OGH 9ObA605/92

OGH9ObA605/9224.2.1993

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Dafert und ARat Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der Antragstellerin KAMMER für ARBEITER und ANGESTELLTE für OBERÖSTERREICH, Linz, Volksgartenstraße 40, vertreten durch Mag. Johannes Winkler, Referent der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, Linz, Volksgartenstraße 40, wider die Antragsgegnerin STADT LINZ, Linz, Hauptplatz 1, vertreten durch Dr. Gottfried Eypeltauer und Dr. Alfred Hawel, Rechtsanwälte in Linz, über den nach § 54 Abs 2 ASGG gestellten Feststellungsantrag in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag, festzustellen, daß die im 44-Stunden-Turnus-Dienst beschäftigten Vertragsbediensteten der Antragsgegnerin, unabhängig von Urlauben und entgeltfortzahlungspflichtigen Krankenständen Anspruch auf eine Vergütung für verlängerten Dienstplan haben, die bei Pauschalierung pro Monat mindestens 17,32 Stundenentgelte zu betragen habe, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Antragstellerin ist eine gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer im Sinne des § 4 Abs 1 ArbVG. Die Antragsgegnerin ist als Gebietskörperschaft eine juristische Person des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs 2 OÖ LGBl 1980/10) und iSd § 7 ArbVG kollektivvertragsfähig. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin sind daher gemäß § 54 Abs 2 ASGG als Parteien des besonderen Feststellungsverfahrens legitimiert.

Die Antragstellerin begehrt die aus dem Spruch ersichtliche Feststellung und behauptet zur Begründung ihres Antrages folgenden Sachverhalt:

Im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Linz, einem Betrieb der Antragsgegnerin, arbeitet ein großer Teil der Belegschaft (jedenfalls mehr als drei Arbeitnehmer) in einem 44-Stunden-Turnus. Laut Dienstplan müssen im Durchschnitt 44 Wochenstunden geleistet werden. Die Mehrdienstleistung über 40 Wochenstunden wird durch einen monatlichen Pauschalbetrag abgegolten, der 12mal im Jahr in gleicher Höhe verrechnet wird. Die Antragsgegnerin ermittelt den Pauschalbetrag dadurch, daß sie das Stundenentgelt mit 15 multipliziert. Sie geht nämlich davon aus, daß die Dienstnehmer im Jahr wegen Urlaub und Krankenstand im Durchschnitt nur während 46 Wochen tatsächlich Mehrdienstleistungen erbringen (4 x 46 : 12 = 15,33). Alle Dienstverträge verweisen auf die Geltung der Vertragsbedienstetenordnung der Stadt Linz (VBO). Ein Kollektivvertrag besteht nicht.

Dazu führt die Antragstellerin aus, daß gemäß § 13 VBO für die Nebengebühren die einschlägigen Vorschriften für die Beamten der Stadt Linz sinngemäß anzuwenden seien. § 30 Abs 1 des OÖ Statutargemeindegesetzes LGBl 1956/37, enthalte aber keine Regelung über die Vergütung von Mehrleistungen; auch habe der Linzer Gemeinderat von seiner Verordnungskompetenz iSd § 30 Abs 3 leg cit in bezug auf die Mehrleistungsabgeltung keinen Gebrauch gemacht. Nach der Generalklausel des § 2 leg cit seien daher die einschlägigen Bestimmungen des OÖ Landesbeamtengesetzes 1954 idF LGBl 1975/29 anzuwenden, die ihrerseits auf die §§ 15 bis 20 des GehG 1956 verweisen.

