die A***** Sozialnetzwerk gemeinnützige Gesellschaft mbH soll sich nichts an der Zusage des Antragstellers ändern, für die Ansprüche der übernommenen Dienstnehmer einzustehen. Dass die Unternehmen des Antragstellers nicht direkt auf die A***** Sozialnetzwerk gemeinnützige GmbH übertragen wurden, hat seinen Grund darin, dass die in Aussicht genommene Übernehmerin der Geschäftsanteile die zwei Betriebe in eigenen Rechnungskreisen führen will, aber auch um haftungsrechtliche Konsequenzen (§ 1409 ABGB) auszuschließen.

Die Arbeitnehmer bestreiten, dass ihre Arbeitsverhältnisse auf die neu gegründeten Gesellschaften übergegangen sind und beharren darauf, weiterhin in einem Vertragsverhältnis zum Antragsteller zu stehen.

Ausgehend von diesem vom antragstellenden Sozialhilfeverband vorgebrachten und im Verfahren nach § 54 Abs 2 ASGG bindenden Sachverhalt vertritt der Antragsteller die Ansicht, dass die Arbeitsverhältnisse seiner Arbeitnehmer auf die neu gegründeten Gesellschaften übergegangen sind. Wenngleich die zur innerstaatlichen Umsetzung der Betriebsübergangsrichtlinie ergangene Bestimmung des § 3 AVRAG zufolge § 1 Abs 2 Z 1 AVRAG auf Arbeitsverhältnisse zu Gemeindeverbänden nicht anwendbar sei und das Land Oberösterreich als zuständiger Landesgesetzgeber keine Regelung für Gemeindevertragsbedienstete im Sinne der Betriebsübergangsrichtlinie erlassen habe, somit säumig sei, könne auf eine unmittelbare Anwendung der Betriebsübergangsrichtlinie zurückgegriffen werden. Der Antragsteller sei zweifelsohne eine staatliche Einrichtung, der gegenüber sich Bedienstete auf eine unmittelbare Anwendung berufen könnten. Da aber auch die neu gegründeten Gesellschaften (des Privatrechts) zu jeweils 100 % in der Hand des veräußernden Antragstellers stehen, weil dieser jeweils 100 % der Geschäftsanteile halte, müssten auch diese übernehmenden Gesellschaften als „Staat im weiteren Sinne der Judikatur des EuGH" beurteilt werden. Nur für den Fall, dass den übernehmenden Gesellschaften diese Qualifikation nicht zukomme, müsse ein Betriebsübergang und damit ein Übergang der Arbeitsverträge auch aufgrund einer richtlinienkonformen Interpretation des nationalen Rechts angenommen werden. Insbesondere müsse in diesem Fall das AVRAG angewendet werden.

Die Antragsgegner vertraten die Auffassung, der Antragsteller sei als ein Gemeindeverband vom Geltungsbereich des AVRAG ausgenommen. Da die übernehmenden Gesellschaften private Arbeitgeber seien, scheide eine unmittelbare Anwendung der Betriebsübergangsrichtlinie aus, weil der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die unmittelbare Anwendung von Richtlinienbestimmungen gegenüber Privaten grundsätzlich ablehne. Anders liege der Fall nur dann, wenn ein Betriebsübergang von einem öffentlichen oder privaten Rechtsträger auf eine Gebietskörperschaft erfolge, da hier die Voraussetzungen der unmittelbaren Wirkung der Richtlinie erfüllt seien. Zwar sei der Antragsteller noch zu 100 % Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaften, doch bestehe schon jetzt ein schriftlicher Vertrag zur Übertragung dieser Geschäftsanteile auf eine zu 100 % im Privateigentum stehenden Gesellschaft mbH. In den bisher entschiedenen Fällen unmittelbarer Anwendung der Betriebsübergangsrichtlinie sei nie der Wechsel zum Übernehmer strittig gewesen, sondern lediglich die Beibehaltung der Rechte aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis gegenüber dem neuen Arbeitgeber (Erwerber). Im vorliegenden Fall wollten die Arbeitnehmer weiterhin beim Veräußerer beschäftigt bleiben und nicht wechseln. Würde man daher auch hier die Betriebsübergangs-Richtlinie unmittelbar anwenden, so würde der Sinn und Zweck der Richtlinie, nämlich der Schutz der Arbeitnehmer, geradezu „pervertiert", da hier die Übertragung der Arbeitsverhältnisse ausschließlich im Interesse des bisherigen Arbeitgebers (Veräußerers) bzw allfälligen zukünftigen Arbeitgebers (Erwerbers) liege.

