Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war seit 18. März 1991 bei der beklagten Partei als Verkaufsleiterin beschäftigt und bezog zuletzt ein monatliches Bruttogehalt inklusive Überstundenpauschale von 71.679,20 S. Im Jänner 1992 schränkte die beklagte Partei wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten ihre Produktpalette ein und senkte die Personalkosten. Am 29.Jänner 1992 kündigte die beklagte Partei das Dienstverhältnis mit der Klägerin zum 31.März 1992 auf. Der Klägerin wurde die Kündigung mündlich mitgeteilt. Gleichzeitig erhielt sie ein Kündigungsschreiben und ein Schreiben mit dem Titel "Freistellungsvereinbarung", in dem es unter anderem heißt:
"Wir beziehen uns auf das Kündigungsschreiben vom 29.Jänner 1992 und halten hiemit nachfolgendes fest: Den Urlaubsanteil, welcher der Dienstnehmerin zusteht, konsumiert diese ab sofort. Nach Beendigung dieses Urlaubes ist die Dienstnehmerin dienstfreigestellt."
Die Klägerin erklärte sofort mündlich und schriftlich, daß sie zwar mit der Dienstfreistellung während der Kündigungsfrist einverstanden sei, nicht aber mit der Urlaubskonsumation während der Kündigungsfrist. Mit Schreiben vom 29.Jänner 1992 erklärte die Klägerin gegenüber der beklagten Partei, daß sie einer Dienstfreistellung ab 30.Jänner 1992 zustimme, jedoch um Überweisung der Urlaubsentschädigung für 37 Urlaubstage bitte.
Die Geschäftsführer der beklagten Partei, die im Auftrag der Leitung des Mutterunternehmens in der Schweiz die Kündigung durchzuführen hatten, waren sich über die österreichische Gesetzeslage nicht im klaren. Sie nahmen das Schreiben der Klägerin vom 29.Jänner 1992 ausdrücklich zur Kenntnis, vermerkten aber hinsichtlich der Forderung der Klägerin auf Urlaubsentschädigung für 37 Urlaubstage:
"Vorbehaltlich der österreichischen Rechtslage". Die Klägerin stimmte der Konsumation ihres Urlaubs von 37 Werktagen während der Kündigungsfrist nicht zu.
In der Zeit der Dienstfreistellung vom 30.Jänner 1992 bis 31.März 1992 führte die Klägerin verschiedene Telefonate, um den Kunden und Lieferanten ihr plötzliches Ausscheiden aus dem Unternehmen plausibel zu machen. In der Zeit vom 15.Februar 1992 bis 2.März 1992 begleitete die Klägerin ihren Freund bei einer von der österreichischen Bundeswirtschaftskammer initiierten Reise nach Sri Lanka. Die Klägerin nahm an dieser Reise als Privatperson teil. Zweck der Reise war es, die Möglichkeit von Sonderreiseveranstaltungen durch die vom Freund der Klägerin betriebene Handelsagentur O***** in dieses Gebiet auszuloten. Zu diesem Zweck nahmen die Klägerin und ihr Freund an verschiedenen Gesprächen mit Hotelinhabern und Reiseveranstaltern teil. Für die Teilnahme an dieser Reise legte die Klägerin ihrem Freund eine Honorarnote von 8.800 S.
Die Klägerin begehrt 111.865,62 S netto samt 8 % Zinsen seit 29. Jänner 1992. Unter Zugrundelegung eines Bruttobetrages von 119.005,98 S an Urlaubsentschädigung für 37 Werktage errechne sich der eingeklagte Nettobetrag. Die Klägerin habe einer Konsumation ihres Urlaubes während der Kündigungsfrist nicht zugestimmt. Die Klägerin nehme Kredit in Höhe des Klagsbetrages in Anspruch und habe hiefür Zinsen im Ausmaß von 8 % p.a. zu zahlen. Der Beklagten falle grob fahrlässiger Zahlungsverzug zur Last.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Konsumation des Urlaubs sei der Klägerin während der Dienstfreistellung zumutbar gewesen.