§ 16a GehG sehe für den Fall eines verlängerten Dienstplans eine Pauschalvergütung vor. Übersteige die Arbeitszeit 40 Stunden pro Woche, gebühre gemäß § 16a Abs 3 iVm § 15 Abs 3 GehG ein monatliches Mehrdienstpauschale, das den ermittelten Durchschnittswerten angemessen sein müsse. Bei der Ermittlung der Durchschnittswerte sei

§ 15 Abs 5 GehG zu berücksichtigen, wonach der Anspruch auf pauschalierte Nebengebühren durch Urlaub und Krankheit ebensowenig berührt werde, wie durch eine sonstige Abwesenheit bis zu einem Monat. Für diese Zeiträume sei das Mehrleistungspauschale fortzuzahlen; und die Durchschnittswerte dürften nicht vermindert werden. Den Bediensteten stehe es aber frei, ein Begehren auf Nebengebühren durch Einzelverrechnung zu stellen. Auf den Dienst im 44-Stunden-Turnus bezogen bedeute diese Regelung, daß die Dienstnehmer bei pauschalierter Berechnung Anspruch auf 4 x 4,33 = 17,32 Stunden Mehrdienstleistungsvergütung pro Monat haben. Die Verrechnung von lediglich 15 Stunden pro Monat führe aber dazu, daß 2,32 Stunden pro Monat bzw. 27,84 pro Jahr nicht abgegolten würden. Diese Vorgangsweise widerspreche dem Lohnausfallsprinzip und verstoße nicht nur gegen die im Sinne der VBO anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen, sondern auch gegen die infolge der Untätigkeit des Landesgesetzgebers weiter geltenden zwingenden Regelungen des § 8 AngG und des § 3 EFZG.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Feststellungsantrag abzuweisen. Richtig sei, daß auf Grund der Verweisung in der VBO die Bestimmungen des GehG zur Anwendung kommen. Gemäß § 15 Abs 3 GehG habe das Überstundenpauschale "den ermittelten Durchschnittswerten unter Bedachtnahme auf Abs 5 angemessen zu sein". Damit komme nur zum Ausdruck, daß bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage für das Überstundenpauschale darauf Bedacht zu nehmen sei, daß das Pauschale gemäß § 15 Abs 5 GehG auch während der Dauer eines Urlaubs etc. weiterzuzahlen sei. Eine entsprechende Berücksichtigung der Zeiten, in denen keine Überstunden geleistet werden, könne sohin nur erfolgen, wenn die in § 15 Abs 5 GehG genannten Zeiten von der Berechnungsgrundlage für das Überstundenpauschale ausgenommen werden. Dieses Verständnis entspreche nicht nur dem Gesetzeswortlaut, sondern auch den Erläuternden Bemerkungen (EB) zur 24. Gehaltsgesetz-Novelle und dem Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 9.11.1972, Zl 120.000-3b/72. Die Antragstellerin übersehe, daß § 15 Abs 5 GehG nicht etwa einen Anspruch auf ein Überstundenpauschale während der Zeit des Urlaubs begründe, sondern lediglich die Fortzahlung des Überstundenpauschales für die Zeit des Urlaubs etc anordne. Eine Vorschrift über die Berechnung des Überstundenpauschales enthalte diese Bestimmung nicht.

Durch die von der Antragstellerin vertretene Auffassung wären alle jene Vertragsbediensteten, die ein Überstundenpauschale erhalten, besser gestellt als jene Dienstnehmer, deren Überstunden einzeln verrechnet werden. Bei der Einzelverrechnung bestehe nämlich so wie nach § 24 VBG für die Zeit des Urlaubs etc kein Anspruch auf Fortzahlung der regelmäßig geleisteten Überstunden. Das Arbeitszeitgesetz sei gemäß § 1 Abs 2 Z 1 AZG auf die im Antrag genannten Dienstverhältnisse von vorneherein nicht anzuwenden. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Pauschalierung verstoße auch nicht gegen das Entgeltfortzahlungsprinzip, da zufolge der Weiterzahlung des Pauschales auch für die Zeit des Urlaubs etc eben keine Benachteiligung der Dienstnehmer erfolge. Abgesehen davon sei die Berechnungsdifferenz der Parteien nur geringfügig und daher unerheblich. Ein Überstundenpauschale hätte jeden Sinn verloren, wenn der Dienstnehmer auch bei einer noch so geringfügigen Überschreitung der dem Überstundenpauschale zugrundegelegten Zahl der Überstunden vom Dienstgeber den Differenzbetrag verlangen könnte. Stehe dem Dienstnehmer bei einer geringfügigen Überschreitung der dem Überstundenpauschale zugrundegelegten Zahl der Überstunden kein zusätzlicher Entgeltanspruch zu, bewirke dies, daß der Dienstnehmer an einer solchen Überstundenleistung nicht interessiert sei. Damit werde aber gerade dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck, Überstunden aus gesundheitspolitischen und arbeitsmarktpolitischen Gründen hintanzuhalten Rechnung getragen.

