Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Antrag des Revisionswerbers, im Sinne des Art 89 Abs 2 B-VG beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der Bestimmungen des § 33 Abs 2 Z 3 ArbVG und des § 1 Abs 2 B-PVG wegen Verfassungswidrigkeit zu beantragen, wird zurückgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.245,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist seit längerem bei der beklagten Partei beschäftigt. Mit Dienstanweisung Nr. 40 vom 1. März 1989 ordnete die beklagte Partei für den 29. und 30. November 1989 eine Wahl der Personalvertretung im Sinne der Wahlordnung zu § 9 der Personalvertretungsvorschrift an.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß die Personalvertretungsvorschrift und die Wahlordnung zur Personalvertretungsvorschrift der beklagten Partei in der derzeit geltenden Fassung sowie die Ausschreibung der Personalvertretungswahl 1989 unwirksam seien. Die Beklagte sei sowohl von dem die Personalvertretung regelnden Bestimmungen des ArbVG als auch jenen des Bundes-Personalvertretungsgesetzes ausgenommen, so daß es keine gesetzliche Grundlage für eine Vertretung der Interessen der Dienstnehmer der beklagten Partei gebe. Die beklagte Partei habe lediglich Dienstanweisungen in Ausformung der privatrechtlichen Dienstverträge erlassen, die einseitig eine sogenannte Personalvertretungsvorschrift zum Inhalt hätten. Eine Personalvertretung und eine Wahlordnung auf Grund von Dienstanweisungen seien keine Akte der Belegschaft und diese Einrichtungen widersprächen den elementarsten Grundsätzen des Rechtsverständnisses eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses. Durch die Erlassung dieser Anweisungen schaffe die beklagte Partei Organisationsstrukturen der Dienstnehmer und greife einseitig in das Rechtsverhältnis der Streitteile ein.
Die genannten Dienstanweisungen wirkten sich auf das Dienstverhältnis des Klägers nachteilig aus. Die nachteiligen Einflüsse seien im wesentlichen darin gelegen, daß den Mitgliedern des Zentralausschusses und der nachgeordneten Ausschüsse der Personalvertretung in Besetzungskommissionen, Disziplinarkommissionen, Einstufungskommissionen und im Verwaltungsrat ein Mitspracherecht eingeräumt sei. Das Feststellungsinteresse des Klägers ergebe sich daraus, daß nach den Regelungen der beklagten Partei alle vier Jahre neuerlich eine Wahl durchgeführt werde. Die Nichtausübung des Wahlrechts sei jedoch nicht mit Sanktionen bedroht.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Dem Kläger fehle das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Dienstanweisungen der beklagten Partei über die Wahl einer Belegschaftsvertretung weder gegen eine gesetzliche Bestimmung verstießen noch den Dienstvertrag verletzten. Die beklagte Partei habe der Belegschaft durch diese Dienstanweisungen lediglich gewisse Beratungs- und Mitwirkungsfunktionen eingeräumt, ohne daß dadurch die Entscheidungsbefugnis auf die Belegschaft übergegangen sei. Soweit die beklagte Partei im Rahmen ihrer privatrechtlichen Dispositionsbefugnis damit auch Interessen der Dienstnehmer durch eine entsprechende Organisationsstruktur berücksichtige, handle sie - aus der Rechtsposition des Klägers gesehen - nicht anders, als würde sie einen bestimmten Dienstnehmer selbst namentlich mit der Wahrung dieser Interessen beauftragen oder überhaupt nicht darauf Bedacht nehmen. Die Wahrnehmung dieser Interessen obliege nach der arbeitsvertraglichen Lage dem jeweiligen Vertragspartner, also dem Dienstnehmer selbst. Die Fürsorgepflicht des Dienstgebers beinhalte nicht die Verfolgung der allgemeinen Interessen der Dienstnehmer. Diese Aufgabe komme im Bereich des Arbeitsverfassungsrechts den Belegschaftsorganen zu. Das Arbeitsverfassungsrecht sei aber in dem hier maßgeblichen Teil auf Grund der Bestimmungen des § 33 Abs 2 Z 3 ArbVG nicht anwendbar.
