OGH 9ObA8/99p

OGH9ObA8/99p17.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Krajcsir und Anton Degen als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Alfred S*****, Kraftfahrer, ***** vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Inge T*****, Gastwirtin, ***** vertreten durch Dr. Dieter Zaponig, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 305.296,66 sA, infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1. Oktober 1998, GZ 7 Ra 136/98v-21, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 26. März 1998, GZ 38 Cga 199/96v-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

14.490 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.415 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß die Leistungen des Klägers nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern als unentgeltliche Betätigung im Rahmen einer Lebensgemeinschaft erbracht worden sind. Es reicht insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Den Revisionsausführungen ist folgendes entgegenzuhalten:

Nach der Rechtsprechung sind von einem Lebensgefährten erbrachte Leistungen grundsätzlich unentgeltlich, es sei denn, daß ein von ihm bewiesener besonderer Rechtsgrund für die Entgeltlichkeit gegeben ist (Arb 9235, SZ 50/123, SZ 69/89; 7 Ob 183/97f). Wird jedoch im Rahmen einer Lebensgemeinschaft ein Arbeitsverhältnis begründet, haben die Regelungen des Arbeitsrechts zur Anwendung zu gelangen (Arb 10.269; 9 ObA 138/97b). Entscheidend ist daher, ob ein Arbeitsverhältnis mit all seinen Wesensmerkmalen der persönlichen Abhängigkeit als das wesentliche und zentrale Merkmal des Arbeitsverhältnisses, der Unterworfenheit unter die funktionelle Autorität des Arbeitgebers, der organisatorischen Gebundenheit, insbesondere an Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle, einer allfälligen Leistungsgebundenheit bzw der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Arbeitnehmers etc vorliegt (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht6 135 f; Arb 10.096; 8 ObA 287/97g ua). Die Entgeltlichkeit allein ist noch kein entscheidendes Merkmal des Arbeitsverhältnisses (Schwarz/Löschnigg aaO 137). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hatte der Kläger keine Arbeitszeiten einzuhalten, sein Lebensunterhalt, der der Beklagten und des Kindes wurden aus den Erträgnissen der Gastwirtschaft bestritten; die Beklagte trug die Kosten für Bekleidung, Freizeitgestaltung, gemeinsame Urlaube, des Führerscheinkurses des Klägers, der Wohnung, des gemeinsamen Fahrzeuges sowie des gemeinsamen Haushaltes. Der Kläger war weder an Weisungen gebunden noch erhielt er welche, konnte machen was er wollte, nahm sich frei wie er wollte, hatte keine Anwesenheitspflicht. Die vereinbarte Entlohnung war eine Art Taschengeld, das der Kläger im gemeinsamen Topf beließ. Der Kläger hielt sich nur zum Schlafen in der im selben Hause befindlichen Wohnung auf und verbrachte den Tag im Gastlokal, wo er seine Mahlzeiten einnahm, Zeitung las, die Gäste unterhielt und mit ihnen Karten, Knofeln, Backgammon und Darts spielte. Er schenkte aber auch aus, räumte Geschirr ab und machte den "Schlußdienst" ab 20,00 oder 21,00 Uhr bis zur Sperrstunde, nachdem die Beklagte zu dieser Zeit das Gastlokal verließ, um den gemeinsamen Haushalt zu erledigen. Zeitweise war sie aber auch abends anwesend. Es wurden weder Stundenaufzeichnungen noch eine Urlaubskartei geführt.

Unter diesen Voraussetzungen ist die Beurteilung der Umstände des Einzelfalles durch das Berufungsgericht, daß kein Arbeitsverhältnis vorlag, sondern im Rahmen einer Lebensgemeinschaft erbrachte Leistungen ohne Erwartung auf ein bei einem echten Arbeitsverhältnis zustehendes Entgelt zutreffend. Das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses hängt nämlich nicht nur von einer Lohnvereinbarung und der vereinbarten Anmeldung zur Sozialversicherung ab. Ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, ist auch nicht danach zu beurteilen, wie die Streitteile ihr Verhältnis deklariert haben; entscheidend ist der Inhalt der von ihnen ausdrücklich oder schlüssig getroffenen Vereinbarungen (Arb 10.529; 9 ObA 351/97a, 8 ObA 353/97p, 7 Ob 514/98).

Sowohl die Vereinbarung der Anmeldung des nach seinem Führerscheinentzug nicht mehr sozialversicherten Klägers zur Sozialversicherung mit dem geringstmöglichen Lohn und die damit zusammenhängende Lohnvereinbarung sind nur Indizien für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Der Umstand, daß der Kläger ca 10 Stunden im Gastlokal, wo er auch seine Freizeit verbrachte, zugebracht hat, ist rechtlich ohne Bedeutung. Die Mitarbeit des Klägers wich durch sein mangelndes Unterordnungsverhältnis, die mangelnde Arbeitszeitregelung und Anwesenheitspflicht sowie den Umstand, daß der Kläger machen konnte, was er wollte, sich freinehmen konnte, wann er wollte und keine Weisungen erhielt, in wesentlichen Belangen von der üblichen Gestaltung eines Arbeitsverhältnisses ab. Der Kläger konnte daher seinen Standpunkt, daß ein Arbeitsverhältnis vorlag, nicht verifizieren, so daß seine Mitarbeit im Erwerb der beklagten Lebensgefährtin im Zweifel unentgeltlich war. Ist aber seine Mitwirkung im Hinblick auf die Lebensgemeinschaft, nicht jedoch in der Erwartung, für seine Mitwirkung außer durch das ihm ohnehin zugekommene Taschengeld abgegolten zu werden, erfolgt, lag auch keine zweckverfehlende Arbeitsleistung vor, die einen Kondiktionsanspruch begründen könnte (SZ 63/91; 1 Ob 566/90 ua).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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