Der Feststellungsantrag ist nicht berechtigt.

Die Vertragsbedienstetenordnung der Stadt Linz, die nach Ansicht beider Parteien den in Betracht kommenden Dienstverhältnissen zugrundezulegen ist, verweist hinsichtlich der Bezüge (§ 8 Abs 2) und der Nebengebühren (§ 13) auf die sinngemäße Geltung der einschlägigen Vorschriften für die Beamten der Stadt Linz. Das Dienstverhältnis der Beamten der Städte mit eigenem Statut ist im mehrmals novellierten Statutargemeinden-Beamtengesetz, LGBl 1956/37, geregelt. Dieses unterscheidet zwar unter anderem zwischen Bezügen und Nebengebühren (§ 29 lit a), verweist aber seinerseits in § 30 Abs 1 darauf, daß für die Ansprüche der Beamten auf Bezüge, soweit sich nicht aus Abs 2 und 3 (Nebengebühren) etwas anderes ergibt, die Vorschriften gemäß § 2 maßgeblich sind. Nach der Generalklausel des § 2 leg cit finden, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, die landesgesetzlichen Vorschriften sinngemäße Anwendung, die das Dienstrecht der Landesbeamten regeln. Das oberösterreichische Landesbeamtengesetz, LBGl 1954/27, verwies zwar in seiner ursprünglichen Fassung in § 2 auf die sinngemäße Anwendung der für das Dienstrecht maßgebenden Bundesgesetze, doch nahm der Landesgesetzgeber seine durch Art XI der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974, BGBl 444, geschaffene Gesetzgebungskompetenz (vgl Cerny, Entgeltfortzahlungsgesetz2, 24) dadurch in Anspruch, daß er in der 19. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz, LGBl 1975/29, unter anderem das Gehaltsgesetz 1956, BGBl 54, soweit es als landesgesetzliche Vorschrift für Landesbeamte in Geltung stand, änderte. Diese Regelung entspricht zwar in den für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen im wesentlichen der 24. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl 1972/214, doch ändert dies nichts daran, daß es sich dabei nunmehr um landesgesetzliche Vorschriften handelt.

Nach Art II der 19. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz gebühren dem Landesbeamten unter anderem Monatsbezüge, die aus dem Gehalt und allfälligen Zulagen bestehen (§ 3 GehG), und Nebengebühren (§ 15 GehG). Eine Nebengebühr ist die Pauschalvergütung für verlängerten Dienstplan (§ 15 Abs 1 Z 2, § 16a GehG). Nach § 16a GehG (als landesgesetzliche Vorschrift iSd OÖ LG 1975/29) gebührt Beamten, für die ein Dienstplan gemäß § 28 Abs 5 der als landesgesetzliche Vorschrift geltenden Dienstpragmatik (nunmehr § 48 Abs 6 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979) gilt, für die über die vierzigstündige Wochendienstzeit hinausgehende, in den Dienstplan fallende Zeit eine monatliche Pauschalvergütung. Bei der Festsetzung der Pauschalvergütung ist auf das Ausmaß und die Intensität der Inanspruchnahme Bedacht zu nehmen. Die Pauschalvergütung für verlängerten Dienstplan im Sinne dieser Gesetzesstelle unterscheidet sich von einem Überstundenpauschale iSd § 15 Abs 2 leg cit sohin schon dadurch, daß sie für Dienstnehmer gilt, in deren Dienstzeit auf Grund der Eigenart des Dienstes regelmäßig oder in erheblichem Umfang Dienstbereitschaft bzw Wartezeiten fallen und diese durch organisatorische Maßnahmen nicht vermieden werden können. "Die Höhe der hiefür zu gewährenden Pauschalvergütung soll daher davon abhängig sein, ob es möglich ist, festzustellen, daß die Verlängerungszeit des Dienstplans eine ausschließliche Warte- oder Bereitschaftszeit darstellt oder ob in Berücksichtigung des Gesamtausmaßes auch hinsichtlich des Verlängerungszeitraumes noch die Erbringung einer Mehrleistung angenommen werden kann" (vgl RV zur 26.GehG-Nov, 323 BlgNR 13.GP 9). Andererseits liegt es im Wesen eines Dienstplans, daß er die Mehrleistung bereits im vorhinein für einen längeren Zeitraum festlegt, so daß es darüber hinaus keinen Entfall von Mehrleistungen (Ausfallprinzip) gibt.