Rechtliche Beurteilung

Infolge der gemeinschaftsrechtlichen Bezüge sah sich der erkennende Senat veranlasst, mit Beschluss vom 4. Juni 2003, 9 ObA 260/02d-7, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

„1. Ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung des Privatrechts, deren einziger Gesellschafter ein öffentlich-rechtlicher Sozialhilfeverband (Gemeindeverband) ist und der Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung (Sozialhilfe durch Betreiben einer Werkstätte für Behinderte) übertragen wurden, auch dann noch als „staatliche Einrichtung" mit der Wirkung zu beurteilen, dass ihr gegenüber der nicht ausreichend ins innerstaatliche Recht umgesetzte Art 3 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 lit c der Richtlinien 77/187/EWG idF der Richtlinie 98/50/EG (jetzt: Richtlinie 2001/23/EG) unmittelbar anwendbar ist, wenn der Geschäftsanteil des Sozialhilfeverbandes aufgrund eines Abtretungsvertrages, der nur durch die Zustimmung des Verbandsvorstandes bedingt ist, auf eine rein private Gesellschaft mit beschränkter Haftung übergehen soll?

Sofern diese Frage bejaht wird:

2. Kann sich ein seinen Betrieb veräußernder Sozialhilfeverband (Gemeindeverband) als „staatliche Einrichtung" im Sinn der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften gegenüber seinen Arbeitnehmern, die dem Übergang ihrer Arbeitsverträge auf einen Erwerber (im Sinne der Frage 1) widersprechen und auf den Weiterbestand ihrer Arbeitsverhältnisse zum Veräußerer bestehen, im Falle einer nicht ausreichenden Umsetzung der zur Frage 1. genannten Richtlinienbestimmung selbst auf eine unmittelbare Anwendung des Art 3 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 lit c der zur Frage 1. genannten Richtlinie mit der Wirkung berufen, dass die Arbeitsverträge als auf den Erwerber übergegangen gelten; spielt es dabei eine Rolle, wenn der „staatlichen Einrichtung" als Veräußerer selbst keine Kompetenz zur Gesetzgebung hinsichtlich der innerstaatlichen Umsetzung einer Richtlinie zukommt, sondern diese bei einem übergeordneten Gesetzgeber (Land) liegt?"

Mit Beschluss vom 26. Mai 2005, Rs C-297/03 , beantwortete der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften diese Anfrage wie folgt:

Zur Frage 1: Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung des Privatrechts, deren einziger Gesellschafter ein öffentlich-rechtlicher Sozialhilfeverband (Gemeindeverband) ist, gehört zu den Einrichtungen, denen die Art 3 Abs 1 und 1 Abs 1 Buchstabe c Satz 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen entgegengehalten werden können.

Zur Frage 2: Eine ihren Betrieb veräußernde staatliche Einrichtung kann sich nicht gegenüber einem Arbeitnehmer auf die Art 3 Abs 1 und 1 Abs 1 Buchstabe c der Richtlinie 2001/23 EG berufen, um ihm die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses zu einem Erwerber zur Pflicht zu machen.

Aus der Begründung des Gerichtshofes ist hervorzuheben:

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes können sich die Einzelnen auf unbedingte und hinreichend genaue Bestimmungen einer Richtlinie gegenüber Organisationen oder Einrichtungen berufen, die einem Träger öffentlicher Gewalt einschließlich der Gemeinden oder seiner Aufsicht unterstehen (Randnr 27). Da die Art 3 Abs 1 und 1 Abs 1 Buchstabe c Satz 1 der Richtlinie 2001/23 EG die Voraussetzungen erfüllen, um unmittelbare Wirkung zu entfalten, können diese Bestimmungen gegenüber einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung des Privatrechts herangezogen werden, deren einziger Gesellschafter ein öffentlich-rechtlicher Sozialhilfeverband (Gemeindeverband) ist (Randnr 28). Ohne Bedeutung ist insoweit, dass der Geschäftsanteil eines solchen Verbandes aufgrund eines Abtretungsvertrages, der nur durch die Zustimmung des Verbandsvorstandes bedingt ist, auf eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung übergehen soll, deren einziger Gesellschafter ein privater Verein ist. Denn es handelt sich um ein Projekt, das als solches nicht die Rechtsnatur der ersten Gesellschaft ändern kann (Randnr 29). Zur zweiten Frage führte der Gerichtshof aus:

Es ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung (vgl unter anderem Urteil vom 26. September 1996 in der Rechtssache C-168/95 , Arcaro, Slg 1996, I-4705, Randnr 36 und die dort zitierte Rechtsprechung) eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen kann und dass eine Richtlinienbestimmung daher ihm gegenüber nicht als solche in Anspruch genommen werden kann (Randnr 32). Folglich kann sich eine staatliche Einrichtung nicht gegenüber einem Arbeitnehmer auf die Richtlinie 2001/23 EG berufen, um ihm die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses zu einem oder mehreren Erwerberunternehmen zur Pflicht zu machen (Randnr 33). In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, ob die betreffende staatliche Einrichtung selbst für die Nichtumsetzung der fraglichen Richtlinie verantwortlich ist (Randnr 34).

Daraus ergeben sich für den hier zu begutachtenden Fall folgende Konsequenzen:

Gemäß § 1 Abs 2 Z 1 AVRAG sind vom Anwendungsbereich des Bundesgesetzes Arbeitsverhältnisse zu Ländern, Gemeindeverbänden und Gemeinden ausgenommen. Die Ausnahme des § 1 Abs 2 Z 1 AVRAG gilt sowohl dann, wenn der Veräußerer, als auch dann, wenn der Erwerber ein Land oder eine Gemeinde ist (SZ 72/70; 8 ObA 41/03t; 9 ObA 17/03w). Gegenüber dem Gemeindeverband als Arbeitgeber und Veräußerer kann daher § 3 Abs 1 AVRAG auch hier nicht angewendet werden. Im Verhältnis zu ihm könnte es nur zu einer unmittelbaren Richtlinienwirkung kommen. Auf eben diese kann sich aber der Antragsteller, wie vom EuGH entschieden, nicht berufen, weil die Richtlinie dem Einzelnen gegenüber keine Verpflichtungen begründen kann.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall auch im Verhältnis zur Übernehmergesellschaft das AVRAG keine Anwendung finden kann. Die vom Obersten Gerichtshof zu 8 ObA 41/03t und 9 ObA 17/03w entschiedenen Fälle betrafen nämlich die Veräußerung eines Gemeindebetriebes an in privater Hand befindliche Rechtsträger. Wie insbesondere aus der Beantwortung des Punktes 1. der Anfrage durch den EuGH (s. insbesondere Randnummern 27 und 28) hervorgeht, ist hier aber davon auszugehen, dass auch die Übernehmergesellschaft, deren einziger Gesellschafter der Antragsteller ist, unabhängig von weiter geplanten Übertragungsschritten als „staatliche Einrichtung" zu beurteilen ist. Eine richtlinienkonforme Interpretation der §§ 1 Abs 2 Z 1; 3 AVRAG gebietet daher den zwingenden Schluss, dass die Anwendung des § 3 AVRAG auch gegenüber der Übernehmergesellschaft ausscheidet.

Dies führt dazu, dass die Antragspunkte a bis d, welche den Betriebsübergang betreffen, abzuweisen sind.

Zum Punkt e (Kündigungsverbot) ist Folgendes auszuführen:

Der Antragsteller behauptet nicht einmal, in absehbarer Zeit mit Kündigungen von Arbeitnehmern vorgehen zu wollen. Es ist aber nicht Gegenstand eines Verfahrens nach § 54 Abs 2 ASGG, zu bloß allgemein aufgeworfenen Rechtsfragen jeweils Gutachten zu erstatten. Es ist nicht Sache des OGH, mögliche Fallgruppen zu variieren und rechtlich zu beurteilen. Die Entscheidung hat sich vielmehr im Rahmen der gestellten Anträge auf jene Beurteilung zu beschränken, die zum behaupteten Sachverhalt im Verhältnis der Schlüssigkeit steht (RIS-Justiz RS0085664). Diese notwendigen Voraussetzungen erfüllt hingegen die bloß theoretisch gestellte Kündigungsfrage nicht.

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