Das Erstgericht gab der Klage mit einem Betrag von 69.538 S netto samt 4 % Zinsen seit 1.April 1992 statt und wies das Mehrbegehren von 42.327,62 S netto sowie das Zinsenmehrbegehren ab. Im Umfang des Zeitraumes der Reise nach Sri Lanka habe die Klägerin der Urlaubskonsumation schlüssig zugestimmt, so daß sie lediglich Anspruch auf Urlaubsentschädigung für 23 Werktage habe. Die Klägerin habe weder einen Kredit aufgenommen noch ihr Gehaltskonto überzogen, so daß ihr die behauptete Zinsenbelastung nicht entstanden sei. Im Hinblick auf die Fälligkeit der Urlaubsentschädigung mit Beendigung des Dienstverhältnisses stünden ihr Zinsen erst ab 1.April 1992 zu.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Auch während der Kündigungsfrist sei der Zeitraum des Urlaubs zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse des Betriebes und die Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers zu vereinbaren. Die Aufforderung an die Klägerin, den ihr zustehenden Urlaub ab sofort zu konsumieren, sei ein Anbot auf Abschluß einer Urlaubsvereinbarung. Diese sei durch die Klägerin für den Zeitraum ihres Urlaubes in Sri Lanka schlüssig angenommen worden. Das UrlG sichere dem Arbeitnehmer lediglich die Möglichkeit zur Erholung, es wolle ihn aber nicht zur Erholung zwingen. Was die Klägerin während ihres Aufenthaltes in Sri Lanka gemacht habe, sei daher unerheblich. Eine kürzere als eine dreimonatige Kündigungsfrist schließe den Naturalverbrauch des Urlaubs nicht aus. Der Urlaubsanspruch umfasse die Freistellung von der Arbeit und die Fortzahlung des Entgelts für diesen Zeitraum; nur soweit der Anspruch auf Freistellung von der Arbeit nicht mehr verwirklicht werden könne, bleibe der Anspruch auf Fortzahlung des Entgeltes im Wege der Urlaubsentschädigung bestehen. Dies treffe nur für den Zeitraum zu, für den es trotz Dienstfreistellung zu keiner Urlaubsvereinbarung gekommen sei. Über die Höhe der gesetzlichen Zinsen hinausgehende Verzugszinsen stünden der Klägerin nicht zu, weil die Inanspruchnahme des Gerichtes zur Klärung strittiger Rechtsfragen nicht als grobe Fahrlässigkeit zu qualifizieren sei.
Gegen den abweisenden Teil des Urteils richtet sich die Revision der Klägerin aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens unter Zuspruch der Zinsen ab 1.April 1992 abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die behaupteten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Mit dem Vorbringen, das Erstgericht habe von den Behauptungen der beklagten Partei nicht gedeckte, überschießende Feststellungen getroffen, macht die Revisionswerberin einen in der Berufung nicht gerügten Verfahrensmangel erster Instanz geltend, der auch im Verfahren in Arbeitsrechtssachen nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens ist (siehe RZ 1989/16).
Der vom Erstgericht in die Feststellungen aufgenommene Satz, daß die Kläger weder zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung noch zu einem späteren Zeitpunkt einer Konsumation ihres Urlaubs von insgesamt 37 Werktagen während der Kündigungsfrist zustimmte, ist im Hinblick auf seinen Feststellungscharakter dahin zu verstehen, daß eine ausdrückliche Zustimmung der Klägerin zum Urlaubsverbrauch nicht vorlag und hinderte die Vorinstanzen daher nicht, aus dem übrigen festgestellten Sachverhalt rechtlich eine schlüssige Zustimmung der Klägerin zum Urlaubsverbrauch abzuleiten.
Zu Unrecht wendet sich die Revisionswerberin auch gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes.