Eine konkrete Position aus dem Arbeitsvertrag, in welche die Dienstanweisungen eingriffen, mache der Kläger nicht geltend. Er habe aus der Nichtbefolgung der "Dienstanweisung" keinerlei Sanktionen zu befürchten. Er habe auch nicht dargetan, daß er einen Anspruch auf eine bestimmte Besetzung von Kommissionen und Organen der beklagten Partei habe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteige. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß auf die allgemeinen rechtspolitischen Erörterungen des Berufungswerbers nicht einzugehen sei. Soweit die Einräumung eines Mitgestaltungsrechtes auf der privatrechtlichen Dispositionsbefugnis des Dienstgebers beruhe, bedürfe es keiner Festlegung in einer Vertragsschablone.
Gegen dieses Urteil richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers, der in erster Linie einen Aufhebungsantrag stellt und in eventu begehrt, die angefochtene Entscheidung nach Durchführung eines Normenprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof im Sinne des Klagebegehrens abzuändern.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß der Kläger ganz allgemein die Feststellung begehrt, daß die Personalvertretungsvorschrift und die Wahlordnung zur Personalvertretungsvorschrift der beklagten Partei schlechthin sowie die Ausschreibung der Personalvertretungswahl 1989 unwirksam seien. Sein in erster Instanz weiters gestelltes Unterlassungsbegehren war ungerügt nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens und ist auch nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Die Feststellungsklage richtet sich im Ergebnis gegen die Geltung der auf privatrechtlicher Grundlage erlassenen Personalvertretungsvorschrift
(vgl. VfGHSlg 5.191/1966), sohin gegen die privatautonome Personalvertretung der Beklagten an sich (vgl. Schrammel, Das Sonderarbeitsrecht der Gebietskörperschaften auf dem Prüfstand, ZAS 1988, 187 ff, insbes 192 f; Strasser in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 II 251).
Voraussetzung einer Feststellungsklage nach § 228 ZPO ist, daß der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines näher bezeichneten Rechts oder Rechtsverhältnisses hat. Daraus folgt, daß ein unmittelbarer aktueller Anlaß zur Klageführung gegeben sein muß; dies ist besonders dann der Fall, wenn die Rechtsposition des Klägers gefährdet erscheint. Weiters ist erforderlich, daß das gegenständliche Rechtsverhältnis eine unmittelbare rechtliche Wirkung auf die Rechtsstellung des Klägers ausübt. Das Vorliegen eines solchen rechtlichen Interesses ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (vgl. Fasching ZPR Rz 1072, 1096 ff mwH; Kuderna, ASGG § 54 Erl 6 mwH).
Soweit der Kläger Belegschaftsrechte geltend machen will, ist er dazu nicht legitimiert. Materieller Träger der betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse sind nicht die Belegschaftsorgane oder die einzelnen Dienstnehmer, sondern die Belegschaft als Ganzes, die durch die Organisationsnormen des Betriebsverfassungsrechts erst in die Lage versetzt wird, Organe zu bestellen, durch die sie handlungsfähig wird (Floretta-Strasser, Kommentar zum ArbVG 242 f und 251 f; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 586; 9 Ob A 262/89). Dem Kläger kann aber auf Grund seines Vorbringens auch keine dienstvertragliche Gefährdung seiner Rechtsposition zugebilligt werden.
Wie schon das Erstgericht zutreffend erkannte, macht der Kläger konkrete Rechtspositionen, die durch die bekämpften Dienstanweisungen betroffen wären, gar nicht geltend. Er hat insbesondere nicht behauptet, in einem Anspruch auf bestimmte Mitbestimmungsrechte verkürzt oder durch eine bestimmte Maßnahme betroffen worden zu sein. In diesem Sinn hat auch bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. März 1990, GZ G 10-14/89-11, V 12/89-11, über eine Individualbeschwerde des Klägers festgestellt, daß die Bestimmungen des § 33 Abs 2 Z 3 ArbVG und des § 1 Abs 2 B-PVG weder in die Rechtssphäre des Klägers unmittelbar eingreifen noch diese aktuell beeinträchtigen. Ist aber die Feststellungsklage des Klägers schon mangels des erforderlichen rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung der Unwirksamkeit der Personalvertretungsvorschriften der beklagten Partei abzuweisen, kommt eine Anwendung der genannten Bestimmungen ohnehin nicht in Betracht. Mangels eines Antragsrechts, ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten, ist der diesbezügliche Antrag des Revisionswerbers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 50 und 41 ZPO begründet.
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