Demgemäß gebührt die Pauschalvergütung nach § 16a Abs 1 GehG (in der zitierten landesgesetzlichen Fassung) für die über die 40stündige Wochendienstzeit hinausgehende, "in den Dienstplan fallende" Zeit. Zeiten, in denen für den betreffenden Dienstnehmer kein Dienstplan besteht, sind daher nicht zu berücksichtigen. Abs 2 leg cit ordnet überdies an, daß bei der Festlegung der Pauschalvergütung auf das "Ausmaß und die Intensität" der Inanspruchnahme Bedacht zu nehmen ist. Das Ausmaß der Inanspruchnahme richtet sich aber wiederum danach, ob überhaupt eine Inanspruchnahme erfolgt und erfolgen wird. Soweit die Antragsgegnerin von einer durchschnittlichen Inanspruchnahme der Dienstnehmer während 46 Wochen ausgeht (vgl etwa § 19 VBO), stehen dieser Annahme keine anderen Behauptungen der Antragstellerin, die der Entscheidung zugrundezulegen wären, entgegen.

Es trifft zwar zu, daß diese pauschalierte Abgeltung wie die sonstigen Pauschalierungen von Nebengebühren behandelt werden soll. Demnach wird gemäß § 15 Abs 5 GehG (in der zitierten landesgesetzlichen Fassung) der Anspruch auf pauschalierte Nebengebühren durch einen Urlaub während dessen der Dienstnehmer den Anpsruch auf Monatsbezüge behält, oder eine Dienstverhinderung auf Grund eines Dienstunfalls bzw eine nicht länger als einen Monat dauernde Abwesenheit nicht berührt. Dazu halten die EB zur RV zur

26. GehGNov (323 BlgNR 13.GP, 8) fest, daß sich aus dem Zweck der Pauschalierung auch ergebe, daß sie nicht bei jeder Dienstverhinderung oder bei Urlaub einzustellen sei, sondern auch in Zeiten, in denen allenfalls die anspruchsbegründende Mehrleistung nicht erbracht wird, kurzfristig weitergezahlt werde. Diese Durchschnittsmöglichkeiten der Zahlung ohne Erbringung der zugrundeliegenden Leistung seien "eben bei der Festsetzung des Pauschales auf das Jahr bezogen, zu berücksichtigen".

Daraus folgt, daß die Festsetzung der Pauschalvergütung für verlängerten Dienstplan durch die Antragsgegnerin der Spezialnorm des § 16a GehG (in der landesgesetzlichen Fassung) entspricht. Die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Pauschalvergütung bildet aber nur eine Berechnungsart, die der Verwaltungsvereinfachung dient. Den Bediensteten bleibt es unbenommen, ein Begehren auf Nebengebühren im Wege der Einzelverrechnung zu stellen (vgl VwGH-Entscheidungen in Zach, GehG3 Band III Rspr zu § 15). Ob den in Betracht kommenden Dienstnehmern daraus noch weitere Ansprüche zustehen könnten (vgl aber §§ 15 Abs 1 und 19 Abs 1 VBO), ist nicht Gegenstand dieses Feststellungsverfahrens.

Der Feststellungsantrag ist daher abzuweisen.

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