OGH 9ObA65/21f

OGH9ObA65/21f28.7.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Thomas Stegmüller (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Angela Taschek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler ua, Rechtsanwälte in St. Florian, gegen die beklagte Partei C***** AG, *****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Entlassungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. April 2021, GZ 11 Ra 22/21s‑21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:009OBA00065.21F.0728.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen haben übereinstimmend die von der Beklagten am 5. 11. 2019 ausgesprochene Entlassung des Klägers wegen Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des § 27 Z 1 letzter Fall AngG als berechtigt angesehen, weil der Kläger das mit dem Direktor des Standorts der Beklagten in ***** im Beisein des Betriebsratsvorsitzenden geführte Gespräch heimlich mit seinem Mobiltelefon aufgezeichnet und dieses in der Folge seinem nicht am Gespräch beteiligten unmittelbaren Vorgesetzten zur Kenntnis gebracht habe.

Rechtliche Beurteilung

[2] Diese – immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu erfolgende – Beurteilung (RS0106298) steht mit der ständigen Rechtsprechung (RS0031784) in Einklang. Mit seiner außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.

[3] 1. Soweit der Kläger die Rechtmäßigkeit seines Verhaltens unter Bezugnahme auf Art 6 Abs 1 lit f DSGVO mit den „Umständen im Betrieb“, die ihn sehr belastet hätten, insbesondere dem nicht wertschätzenden Umgang der Beklagten mit ihren Mitarbeitern und seinem mangelnden Vertrauen in den Betriebsrat begründen will, legt er nicht dar, worin konkret seine berechtigten Interessen an der heimlichen Tonbandaufnahme lagen. Seine Behauptung, er habe befürchtet, man wolle beim Gespräch einen Entlassungsgrund konstruieren, war nicht erweislich. Dass den Kläger die mit der Betriebsvereinbarung mit Wirkung vom 1. 7. 2019 vorgenommene Zeitfaktorenreduzierung belastete, rechtfertigt das Vertrauensunwürdigkeit begründende Vorgehen des Klägers nicht.

[4] 2. Mit dem Sachverhalt, der der Entscheidung des EGMR vom 17. 10. 2009, Lopez Ribalda ua gegen Spanien, 1874/13 und 8567/13 zugrunde lag, ist der hier vorliegende nicht vergleichbar.

[5] 3. Mit seinen Überlegungenzur Verwirkung des Entlassungsrechts verstößt der Revisionswerber gegen das Neuerungsverbot des §  504 ZPO, weil er im erstinstanzlichen Verfahren kein entsprechendes Tatsachenvorbringen (vgl RS0029014) erstattet hat. Geltend gemacht wurde lediglich, dass der Entlassungsausspruch verspätet erfolgt sei, weil im Betrieb schon im Oktober die Tonbandaufnahme bekannt gewesen sei. Darauf kommt die außerordentliche Revision aber nicht mehr zurück.

[6] 4. Da nicht feststeht, dass – wie in der außerordentlichen Revision behauptet wird – die heimliche Tonbandaufnahme eine Reaktion des Klägers auf den einseitigen Eingriff der Beklagten in die zwischen den Parteien bestandene Entgeltvereinbarung gewesen sei, zu der sich der Kläger durch das Fehlverhalten der Beklagten hinreißen habe lassen, ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagten sei eine Weiterbeschäftigung des Klägers unzumutbar gewesen, weil die notwendige Vertrauensbasis zwischen den Parteien durch das rechtswidrige Vorgehen des Klägers derart schwer erschüttert gewesen sei, aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls (RS0103201) nicht zu beanstanden.

[7] Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

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