Gemäß § 9 Abs 1 UrlG gebührt die Urlaubsentschädigung in Höhe des noch ausstehenden Urlaubsentgelts dann, wenn das Arbeitsverhältnis nach Entstehen des Urlaubsanspruches, jedoch vor Verbrauch des Urlaubs endet. Der Anspruch auf Urlaubsentschädigung entsteht daher nicht schon mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sondern erst mit dessen Beendigung, da bis dahin der Verbrauch des Urlaubs in natura noch möglich ist; davon abgesehen, steht vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht fest, ob es nicht während der Kündigungsfrist durch eine zum Verlust des Anspruches auf Urlaubsentschädigung führende Art vorzeitig beendet wird (siehe Arb
10.409 = SZ 58/30). Das Begehren der Klägerin auf Überweisung der Urlaubsentschädigung schon unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung war daher unberechtigt.
Es ist vielmehr zu prüfen, ob die Klägerin einen Teil des bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses entstandenen Urlaubsanspruches bis zum Ende der Kündigungsfrist verbraucht hat. Die Revisionswerberin vertritt die Auffassung, daß ihre Reise nach Sri Lanka mangels Zustandekommen einer Urlaubsvereinbarung nicht als Urlaubsverbrauch zu werten sei.
Das Erfordernis einer Konkretisierung des dem Grunde nach zustehenden Urlaubsanspruches durch Abschluß einer Vereinbarung über den Zeitraum des Urlaubsverbrauches wurde zum Ausgleich der einander allenfalls widersprechenden, an den betrieblichen Erfordernissen orientierten Vorstellungen des Arbeitgebers und der an den Erholungsmöglichkeiten orientierten Wünsche des Arbeitnehmers normiert (siehe Cerny Urlaubsrecht6 § 4 Anm 1; Klein-Martinek Urlaubsrecht § 4 Rz 1.1 und 2.3). Zieht man in Betracht, daß die Art und Weise der Urlaubsgestaltung dem Arbeitnehmer obliegt und es ihm selbst überlassen bleiben muß, wo und wie er seinen Urlaub verbringt, ohne daß dem Arbeitgeber Kontrollrechte bezüglich der Verwirklichung des Erholungszweckes zustünden (siehe Cerny aaO § 2 Anm 1; Klein-Martinek aaO § 4 Rz 2.3; Dusak, Ausgewählte Probleme des Urlaubsrechts ZAS 1985, 54 ff [57]; WBl 1993, 53; vgl auch Tomandl, Die Vergütung nicht verbrauchten Urlaubs, ZAS 1987, 1 ff [2]), dann hat die Erholungsmöglichkeit als vom Gesetzgeber unterstellter Beweggrund für die Inanspruchnahme des Urlaubs durch den Arbeitnehmer lediglich für die Lösung von Interessenkonflikten über den Urlaubsverbrauch Bedeutung (etwa bei der Interessenabwägung nach § 4 Abs 1 UrlG sowie bei Beurteilung der Zumutbarkeit des Urlaubsverbrauches nach § 9 Abs 1 Z 4 UrlG), ist aber nicht für die Beurteilung entscheidend, ob eine vom Arbeitnehmer in Anspruch genommene bezahlte Freizeit als Urlaub zu werten ist. Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, hätte die Klägerin für ihre Reise nach Sri Lanka - jedenfalls ohne Dienstfreistellung - Urlaub benötigt, unabhängig, ob sie diese Reise zur Erholung oder zu anderen, nicht im Interesse der beklagten Partei liegenden Zwecken unternahm. Sie hat mit der Teilnahme an der Reise daher bezahlte Freizeit für Zwecke verbraucht, die während des aufrechten Dienstverhältnisses anders als durch die Inanspruchnahme von Urlaub nicht rechtmäßig verwirklicht werden konnten. Da die Treuepflicht bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortdauert (Schwarz-Löschnig Arbeitsrecht4 227; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser Arbeitsrecht3 I 146; Mayer-Maly in Mayer-Maly-Marhold Arbeitsrecht I 107) und durch die Dienstfreistellung lediglich die Hauptpflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung entfällt, die Treuepflicht aber nicht berührt wird (vgl SZ 59/26), ist zu prüfen, ob die Klägerin verpflichtet war, die beklagte Partei von der von ihr beabsichtigten Verwendung der bezahlten Freizeit für eine Urlaubsreise zu verständigen. Selbst wenn nun die Klägerin aus dem Verhalten der beklagten Partei erschließen konnte, daß diese der von ihr beabsichtigten Verwendung ihrer bezahlten Freizeit für die Urlaubsreise nicht entgegentreten werde, war sie wenigstens zu einer Verständigung der beklagten Partei von ihrer Absicht verpflichtet, da es mit der Treuepflicht nicht vereinbar ist, das Anbot des Arbeitgebers zum Abschluß einer Urlaubsvereinbarung während der Dienstfreistellung zur Gänze abzulehnen, um dann doch hinter dem Rücken des Arbeitgebers die bezahlte Freizeit zu einem erheblichen Teil tatsächlich für Zwecke zu verwenden, die die Gewährung von Urlaub erfordert hätten. Wenn die Revisionswerberin daher das Nichtzustandekommen einer Urlaubsvereinbarung ins Treffen führt, ist ihr zu erwidern, daß niemand seine Rechtsposition dadurch verbessern kann, daß er sich auf sein rechtswidriges Verhalten beruft (siehe Koziol-Welser Grundriß9 I 27), so daß ungeachtet des von der Klägerin treuwidrig vereitelten Zustandekommens einer Urlaubsvereinbarung die von ihr tatsächlich für Urlaubszwecke verwendete bezahlte Freizeit als Urlaubsverbrauch bei Ermittlung der Urlaubsentschädigung zu berücksichtigen ist.
Auch wenn daher die tatsächliche Inanspruchnahme bezahlter Freizeit für Urlaubszwecke im Hinblick auf die vorangegangenen Erklärungen der Klägerin und das Unterbleiben einer Verständigung des Arbeitgebers von der beabsichtigten Reise nicht mit Sicherheit darauf schließen läßt, daß die Klägerin damit ein Anbot ihres Arbeitgebers zum Abschluß einer Urlaubsvereinbarung annehmen wollte und daher das Zustandekommen einer Urlaubsvereinbarung durch schlüssige Annahme mangels Verpflichtungswillens der Klägerin zu verneinen ist (siehe Bydlinski Privatautonomie 94 ff; Koziol-Welser aaO 115 f; Rummel in Rummel ABGB2 I § 863 Rz 25), ist der von der Klägerin geltend gemachte Urlaubsentschädigungsanspruch für diesen Zeitraum unberechtigt.
Zum selben Ergebnis gelangt man im übrigen auch dann, wenn man der Anregung von Bydlinski (aaO 99) und Koziol-Welser (aaO 116) folgend, dem Arbeitgeber für die Verwendung der von ihm bezahlten Freizeit für Urlaubszwecke zum Nutzen des Arbeitnehmers ohne Zustandekommen einer Urlaubsvereinbarung und damit einer rechtlichen Grundlage für den Urlaubsverbrauch einen Bereicherungsanspruch im Sinne des § 1041 ABGB zubilligte.
In der zwar einen ähnlich gelagerten Fall, aber nur einen möglichen Urlaubsverbrauch von zwei bis drei Tagen betreffenden Entscheidung Arb 10.000 setzte sich der Oberste Gerichtshof lediglich mit der Frage des Zustandekommens einer Urlaubsvereinbarung als Voraussetzung für den Urlaubsverbrauch während der Zeit der Dienstfreistellung, nicht aber mit der weiteren Frage der Folgen einer treuwidrigen Vereitelung einer Urlaubsvereinbarung auseinander. Die Auffassung, tatsächlich für Urlaubszwecke verwendete bezahlte Freizeit sei nur bei Zustandekommen einer Urlaubsvereinbarung als die Urlaubsentschädigung mindernder Urlaubsverbrauch zu berücksichtigen, kann daher in dieser Allgemeinheit nicht aufrechterhalten werden.
Was die Höhe der Verzugszinsen betrifft, reicht es hin, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils hinzuweisen (§ 48 ASGG).
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.
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